| Veranstaltung: | 1. Bundesfrauenrat 2020 - Digital | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | TOP 2 Aktuelle politische Lage | 
| Status: | Beschluss | 
| Beschluss durch: | Bundesfrauenrat | 
| Beschlossen am: | 08.05.2020 | 
| Angelegt: | 24.06.2020, 08:00 | 
| Antragshistorie: | Version 1   | 
Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem - gerade in Krisenzeiten
Beschlusstext
Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. Hilfe 
und Schutz bei Gewaltbetroffenheit ist eine staatliche Verpflichtung. Die Täter*innen sind 
überwiegend männlich und häufig bekannt. Es sind die Partner und Ex-Partner der Frauen. Die 
aktuelle Statistik des Bundeskriminalamts ist bedrückend: Insgesamt kamen im Jahr 2018 
140.755 Fälle von Partnerschaftsgewalt zur Anzeige - davon 114.393 Frauen und 26.362 Männer. 
122 Frauen wurden 2018 durch Partnerschaftsgewalt getötet. Oder anders ausgedrückt: 
durchschnittlich an jedem dritten Tag. Statistisch gesehen wird mehr als ein Mal pro Stunde 
eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner gefährlich körperlich verletzt.
Die Corona-Pandemie stellt uns derzeit vor vielerlei Herausforderungen. Vorausgegangen 
Krisen zeigen, dass die potentielle Gefahr der Gewaltausübung in angespannten Zeiten steigt. 
Das Social Distancing verursacht bei vielen Menschen Stress, Enge, Existenzängste oder 
Einsamkeit. Mit der Beschränkung auf den häuslichen Raum verschärft die Gefährdungslage für 
von Gewalt betroffene Frauen. Familienmitglieder müssen zu Hause bleiben, wegen der 
Ausgangsbeschränkungen gibt es wenig Ausweichmöglichkeiten und Anlaufstellen, 
Kinderbetreuung kann nicht mehr gewährleistet werden. Existenzielle Sorgen kommen oft dazu 
und durch die Abnahme der sozialen Kontakte sinkt zudem die öffentliche Kontrolle für Fälle 
häuslicher Gewalt.
In dieser Krise gehen die Auswirkungen auch an den Frauenberatungsstellen und Notrufen und 
den Frauenhäusern nicht spurlos vorbei – waren sie bereits vor der Krise oft überlastet, 
stehen sie jetzt vor einer zum Teil dramatischen Situation. Die Frauenhäuser müssen zum Teil 
jetzt noch mehr Frauen abweisen als bereits bisher, um die Hygiene- und Schutzauflagen gegen 
das Corona-Virus zu erfüllen. Manche stehen unter Quarantäne oder schließen wegen 
Infektionsgefahr gänzlich. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, oft ältere Frauen, die selbst zur 
Risikogruppe gehören, können nicht mehr beschäftigt werden.
Realität ist auch, dass es Frauen im eigenen Zuhause oft nicht möglich ist, Beratungen von 
dort aus in Anspruch zu nehmen. Die Frauenberatungsstellen rechnen auch deshalb mit einer 
großen Welle Hilfesuchender nach dem Höhepunkt der Krise, für die sie noch nicht gewappnet 
sind.
Deutschland hat sich national und international über Gesetze und Abkommen verpflichtet, 
Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen. In der Instanbul-Konvention wird 
festgehalten, dass die Umsetzung dieses Übereinkommens ohne Diskriminierung - insbesondere 
wegen des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der 
Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, 
der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, der sexuellen 
Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Alters, des Gesundheitszustands, einer 
Behinderung, des Familienstands, des Migranten- oder Flüchtlingsstatus oder des sonstigen 
Status - sicherzustellen ist.
Bis heute ist es nicht gelungen, ausreichend Frauenhausplätze für betroffene Frauen zu 
schaffen und unabhängig vom Wohnort bundesweit gleichwertige und bedarfsgerechte Standards 
für Frauenhäuser zu etablieren. Die Konsequenz ist seit Jahren, dass Frauenhäuser 
unterfinanziert sind und viele Frauen abgewiesen werden müssen. Das wollen wir nicht länger 
hinnehmen! Wir fordern, dass auch der Bund Verantwortung übernimmt, um gemeinsam mit den 
Bundesländern und den Kommunen Schutz vor Gewalt zu gewährleisten. Jede Frau, die von 
häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt betroffen ist, soll diesen Schutz zukünftig 
erhalten. Unabhängig von beispielsweise Einkommen und Vermögen, Herkunftsort, Wohnsituation, 
Behinderung, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität sowie Aufenthaltsstatus muss 
sie in der akuten Situation Zugang zu einer Schutzeinrichtung im Bundesgebiet erhalten.
Wir fordern eine umfangreiche Gewaltschutz-Strategie:
- Bund, Länder und Kommunen müssen die Umsetzung der Istanbul-Konvention voranbringen. 
Die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt sollen in Aktionsplänen und
Präventionsstrategien auf Bundes- und Länderebene festgehalten werden. Die Umsetzung
der Aktionspläne wird durch eine Koordinierungsstelle geleitet, eine unabhängige
Monitoringstelle beobachtet und bewertet die Umsetzung. 
- Bund, Länder und Kommunen müssen die auskömmliche Finanzierung für Beratungsstellen, 
Notrufe und Interventionsstellen sicherstellen. 
- Der Bund soll jeder von Gewalt betroffenen Frau einen Rechtsanspruch auf Geldleistung 
für den Zweck des Aufenthalts in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren
Schutzeinrichtung einräumen. Diese Leistung des Bundes deckt jedoch nicht den gesamten
Bedarf des Hilfesystems. Länder und Kommunen sind damit nicht aus der Verantwortung
entlassen. Sie würden vielmehr finanziell entlastet werden und können daher umso mehr
den Ausbau der Kapazitäten in Frauenhäusern investieren. Genauso müssen Personalmittel
für die gesamte Absicherung der Frauenhilfeinfrastruktur deutlich erhöht werden. 
Wir fordern während der Corona-Pandemie schnelle, unbürokratische Hilfe:
- Hilfsstrukturen wie Frauenhäuser und Beratungsstellen brauchen jetzt eine 
Finanzierungszusage der Länder und Kommunen für zusätzliche dezentrale (Not-)
Unterkünfte für von Gewalt betroffene Frauen, Kinder und andere vulnerable Gruppen. 
- Einen Notfall-Fonds aus Bundesmitteln muss für den schnellen Ausbau von online und 
telefonischer Beratung und die Anschaffung technischer Software und Telefon-
Ausrüstungen zur Verfügung gestellt werden. 
- Die Länder müssen unbürokratische Mittel zur Verfügung stellen, um die 
Einnahmeausfälle und das Wegbrechen der Eigenmittel der Frauenhilfeinfrastuktur zu
kompensieren. 
- Um sicherzustellen, dass die Frauenhilfestrukturen auch während der Corona-Pandemie 
Hilfe und Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen leisten können, müssen sie als
systemrelevanter Bereich eingestuft werden. 
Da Expert*innen davon ausgehen, dass die Fallzahlen nach einer Lockerung der 
Kontaktbeschränkungen ansteigen könnten, muss sichergestellt werden, dass die Kapazitäten 
der Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser ausgeweitet werden.
