Veranstaltung: | 2. Ordentlicher Diversitätsrat 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 2 Ausblick Bundestagswahl |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Diversitätsrat |
Beschlossen am: | 13.09.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Bundestagswahl 2025 - Wir gestalten die vielfältige Migrationsgesellschaft
Beschlusstext
Der Diversitätsrat beschließt, den folgenden Antrag auf der BDK im November 2025
einzureichen.
Bundestagswahl 2025 - Wir gestalten die vielfältige Migrationsgesellschaft
Ob über Klimaschutz, Migration oder Diversität: In unserem Land wird derzeit viel
diskutiert. Der Rückschluss, dass wir in einer zutiefst polarisierten Gesellschaft leben,
ist aber dennoch nicht folgerichtig.Denn unsere Demokratie ist auf ständige Aushandlung und
gemeinsame Verständigung angewiesen; sie sind Ausdruck einer lebendigen und vielfältigen
Gesellschaft. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen befürworten eine plurale,
liberale Gesellschaft und erkennen an, dass wir eine Migrationsgesellschaft sind. Das haben
nicht zuletzt die Demonstrationen gegen rechtsextreme Kräfte, wie die AfD, und für den
Schutz unserer Demokratie gezeigt.
Unser Land ist vielfältiger denn je. Diese Vielfalt ist eine zentrale Stärke unserer
Gesellschaft. Immer mehr Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen tragen
aktiv zu den Aushandlungsprozessen bei, wie wir als Gemeinschaft zusammenleben wollen.
Migrant*innen und ihre Nachkommen haben maßgeblich zum Aufbau und zur Weiterentwicklung
unseres Landes beigetragen. Sie sind ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft und
spielen eine Schlüsselrolle in der Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft.
Eine stetig voranschreitende und gelingende Integration und Teilhabe führt aber auch zu der
Entstehung neuer Konflikte in unserer Gesellschaft. Denn die zunehmende Vielfalt und
Teilhabe führt zu einer zunehmenden Gegenwehr derer, die die Vielfalt unserer Gesellschaft
infrage stellen. Rechtsextreme und reaktionäre Akteur*innen versuchen, unsere Gesellschaft
in scheinbar unvereinbare Lager zu spalten und Menschen gegeneinander auszuspielen. Ihre
aggressive Rhetorik findet sowohl in Deutschland als auch in Europa zunehmend Zustimmung,
was sich im Aufstieg rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien zeigt.
Die Aufgabe aller demokratischen Parteien muss es sein, dem Rechtsruck eine klare Absage zu
erteilen und stattdessen die Aushandlungsprozesse zur Gestaltung unseres Zusammenlebens
konstruktiv zu fördern. Einer Aneignung reaktionärer Rhetorik und einer Verschiebung des
gesellschaftlichen Diskurses nach rechts müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen. Denn
gerade in Krisenzeiten brauchen wir Zusammenhalt und eine Gesellschaft, die allen
Bürger*innen gleiche Rechte und Möglichkeiten sichert und den Wohlstand gerecht verteilt.
Solange wie beispielsweise Menschen mit Migrationsgeschichte auf dem Wohnungsmarkt
diskriminiert, Menschen mit Behinderung der Zugang zu vielen Lebensbereichen verwehrt wird,
queere Familienformen nicht anerkannt werden und Kinder aus armutsbetroffenen Familien nicht
denselben Zugang zu Bildung haben, ist das Versprechen der liberalen und gleichberechtigten
Gesellschaft nicht erfüllt.
Reaktionäre Kräfte bezeichnen das Eintreten für Vielfalt und Gleichberechtigung oft als
„Kulturkampf“. Gleichzeitig bemängeln einige Linke, dass es sich dabei um Einzelinteressen
handle und die grundlegende ökonomische Verteilungsfrage in den Hintergrund rücken würde.
Doch für uns bedeutet der Einsatz für Gleichberechtigung und Vielfalt immer auch den Einsatz
für soziale Gerechtigkeit und eine Politik, die Ressourcen gerecht verteilt. Denn als
feministische Partei wissen wir, dass die Frage der Verteilung von Ressourcen eng mit der
Frage der Diskriminierungsfreiheit verknüpft ist. Dort, wo es keine gerechte Verteilung von
Ressourcen gibt, wird es keine gerechte Gesellschaft geben. Und dort, wo es keine
Diskriminierungsfreiheit gibt, wird es keine gerechte Verteilung von Ressourcen geben.
Menschen mit Migrationsgeschichte, queere Menschen, Frauen, Menschen mit geringem sozio-
ökonomischen Status und behinderte Menschen sind häufig die Ersten, die die Folgen
ungleicher Verteilung und systemischer Diskriminierung zu spüren bekommen. Ihre Erfahrungen
und Perspektiven müssen daher zentral in den politischen Diskurs einfließen, um wirklich
alle einzubeziehen.
