Antrag Kapitel: | Kapitel 4: Bildung und Forschung ermöglichen |
---|---|
Antragsteller*in: | Kreisverband Nürnberg (dort beschlossen am: 22.04.2021) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 25.04.2021, 08:05 |
PB.B-01-060: Kapitel 4: Bildung und Forschung ermöglichen
Antragstext
In Zeile 60:
Wir fördern gute Bildung von Anfang anein Leben lang
Bildung ermöglicht. Von Anfang an gibt sie Kindern, jungen Menschen und Erwachsenen bis ins
hohe Alter die Möglichkeit, sich zu entfalten und über sich hinauszuwachsen, Altes zu
hinterfragen und Neues zu entdecken. Bildung und Inklusion schaffen die Grundlagen, seinen
eigenen Weg im Leben selbstbestimmt gehen zu können. In guter Bildungspolitik, Aus- und
Weiterbildung, in visionärer Forschung und kluger Wissenschaftspolitik liegen unendlich viel
Potenzial, um dieses Land gerechter, moderner und krisenfester zu machen.
Ein gutes Bildungssystem ist ein Schlüssel für gleiche Lebenschancen und Zusammenhalt in
einer vielfältigen Gesellschaft. Aber viel zu sehr hängt der Lebenslauf in Deutschland noch
von der Familie, dem Nachnamen oder dem Wohnort ab statt von den eigenen Fähigkeiten. Und
die Pandemie verschärft die ohnehin zu große soziale Ungleichheit: Wo Kinder auf wenig
Förderung von zu Hause hoffen können, wo der Zugang zu Laptops oder Smartphones fehlt und
kein Elternteil Zeit hat, beim Lernen zu helfen, drohen sie dauerhaft abgehängt zu werden.
Die Kinder, die am stärksten von der Krise getroffen wurden, benötigen daher die meiste
Unterstützung. Doch auch insgesamt führten die Schulschließungen zu einer Bildungslücke quer
durch alle Jahrgänge, es fehlten das gemeinsame Lernen, die Gespräche, das Spielen auf dem
Pausenhof, was sich bei Kindern auch auf die kognitive und soziale Entwicklung auswirken
kann. Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie Unglaubliches für die gesamte
Gesellschaft geleistet. Wir sind es ihnen schuldig, sie endlich in den Mittelpunkt von
Politik zu stellen. Sie sind die Staatsbürger*innen und die Demokrat*innen von morgen.
Gleiche Lebenschancen heißt, unterschiedlich zu fördern. Wo mehr benötigt wird, muss mehr
investiert werden. Wir wollen Kitas und Schulen, in die Kinder und Jugendliche, aber auch
Erzieher*innen und Lehrer*innen gleichermaßen gerne gehen. Und zwar egal ob auf dem Land
oder in der Stadt, ob in ärmeren oder reicheren Vierteln. Erzieher*innen und Lehrer*innen
sind jederzeit systemrelevant, diese Wertschätzung sollte sich in ihrer Arbeit, ihrer
Bezahlung und in der Ausstattung widerspiegeln. Schulen sollten die besten Orte im Land
sein, mit schnellem Internet und sauberen Toiletten, mit multiprofessionellen Teams, die
dank guter Aus- und Weiterbildung, sicheren Berufswegen und einem guten Lohn Kinder in ihren
unterschiedlichen Bedürfnissen bestmögliche Unterstützung geben. Da die Weichen am Anfang
gestellt werden, müssen dort auch die meisten Ressourcen reinfließen. Vor allem für Kitas
und den Primarbereich werden wir die Investitionen deutlich erhöhen.
