Änderungen von S-02 zu S-02NEU
Ursprüngliche Version: | S-02 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.09.2019, 20:33 |
Neue Version: | S-02NEU |
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Status: | Beschluss (vorläufig) |
Eingereicht: | 09.12.2019, 09:01 |
Titel
Anerkennung einer Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Sportpolitik
Zu:
S-02: Anerkennung einer Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Sportpolitik
Antragstext
Begründung
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Der Sport hat eine herausragende soziale, wirtschaftliche sowie politische Bedeutung und umfasst somit viele Bereiche der Gesellschaft. Sport tut unserer Gesundheit und unserer Gesellschaft gut. Der Sport hat eine starke integrative Kraft als Brücke zwischen den Generationen, zwischen Menschen mit verschiedenem sozialen oder kulturellen Hintergrund und unterschiedlicher Herkunft.
Sportorganisationen sind ein wichtiger Teil der Zivilgesellschaft. Allein in Deutschland engagieren sich viele Millionen Menschen über den Sport für eine offene und solidarische Gesellschaft, in der durch Bewegung und Spiel soziales Miteinander und Teilhabe gelebt sowie wichtige Werte wie Fairness, Teamgeist und Verantwortung vermittelt werden.
Ob auf klassischen Sportflächen oder im öffentlichen urbanen Raum, auf Gewässern oder im Wald: Wo Sport stattfindet, gehen wir miteinander und mit unserer Umwelt in bewusster Weise um. Daher ist die Bedeutung von Sport und Bewegung für unterschiedliche Gesellschafts- und Politikfelder nicht hoch genug einzuschätzen – gerade für uns GRÜNE.
Das Sportverhalten verändert sich wie sich auch unsere Gesellschaft verändert. Sportentwicklung und Stadtentwicklung müssen im Sinne einer Bewegungspolitik, die sowohl alltagsintegrierte Bewegung als auch vereinsgebundene oder frei organisierte Sportangebote berücksichtigt, zusammengedacht und weiterentwickelt werden. Stadtentwicklung braucht eigenständig zu erhebende soziale Teilbereiche, um Wohnen, Arbeiten und Freizeit in ein gutes Verhältnis zu bringen.
Auch deswegen ist eine solide Sportentwicklungsplanung so eminent wichtig für das gelungene Zusammenleben. Wo sich stadtplanerische Entwicklungen nicht an den Bewegungsbedürfnissen der Menschen orientieren, sondern soziale Infrastruktur nur global betrachtet wird, drohen Sportanlagen und Bewegungsräume, wenn sie denn überhaupt berücksichtigt werden, am Bedarf vorbei geplant zu werden.
Das betrifft auch die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung. Wo Sportstätten nicht inklusiv gestaltet werden, kann auch keine Inklusion stattfinden. Planer*innen tun sich noch immer schwer, wirklich allen Menschen Zugang zum Sport zu ermöglichen und ziehen sich auf viel zu defensive DIN-Normen zurück.
Wir GRÜNE müssen hier viel aktiver werden und Teilhabe einfordern.
Die geltenden Lärmschutzregeln verhindern ebenfalls, dass alle Menschen in gleicher Weise von der Sportinfrastruktur profitieren können. Abhilfe könnte hier die Ausweitung der Kinderlärmprivilegierung auf Sportstätten schaffen.
Allein die Bedeutung des Sports für die frühkindliche Bildung kann viel deutlicher hervorgehoben und in Kita und Schule mit handfesten baulichen Angeboten unterlegt werden. Der organisierte Sport ist einer der wichtigsten Träger der außerschulischen Jugendarbeit. Gemeinsam mit den Vereinen und Verbänden stehen wir in der gesellschaftlichen Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor jeglicher Form von Gewalt zu schützen. In den letzten Jahren sind immer wieder Fälle sexualisierter Gewalt in Sportstrukturen öffentlich geworden. Wir wollen den Sport dabei unterstützen, Kinderschutzkonzepte auf allen Ebenen zu implementieren.
Besonders auf dem Land sind Sportvereine oftmals einer der wichtigsten sozialen Anker für den Zusammenhalt. Sie zu erhalten und zu fördern ist eine strategische Aufgabe, die von GRÜNER Seite noch viel mehr mit Ideen zu unterfüttern ist. Deswegen möchten wir gemeinnützige Sportvereine in ihren Personalstrukturen unterstützen. Das Ehrenamt im Sport spielt eine übergeordnete Rolle, ohne die Millionen ehrenamtlichen Übungsleiter*innen wäre der Sportbetrieb im Breitensport so nicht möglich. Gemeinnützige Sportvereine müssen darin unterstützt werden, besonders junge Menschen auch zukünftig dafür zu begeistern, ehrenamtliche Rollen in Sportvereinen zu übernehmen. Selbstverständlich müssen für diese Engagements auch die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen und erhalten werden.
