Veranstaltung: | 43. Bundesdelegiertenkonferenz Leipzig |
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Tagesordnungspunkt: | EL Wahl Europaliste |
Antragsteller*in: | Alexandra Geese (Bonn KV) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 23.10.2018, 11:28 |
EL-21: Bewerbung: Alexandra Geese
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich bin Europäerin durch und durch und möchte meine Erfahrung einbringen, um eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte zu gestalten: die Digitalisierung.
Digitale Technologien bieten enorme Chancen. Sie können dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen, für saubere Luft und nachhaltigen Verkehr in den Städten sowie eine gute Integration des ländlichen Raums sorgen. Sie werden unser Bildungswesen und die Medizin revolutionieren und unsere Arbeitswelt auf den Kopf stellen. Diesen Wandel müssen wir jedoch aktiv gestalten. Denn bisher tun dies reiche weiße Männer aus dem Silikon Valley. Wenn wir unsere demokratischen, sozialen, ökologischen und feministischen Werte bewahren und ausbauen wollen, dann müssen wir in Europa gemeinsam eine eigenständige Digitalisierung voranbringen.
Demokratie erfordert Haltung, aber auch Transparenz und eine pluralistische Informationslandschaft. All dies muss in der digitalen Welt aktiv erkämpft werden. Die klaren Regeln gegen Diskriminierung und für Pluralismus in den Medien, die wir aus der analogen Welt kennen, gelten im Internet noch nicht.
Facebook und Google sind privatwirtschaftliche Räume, in denen Wissen organisiert wird. Hier findet in wachsendem Maße die politische Meinungsbildung statt. Diesen Plattformen geht es jedoch nicht um Demokratie, sondern um Profitmaximierung. Dadurch entsteht eine verzerrte Wahrnehmung, da Inhalte, die Wut und Hass auslösen, mehr gezeigt und gesehen werden als sachlich fundierte Beiträge. Gleichzeitig bekommen Falschinformationen häufig mehr Raum als objektive Berichterstattung. Davon profitieren rechtsextreme Bewegungen, während Frauen und nicht-weiße Menschen aus der digitalen gesellschaftlichen Debatte verdrängt werden. Wenn wir unsere Demokratie bewahren wollen, dann brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens über das Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz vor Hate Speech und Fake News im Internet. Und klare Regeln gegen Diskriminierung.
Gerade Frauen sind in der Tech-Welt als Entwicklerinnen, Managerinnen, Gründerinnen und Urheberinnen von Inhalten mit einem Anteil von ca. 20% dramatisch unterrepräsentiert. Das hat Folgen. Sie sehen beispielsweise im Netz weniger Stellenanzeigen für Führungspositionen. Auch Behörden können mithilfe von digitalen Tools systematisch diskriminieren: Österreich wird bald in den eigenen Jobcentern eine Software einsetzen, die über den Zugang von Klienten zu Fortbildungsmaßnahmen entscheidet. Der Algorithmus gibt Frauen und „Betreuungspflichtigen“ (sowie älteren Menschen und Ausländern) automatisch Minuspunkte. Diese offensichtliche Diskriminierung ist aber für die Betroffenen schwer zu erkennen und zu bekämpfen, da sie nur mit einer angeblich objektiven, vom Computer errechneten Kategorie konfrontiert werden.
Wir brauchen eine wirksame europäische Algorithmenaufsicht, die Diskriminierung aufgrund von automatisierten Entscheidungsverfahren verhindert.
Automatisierung und Digitalisierung werden einen großen Wandel in der Arbeitswelt bewirken. Diesen Wandel müssen wir über eine gerechte Besteuerung, die endlich auch die Digitalunternehmen in die Pflicht nimmt, finanzieren und dafür sorgen, dass niemand zurückbleibt. Eine menschenwürdige Grundsicherung sowie umfassende und vielfältige Bildungs- und Fortbildungsmaßnahmen in jedem Alter gehören genauso dazu wie das Nachdenken über den Stellenwert der Arbeit.
Diese Umbrüche erfordern eine Beteiligung der Bürger*innen, beispielsweise mit Hilfe von Bürgerforen, damit Menschen ihre Zukunft selbst skizzieren können.
Europa ist der Ort, an dem wir digitale Technologien durch Gesetzgebung und gezielte Forschungsfinanzierung so gestalten können, dass sie unseren Interessen als Gesellschaft dienen. Kein Mitgliedsstaat kann den amerikanischen Digitalunternehmen allein die Stirn bieten. Aber gemeinsam sind wir stark und können Standards setzen. In der letzten Legislaturperiode hatten die Grünen mit Jan Philipp Albrecht einen einflussreichen Vertreter der Digitalpolitik, der mit der Datenschutz-Grundverordnung weltweit Maßstäbe gesetzt hat. Diese Tradition möchte ich mit neuen Akzenten fortführen. Wir brauchen starke Grüne in der europäischen Digitalpolitik!
Europa ist aber für mich viel mehr als die europäischen Institutionen: Ich habe zwei Jahrzehnte in Italien gelebt und spreche sechs europäische Sprachen. Meine Töchter sind im Ausland aufgewachsen und haben zwei Staatsangehörigkeiten. Ich arbeite seit drei Jahren als Dolmetscherin im Europäischen Parlament und bin mit dessen Funktionsweise und Zuständigkeiten bestens vertraut. Ich weiß, dass Europa die richtige Ebene ist, um Digitalpolitik zu machen, denn hier vereint Europa Zuständigkeiten (Wettbewerbsrecht, Binnenmarkt, Datenschutz, Forschung) und einen großen Markt mit 550 Millionen Einwohnern, auf den kein westliches Digitalunternehmen verzichten kann.
Grüne Ideale teile ich seit meiner frühesten Jugend. Im Alter von 13 Jahren stand ich auf der Hofgartenwiese zur Friedensdemo und mit 17 in Wackersdorf zum Protest gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage. Während meiner Zeit in Ausland habe ich mich zivilgesellschaftlich für Frauen, Migrant*innen und Geflüchtete engagiert und ein alternatives Kita-Projekt ins Leben gerufen und geleitet. Seit meiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2010 habe ich als Vorstandsmitglied und Sprecherin meines KV Politik vor Ort gemacht. In NRW bin ich in den LAGen Europa, Frieden, Internationales sowie Medien/Netz und Flucht/Migration aktiv. Bundesweite Gremien waren für mich lange keine Option, da ich meine wunderbaren, heute fast erwachsenen Töchter viele Jahre bei Vollzeit-Berufstätigkeit allein erzogen habe.
Ich kandidiere mit dem 2. Frauenvotum meines Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und dem Votum der BAG Medien und Netz für die Europaliste und würde mich über euer Vertrauen freuen. Im grün-feministischen Blog www.gruen-ist-lila.de/ findet ihr meine Thesen zu Frauen und Digitalisierung und auf www.alexandrageese.eu mehr Infos zu mir.
Sprecht mich gerne an, wenn ihr Fragen habt - per Mail, in den sozialen Netzwerken oder bald in Leipzig!
Eure Alexandra
2. Frauenvotum NRW
Votum BAG Medien und Netz
2010-14 im Vorstand des KV Bonn, 2013/14 KV-Sprecherin. In NRW aktiv in der LAG Medien/Netz, LAG Flucht/Migration und LAG Europa.
Geb. 1968, drei Töchter.
Bachelor in Politikwissenschaften, Master in Migrations-wissenschaften, Master in Konferenzdolmetschen.
Freiberufliche Dolmetscherin, seit 2014 für das Europäische Parlament.
Fremdsprachen: Englisch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch.
www.alexandrageese.eu