Bildung ist ein Recht für jedes Alter und jeden Lebensweg. Ein Lebenslauf lässt sich nicht
am Reißbrett planen, darum müssen unsere Bildungswege flexibel und durchlässig sein. Abitur
auf dem zweiten Bildungsweg, die Tischler*innenlehre mit Mitte 30 oder der erste
Studienabschluss überhaupt in der Familie – das alles muss möglich sein und darf nicht davon
abhängen, ob es von zu Hause finanzielle Unterstützung gibt. Ob Ganztags- oder Abendschule,
ob duale Berufsbildung, Weiterbildung oder Studium, ganz gleich, ob als Handwerker*in am
Bau, als Angestellte*r im Büro oder selbständig im eigenen Betrieb: Wir unterstützen die
vielfältigen Lebensbahnen und die dazu passenden Bildungsverläufe.
Die Auszubildenden und Student*innen leiden unter den Auswirkungen der Pandemie. Sicher
geglaubte Ausbildungsplätze sind weggefallen, manche Studierende haben noch nie einen
Hörsaal von innen gesehen. Gerade weil dies eine entscheidende Lebensphase der
Neuorientierung ist, stehen wir in besonderer Pflicht, Sicherheit und Perspektiven zu
schaffen. Für alle, die eine Ausbildung anstreben, wollen wir einen guten Ausbildungsplatz
garantieren. Es darf keine verlorene Generation Corona geben.
Um die großen Krisen einzudämmen – die Klimakrise, Pandemien –, ist alle Kreativität und
jeder Forschungsgeist gefragt. Ein gutes Leben wird auch künftig möglich sein, weil
Wissenschaftler*innen und Forscher*innen in Betrieben, Hochschulen und außeruniversitären
Einrichtungen permanent und mit Leidenschaft an neuen Ideen arbeiten, an Antworten auf
Fragen, die wir noch gar nicht gestellt haben. Aber sie können neuartige Impf- oder
alternative Antriebsstoffe nur dann entwickeln, wenn sie eine gut ausgestattete
Forschungsumgebung haben und sie Neues mit ungewissem Ausgang erforschen und ausprobieren
können. Sie brauchen für ihre Arbeit optimale und verlässliche Bedingungen, unnötige
bürokratische Hürden sollten wir abbauen.
Wissenschaft zeigt immer wieder neue Denkhorizonte und Möglichkeiten auf und ändert so den
Lauf der Dinge. Sie gibt eine zentrale Orientierung für politisches Handeln, das zeigen
Klimakrise und Pandemie. Aber in Zeiten von Informationsfilterblasen und
Verschwörungsideologien werden wissenschaftliche Erkenntnisse öffentlich in Zweifel gezogen.
Nötig ist ein verständlicher Wissenschaftsdialog, der Wissenschaft und Gesellschaft näher
zusammenbringt – durch partizipative Formate und Förderung der Wissenschaftskommunikation.
Wir fördern gute Bildung von Anfang anein Leben lang
Für jedes Kind einen Kitaplatz in einer guten Kita
Egal, aus welcher Ecke Deutschlands und aus welchem Elternhaus, alle Kinder brauchen die
Chance auf ein gutes und geborgenes Aufwachsen. Kitas haben einen entscheidenden Anteil
daran. Sie schaffen Halt, wecken Neugier, vermitteln Freude am Zusammensein mit
Gleichaltrigen und begleiten beim Großwerden. Mit einem Bundesqualitätsgesetz sorgen wir
dafür, dass Spitzenqualität in die Einrichtungen kommt, denen wir unsere Kleinsten
anvertrauen. Die Zeit, die Fachkräfte für die Kinder haben, ist entscheidend dafür, dass
sich Kinder wohlfühlen und individuell gefördert werden können. Deshalb wollen wir mit
Mindeststandards sicherstellen, dass sich eine Erzieherin oder ein Erzieher um höchstens
vier unter Dreijährige und neun über Dreijährige gleichzeitig kümmern. Darüber hinaus müssen
sie genügend Zeit für Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche und Fortbildungen haben. Den
Fachkräften in den Kitas stärken wir den Rücken mit Fachberatung und Mentoring-Programmen,
Lernortkooperationen und Unterstützung für berufliche Weiterentwicklung innerhalb des Kita-
Systems. Damit alle Kinder, auch Kinder mit Behinderungen, einen Platz in einer guten Kita
bekommen können, wollen wir das Engagement des Bundes beim Platzausbau weiterführen.
