Die Raumfahrt hat in den letzten 10 Jahren enorme technologische Fortschritte gemacht. Durch drastisch gesunkene Kosten für Satellitenstarts und durch die enorme Finanzkraft insbesondere US-amerikanischer Akteure (z.B. SpaceX von Elon Musk) sind in den nächsten Jahren große Veränderungen in der Raumfahrt zu erwarten. Eine völlig neue Industrie - mit großen Chancen, aber auch auch erheblichen Risiken - entsteht. Und die Weichen werden jetzt gestellt. Auch in Deutschland gibt es zunehmend Firmengründungen in diesem Bereich und ein gestiegenes öffentliches wie privatwirtschaftliches Interesse an der Raumfahrt. Gerade für die Klimawissenschaft, aber auch für viele Anwendungen mit großem Klimaschutz-Potenzial bietet die Raumfahrt viele Möglichkeiten - gleichzeitig droht die Gefahr, dass sich die Macht- und Monopolstrukturen der Digitalisierung aufs Weltall übertragen. Es fehlt ein zeitgemäßer internationaler Rechtsrahmen für die Raumfahrt.
Zu diesen in wissenschaftlicher, technologischer, wirtschaftlicher und friedenspolitischer Hinsicht sehr relevanten Fragen ist leider im Entwurf zum neuen Bundestagswahlprogramm kein Wort zu finden. Der Begriff "Weltraum" findet sich im Entwurfstext bislang nur einmal im Kontext "Autonome tödliche Waffensysteme" (S. 132; die dort vorgeschlagene Formulierung, dass eine Militarisierung des Weltraums ausgeschlossen werden muss, unterstützen die Antragssteller:innen ausdrücklich, verzichten aber deshalb hier auf diesen Aspekt ).
Der Antrag baut auf der geltenden Beschlusslage aus dem Grundsatzprogramm sowie dem Absatz zur Raumfahrt aus dem letzten Europawahlprogramm auf, für die es beide breite Unterstützung in der Partei gab. Zusätzlich ergänzen wir bundespolitische Forderungen mit Projektcharakter für die nächsten vier Jahre und arbeiten die europäische Dimension deutlich heraus, denn Raumfahrt ist nur sinnvoll europäisch zu organisieren. So harmoniert unser Absatz sehr gut mit dem generellen Europa-Mainstreaming des Programms.
Zunächst begründen wir vor allem die Bedeutung der Raumfahrt für die Menschheit durch die Forschung, internationale Kooperationen - so etwa im Falle der ISS auch zwischen den USA und Russland - und den Chancen der Erdbeobachtung insbesondere bei globalen Problemen wie dem Klimawandel (aber eben auch dem Katastrophenschutz oder der Wetterbeobachtung) sowie der Ermöglichung von medizinischen und technologischen Innovationen, etwa der Navigations- und Kommunikationstechnologie.
Danach stellen wir wesentliche politische Leitlinien für eine engagierte europäische Raumfahrtpolitik und den Bedarf eines neuen internationalen Rechtsrahmens vor. Als Beispiel sei hier nur die Idee einer europäische Raumfahrtakademie genannt, die als Wissenschafts- und Bildungseinrichtung alle Disziplinen, die mit Weltraumthemen zu tun haben, bündeln soll, von Weltraumrecht über Antriebstechnik bis hin zu Medizin. So könnte eine weltweit einmalige Wissenschafts- und Bildungseinrichtung etabliert werden. Aus unserer Sicht darf eine engagiert europäische Raumfahrtpolitik im Wahlprogramm nicht fehlen, um auch politische Antworten auf diesen, an Bedeutung wachsenden, Zukunftssektor zu haben.
Wir halten die Platzierung des Abschnitts im unteren Teil des Forschungskapitels für die beste Variante, wäre aber auch offen sie in den Bereich Internationale Kooperation oder an anderer geeigneter Stelle einzubringen.
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