Selbsterklärende Ergänzung
Antrag: | Mutiges GRÜNES- Sofortprogramm für Klimaschutz! |
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Antragsteller*in: | KV Wolfenbüttel (dort beschlossen am: 08.10.2019) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 25.10.2019, 08:35 |
Antrag: | Mutiges GRÜNES- Sofortprogramm für Klimaschutz! |
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Antragsteller*in: | KV Wolfenbüttel (dort beschlossen am: 08.10.2019) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 25.10.2019, 08:35 |
Im Jahr 2015 hat sich die Weltgemeinschaft in Paris gemeinsam das Ziel gesetzt, die globale
Erhitzung deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C zu halten, um heutigen wie folgenden
Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Die Klimaforschung ist sich einig: Nur
wenn sämtliche Planungen und Maßnahmen auf das 1,5 Grad-Ziel gemäß des Pariser Vertrags
ausgerichtet werden, lassen sich die dramatischen Folgen eines globalen Temperaturanstieges
begrenzen. Der Kampf gegen die globale Überhitzung unseres ist die vorrangige
Menschheitsaufgabe des 21. Jahrhunderts. Daher fordern wir GRÜNE, das anspruchsvolle Ziel
einer maximalen Erhitzung von 1,5°C zum Leitmotiv des Klimaschutzpfades in Deutschland zu
machen. Schon eine Erhitzung von 2 Grad würde die Lebensgrundlage von bis zu 500 Millionen
Menschen weltweit bedrohen - unter anderem durch Wassermangel und durch die Ausdehnung von
Wüsten. Dabei geht es nicht mehr um ein fernes Zukunftsszenario: Die gravierende
Klimakatastrophe zwingt schon heute weltweit mehr Menschen zur Flucht als sämtliche Kriege
zusammen. Und auch mitten in Europa zeigen sich die Auswirkungen der Klimakrise mehr und
mehr: Denken wir doch nur an den Extremsommer im vergangenen Jahr und in diesem Jahr – 30
Grad Celsius am Polarkreis, Waldbrände von Griechenland bis Schweden, ausgedörrte
Landschaften und Ernteausfälle in halb Europa.
Wir müssen viel schneller werden als zwischenzeitlich gedacht, weil wichtige Jahre und
Jahrzehnte lang der ernsthafte Klimaschutz verschlafen wurden. Wir werden unsere Politik
danach ausrichten, im Zeitraum zwischen 2035 und 2040 Klimaneutralität erreicht zu haben.
Die Ideen, Instrumente und Technologien für ernsthaften Klimaschutz sind vorhanden. Die
Unterstützung in der Bevölkerung wächst und wächst. Die Kinder, von denen wir unsere Erde
nur geborgt haben, gehen zu Hunderttausenden für Klimaschutz auf die Straße. Etliche
Unternehmen haben sich auf den Weg gemacht, weil sie wissen, dass eine Green Economy neue
Wertschöpfungsketten und neue Arbeitsplätze schaffen wird. Klimaschutz ist nicht nur die
ökologische Schicksalsfrage, sondern auch maßgeblich für die Zukunft unserer Wirtschaft:
Eine sozial und ökologisch verträgliche Wirtschaftsweise achtet weltweit Menschen- und
Tierrechte, hält die planetaren Belastungsgrenzen ein und wagt eine Abkehr von maßloser
Überproduktion und Massenkonsum. Nicht nur im Interesse des Industriestandortes, sondern im
Interesse der Menschen, des Gewerbes und des Handels ist der Übergang zu einer
ressourcenleichten Produktion ohne Klimabelastung zu erzielen. Nur so schaffen wir ein
dauerhaft lebenswertes Deutschland und erhalten unseren lebenswerten Planeten so, wie wir
ihn bisher kennen. Wir wünschen uns, dass Klimaschutz als Chance für wirtschaftlichen
Erfolg, nachhaltiges Unternehmertum und Innovation sowie Motor des Arbeitsmarktes begriffen
wird. Wir erwarten die Weiterentwicklung unserer Sozialen Marktwirtschaft im Sinne eines
sozio-ökologischen Wirtschaftsmodells, das die breit diskutierten Ideen von Postwachstum,
Kreislaufwirtschaft und Gemeinwohlökonomie einbezieht.
Die Europawahl und die Fridays-for-Future-Bewegung zeigen, dass die Bürger*innen
konsequenten Klimaschutz wollen und keine parteipolitische Bedenkenträgerei. Es braucht
jetzt einen gemeinsamen gesamtgesellschaftlichen und politischen Kraftakt, um den Pariser
Klimavertrag zu erfüllen und unserer und besonders allen zukünftigen Generationen die Chance
zu geben, weiter in Freiheit zu leben. Es ist daher allerhöchste Zeit, dass die
Bundesregierung mit ambitionierten Maßnahmen den Klimaschutz in unserem Land vorantreibt,
statt ihn weiter zu blockieren. Wir legen hier ein Sofortprogramm vor, mit dem Bund und
Länder den Klimaschutz jetzt gemeinsam voranbringen können. Dies ist gleichzeitig ein
Forderungskatalog an die Bundesregierung. Das Klimakabinett muss umgehend entscheidende
Weichen stellen, und zwar in folgenden drei Bereichen:
1. Die zügige Einleitung des Kohleausstiegs und der Abschluss desselben bis 2030, viel mehr
Schwung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine effizientere Nutzung von Energie
2. Einen CO2-Preis von anfänglich mindestens 60 Euro pro Tonne, der ökologisch wirksam,
sozial gerecht und ökonomisch sinnvoll ist – damit klimafreundliches Verhalten belohnt und
klimaschädliches Verhalten verteuert wird
3. Ein Klimaschutzgesetz, das den gesetzlichen Rahmen für konkrete Maßnahmen in allen
Sektoren schafft und so für Planungssicherheit sorgt für die Bereiche Wärme, Verkehr,
Industrie und Landwirtschaft.
Zentrale Forderungen vorab zusammengefasst:
Wir können jetzt zeigen, dass Klimaschutz, wirtschaftlicher Erfolg, Wohlstand und
gesellschaftlicher Zusammenhalt in einem Industrieland im 21. Jahrhundert Hand in Hand
gehen. Wir würden massiv davon profitieren - sowohl durch höhere Lebensqualität, als auch
mit Blick auf Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze der Zukunft. In Deutschland gibt es mehr
als genug Energie und Ideenreichtum, um die entscheidenden Zukunftsfrage des 21.