Mehr Fachkräfte in Kitas, Horten und Schulen
Die pädagogischen Fachkräfte in Kitas, Horten oder Schulen tragen eine hohe Verantwortung,
denn sie prägen den Lebensweg von Kindern bereits in sehr frühen Jahren entscheidend mit.
Doch diese Verantwortung spiegelt sich noch nicht ausreichend in der Bezahlung der
Fachkräfte wider. Für die wichtige Arbeit, die Erzieher*innen leisten, brauchen sie einen
guten Lohn. Mit einer wirkungsvollen Fachkräfteoffensive wollen wir zudem für faire
Ausbildungsvergütungen, Weiterentwicklungsmöglichkeiten und gute Arbeitsbedingungen sorgen,
dabei darf die Ausbildung zum Erzieher*innenberuf nicht am Schulgeld scheitern. Um den
Lehrkräftemangel mit gut qualifiziertem Personal nachhaltig bewältigen zu können, wollen wir
mit einem Bund-Länder-Programm hochwertige Quereinstiegsbildung fördern und gemeinsame
Qualitätsstandards sichern.
Recht auf einen Ganztagsplatz für jedes Grundschulkind
Schulen sollen starke Orte der Bildung, der Begegnung und der Inspiration sein. Dafür
brauchen sie motivierte Fachkräfte, gut ausgestattete Räume und Zeit. Zeit für gemeinsames
Lernen und Spielen, Forschen und Entdecken, gemeinsame kulturelle, soziale und demokratische
Erfahrungen, Sprach- und Bewegungsförderung, individuelle Betreuung und Hausaufgabenhilfe.
Dafür sind Ganztagsplätze in einer Grundschule oder einem Hort wichtig. Unser Ziel ist,
einen individuellen Rechtsanspruch für jedes Grundschulkind auf Ganztagsbildung und -
betreuung umzusetzen – mit genügend Fachkräften in multiprofessionellen Teams, anregenden
Räumen und Schulhöfen, einem gesunden Mittagessen und einer breit gefächerten Zusammenarbeit
mit Sportvereinen, Musikschulen und anderen Akteuren vor Ort. Dafür wollen wir einen
finanziellen Anreiz schaffen. Es gilt, Ganztag für alle Kinder zu ermöglichen, ob mit
Behinderungen oder ohne. Der Anspruch auf Integrationshelfer*innen muss überall gelten –
gleich ob in der Ganztagsschule oder bei Hortangeboten durch die Jugendhilfe. Eltern von
Kindern mit Behinderungen dürfen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Umsetzung des
Rechtsanspruchs wird ein gesamtdeutscher Kraftakt. Das muss sich bei der Beteiligung des
Bundes an den Kosten widerspiegeln. Um alle Grundschulen auf ihrem Weg zu inklusiven Orten
der Ganztagsbildung zu unterstützen, werden wir ein Begleitprogramm zur Förderung von
Schulentwicklungsprozessen auf den Weg bringen und damit Koordinierungsstellen fördern.
Corona-Rettungsschirm für Kinder
Die Pandemie droht die soziale Ungleichheit in der Bildung dramatisch zu verschärfen. Gerade
Kinder mit schlechteren Startchancen wurden nur noch schwer oder gar nicht mehr von
Bildungsangeboten erreicht. Rund ein Fünftel der Kinder kehrt mit einer großen Bildungslücke
zurück in die Schule. Bund, Länder und die Spitzenverbände der Kommunen müssen an einen
Tisch, um einen umfassenden bundesweiten Bildungsrettungsschirm für zusätzliche
Lernförderung aufzulegen. Damit jedes Kind den Anschluss behält, sowohl bei den Lehrinhalten
als auch bei kognitiven und sozialen Entwicklungen, wollen wir über ein Bund-Länder-Modell-
Programm jede Schule mit Budgets ausstatten, die sie selbstverantwortet flexibel einsetzen
können, um für Kinder mit besonderem Bedarf gezielt Lernförderung anzubieten. Daneben soll
Studierenden, angehenden Absolvent*innen aus der akademischen und beruflichen Bildung sowie
pensionierten Lehrkräften ermöglicht werden, Schulen als kompetente Bildungslots*innen zu
unterstützen.
