Veranstaltung: | 43. Bundesdelegiertenkonferenz Leipzig |
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Tagesordnungspunkt: | EL Wahl Europaliste |
Antragsteller*in: | Terry Reintke (Gelsenkirchen KV) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.10.2018, 14:37 |
EL-12: Bewerbung: Terry Reintke
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
vor vier Jahren bin ich angetreten, um im Europäischen Parlament für mein Herzensthema zu kämpfen: Ein soziales Europa, in dem alle Menschen frei und gleichberechtigt leben können. Am Ende dieser Zeit stelle ich zwei Dinge fest. Zum einen konnten wir einiges erreichen, was den Alltag vieler Menschen in Europa vor allem im sozialen Bereich verbessert. Die kleinen und großen Erfolge der letzten Jahre motivieren mich, mich weiter voll reinzuhängen und auch gegen Rückschläge und in mühevollen kleinen Schritten alles dafür zu tun, Europa gerechter, nachhaltiger und weltoffener zu machen.
Ich habe in den vergangenen Jahren aber auch Entwicklungen beobachtet, die mir Sorgen machen. Denn immer häufiger erzielen autoritäre rechte Parteien Wahlerfolge. Überall in Europa arbeiten nationalistische und reaktionäre Kräfte daran, unsere Grundrechte auszuhebeln und die Errungenschaften freier und demokratischer Gesellschaften zurückzudrehen. Was bis vor Kurzem oft selbstverständlich erschien, wird so Schritt für Schritt aufgeweicht. Diesen Backlash müssen wir entschieden bekämpfen.
Sozial und regional – für eine EU, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt!
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren massiv verändert und ändert sich weiterhin. Sie wird globaler und internationaler und damit steigen unter anderem auch die Herausforderungen an die Politik, die erkämpften Arbeitnehmer*innenrechte auf einem globalisierten Weltmarkt zu verteidigen und auszubauen. In Zeiten, in denen Rechte versuchen, aus Abstiegsängsten politisches Kapital zu schlagen, brauchen wir eine EU, die soziale Sicherheit gibt. Ein wichtiger Teil meiner legislativen Arbeit in den letzten Jahren war die Revision der Entsenderichtlinie. In den Verhandlungen ist es mir gelungen, den Schutz von Arbeitnehmer*innen, die in anderen EU-Ländern eine Dienstleistung erbringen, rechtlich festzuzurren. Nach zwei Jahren harter Detailarbeit können wir nun einen Erfolg feiern.
Mir ist aber auch klar, dass das bei weitem nicht reicht. Die EU wird nur bestehen können, wenn wir große Schritte in Richtung soziales Europa gehen. An dieser Zukunftsfrage will ich weiterarbeiten. Wir brauchen gemeinsame Sozialstandards und eine Angleichung der Lebensverhältnisse in ganz Europa. Hier kann auch die Regionalpolitik einen großen Beitrag leisten. Ich streite deswegen dafür, dass EU-Mittel ein noch wirkungsvolleres Instrument gegen Armut und soziale Ausgrenzung, aber auch für nachhaltige Entwicklung und echte Zukunftsgestaltung werden.
Die Zeit für ein gerechtes, nachhaltiges und weltoffenes Europa ist jetzt
Nächstes Jahr stehen wir nicht nur vor richtungsweisenden Europawahlen. Vorher steuert die EU noch auf den Brexit zu – wie auch immer er aussehen wird, wenn er denn kommt. Ein ungeordneter Austritt Großbritanniens wäre für uns alle eine Katastrophe. Vor allem aber hat die aufgepeitschte Diskussion um das Brexit-Referendum in Großbritannien deutlich gezeigt, wohin jahrzehntelange Hetze und Falschinformation am Ende führen: In eine Sackgasse, die für alle zur Gefahr wird. Dieser Hetze müssen wir eine Politik für ein gerechtes, nachhaltiges und weltoffenes Europa entgegensetzen, die den Menschen in den Mittelpunkt rückt. Dafür möchte ich weiterkämpfen, in der Sozial- und Gleichstellungspolitik im Europäischen Parlament und Seite an Seite mit den vielen Aktivist*innen auf den Straßen und Plätzen Europas, die sich dem Backlash in den Weg stellen.
Gegen den rechten Backlash und für echte Gleichstellung!
Gerade im Bereich der Frauen- und Gleichstellungspolitik erleben wir Erschreckendes: Die Debatte um die Ratifizierung der Istanbul-Konvention, die sich gegen Gewalt gegen Frauen richtet, ist hier das beste Beispiel. Allein die Tatsache, dass der Genderbegriff in der Konvention vorkommt, hat Bulgarien dazu veranlasst, sie aufgrund vermeintlicher „Genderideologie“ nicht zu ratifizieren.
Sexismus ist eine Form von Gewalt gegen Frauen. Die #metoo-Debatte hat gezeigt: Sexismus in der Gesellschaft war und ist immer noch ein riesiges Problem, das viele kleinreden wollen.
Auch wenn wir in der Gesellschaftspolitik schon viel erreicht haben, wie beispielsweise die Ehe für alle in Deutschland, dürfen wir uns darauf nicht ausruhen. Anti-Diskriminierungspolitik ist Kernaufgabe der EU. In diesem Sinne streite ich als Co-Vorsitzende der LGBTI*-Intergroup für gleiche Rechte für alle. So habe ich im Europäischen Parlament durchgesetzt, dass wir Menschenrechtsverletzungen gegenüber Trans*- und die Rechte von Intersex-Personen auf die politische Agenda setzen. Ich sehe aber auch die großen Herausforderungen, die noch vor uns liegen, beispielsweise wenn es um die Freizügigkeit von Regenbogenfamilien geht. Ich will mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Blockade der Fünften Anti-Diskriminierungsrichtlinie in der nächsten Legislatur endlich beendet wird.
Wer gegen rechte Scharfmacher ob in Budapest, in Paris oder in Chemnitz auf die Straße geht; wer für Frauenrechte in Polen oder Irland, für die Ehe für alle in Tschechien oder für gleichen Lohn für gleiche Arbeit in ganz Europa kämpft, verteidigt damit auch europäische Werte und baut am Europa von morgen. An dieser Aufgabe möchte ich auf der Straße und im Parlament weiter mitwirken und freue mich über eure Unterstützung.
Meldet euch gerne, wenn ihr Fragen habt!
Geboren 1987
Seit 2017 Co-Vorsitzende der LGBTI Intergroup des Europäischen Parlaments
Seit 2014 im Europaparlament. Arbeit im Frauenausschuss, Sozial- und Beschäftigungsausschuss und im Regionalausschuss.
2010-2013 Vorstandsmitglied und dann Sprecherin der FYEG
2008-2009 Frauen- und genderpolitische Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen Jugend
Ich freue mich sehr über die Voten des Landesverbandes NRW, der BAG Queer, der BAG Frauen und des Bundesfrauenrats