Wir wissen, dass unser Land stärker ist, wenn wir in unserer Vielfalt zusammenhalten. Wir
wissen, dass unsere Gesellschaft stärker ist, wenn wir uns in gegenseitigem Respekt vor
unseren unterschiedlichen Erfahrungen, Perspektiven und Lebensrealitäten begegnen. Das zu
leben, kann herausfordernd sein. Doch Konflikte, die konstruktiv ausgetragen werden, sind
der Motor des gesellschaftlichen Fortschritts. Das Zusammenbringen unterschiedlicher
Perspektiven führt dazu, dass mehr produktive und kreative Energie freigesetzt wird; es
führt dazu, dass wir als Gesellschaft bessere Antworten auf die Krisen unserer Zeit finden.
Aufgabe der Politik ist es, den Rahmen für eine konstruktive Debattenkultur zu schaffen.
Zur Bundestagswahl gilt es mehr denn je, unsere vielfältige und demokratische
Migrationsgesellschaft zu verteidigen. Dafür braucht es eine Vision, die nicht spaltet,
sondern Probleme konstruktiv und gemeinsam löst. Dabei werden wir von folgenden Grundsätzen
geleitet:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine gerechte Gesellschaft - der Kampf für die
gleichberechtigte Teilhabe, Freiheit, Feminismus, Vielfalt und Gerechtigkeit sind Teil
unserer DNA. Wir wollen, dass alle Menschen den gleichen Zugang zu Ressourcen und Teilhabe
haben. Wir stehen für eine Politik, die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres
Handelns stellt.
Vielfalts- und Antidiskriminierungspolitik sind Voraussetzungen für eine gleichberechtigte
Gesellschaft. Wir stehen für eine Politik, die den Menschen in seiner Vielfalt in den
Mittelpunkt rückt, gleichberechtigte Teilhabe garantiert und unterschiedliche Interessen und
Erfahrungen einbezieht. Für uns ist das kein „Nice-to-have“ oder das Erfüllen von
Einzelinteressen, sondern eine zentrale Frage unserer Demokratie. Denn dort, wo Menschen
ausgeschlossen werden, wenden sie sich ab; dabei kann unsere Gesellschaft nur dann stark
sein, wenn Menschen an ihrer Gestaltung mitwirken. Wir verstehen Antidiskriminierungspolitik
als Politik, die Fortschritt für alle Menschen in diesem Land bringt.
Wir gestalten eine Integrationspolitik, die Perspektiven schafft und Ankommen in einer
vielfältigen Migrationsgesellschaft als wechselseitigen Prozess mit dem Ziel, gleiche
Zugänge und Teilhabechancen in allen Bereichen des Lebens zu schaffen, versteht. Dieser
Prozess stellt sowohl eine Herausforderung für die, die neu zu uns kommen, als auch für
alle, die schon länger hier leben. Diesen Herausforderungen stellen wir uns und erarbeiten
Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Wir wollen, dass Deutschland zu einem
stabilen und gut funktionierenden Einwanderungsland wird, Menschen zusammenkommen und wir
als Gesellschaft einen gemeinsamen Weg einschlagen. Anstatt zu spalten und Gruppen
gegeneinander auszuspielen, führen wir unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen
zusammen, nehmen sie ernst und sehen die Chancen, die mit der Förderung einer vielfältigen
Gesellschaft einhergehen. Dabei stellen wir uns einer Verschiebung des Sagbaren sowie
pauschalisierenden und diskriminierenden Aussagen entschieden entgegen. Denn sie verhindern
den demokratischen Diskurs und verschärfen unsere gesellschaftlichen Konflikte. So schaffen
wir Vertrauen in unsere Integrationspolitik.
Wir schaffen den Rahmen für die konstruktive Austragung gesellschaftlicher Konflikte. Wir
wollen, dass alle Menschen in unserem Land gesehen und gehört werden. Demokratie lebt vom
Dialog und dem Wettstreit um die besten Ideen. Nicht selten sind diese Konflikte anstrengend
und verlangen uns als Gesellschaft viel ab. Doch im gemeinsamen Ringen setzen wir die
Maßstäbe für unser Zusammenleben neu und erweitern als Gesellschaft unsere Perspektive. Wir
nehmen uns dieser Konflikte an. Grundlage dafür sind immer die Prinzipien des Grundgesetzes
sowie die Rechte und Pflichten, die sich daraus ergeben.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine Politik, die die Vielfalt unserer Gesellschaft stärkt
und die Freiheit aller verteidigt. Wir gestalten die Zukunft Deutschlands als eine gerechte,
offene und vielfältige Migrationsgesellschaft. Die Debatten der letzten Monate, wie
beispielsweise um das Selbstbestimmungsgesetz, Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen,
haben viele Menschen aus marginalisierten Gruppen vor den Kopf gestoßen. Hier wollen wir
wieder Vertrauen zurückgewinnen. Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es unsere Aufgabe, dem
Rollback von Teilen unserer Gesellschaft entschieden entgegenzutreten.