In der deutschen Forstwirtschaft ist bereits seit vielen Jahrzehnten in sehr vielen Forstbetrieben ein engagierter Umbau von Nadelholz-Reinbeständen hin zu laubholzreichen oder laubholzdominierten Mischbeständen im Gange. Zitat: „Obwohl nur rund ein Drittel des Waldes als naturnah oder sehr naturnah zu betrachten ist, nimmt derzeit im Zuge des ökologischen Waldumbaus, u. a. zur Anpassung an den Klimawandel […], der Anteil von tendenziell naturnäheren Laub- und Mischwäldern zu.“ (Umweltbundesamt 2016: "Umweltschutz, Wald und nachhaltige Holznutzung in Deutschland", Seite 8). Auch wenn durch die lange Lebensdauer von Bäumen eine gewisse Geduld bei diesen Vorgängen notwendig ist, kann dieser Prozess an vielen Stellen sicherlich forciert werden. Der Änderungsantrag versucht, dies im Sinne evidenzbasierter Politik anzuerkennen.
Ein generelles Einschlagsmoratorium für alte Bäume hätte erhebliche Auswirkungen auf die Versorgung mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Würde man dieses Moratorium z.B. für alle Altersklassen jenseits eines Alters von einhundertzwanzig Jahren erklären, dann würden 19,5 % der aktuellen Holzvorräte im gesamten deutschen Wald nicht mehr genutzt werden können (Quelle: Dritte Bundeswaldinventur, 2012). Würde man ein generelles Moratorium bereits ab dem Alter einhundert gelten lassen, wäre rund ein Drittel der Holzvorräte in deutschen Waldbeständen betroffen. Diese Vorräte an vielseitig und langfristig nutzbarem Holz würden für einen klimaschonenden Ersatz anderer Bau- und Werkstoffe wegfallen.
Dieser Änderungsantrag tritt für eine differenziertere Betrachtung ein. Alte Wälder sollten so geschützt werden, dass sie in erster Linie in ihrer herausragenden Funktionalität als hochentwickelte Lebensgemeinschaft, als wichtiger Kohlenstoffspeicher, als Lebensraum für (besonders schützenswerte) Tier- und Pflanzenarten und als Erholungsraum dauerhaft erhalten bleiben. Sofern in diesem Rahmen die schonende Entnahme einzelner Bäume möglich ist, sollte dies nicht untersagt werden. Holznutzung sollte auch in alten Wäldern nicht per se unterbunden werden, da Holz ein zu wichtiger Rohstoff ist, der klimabelastendere Bau- und Werkstoffe ersetzen muss. Wie hoch der Anteil der Bäume pro Flächeneinheit sein sollte, die langfristig weiterwachsen sollen, kann im Rahmen von unabhängigen und transparenten Begutachtungen und unter Beachtung standort- und baumartenspezifischer Parameter sowie unter besonderer Rücksichtnahme von Artenschutzaspekten zum Beispiel im Rahmen von Zertifizierungsprozessen erfolgen. Im öffentlichen Wald kann dies durch dessen besondere Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl direkt umgesetzt werden, der Privatwald sollte zur Erreichung gleichwertiger Zielsetzungen hierbei durch Förderungen oder Ausgleichszahlungen besonders unterstützt werden. Ein Moratorium, das alle alten Waldbestände, unabhängig von Besitzart und anderen Faktoren, gleichermaßen erfasst, wird den differenzierten Anforderungen hingegen nicht gerecht.
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Ullrich Behrendt:
Tobias Koch: