Veranstaltung: | 1. Ordentlicher Länderrat 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | Beschlüsse |
Antragsteller*in: | Länderrat (dort beschlossen am: 14.04.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.04.2018, 10:16 |
Antragshistorie: | Version 1 |
V-02 Beschluss: Beschluss: Iran: Nukleardeal erhalten, Syrienpolitik entgegentreten
Antragstext
Die immer wieder aufflammenden Proteste im Iran haben gezeigt, dass die Menschen
mit der Lage im Land unzufrieden sind: die Menschenrechtssituation hat sich
entgegen der Versprechen von Präsident Rouhani nicht gebessert, ebensowenig wie
die wirtschaftliche Lage weiter Teile der Bevölkerung. Intransparenz, Korruption
und die Vorherrschaft der Revolutionsgarden blockieren den Wandel zu einer
offenen und gerechten Wirtschaft. Die Verwicklung des Landes in zahlreiche
Regionalkonflikte, allen voran in Syrien, führen nicht nur zu großem
menschlichen Leid in diesen Ländern, sie verschlingt auch immense Ressourcen.
Der Umgang mit dem Iran bleibt angesichts dieser Umstände eine große
Herausforderung. Umso wichtiger ist es, dass mit dem Nuklearabkommen das Risiko
einer atomaren Bewaffnung der Islamischen Republik auf ein beherrschbares Maß
reduziert wurde. Ein atomar bewaffneter Iran würde die konfliktreiche Lage in
der Region weiter verschlechtern, birgt die Gefahr eines nuklearen
Rüstungswettlaufs und wäre eine Bedrohung für die Sicherheit Israels. Das
Nuklearabkommen war ein wichtiger Erfolg der internationalen Diplomatie und eine
Stärkung des Nichtverbreitungsregimes für Massenvernichtungswaffen.
Wir plädieren deshalb an die Bundesregierung, sich im Rahmen der Europäischen
Union für einen Erhalt des Abkommens einzusetzen. Europa muss der Regierung
Trump gegenüber deutlich machen, dass ein grundloser Bruch des Abkommens ein
Zeichen der Schwäche wäre und die politische Glaubwürdigkeit der
transatlantischen Partnerschaft schwer beschädigen würde. Für den Fall, dass die
Regierung Trump das Abkommen verlässt, muss sich die Europäische Union gemeinsam
mit den anderen Signatarstaaten (China, Russland, Frankreich und Großbritannien)
für einen Erhalt des Kontrollregimes einsetzen. Im Gegenzug muss sie Maßnahmen
ergreifen, die die Wirkung der US-amerikanischen Sekundärsanktionen für
europäische Unternehmen minimieren und wirtschaftliche Aktivitäten im erlaubten
Rahmen absichern. Die Debatten rund um den Umgang mit dem iranischen
Atomprogramm zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, auf eine einheitliche und
handlungsfähige europäische Außenpolitik hinzuarbeiten.
Der Erhalt des Nuklearabkommens ist aber kein Selbstzweck. Er entbindet
Deutschland und Europa nicht davon, der iranischen Regionalpolitik kritisch
entgegenzutreten. Ganz im Gegenteil: Die Entwicklungen in Syrien, allen voran
die verheerende Kampagne des Assad-Regimes in Ost-Ghouta und die starken
Indizien für Giftgasangriffe des Regimes zeigen, dass Europa seine Verantwortung
für Sicherheit und Menschenrechte in seiner Nachbarregion endlich deutlich
wahrnehmen muss. Dazu gehören vor allem humanitäre Hilfe, um das unermessliche
Leid in Syrien zu mindern, und die Dokumentation der unzähligen
Kriegsverbrechen, um eine internationale Strafverfolgung sicherzustellen. Auch
im Jemen trägt der Iran mit seiner Unterstützung der Houthi-Milizen zu einer
weiteren Eskalation des durch die brutale Kriegsführung der saudischen
Militärallianz geprägten Kriegs bei. Seine fortgesetzten Drohungen gegen Israel
und seine Destabilisierungspolitik durch die Unterstützung von Milizen wie der
Hesbollah können wir nicht hinnehmen. Die Bundesregierung muss daher gemeinsam
mit ihren Partnern, auch in den USA, an Maßnahmen arbeiten, die die
Verantwortlichen für diese Politik im Iran ins Visier nehmen. Wo der Iran mit
seinem Raketenprogramm gegen Beschlüsse der Vereinten Nationen verstößt, ist
eine klare Antwort der internationalen Gemeinschaft gefordert, an der auch
Deutschland mitwirken muss. Ebenso muss die Bundesregierung Lieferung von Dual-
Use-Gütern strenger prüfen, damit deutsche Technologie keinen Beitrag zur
iranischen Rüstung liefern kann. Bei der aktuellen Überarbeitung der
europäischen Dual-Use Verordnung ist eine starke Menschenrechtsklausel daher
unverzichtbar.
Die Lage der Menschenrechte im Iran ist nach wie vor schlecht. Ohne eine klare
Entwicklung hin zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung
kann es keine Normalisierung der Beziehungen mit dem Iran geben. Dies gilt auch
für die wirtschaftlichen Beziehungen. Die Bundesregierung muss dies gegenüber
ihren iranischen GesprächspartnerInnen deutlich machen. Sie muss all diejenigen,
die sich für Freiheitsrechte im Iran einsetzen, nach allen Kräften unterstützen.
Dazu gehört auch die „public diplomacy“: Holocaustleugner, Vertreter des
Unrechtssystems und Verantwortliche für Menschenrechtsvergehen dürfen durch
Vertreter der Bundesregierung nicht aufgewertet und legitimiert werden.
Diese Politik gegenüber dem Iran muss Teil einer konstruktiven Regionalpolitik
sein. Der schwelende Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ist für einen
Teil der regionalen Probleme verantwortlich. Deutschland muss in seiner
Außenpolitik beide Staaten mit gleichem Maß messen. Dazu gehört es aber auch,
Saudi-Arabien angesichts seiner Kriegsführung im Jemen und seiner langjährigen
Unterstützung für die wahhabitische Ausprägung des Islams ebenso wenig mit
Waffen zu beliefern wie den Iran. Es ist unverzichtbar, den Gesprächsfaden mit
beiden Seiten aufrechtzuerhalten und zu stärken. Die Kooperation mit der
privaten Wirtschaft, der wissenschaftliche Austausch und der
zivilgesellschaftliche Dialog sind unverzichtbare Grundlagen für einen
langfristigen Wandel. Deutschland kann eine Vermittlerrolle spielen und muss
diese Verantwortung gemeinsam mit seinen Partnern annehmen. Die Sicherheit
Israels und eine Zwei-Staaten-Regelung des Konflikts mit den Palästinensern
gehören dabei zu den unverrückbaren Grundsätzen.
- Eine europäische Initiative zur Behebung der Krisen in der Region, die
sowohl die verheerende iranische Regionalpolitik adressiert wie die
aggressive Politik Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate
im Jemen und sich als Vermittlerin anbietet, auch im Konflikt zwischen
Qatar und den anderen Golfstaaten.
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