Programm für Schulen in benachteiligten Regionen und Quartieren
Bildungschancen sind Zukunftschancen. Jedes Kind hat ein Recht auf eine gute Schule, egal,
wo es lebt. Der Alltag sieht aber anders aus. Wir schlagen ein Bundesmodellprogramm für mehr
Bildungsgerechtigkeit vor, um Schulen mit besonderem Unterstützungsbedarf zu stärken. Wir
fördern multiprofessionelle Teams, in denen sich Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und
Erzieher*innen gegenseitig ergänzen und mit unterschiedlichen Perspektiven bereichern, um
die Schüler*innen ideal unterstützen zu können. Dazu gehört es, systematische Präventions-
und Interventionsarbeit zu leisten, Lernlücken zu schließen und deutsche wie auch
muttersprachliche Sprachfertigkeiten zu fördern. Alle Akteur*innen kooperieren auf
Augenhöhe. So wird auch die Elternarbeit verbessert und Schulen werden zu
Unterstützungsorten für die ganze Familie. Schüler*innen sollen sich wohlfühlen können und
keine Angst vor der Schultoilette haben. Darum wollen wir in bessere Räume und eine bessere
Lernumgebung investieren.
Digitale Bildung auf die Höhe der Zeit bringen
Digitale Bildung ist viel mehr als Wissensvermittlung, sie ist ein Schlüssel für
Zukunftskompetenzen. Das geht über das Whiteboard oder Coden hinaus: Die Digitalisierung hat
unsere Art zu leben verändert, also muss sich auch unsere Art, Schule zu denken, wandeln.
Mit Lehrer*innen, die Spaß an neuer Didaktik haben, Schüler*innen, die sich spielerisch, zum
Beispiel durch Gamification, neue Inhalte erschließen, und Schulen, die dafür technisch
optimal aufgestellt sind. Allerdings hat die Pandemie gezeigt, dass es schon an den
Grundlagen fehlt, auch im Vergleich mit anderen Ländern. Das wollen wir ändern: mit einer
zeitgemäßen digitalen Ausstattung und mit Strukturen, die die Schulen beim digitalen Lehren
und Lernen wirkungsvoll unterstützen – mit Fort- und Weiterbildungsangeboten für das
pädagogische Fachpersonal sowie einem zentralen Ort der Beratung und des Austauschs zur
Bildung in einer digitalen Welt. Wir wollen, dass Tablet oder Laptop genauso
selbstverständliches Lernmittel sind wie früher Atlas oder Englischbuch. Unser Ziel ist es,
allen Schüler*innen neue Arten des Lernens zu ermöglichen und sie auch auf eine
selbstbestimmte Teilhabe in einer digitalisierten Welt vorzubereiten. Zukunftskompetenzen
wie Kooperation, Kommunikation, Kreativität und kritisches Denken in der digitalen Welt
werden immer relevanter. Um das alles umzusetzen, wollen wir auch den DigitalPakt zu einem
echten gemeinsamen Vorhaben weiterentwickeln – mit klaren Zielen und Zeithorizonten, die
gemeinsam im Rahmen der jeweiligen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen erreicht
werden sollen.
Bildungszusammenarbeit von Bund und Ländern
Unser Ziel ist ein Bildungssystem, das überall gute Ausgangsbedingungen sichert und
unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Aufenthaltstitel oder Behinderungen gleiche und
gerechte Chancen garantiert. Für notwendige Maßnahmen braucht es einerseits eine
ausreichende finanzielle Ausstattung der Länder, andererseits wollen wir die
Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen verfassungsrechtlich
abgesichert stärken. So sollen Schulen zu Orten werden, die – verankert in der Nachbarschaft
– auf die Entwicklung der jeweiligen Potenziale der Kinder ausgerichtet sind. Schulen
brauchen dafür eigene Entscheidungsspielräume. Die derzeitigen Regelungen zwischen Bund und
Ländern beschränken die Möglichkeiten, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam
auf neue Herausforderungen zu reagieren. Mit einer „Ermöglichungsklausel“ für die
Bildungszusammenarbeit im Grundgesetz wäre gemeinsames Handeln dort möglich, wo es notwendig
ist. Grundlage all dessen ist jedoch eine auskömmliche Bildungsfinanzierung, vor allem in
den Grundschulen und Kitas, da hier die Basis gelegt wird.
