Die Einstufung des S-Pedelecs als „Leichtkraftrad“ ist sowohl sachlich als auch verkehrspolitisch widersinnig: In aller Regel sind S-Pedelecs (hier regelt der Hilfsmotor bei 45 km/h ab) bis auf einen etwas stärkeren Akku und ggf. etwas höherwertige Bremsen baugleich (!) mit den „normalen“ Pedelecs (hier regelt der Hilfsmotor bereits bei 25 km/h ab). Die Unterschiede liegen also mehr in der „Software“ als in der „Hardware“. Als „Leichtkraftrad“ sind sie aber laut StVO nicht berechtigt, auf Radwegen zu fahren und sind versicherungs- und zulassungspflichtig.
S-Pedelecs sind aber DIE Fahrzeuge, die am ehesten taugen, ein Auto oder eine schlecht funktionierende ÖPNV-Verbindung (wie z. B. die Ammertalbahn) ab ca. 15 km einfacher Entfernung realistisch zu ersetzen, da bei einer unterstützten Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h die Fahrt zur Arbeit zeitlich sonst leicht zum Tagesausflug gerät.
Förderprogramme wie das baden-württembergische „Job-Rad“-Förderprogramm sollten bundesweit vorangetrieben werden, weil der Anreiz, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen, dadurch deutlich erhöht wird. Sie müssen aber auch S-Pedelecs umfassen, um über kurz oder lang wirklich Erfolg haben zu können.
S-Pedelecs werden derzeit aufgrund ihres Status z. B. auch im baden-württembergischen „Job-Rad“-Förderprogramm KOMPLETT (!) von der Förderung durch das Land (bzw. den Arbeitgeber/Dienstherrn Land Baden-Württemberg) ausgeschlossen, nach Rücksprache mit dem Landesverkehrsministerium, weil S-Pedelecs wegen der Zulassungs- und Versicherungspflicht für Leichtkrafträder ein zu großer bürokratischer Aufwand wären.
Das ist kein valides Argument, denn wenn dem so wäre, wie ließen sich dann die Hunderttausenden (wenn nicht sogar Millionen) von Geschäfts- und Dienstwagen in Deutschland rechtfertigen? Der „bürokratische Aufwand“ ist laut Auskunft von „jobrad.org“ für Geschäftswagen sogar noch HÖHER, als er es bei einem S-Pedelec wäre.
Der Marktanteil von S-Pedelecs an der Gesamtzahl der verkauften E-Räder liegt in Deutschland derzeit bei rund 1% (!!). In der Schweiz, wo das S-Pedelec wie ein ganz „normales“ Pedelec behandelt wird, liegt er bei rund 25% (!!).
Daß S-Pedelecs auf Radwegen wegen ihrer (potentiell) höheren Geschwindigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellen, ist ein Scheinargument...:
Hier lohnt ein Vergleich mit einem Porschefahrer: Ein Porsche, der potentiell 200 km/h + X fahren könnte, darf mit seinem Boliden ja AUCH in einen verkehrsberuhigten Bereich oder eine 30er-Zone einfahren: Dort geht man wie selbstverständlich davon aus, daß er seine Geschwindigkeit den Gegebenheiten anpaßt und Rücksicht auf (potentielle) andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer nimmt. Nur einem S-Pedelec-Fahrer/einer S-Pedelec-Fahrerin traut man das komischerweise nicht zu, was nachgerade grotesk ist!
Wäre das S-Pedelec auf Radwegen eine so große Gefahr für andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, hätte dies in der Schweiz schon längst publik werden müssen.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wenn S-Pedelecs aufgrund ihres Status auf die (Überland-) Straßen verbannt werden, besteht für die S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer durch den Autoverkehr ein hohes Sicherheitsrisiko, da der Autoverkehr beim Überholen der deutlich langsameren S-Pedelecs sehr oft nicht ausreichend Rücksicht auf die Radfahrerinnen und -fahrer nimmt.
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