Jahrhunderts wieder entschlossen anzugehen. Der Moment dafür ist jetzt. Klare und mutige
Entscheidungen sind erforderlich.
Dieses Papier ist auch ein Angebot zur Zusammenarbeit. Wir haben konkrete Vorschläge
formuliert. Für ihre Umsetzung bieten wir sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat unsere
Unterstützung an. Entscheidend ist, dass Deutschland seine nationalen, europäischen und
international verbindlich zugesagten Ziele erreicht. Über den besten und schnellsten Weg
dorthin sind wir offen für jeden konstruktiven Dialog.
(1) Kohleausstieg einleiten, Energiewende beschleunigen
Der schnelle Ausbau der Erneuerbaren Energien ist entscheidend für wirksamen und
erfolgreichen Klimaschutz, denn nicht nur der Strombereich, sondern auch der Wärme- und
Verkehrssektor werden zukünftig massiv erneuerbare Energie benötigen. Hierfür müssen wir
Verkehr und Wärme zunehmend elektrisch versorgen und aus Strom Wasserstoff und Gas machen.
Dieser Ausbau wird derzeit vom klimaschädlichen Kohlestrom blockiert, für den nicht nur
jährlich 240 Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen werden, sondern der auch die Netze
verstopft und gegenüber den Erneuerbaren einen unfairen Wettbewerbsvorteil hat.
Deutschland muss sich seinen Möglichkeiten entsprechend ambitionierte und verbindliche Ziele
setzen. Wir GRÜNE fordern deshalb, dass sich Deutschland in einem Klimaschutzgesetz das Ziel
setzt, mehr als 75 Prozent der Treibhausgasemissionen - (bezogen auf 1990) bis 2030
einzusparen. Dabei müssen die Maßnahmen so gewählt werden, dass sie in Ihrer Gesamtheit
geeignet sind dieses Ziel zu erfüllen. Die bisherigen Zielsetzungen der schwarz-roten
Bundesregierung sind absolut nicht ausreichend.
a) Kohleausstiegsgesetz
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohle-Kommission „Wachstum, Strukturwandel,
Beschäftigung“ hatte bereits Ende Januar 2019 einen Kompromiss für den Ausstieg aus der
Kohleverstromung vorgelegt. Auch viele Monate später hat es die Große Koalition nicht
geschafft, den Kohleausstieg einzuleiten. Um schnell Planungssicherheit zu schaffen, muss
jetzt unverzüglich, wie in der Kohle-Kommission vereinbart, im Rahmen von transparenten
Gesprächen ein verbindlicher Abschaltplan vorgelegt werden, damit
• bis Ende 2022 mindestens rund ein Viertel der Braunkohlekapazitäten und ein Drittel der
Steinkohlekapazitäten abgeschaltet werden,
• für die Zeit nach 2022 ein verbindlicher Abschaltplan von Kohlekraftwerken, deren
Betriebsdauer länger als 25 Jahre – und damit weitgehend entschädigungsfrei – ist, verbunden
mit einer Übergangsfrist zur Abschaltung von drei bis vier Jahren, festgelegt wird
• und sichergestellt wird, dass das Strukturfördergesetz mit einem Volumen von 40 Milliarden
Euro an konkrete Abschaltungen gekoppelt wird.
b) Energiewende beschleunigen
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien, von Speichern und Netzen, muss dringend beschleunigt
werden. Das ist genauso klimapolitisch notwendig wie ökonomisch vernünftig, denn Energie aus
Wind und Sonne sind heute schon günstiger als neue Gas- und Kohlekraftwerke. Während
weltweit immer mehr in Erneuerbare investiert wird, brechen im Land der Erfindung der
„Energiewende“ die Investitionen ein. Um die Segel wieder in den Wind zu stellen, wollen wir
bestehende regulatorische Hemmnisse beseitigen und so „ermöglichen“ statt „verhindern“. Denn
was wir derzeit erleben, ist das genaue Gegenteil. Trotz Klagen aus Energiewirtschaft und
Industrie bleibt die Bundesregierung untätig, obwohl die Unternehmen dringenden
Klärungsbedarf haben und am überbordenden Maß bürokratischer Regeln verzweifeln. Wie geht es
weiter, wenn der Ausbaudeckel von 52 GW für Solarenergie Mitte kommenden Jahres erreicht
sein wird? Was passiert mit funktionstüchtigen aber nicht mehr geförderten Wind-, PV- und
Biomasseanlagen, die es ab 2021 immer häufiger geben wird? Warum macht man Speicher
unrentabel, indem man sie doppelt mit Steuern und Umlagen belegt? Darf bald jeder
wahlkämpfende Landespolitiker sein Bundesland zur Tabuzone für den Windkraftausbau erklären?
Diese und viele weitere Fragen stehen unbeantwortet im Raum und versprühen das Gift der
Verunsicherung in einer Branche, die Milliardeninvestitionen zu stemmen hat und die dringend
Planungssicherheit braucht.
Seit mehr als zwei Jahren beobachten wir einen Stillstand der Rechtssetzung, und immer
wieder gab es Vorschläge, die den Zubau der Erneuerbaren weiter ausbremsen. Zahlreiche
Bundesratsinitiativen aller Länder zeugen aber davon, dass es anders gehen kann, wenn man
will:
• Es gilt alle Deckel im EEG zu streichen, damit die klimafeindliche Begrenzung des
Ökostromausbaus beendet wird. Insbesondere den Ausbau der Windenergie an Land und den der
Solarenergie müssen wir beschleunigen. Unser Ziel ist entsprechend wissenschaftlicher
Empfehlungen (Sektorkopplungsstudie Prof. Dr. Quaschning) ein Zubau von jährlich mindestens
6 GW netto Wind an Land, 3 GW netto Wind auf See und 15 GW netto Photovoltaik. Uns ist klar,
dass diese Anhebung des Zubaus an erneuerbaren Energie-Kraftwerken nicht von heute auf
morgen möglich sein wird, weil die amtierende schwarz-rote Bundesregierung den Zubau der
Erneuerbaren zu effektiv und verbunden mit viel Bürokratie vor die Wand gefahren hat. Durch
vereinfachte Genehmigungsverfahren, die Bereitstellung von Flächen in öffentlicher Hand, die
Nutzung aller zur Solarenergienutzung geeigneten Dächer öffentlicher Gebäude wie Schulen,
Turnhallen, Finanzämter, Polizeistationen, Kasernen usw. und durch weitere geeignete
Maßnahmen werden wir den Ausbau der Erneuerbaren aber wieder viel attraktiver und planbarer
machen und das Tempo des Ausbaus der Erneuerbaren um ein Vielfaches steigern und 2030 bei
100% Ökostrom angekommen zu sein.