Wir stärken Ausbildung und Studium
Sichere Ausbildungsperspektiven
Trotz enormen Fachkräftemangels sinkt die Zahl der jungen Menschen, die eine
Berufsausbildung beginnen. Gleichzeitig landen immer mehr in den Warteschleifen des
Übergangssystems. Die duale Ausbildung muss auf sichere Beine gestellt werden. Wir wollen
mit der Ausbildungsgarantie allen jungen Menschen den Beginn einer Ausbildung ermöglichen.
Dafür fördern wir verstärkt Verbundausbildungen und nutzen, wo notwendig, auch
außerbetriebliche Ausbildungen. Unternehmen, die ausbilden wollen, unterstützen wir über
eine Umlagefinanzierung. Mit dem Ausbau der assistierten Ausbildung und
ausbildungsbegleitender Hilfen wollen wir mehr Jugendliche in ihrer Ausbildung unterstützen.
Wichtig ist, dass in der Bildung auch einzelne Ausbildungsbausteine als Teilqualifikationen
zertifiziert und anerkannt werden, damit keine Leistung auf dem Weg zum Berufsabschluss
verloren geht. Damit alle Jugendlichen am Übergang von der Schule in den Beruf gute Beratung
aus einer Hand und unter einem Dach erhalten, unterstützen wir den Ausbau flächendeckender
Jugendberufsagenturen.
Berufliche und akademische Bildung sind gleich viel wert
In Deutschland gibt es hochwertige Ausbildungswege, sowohl an Hochschulen als auch im dualen
Berufsbildungssystem. Wir wollen, dass berufliche und akademische Bildung gleichwertige
Chancen auf ein erfolgreiches Arbeitsleben bieten und so eine echte Wahlfreiheit für junge
Menschen besteht. Dafür müssen alle Berufsschulen gut ausgestattet sein und muss allen
Auszubildenden ein eigenständiges Leben ermöglicht werden – durch eine
Mindestausbildungsvergütung von mindestens 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen
Ausbildungsvergütungen. Abschlussvoraussetzungen für die Eingruppierung in Entgeltgruppen
des öffentlichen Dienstes im gehobenen und höheren Dienst wollen wir im Bund flexibilisieren
und die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung bei Ausschreibungen der
Bundesbehörden stärken. Daneben sind Talentscouting-Programme genauso wie die
Begabtenförderung unabhängig vom Bildungsgang auszubauen. Und mindestens 10 Prozent der
Auszubildenden sollen schnellstmöglich einen Auslandsaufenthalt antreten können. So
internationalisieren wir neben der akademischen auch die berufliche Bildung.
Eine Grundsicherung in Ausbildung und Studium
Wir wollen, dass sich jede*r eine schulische Ausbildung oder ein Studium leisten kann und
dafür den Kopf frei hat. Dafür wollen wir als ersten Schritt das BAföG neu aufsetzen und zu
einer Grundsicherung für Studierende und Auszubildende umbauen. Diese beinhaltet einen
Garantiebetrag für alle Student*innen und Auszubildenden und einen Bedarfszuschuss für jene
aus einkommensarmen Elternhäusern. Der Garantiebetrag ersetzt das Kindergeld und wird direkt
an die Studierenden oder Auszubildenden überwiesen. Der zweite Baustein, der
Bedarfszuschuss, wird bedarfsabhängig gezahlt. Die Höhe richtet sich nach Einkommens- und
Vermögenssituation der Eltern sowie der Studierenden und Auszubildenden und wird auch direkt
an die Empfänger*innen überwiesen. Die maximale Höhe des Bedarfszuschusses richtet sich nach
den Regelsätzen für Erwachsene, die wir im Rahmen der grünen Garantiesicherung anheben
wollen. Da nicht jeder Bildungsweg linear oder zum Teil berufsbegleitend verläuft, wollen
wir die Bildungsfinanzierung noch stärker eltern- und perspektivisch altersunabhängig
konzipieren. Ein Schritt in diese Richtung ist die Einführung eines Weiterbildungs-BAföGs.