Dass der Sport Verantwortung auch jenseits des Zusammenlebens in Deutschland trägt, wird an zahlreichen Beispielen deutlich. Die Belastung von Kunststoff-Infill in Kunstrasenplätzen für Mensch und Natur ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema, zu dem es keine einheitliche GRÜNE Position gibt. Hier müssen wir uns äußern, wenn wir unsere Glaubwürdigkeit als GRÜNE behalten möchten. Das geht aber nur, wenn wir konkrete Vorschläge für die zügige Abschaffung von gesundheits- und umweltbelasteten Stoffen im Sport unterbreiten und Alternativen aufzeigen. Denn die gibt es, wie einige Kommunen beweisen. Eine BAG kann diesen Kommunikationsprozess befördern.
Auch die Frage, woher unsere Sportartikel kommen, ist ein GRÜNES Thema. Für Bälle und Trikots gilt, dass Produktionsbedingungen menschen- und arbeitsrechtlichen Standards genügen müssen. Zwar gibt es vereinzelt schon Förderprogramme, die es Sportvereinen ermöglichen, fair gehandelte Sportartikel in sportfachlich guter Qualität zu beziehen, aber in Anbetracht des Wirtschaftsfaktors, den die Sportwirtschaft ausmacht, ist das noch viel zu wenig. GRÜNE Positionen brauchen auch im Sport eine gemeinsame Basis, damit aus Ideen gemeinsame Strategien werden.
Der Breitensport ist die Basis für den Spitzensport. Aktuell findet ein Reformprozess der Spitzensportförderung auf Bundesebene zwischen dem BMI und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) statt, darüber hinaus wird auch auf Landesebene Spitzensportförderung betrieben. In einer BAG könnten in diesem Feld Erfahrungen und GRÜNE Ideen ausgetauscht werden. Aufgrund der hohen Steuermittel, die die Politik jedes Jahr in die Spitzensportförderung investiert, muss die GRÜNE Sportpolitik Fehlsteuerung im Spitzensport kritisch hinterfragen. Auch die grundsätzliche Frage „Welche Spitzensportförderung wollen wir?“ (Mitwirkung von Athlet*innen(-Vertretung) und Trainer*innen am Reformprozess, Förderkriterien etc.) werden wir diskutieren. Außerdem wollen wir bei den Möglichkeiten der Dualen Karriere über Alternativen zur Sportförderung bei Polizei, Bundeswehr und Zoll sprechen und uns über die grundsätzliche Förderung des Sports durch die öffentliche Hand in Bund, Ländern und Kommunen austauschen.
Transparenz fordern wir nicht nur von den Sportverbänden. Auch die Sportpolitik muss transparenter werden, so sollte der Sportausschuss des Bundestages wieder öffentlich tagen.
Als Bündnis-Partei haben wir eine hohe Glaubwürdigkeit bei der Aufarbeitung des DDR-Zwangsdoping-Systems. Wir stehen an der Seite der Opfer und setzen uns für eine faire Entschädigung ein. Gleichzeitig muss auch die Geschichte des Dopings in Westdeutschland aufgearbeitet werden. Aufgrund der deutschen Dopinggeschichte und des weiterhin bestehenden Dopingproblems setzen wir neben effektiver Kontrolle und einheitlicher Standards in der internationalen Dopingbekämpfung auch auf Prävention.
Grundsätzlich kann der Sport zur Völkerverständigung beitragen, Athlet*innen können Vorbilder sein. Aber besonders auf der internationalen Ebene werden die Fehlentwicklungen der Sportpolitik offensichtlich. Doping- und Korruptionsskandale sowie gigantomane Sportgroßveranstaltungen (SGV) ohne nennenswerte Nachhaltigkeitskonzepte und ohne Berücksichtigung grundlegender Bürger- und Menschenrechte erschüttern die Sportwelt immer wieder aufs Neue. Die Sustainable Developement Goals der Vereinten Nationen müssen auch im Sport umgesetzt werden. Bei SGVs müssen belastbare Nachnutzungskonzepte vorliegen. Auch der Sport muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine Evaluierung der internationalen Großsportereignisse muss anschließend unabhängig von der Region eingefordert und öffentlich diskutiert werden. Des Weiteren muss die enge Verbindung von Sportverbänden und Politik stärker untersucht und kritischer hinterfragt werden, da die korruptionsanfälligen Strukturen dem Spitzensport insgesamt schaden.