• Die Einführung von Ausschreibungen hat zu einer erheblichen Reduzierung der noch in der
Entwicklung stehenden Projekte geführt, die Einführung der Ausschreibungsmodelle müssen
zurückgenommen werden. Die EU lässt auf Grundlage ihrer so genannten De-minimis-Regelungen
ausdrücklich Ausnahmen von Ausschreibungen bei kleineren Anlagen zu. Diese Ausnahmen müssen
genutzt werden, damit wieder mehr lokale und regionale Wertschöpfung bei den Menschen
bleibt.
• Um das Potential unserer Städte und Industriegebiete für den PV-Ausbau zu nutzen, müssen
wir die Mieterstromregelungen vereinfachen, Rechtssicherheit für Vermieter*innen schaffen
und die Ausschreibungen so anpassen, dass alle, die bauen wollen, auch zum Zuge kommen
können. Außerdem muss die Solarenergie im Außenbereich ebenso wie die Windkraft privilegiert
werden.
• Das größte Hemmnis für den Zubau, insbesondere der Windkraft, ist ein Mangel an Flächen.
Nur wenn rechtssicher Standorte zur Verfügung stehen, werden Planungen in Angriff genommen.
Wir brauchen darum ein nationales Flächenziel Windkraft und eine Überprüfung der bestehenden
Regelungen im Bereich Flugsicherung, Denkmal- und Naturschutz sowie des Planungsrechts.
Zudem brauchen wir klare und einheitliche Leitlinien für die Koexistenz von Windenergie und
Naturschutz. Um den Ausbau der Windkraft überall in Deutschland voranzubringen, muss er
regional ausgeglichen erfolgen und mit den Zielen des Netzentwicklungsplans im Einklang
stehen. Die im Netzausbaugebiet vorgenommenen Einschränkungen im Norden des Landes müssen
aufgehoben werden.
• Gemeinsam mit Betreibern bestehender Wind-, PV- und Biogasanlagen wollen wir neue
Geschäftsmodelle entwickeln und alle Regelungen streichen, die einen wirtschaftlichen
Weiterbetrieb behindern. Auch Repowering muss am gleichen Standort möglich bleiben.
• Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz 2.0 hat die Bundesregierung gerade den
Rechtsrahmen für den Netzausbau angepasst. Die Wirkung bleibt zunächst abzuwarten und muss
engmaschig überwacht werden, um keine weiteren Verzögerungen beim Stromtransport zu
riskieren.
• Wir fordern, dass der Ausbau auf Grundlage eines 100 Prozent erneuerbaren Energieszenarios
geplant und umgesetzt wird. Um keine Potentiale zu verschenken, wollen wir alle Trassen, die
neu gebaut werden, mit den maximalen Transportkapazitäten, also 525 KV-Leitungen,
ausstatten.
• Wir wollen, dass die für eine erfolgreiche Energiewende dringend benötigten
Speicherkapazitäten nicht länger künstlich aus dem Markt gedrückt werden. Hierfür muss der
gespeicherte Strom von Letztverbraucherabgaben befreit werden. Dabei dürfen Netzausbau und
Speicher kein Widerspruch sein. Auf dem Weg in die Erneuerbare Welt brauchen wir beides
gleichermaßen.
• Sinnvoll für einen schnellen Ausbau der Solarenergienutzung auf Dachflächen ist eine
deutliche Anhebung der Vergütung pro kw/h. Die Ausschreibungspflicht für PV-Anlagen auf
Gebäuden entfällt, Eigenverbrauch auch in Zeiten des Einspeisemanagements wird ermöglicht
und die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch abgeschafft, die Einspeisepflicht aufgehoben. Weil wir
eine Vervielfachung der Solarenergieproduktion benötigen, setzen wir uns für die Abschaffung
der Restriktionen zur Zulassung weiterer Flächen für einen schnellen PV-Ausbau ein. Bisher
werden nur wenige Flächen im EEG als vergütungsberechtigt vorgesehen.
• Photovoltaik-Freiflächenanlagen im Bereich von 110 m beiderseits von Autobahnen und
Schienen sollen als landwirtschaftliche Nutzung, als sogenannte "Sonnen-Ernte", gelten.
Dadurch sind für diesen Bereich weder Flächennutzungsplan (F-Plan) noch Bebauungsplan (B-
Plan) anzupassen und der Ausbau der Solarenergienutzung ist zeitnah machbar. Die Verankerung
im Erdreich erfolgt dabei ohne Beton, sondern durch demontierbare Erdanker bzw.
Erdschrauben. Und nachhaltig betriebene PV-Freiflächenanlagen sind deutlich insekten- und
vogelfreundlicher als konventionell betriebene landwirtschaftliche Ackerflächen.
(2) Ein fairer und ehrlicher Preis für CO2-Ausstoß
Nur wenn die Preise die ökologische Wahrheit sagen, werden ökonomische Anreize für
Klimaschutz gesetzt. Eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft wird dann erreichbar sein, wenn
Produktivität und Profitabilität sich auch daran bemisst, wie viel CO2 ausgestoßen wurde.
Mit einem jährlich steigenden CO2-Preis tragen wir dazu bei, dass es einen einfachen,
marktwirtschaftlichen Mechanismus gibt: Wer sorgsam mit unseren endlichen Ressourcen umgeht,
hat auf dem Markt eine Wettbewerbsvorteil vor dem, dessen Verhalten das Klima schädigt.
Klimaschutz wird billiger. Klimazerstörung, deren Kosten bisher von der Allgemeinheit
getragen werden, wird teurer. Heute ist es vielfach anders herum – das wollen wir ändern.