Studiengebühren lehnen wir ab.
Wir ermöglichen lebensbegleitendes Lernen
Ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung
Die Möglichkeit zur beruflichen Neuorientierung und der Freiraum, Neues zu lernen, sind in
einer modernen Wissensgesellschaft und Arbeitswelt im Umbruch unerlässlich. Auch durch die
Corona-Pandemie ist bei vielen die Notwendigkeit entstanden, sich neue Arbeitsfelder zu
erschließen. Wir wollen, dass jede*r, egal ob arbeitslos, selbständig oder angestellt,
künftig selbstbestimmt neue berufliche Perspektiven entwickeln kann. Wir treten daher für
einen individuellen Rechtsanspruch auf Weiterbildung ein. Zur sozialen Absicherung ist für
arbeitsmarktbedingte Weiterbildungen ein auskömmliches Weiterbildungsgeld nötig, für alle
anderen, die sich beruflich entwickeln oder neuorientieren wollen, ein Weiterbildungs-BAföG.
So profitieren auch diejenigen, die bei der beruflichen Weiterbildung bislang das Nachsehen
haben, etwa Frauen, Menschen mit Migrationsgeschichte und alle prekär Beschäftigten. Um
abhängig Beschäftigten die Zeit für eine berufliche Qualifizierung einzuräumen, wollen wir
einen Freistellungsanspruch mit Rückkehrrecht auf den vorherigen Stundenumfang einführen.
Daneben werden wir für eine verbesserte und gebündelte Beratung und Unterstützung
Bildungsagenturen aufbauen. Dort sollen sich die relevanten regionalen Träger von
Weiterbildung vernetzen. Eine zentrale Online-Plattform, die unabhängig und öffentlich
finanziert ist, soll außerdem alle Angebote bündeln. Zudem wollen wir die Volkshochschulen
bei ihren Aufgaben unterstützen.
Alphabetisierung vorantreiben
In Deutschland gelten gut sechs Millionen Menschen ab 18 Jahren als „funktionale
Analphabet*innen“. Sie haben also Schwierigkeiten, ganze Texte zu verstehen. Die große
Mehrheit von ihnen hat einen Schulabschluss. Diese Zahlen sind 100 Jahre nach Einführung der
allgemeinen Schulpflicht und in einer der reichsten Industrienationen der Welt nicht
hinnehmbar. Wir wollen Geld und Kurskapazitäten bereitstellen – für Erwachsene, aber auch
für Kinder. Denn die Ursachen liegen oft schon im Vorschulalter. Wir wollen konkrete
Reduktionsziele für Analphabetismus festlegen und evaluieren.
Wir verbessern die Bedingungen für Wissenschaft und
Forschung
Mehr Raum für große Ideen
Die großen Herausforderungen unserer Zeit wie die Klimakrise, Pandemien oder auch eine
effizientere Nutzung von Rohstoffen können wir nur mit der Hilfe von innovativen Lösungen
und Fortschritt bewältigen. Der Markt kann vieles allein, aber bei der Lösung solcher großen
Aufgaben muss der Staat ein wichtiger Innovationstreiber werden. Er soll klare Zielvorgaben
machen, Kooperationen von Unternehmen, Hochschulen und Zivilgesellschaft organisieren und
mit gezielter Forschungsförderung und strategischer Industrie- und Beschaffungspolitik
Dynamik entfachen. Große Probleme können nur umfassend gelöst werden. Wir wollen deshalb die
Förderpolitik des Bundes an den VN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) ausrichten. Technische,
soziale und ökologische Innovationen sind deshalb gleichwertig. Die „Agentur für
Sprunginnovation“ (SprinD) sollte flexibler ausgestaltet werden, damit sie sich auf ihre
Kernaufgaben konzentrieren kann.Insgesamt wollen wir die Kompetenz für Wissenschaft und
Forschung in allen Ministerien sowie den zentralen, obersten Bundesbehörden stärken und die
ressortübergreifende Zusammenarbeit bei den großen Forschungsherausforderungen verbessern.
