Es ist längst überfällig, dass diese Diskussion angestoßen wird. Da ich selbst gelernter Eisenbahner im Betriebsdienst bin und schon als Triebfahrzugführer gearbeitet habe, musste ich selbst erleben, wie das System Bahn an so vielen Ecken und Enden nicht funktioniert, weil es seit Jahrzehnten kaputtgespart wird. Diese Entwicklung zeigt sich auch in anderen Ländern (z.B. Großbritannien, USA). Auch dort ist die Eisenbahn privatisiert und auch dort funktioniert sie nicht/schlecht. Eisenbahnverkehr ist einfach nicht wirtschaftlich, aber dennoch lebenswichtig für unsere Gesellschaft. Viel zu oft wurde der Wettbewerb und die (viel zu niedrigen) Angebote der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)(, die sie ja, um Ausschreibungen gewinnen zu können, absichtlich so niedrig kalkulieren müssen) als vermeintliche Rechtfertigung der Auftraggeber (Länder) genutzt, um weniger Geld für die Bahn auszugeben. Auch die Qualitätssicherung des Marktes funktioniert hier nicht, da es ja keinen wirklichen Wettbewerb zwischen den Anbietern (EVU) gibt (allenfalls alle 15 Jahre kurz vor Ausschreibungen). Die Fahrgäste können also bei mangelnder Qualität nicht einfach auf derselben Strecke zur selben Zeit ein anderes EVU nutzen, da ja nur eines dort fährt.
Fassen wir also zusammen: Wettbewerb auf der Schiene bringt kaum Vorteile aber immens viele Nachteile, funktioniert marktwirtschaftlich nicht und geht massiv zu Lasten des Allgemeinwohls. Die Privatisierung der Bahn ist also nichts weiter als eine Folge der neoliberalen Ideologie der 90er und frühen 2000er Jahre und sollte so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden. Und ja: die Bundesbahn war damals zwar teuer und ineffizient, jedoch wurde die Deutsche Bahn schon stark (zu viel) verschlankt und wer sagt, dass man mit genügend Motivation nicht auch eine Behörde effizient betreiben kann. Außerdem sollten wir, denke ich, im Jahr 2021 auch bereit sein, uns guten Bahnverkehr etwas kosten zu lassen, wenn man seine Wichtigkeit bedenkt!
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