Wir wollen dem Ausstoß von CO2 einen fairen Preis geben, der die ökonomischen Fehlanreize
insbesondere im Verkehrs- und Wärmesektor beendet. Fossile Kraft- und Brennstoffe sollen
deshalb mit einem Aufschlag auf den Marktpreis belegt werden. Dieser Aufschlag soll
mittelfristig die Kosten der Klimaschäden abbilden. Damit dies sozial ausgewogen möglich ist
und zugleich berücksichtigt, dass es in strukturschwachen Regionen mancherorts derzeit nur
begrenzt klimafreundliche Alternativen (wie z.B. einen starken ÖPNV) gibt, sollten die
Einnahmen als Senkung der Stromsteuer und als Energiegeld an alle Bürger*innen wieder
zurückgehen. Wer das Klima schont, zahlt weniger ein als er rausbekommt und hat am
Jahresende Plus gemacht. Wer das Klima schädigt, zahlt dafür. Das gilt auch für Unternehmen.
Dadurch erhöhen wir den Anreiz, auf klimafreundliche Technologien umzustellen und in
Erneuerbare Energien und Effizienz zu investieren.
Drei Grundprinzipien sind für uns entscheidend:
• ökologisch wirksam: Es sollen möglichst viele Sektoren erfasst werden und der Preis
möglichst schnell eine Lenkungswirkung haben, die eine Einhaltung der Klimaziele ermöglicht.
Die CO2-Preise sollen sich deshalb mittelfristig an den realen CO2-Schadenskosten
orientieren. Außerdem kommt es darauf an, den CO2-Preis zügig einzuführen. Wir können bei
der Rettung des Klimas nicht erneut Jahre verschenken.
• sozial gerecht: Wir wollen die Bepreisung von CO2 aufkommensneutral durchführen. Der Staat
erhält keine neuen Einnahmen, sondern die Mittel fließen wieder an die Bürger*innen sowie
die Wirtschaft zurück. Außerdem soll der CO2-Preis so festgesetzt werden, dass dadurch von
Beginn an der Umstieg zu klimafreundlicheren Technologien gefördert wird.
• ökonomisch sinnvoll: Versorgungssicherheit und Rentabilität von energieintensiven Branchen
dürfen nicht gefährdet werden, um zu verhindern, dass energieintensive Industriezweige ins
Ausland verlagert werden. Das würde unserem Land schaden, ohne dass damit etwas für das
Klima gewonnen wäre. Dafür ist eine angemessene, planbare und verlässliche Entwicklung des
Preises für CO2 genauso entscheidend wie die Förderung von klimafreundlichen Alternativen
und ein steuerlicher CO2-Grenzausgleich: Importierte Produkte, bei deren Herstellung viel
CO2 oder CH4 (Methan) freigesetzt wird, werden mit der heimischen CO2-Steuer belastet bis
der exportierende Staat selber eine CO2-Steuer in ähnlicher Höhe wie in Deutschland erhebt.
Unternehmen, die in Deutschland produzieren und die am Emissionshandel EU ETS beteiligt
sind, bekommen ihre Aufwendungen für Emissionszertifikate in voller Höhe erstattet, sofern
die CO2-Steuer höher ist als der Zertifikatpreis.
Eckpunkte eines CO2-Preises
(A) Erhebung:
Wir wollen in Deutschland zeitnah einen CO2-Preis einführen. Davon sind zwei Bereiche
betroffen:
• Für den Verkehrs- und Wärmesektor – also den Bereichen, in denen die
Klimaschutzfortschritte bisher am geringsten sind – sollen die Energiesteuern auf Benzin,
Diesel, Kerosin, Heizöl, Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Heizkohle und Heizgas um eine CO2-
Preis-Komponente entsprechend der jeweiligen CO2-Emission ergänzt werden. Hier schlagen wir
einen Einstiegspreis von 60 Euro/t CO2- Emission vor. Dieser CO2-Mindestpreis soll in jedem
Jahr um mindestens 10% steigen und gilt äquivalent zur Klimaschädigung auch für
Methanemissionen.
• In der Folge soll auch für den Bereich des Emissionshandels ein CO2- Mindestpreis in Höhe
von möglichst schnell 60 Euro/t gelten, um die Klimaziele zu erreichen. Unsere Nachbarn
Frankreich und die Niederlande drängen darauf, gemeinsam den Schritt eines abgestimmten
Mindestpreises zu gehen; dem sollte sich Deutschland anschließen.
Mit dieser Forderung bleiben wir zwar weit hinter den Berechnungen des Umweltbundesamtes mit
180 Euro pro Tonne CO2- Emission, so hoch sei der Schaden an Klima und Umwelt, den jede
Tonne verursache. Um allen Wirtschaftszweigen einen kalkulierbaren Übergang zu ermöglichen
steigen wir nicht in dieser Höhe der CO2-Bepreisung ein. Allerdings entsprechen unsere
Forderung denen des Internationalen Währungsfonds, der vor den Kosten der Erderhitzung warnt
und einen Preis von etwa 60 Euro pro Tonne Co2-Emission vorschlägt.
Die konkrete Preisentwicklung in beiden Bereichen muss sich an den Zielen der Klimapolitik
ausrichten. Zentral ist, dass die CO2-Bepreisung durch weitere klimapolitische Maßnahmen in
jedem Sektor ergänzt wird. Umfassende Förderprogramme für eine klimafreundliche
Wirtschaftsweise (Dekarbonisierung der Industrie, Programme für Flottenumstellung auf E-
Mobilität etc.), wie sie teilweise im Energie- und Klimafonds bereits eingestellt sind sowie
Programme für weitere notwendige Anpassungen müssen zusätzlich zur Entlastung durch den
niedrigeren Strompreis effizienter und wirtschaftlich sinnvoller umgesetzt bzw. neu
aufgelegt werden. Je mehr CO2-Einsparung durch andere klimapolitische Instrumente erreicht
wird, desto moderater kann die Preissteigerung in dem jeweiligen Sektor erfolgen. Dabei ist
Planbarkeit von entscheidender Bedeutung, so dass wir ein unabhängiges Gremium vorschlagen,
das die stetige und lange angekündigte Preisanpassung vornimmt, die sich an den drei oben
genannten Parametern ausrichtet. Insbesondere bei absehbaren Zielverfehlungen müssen die
Preise für die entsprechenden Emissionssektoren angepasst werden.
(B) Rückzahlung:
Auch für die Rückzahlung gilt: Sie soll ökologisch wirksam, sozial gerecht und ökonomisch
sinnvoll sein. Deshalb schlagen wir zwei Wege der Rückzahlung vor.
• Wir wollen die Stromsteuer nahezu abschaffen, indem wir sie auf den EU-Mindestsatz von 0,1
bzw. 0,05 ct/kWh abzusenken. Das bringt für die Stromkund*innen eine Entlastung von 6,5 Mrd.