Eine BAG kann hier dazu beitragen, teils schon bestehende GRÜNE Forderungen zur Vergabepolitik von SGVs, zum Anti-Doping-System, zu Good-Governance- und Whistleblower-Strukturen im Sport, zu Menschen- und Bürgerrechts- sowie ökologischen Standards bei SGVs detaillierter auszuarbeiten und besser in die Öffentlichkeit zu tragen. In diesen Bereichen ist auch die europäische Ebene gefragt, die wir verstärkt in die GRÜNE Sportpolitik einbeziehen wollen. Mit den vielen neu hinzugewonnen GRÜNEN EU-Parlamentarier*innen nach der Europawahl kann die Sportpolitik auch auf dieser Ebene angegangen werden und ihren Platz finden (bspw. European Model Of Sport).
Insbesondere da in Deutschland mit der Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024 wieder ein großes Turnier vor der Haustür steht und es Diskussionen über Olympiabewerbungen von NRW und Berlin gibt, müssen wir hier GRÜNE Kriterien entwickeln, unter welchen Bedingungen wir SGVs befürworten bzw. ablehnen.
Sport wird nicht nur aktiv betrieben, um ihn herum existiert auch eine vielfältige Fankultur. Die Sichtbarkeit von mehr sportlicher Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über den Fußballsport hinaus kann ebenfalls ein Thema sportpolitischer Diskussionen von uns GRÜNEN sein. Gerade im Fußball kommt es aber immer wieder zu Gewalt und Diskriminierungen. Die Unterwanderung durch rechte Strukturen in vielen Fanszenen wird immer mehr zum Problem. Hooligans und Neonazis professionalisieren ihre Gewalt durch Kampfsport. Eine GRÜNE Antwort hierauf ist neben gezielter Repression vor allem die Präventionsarbeit. Anti-Rassistische Faninitiativen und sozialpädagogische Fanprojekte müssen gestärkt werden. Kollektivstrafen und intransparente Datensammlungen lehnen wir als Bürgerrechtspartei ab. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Möglichkeit der Beteiligung der Vereine an den Kosten der Polizeieinsätze bei Hoch-Risikospielen müssen wir eine einheitliche GRÜNE Positionierung entwickeln.
Sexismus, Homo- und Transphobie sind im Sport immer noch allgegenwärtig. Als Partei, die für Gendergerechtigkeit steht, müssen wir hier klare Kante zeigen. Frauen sind in Sportvereinen und -verbänden deutlich unterrepräsentiert und werden immer noch benachteiligt, z.B. bei Verbandsprämien, fehlendem Schutz in der Schwangerschaft etc. – das wollen wir ändern. Darüber hinaus gilt es auch im Bereich der öffentlichen Sportförderung zu analysieren, inwieweit Frauen und Männer in gleicher Weise von der Mittelverteilung profitieren können.
Eine BAG dient auch dazu, neue politische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Positionen zu entwickeln. Im Sport ist das aktuell etwa der Umgang mit dem eSport, der teilweise schon in Sportvereinen angekommen ist, die Sportpolitik aber teils herausfordert. Außerdem müssen Antworten gefunden werden auf den Trend, Sport außerhalb organisierter Vereinsstrukturen zu betreiben, etwa in kommerziellen Fitness- und Kampfsportstudios oder ganz informell und teils individuell als Fun- und Trendsport im Park.
Bei all diesen vielfältigen (sport-)politischen Fragestellungen können wir glaubwürdige GRÜNE Antworten entwickeln, teils haben wir sie schon. Wir brauchen eine BAG Sportpolitik, um unsere Ideen auszutauschen, neue Ideen zu entwickeln und auch, um an grundlegende Fragen der Sportpolitik heranzugehen.
Mit Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Bayern, Bremen und Hamburg existieren bereits sechs Sport-LAG'en, weitere sollen und werden folgen. Über einen engen Austausch zwischen den LAG’en wollen wir das sportpolitische Profil der Partei ausbauen und schärfen. Der BAG-Sprecher*innenrat stimmte bereits am 20.07.2019 dem BAG-Gründungsantrag zu.