Euro und führt dazu, dass in allen Sektoren die Wende hin zu Erneuerbaren Energien
beschleunigt wird. Außerdem wird damit die ungleiche Belastung zwischen privaten Haushalten,
Gewerbetreibenden und Mittelstand auf der einen Seite und Teilen der Industrie, die bereits
heute privilegiert sind auf der anderen Seite reduziert.
• Da nicht alle Bürger*innen – gerade im ländlichen Raum – von heute auf morgen auf
umweltfreundliche Fahrzeuge und Heizungen umsteigen können, wollen wir die Kosten eines CO2-
Preises sozial abfedern und daher allen Bürger*innen mindestens je 150 Euro pro Jahr als
Energiegeld zurückzahlen, ausdrücklich auch Kinder ab Geburt. Diese Form der Entlastung hat
sich bereits in anderen Ländern wie der Schweiz bewährt. Haushalte mit vier Personen
bekommen so mindestens 600 Euro pro Jahr erstattet, der Strompreis verringert sich durch die
Abschaffung der Stromsteuer durchschnittlich um weitere 60 Euro pro Jahr. Diese
Rückerstattung soll nicht auf die Sozialleistungen angerechnet werden.
Durch die beiden Rückzahlungsmodelle werden insbesondere die entlastet, die wenig
klimaschädliche Energieträger verbrauchen. In der Regel steigt der Energieverbrauch – und
damit die Kosten - mit dem Einkommen. Durch die einheitliche Höhe der Rückzahlung für alle
Bürger*innen ist das Modell sozial ausgewogen. Dadurch profitieren Menschen mit geringem
Einkommen überproportional. Dennoch wird es Härtefälle geben, die wir im Blick behalten
wollen.
Deshalb wollen wir zusätzlich Förderprogramme sowohl für Unternehmen als auch für
Privathaushalte auflegen. Damit werden wir z.B. Umstieg von Heizungen, die mit fossilen
Brennstoffen betrieben werden, hin zu Wärmepumpen, Pelletheizungen und klimaneutralen Nah-
und Fernwärmenetzen beschleunigen. Im Mietwohnungsbestand wollen wir ein besonderes
Augenmerk auf Quartierslösungen legen. Für den Umstieg auf klimaneutrale Verkehrsträger
schaffen wir durch das Bonus-Malus-Konzept, im Steuerrecht und durch gezielte Förderung die
Möglichkeiten, um auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen.
(3) Klimaschutz einen rechtlichen Rahmen geben
Bisher hat der Bundestag das Pariser Klimaabkommen zwar ratifiziert, der zugleich
erforderliche verbindliche nationale Beitrag ist bisher im Rahmen des Klimaschutzberichtes
lediglich eine Absichtserklärung, der es an Verbindlichkeit fehlt – nicht nur gegenüber dem
UN-Klimasekretariat, sondern auch mit Blick auf die rechtsverbindliche Planungssicherheit im
nationalen Kontext. Daher muss die Bundesregierung bis zum UN-Gipfel im September in New
York ein Klimaschutzgesetz als rechtlichen Rahmen für die deutsche Klimapolitik mit einem
alle Sektoren umfassenden Maßnahmenpaket vorlegen.
Senken wir nicht unsere Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft bis
2030 wie in der Gemeinschaft der Europäischen Staaten zugesagt, drohen immense Kosten für
den Ankauf von Verschmutzungsrechten. Bis 2030 stehen dann 30 bis 60 Milliarden Euro im
Feuer. Schon jetzt hat die Bundesregierung hunderte Millionen Euro in der Haushaltsplanung
dafür vorgesehen. Sinnvoll wäre es, das Geld in Klimaschutz bei uns investieren. So schaffen
wir mehr Lebensqualität durch besseren Verkehr und wärmere Wohnungen genauso wie mehr Arbeit
und Wohlstand durch Investitionen in Deutschland.
Klimaschutzbilanzen und -pläne liegen in vielen Kommunen vor, werden aber nicht oder nur in
Teilen umgesetzt. Die Kopplung von Umlagen und Zuschüssen an den CO2 Minderungszielen auf
lokaler Ebene würde eine immense Entwicklung vorantreiben. Es sind oft die Gemeinden, die
entscheiden, welche CO2-Minderungschancen als erste ergriffen werden.
Nur mit klar festgelegten Zielen und Zwischenzielen, verknüpft mit einem verbindlichen
Monitoring der Maßnahmen und Ergebnissen sowie verankerten Korrekturmechanismen bei
Zielverfehlung, können wir wieder auf den erforderlichen Zielpfad beim Klimaschutz kommen.
Durch ein solches Klimaschutzgesetz werden auch endlich Verbindlichkeiten innerhalb der
jeweiligen Sektoren und der zuständigen Ressorts festgeschrieben. Denn das Erreichen der
Klimaschutzziele kann nicht länger allein beim Bundesumweltministerium liegen, sondern muss
als Querschnitt der Regierung auch die Ministerien, welche zuständig sind für Verkehr,
Landwirtschaft, Bauen und Wirtschaft, in die Pflicht nehmen. Die Zielsetzung einer
klimaneutralen öffentlichen Verwaltung muss ebenfalls in diesem Rahmengesetz festgelegt
werden. Wir Grüne werden Klimaschutzklagen dritter zudem inhaltlich und
finanziell unterstützen oder sie sogar selber führen.
Klimaschutzbilanzen liegen bei sehr vielen Kommunen vor, werden aber nicht oder nur in
Teilen umgesetzt. Die Kopplung von Umlagen und Zuschüssen an den CO2 Minderungszielen auf
lokaler Ebene würde eine immense Entwicklung vorantreiben. Es sind oft die
Gemeinden/Kommunen, die entscheiden müssen, welche CO2 Minderungen als erstes angegangen
werden sollen.
Konkretisierende Maßnahmen zum Klimaschutzgesetz
Im Gebäudebereich
Rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudebereich. Ohne
erhebliche Anstrengungen in diesem Bereich sind demzufolge sämtliche Klimaziele bis 2050
Makulatur. Gleichzeitig weist insbesondere der Baubereich ein besonderes träges
Umsteuerungsverhalten auf, da hier sehr lange Investitionszyklen von ca. 30 Jahren bestehen.
Soll also das erklärte und notwendige Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands (Ziel
Bundesregierung 2050; Ziel Grüne spätestens2040) erreicht werden, ist ein sofortiges
Umsteuern erforderlich – auch um nicht heute falsche Investitionsentscheidungen zu treffen,
die vor Ablauf der Lebensdauer der Investition durch neuerliche Sanierung entwertet werden.
Da der Großteil des in Zukunft genutzten Gebäudebestandes bereits gebaut ist, kommt der
Sanierung eine besondere Bedeutung zu. Hierfür braucht es ordnungsrechtliche und
anreizorientierte Komponenten. Der Umstieg auf klimaschonende Wärme gelingt zugleich nur
dann, wenn er sozial ist, d.h. dass Wohnen und Heizen bezahlbar bleiben. Drei Maßnahmen, die
sofort begonnen werden können, sind deshalb von besonderer Bedeutung:
1. Förderprogramm Faire Wärme: Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-
Investitionen in Gebäude und Wohnungen unterstützen wir selbstnutzende Eigentümer*innen,
Vermieter*innen sowie Mieter*innen. Wir helfen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und
Klimaschutz gemäß der Ziele von Paris für alle zu ermöglichen. Dafür wollen wir im Rahmen
des Programms „Faire Wärme” zusätzlich Mittel für gute Planung, Investitionen und
Bezahlbarkeit bereitstellen. Dieses zukunftsweisende Förderprogramm kann durch den Abbau
umweltschädlicher Subventionen finanziert werden.
Die derzeitigen Mittel für erneuerbare Wärme, energetische Sanierung und Infrastruktur für
die Wärmeversorgung müssen dazu verdoppelt und die Antragsverfahren vereinfacht werden,
damit die Förderung gezielt wirkt. Die Kosten für Bauen, Sanieren und Wohnen müssen
klimaverträglich und fair für alle verteilt werden. Neben der Klima-Modernisierung
öffentlicher Gebäude setzen wir u.a. auf gemeinschaftlich geplante Sanierungsprojekte. Wir
unterstützen damit die Kommunen in der örtlichen Wärme- und Sanierungsplanung und
erleichtern die erneuerbare Energieversorgung durch eine moderne und gut vernetzte
Infrastruktur. Im Rahmen einer Quartiersförderung wollen wir warmmietenneutrale Sanierungen
für Mieter*innen mit kleinem Einkommen ermöglichen. Ergänzend führen wir einen Klimazuschuss
ein, damit sich auch die Empfängerinnen von Wohngeld klimafreundliche Wohnungen leisten
können.
2. Steuerliche Förderung der energetischen Sanierung von Gebäuden: Die bereits 2011 zwischen
Bundesregierung und Bundesrat verhandelte steuerliche Förderung als Anreiz für energetische
Sanierung wollen wir endlich umsetzen. Gerade private Eigenheimbesitzer*innen benötigen
steuerliche Anreize zur Gebäudesanierung. Der Steuerbonus muss klimapolitisch wirksam
ausgestaltet sein. Es dürfen darum nur Maßnahmen gefördert werden, die nachweislich auf dem
vom Pariser Abkommen vorgegeben Minderungspfad liegen. Durch eine progressionsunabhängige
Abschreibung müssen alle gleichermaßen davon profitieren, und die Sonderabschreibung muss
analog zur KfW-Förderung ausgestaltet sein.
Dieser Bereich ist für die Erreichung der Klimaziele von großer Bedeutung, er ist aber auch
ein Konjunkturprogramm für unser Handwerk und den Mittelstand. Wir fordern daher die
Bundesregierung auf, den Ball noch einmal aufzugreifen. Klar muss sein, dass die Kommunen
nicht auf den Kosten der steuerlichen Förderung sitzen bleiben dürfen. Die Bundesregierung
sollte lieber in dieses Projekt investieren als in Strafzahlungen für die Nichteinhaltung
der Klimaziele.
3. Effizientes Gebäude-Energie-Gesetz / Erneuerbare Wärme Neben Anreizen bedarf es auch
klarer ordnungsrechtlicher Vorgaben für den Gebäudebestand. Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz
(EWärmeG) hat Baden-Württemberg eine Blaupause für den Bund geschaffen. Es verpflichtet die
Eigentümer*innen bestehender Wohn- und Nichtwohngebäude erneuerbare Energien einzusetzen,
sobald sie ihre Heizungsanlage austauschen. Die Wirkung des EWärmeG wurde Ende 2018
evaluiert: Es war sehr erfolgreich und hat über die Einsparung durch den eigentlichen
Heizungstausch hinaus zu einer jährlichen Reduzierung der CO2-Emissionen um 110.000 bis
170.000 t CO2 pro Jahr geführt. Heute werden in Baden-Württemberg mehr Erneuerbare Energien
im Wärmesektor eingesetzt als in jedem anderen Bundesland.
Für den Neubau von Gebäuden ist hingegen eine Anpassung der bestehenden Energievorgaben auf
den Passivhaus-Standard anzustreben, wir freuen uns über jedes Plus-Energiehaus. Legt man
eine Betrachtung der Lebenszykluskosten anstelle einer rein auf die Kapitalkosten
orientierten Betrachtung des Wirtschaftlichkeitsbegriffs zugrunde, so relativieren sich die
erhöhten Investitionskosten erheblich. Dies wird durch die Einführung des vorgeschlagenen
Instruments eines CO2-Preises zusätzlich verstärkt.
Im Verkehrsbereich
Deutschland braucht möglichst schnell eine Verkehrswende. Das Versagen der Bundesregierung
ist in diesem Bereich besonders eklatant, denn seit Jahren steigt der CO2-Ausstoß, statt zu
sinken. Dass die Verkehrswende nicht vorangebracht wurde, mindert die Lebensqualität der
Bürger*innen. Die Straßen sind dreckig, laut und verstopft. Das muss sich ändern. Deshalb
wollen wir uns von den fossilen Verbrennern verabschieden. Inzwischen gibt es aus der
Automobilindustrie deutliche Signale, dass das verstanden wird. Hinzu kommt, dass wir die
Bahn stärken und konkurrenzfähig machen müssen, so dass der Umstieg von Fliegern –
insbesondere auf der Kurz- und Mittelstrecke – auf die Schiene möglich wird. Wir wollen eine
intelligent aufeinander abgestimmte Mobilität zwischen abgasfreiem Auto, elektromobiler Bahn
und ÖPNV, Rad- und Fußverkehr auf den Weg bringen, die auch erschwinglich ist.
Drei Bereiche sind deshalb besonders wichtig:
(A) Weg vom fossilen Verbrenner – Förderung der E-Mobilität
Der Umstieg auf klimaschonende Antriebe ist zentral für den Klimaschutz. Und er ist
entscheidend, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu sichern. Wir fordern unabhängig davon
ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, weil dies dem Klima, dem Lärmschutz und der
Sicherheit dient. Weltweit wird gerade das Auto neu erfunden – die Ära des fossilen
Verbrennungsmotors geht unweigerlich zu Ende. Die Zukunft der deutschen Automobilindustrie
entscheidet sich daran, ob sie bei dieser Veränderung doch noch vorne mit dabei ist.
Deutschland hat dafür weltweit mit die besten Ingenieur*innen. Nun braucht es politisch
einen ehrgeizigen Rahmen, der ein planbares Ende des fossilen Verbrennungsmotors schafft
sowie die notwendige Förderung dieser Umstellung.
• Dafür muss erstens die Ladeinfrastruktur massiv ausgebaut werden. Dies muss sowohl
öffentliche als auch private Ladestationen umfassen. Hierzu braucht es mehr öffentliche
Investitionen, bürokratische Hürden im Miet- und Wohneigentumsrecht müssen abgebaut und eine
Mindestquote von Ladepunkten an Stellplätzen eingeführt werden.
• Zudem müssen wir nun den Markthochlauf von E-Autos befördern. Die erfolglose Kaufprämie
der Bundesregierung wollen wir durch ein Bonus- Malus-System in der Kfz-Steuer ersetzen. Das
heißt: Rein elektrische Fahrzeuge sollen eine Gutschrift erhalten, während Spritschlucker
stärker an den ökologischen Kosten beteiligt werden. Dieses Bonus-Malus-System ist sozial
gerecht und kann ökologisch lenken. Zugleich wollen wir das Dienstwagenprivileg beenden.
• Wir wollen zudem den Umstieg von gewerblichen Flotten, z.B. von Handwerkern oder
Pflegediensten, beschleunigen. Hierfür gilt es auf der einen Seite endlich die vom Bundesrat
schon lange geforderten Sonderabschreibungen im Steuerrecht zu verankern. So befördern wir
den Flottenhochlauf und sorgen für einen attraktiven Gebrauchtwagenmarkt, von dem alle
Autokäufer profitieren können. Aber auch Mittel der direkten Förderung sind erforderlich.
(B) Einführung eines Mobilpasses / Förderung ÖPNV
Bus und Bahn brauchen kräftigen Rückenwind, damit noch mehr Menschen umsteigen. Zuverlässig,
schnell und preisgünstig auf einem engmaschigen Nahverkehrsnetz – so stellen wir uns
Elektro-Busse, Straßenbahnen und die Bahn von morgen vor. Wir wollen insbesondere die
Chancen der Digitalisierung nutzen und alle öffentlichen Verkehrsangebote verbinden und mit
einer einzigen Smartcard oder App nutzbar machen – dem grünen MobilPass. Den klassischen
ÖPNV vernetzen wir mit neuen Mobilitätsdienstleistungen wie Car-, Bike- und Ridesharing. Mit
dem grünen MobilPass erfolgt die Abrechnung automatisch und einheitlich. Begleitend dazu
wollen wie die Aufwendungen für Bus und Bahn durch die öffentliche Hand rasch verdoppeln.
(C) Bahn attraktiver machen als Fliegen
Bei der Wahl des Verkehrsmittels entscheiden die Bürgerinnen und Bürger vor allem anhand der
Kriterien Kosten, Komfort und Reisezeiten. Deshalb ist es unser Ziel, klimafreundliche
Verkehrsmittel wie die Bahn attraktiver zu machen und so die Menschen zum Umsteigen zu
bewegen. Wir wollen, dass mehr Menschen die Bahn nehmen und weniger den Flieger. Ein erster
und wichtiger Schritt ist, den Steuernachteil der Bahn gegenüber dem Flugverkehr endlich zu
beseitigen. Dafür wollen wir eine Kerosinbesteuerung mindestens auf Inlandsflügen einführen
und mit diesen Mitteln den Mehrwertsteuersatz auf Bahntickets absenken.
Außerdem braucht es ein besseres Netz von Schnellzügen und ein breites Angebot an Nachtzügen
in Deutschland und Europa. Die Investitionen des Bundes in das Schienennetz müssen
kurzfristig verdoppelt, mittelfristig vervierfacht werden. Bis 2035 sind nahezu alle
Strecken zu elektrifizieren oder die alten Diesel-Loks durch emissionsfreie Antriebssysteme
zu ersetzen. Und auf den großen Bahnsteigüberdachungen wünschen wir uns gerade von dem
großen Energieverbraucher DB möglichst viele Photovoltaikanlagen.
(D) Für die Ausweitung der Mobilitätswende auf LKW, Flugzeuge und Schiffe!
Die Europäische Kommission hat eine Strategie für emissionsfreie Mobilität vorgelegt und der
Bundesrat hat sich wie wir GRÜNE dafür ausgesprochen, ab dem Jahr 2030 nur noch PKW neu
zuzulassen, die nicht fossile Energien verbrennen. Die ökologische Modernisierung des
Verkehrssektors und der Ausbau von Bus, Bahn, Mitfahrzentralen und Carsharing sind große
Chancen für Unternehmen und Beschäftigte, für Verbraucher*innen und deren ökologische
Rucksäcke, für Klima, Umwelt und Gesundheit. Wir erkennen, dass Unternehmen außerhalb von
Deutschland und Europa die Nase beim Thema emissionsfreie Mobilität und bei Innovationen
vorn haben.
Daher schlagen wir GRÜNE vor, schon jetzt auch für LKW, Busse, Baumaschinen, Nutzfahrzeuge,
Schiffe, Traktoren, Hubschrauber und Flugzeuge verbindliche Schritte zu erneuerbaren
Antrieben zu vereinbaren. Dadurch haben Mittelstand und Industrie die Möglichkeit, sich
frühzeitig auf entsprechende Entwicklungen einzustellen und nicht von diesen überlaufen zu
werden. Der Ausstieg aus der klimafeindlichen und gesundheitsschädlichen Verbrennung
fossiler Rohstoffe ist auch in diesen Bereichen technisch machbar, er ist klimapolitisch
unerlässlich und industriepolitisch enorm wichtig für ganz Europa.
Wir setzen auf jährlich angepasste Zulassungsquoten zur schrittweisen Reduzierung der
fossilen Mobilität mit dem Ziel, dass LKW, Busse, Baumaschinen, Nutzfahrzeuge, Traktoren und
Schiffe spätestens ab dem Jahr 2032 nur noch mit erneuerbaren Antrieben neu zugelassen
werden. Hintergrund dafür ist auch die Lebenserwartung der Fortbewegungsmittel: Liegt diese
beispielsweise bei für Schiffe niedrig angesetzten 25 Jahren, so würden im Jahr 2032 in
Betrieb genommene Schiffe noch bis zum Jahr 2057 laufen und dabei klima- und
gesundheitsschädliches Schweröl verbrennen. Länger geht nicht, wenn noch etwas Eis an den
Polen und Gletschern übrig bleiben und der Meeresspiegelanstieg zumindest verlangsamt werden
soll.
Wir setzen uns dafür ein, dass spätestens ab 2040 ausschließlich Schiffe mit erneuerbaren
Antrieben deutsche Binnengewässer befahren dürfen, diese Regelung kann gerne europaweit
übernommen werden. In allen Häfen sind die Schiffe durch Landstromanschlüsse mit
Elektrizität zu versorgen. Schweröl ist deutlich höher zu besteuern.
Jährlich angepasste Zulassungsquoten sollen dafür sorgen, dass spätestens ab 2035 Flugzeuge
und Hubschrauber nur noch erneuerbar betrieben neu zuzulassen werden. Schließlich wäre es
auch in diesem Bereich etwa durch erneuerbar erzeugten Wasserstoff oder nachhaltig
produziertes Bio-Kerosin möglich, sich klimafreundlicher fortzubewegen als dies bisher bei
der fossilen Kerosin-Verbrennung der Fall ist. Liegt die Nutzungszeit der Flugzeuge
beispielsweise bei 20 Jahren, so würden im Jahr 2035 in Betrieb genommene fossile Flugzeuge
noch bis zum Jahr 2055 klima- und gesundheitsschädlich fliegen. Länger geht nicht, wenn noch
einige Korallen in den überhitzten Meeren und möglichst viele Tierarten übrig bleiben
sollen. Erneuerbare Treibstoffe sind zertifiziert nachhaltig herzustellen und zu verwenden.
Um Ausflaggungen und Umgehungen zu verhindern, streben wir gerade hinsichtlich der vielen im
internationalen Verkehr eingesetzten Schiffe und Flugzeuge eine Regelung auf europäischer
Ebene an.
Die Zulassung im Luftverkehr wird ohnehin von der EASA als Flugsicherungsbehörde der
Europäischen Union geregelt. Wir Grüne gehen mit der schrittweisen Ausweitung der sauberen
Mobilität vom PKW auf LKW, Busse, Baufahrzeuge, Schiffe, Hubschrauber und Flugzeuge nur den
nächsten logischen Schritt für Klima-, Arten-, Lungenschutz und nachhaltige Arbeitsplätze.
In der Landwirtschaft
Die Agrarproduktion ist für ca. 15% der anfallenden CO2-Äquivalente in Deutschland
verantwortlich. Zugleich ist die Landwirtschaft einer der Bereiche, die am härtesten unter
der Klimakrise leiden. Im Durchschnitt der letzten 15 Jahre mussten Bäuerinnen und Bauern
nach Zahlen des UBA durchschnittliche jährliche Ertragsausfälle von ca. 470 Millionen Euro
verkraften – infolge von Wetterextremen wie Dürre, Hagel und Starkregen. Dabei ist der
Dürresommer 2018 noch gar nicht eingerechnet. Klar ist, dass eine vollständig emissionsfreie
Landwirtschaft nicht möglich ist. Dennoch muss auch hier bis 2050 die Hälfte der Emissionen
eingespart werden, um durch das Pariser Klimaabkommen für 2050 vorgegeben Minderungspfad der
Emissionen von mindestens 95 Prozent zu erreichen. Der viel zu hohe Tierbesatz, die damit
verbundenen immensen Güllemengen, der Einsatz mineralischer Düngemittel, der humuszehrende
intensive Ackerbau und die Entwässerung von Mooren, kurz die agroindustrielle
Produktionsweise, hat eben nicht nur Tierleid, Gewässerverschmutzung und die Entwertung von
Böden zur Folge, sondern schädigt auch unser Klima.
Um das Ruder herumzureißen, muss die Agrarpolitik der Bundesregierung ab sofort eine
Landwirtschaft unterstützen, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet:
• Die EU-Agrarförderung in Höhe von ca. 60 Mrd. Euro pro Jahr muss an eine klimafreundliche
Produktion gekoppelt werden.
• Der viel zu hohe Tierbestand muss verringert werden. Dazu haben wir in einem Pakt für
Faire Tierhaltung ganz konkrete Maßnahmen wie eine Bindung der Tierhaltung an die Fläche,
bessere Tierschutzstandards, eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung sowie
Förderprogramme zur Umstellung vorgelegt, mit deren Umsetzung die Bundesregierung sofort
beginnen kann und muss.
• Um die Gülleflut und die Überdüngung durch zu viel Mineraldünger zu stoppen (und um enorme
Strafzahlungen an die EU zu vermeiden), muss die Bundesregierung jetzt endlich die Vorgaben
der EU-Nitratrichtlinie erfüllen.
• Mit einem Stopp von Grünlandumbrüchen und einer Förderung der Regeneration von Moorböden
kann umgehend eine stärkere Kohlenstoffbindung der Böden erreicht werden
Bäume pflanzen!
Bäume sind unsere gewachsenen Verbündeten, wenn es darum geht, CO2 zu binden. Auch ein Teil
der menschengemachten Emissionen kann so gebunden werden. Daher sollten ab sofort mindestens
0,5% des Bundeshaushaltes in Programme zur globalen Baumpflanzung fließen. Diese Mittel in
Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr sollen für Baumpflanzungs-Initiativen z.B.
entlang von Feldwegen und zusätzliche Naturwaldflächen in Deutschland genutzt werden, aber
auch zu Baumpflanzungs-Initiativen in anderen Ländern und Regionen unserer Welt, denn unser
Klima hält sich nicht an Grenzen.
Selbsterklärende Ergänzung
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