Unsere Behörden sollen nachhaltigen Wandel ermöglichen und nicht bremsen.
Forschungsfinanzierung aufstocken und vereinfachen
Als Wissensgesellschaft trägt Deutschland die Verantwortung, beste Bedingungen für Forschung
und Innovation zu schaffen. Wir wollen erreichen, dass bis 2025 Staat und Unternehmen
insgesamt mindestens 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung
investieren. So ermöglichen wir mehr Kreativität, Freiräume und internationale Vernetzung
und schaffen Planbarkeit in unserer Forschungslandschaft. Außerdem brauchen wir eine
auskömmliche Grundfinanzierung in der Wissenschaft, um die Abhängigkeit von den in den
letzten Jahren stark gestiegenen Drittmitteln wieder einzudämmen. Im Wettbewerb vergebene
Drittmittel können zwar durchaus zusätzliche Dynamiken freisetzen, doch häufig sind ihre
Laufzeiten zu kurz. Daher wollen wir einen größeren Teil der öffentlichen
Drittmittelförderung länger als die üblichen drei Jahre aufsetzen. Eine weitere Dynamik
wollen wir entfachen, indem wir die Mittelbereitstellung vereinfachen. Das erhöht auch in
zukünftigen Krisen die Reaktionsfähigkeit des Wissenschaftssystems. Denn die Zukunft unseres
Landes hängt auch davon ab, wie flexibel und frei unsere Forschungslandschaft ist.
Wissenschaft für alle
In Zeiten von Informationsfilterblasen und Verschwörungsideologien einerseits und epochalen
neuen Herausforderungen andererseits ist wissenschaftliche Beratung wichtiger für die
demokratische Debatte denn je. Eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft, ein
sicherer Zugang zu Informationen für alle sowie die verständliche Vermittlung
wissenschaftlicher Erkenntnisse sind Voraussetzungen für ein konstruktives, sich gegenseitig
stimulierendes Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft. Wir wollen interdisziplinäre
wissenschaftliche Expertise frühzeitiger – etwa durch Gesetzgebungslabore – in die
Politikentwicklung einbeziehen. Die Technikfolgenabschätzung und das Monitoring der
gesellschaftlichen Folgen politischer Maßnahmen sollten ausgebaut werden, um
Entscheidungsträger*innen zu unterstützen. Außerdem wollen wir die
Wissenschaftskommunikation stärken und die Aus- und Weiterbildung von Wissenschaftler*innen
in diesem Bereich fördern. Durch mehr partizipative Formate wie Reallabore, Citizen-Science
oder Experimentierräume kann die Gesellschaft besser an Forschungsvorhaben teilhaben. Das
bringt weitere Perspektiven ein und hilft, reale Veränderungsprozesse wissenschaftlich zu
begleiten.
Hochschule fit machen
Den Hochschulen fehlt es an Investitionsmitteln für die digitale Infrastruktur und die IT-
Sicherheit. Wir werden deshalb über eine Digitalisierungspauschale die IT-Infrastruktur an
Hochschulen stärken, Aus- und Weiterbildung der Lehrenden ausbauen und digitale Beratungs-
und Betreuungsangebote für Studierende ausweiten. Der Zugang zu Forschungsdaten soll
erleichtert werden, indem wir Open Access zum Standard erklären und als wissenschaftliche
Leitidee etablieren. Die dadurch anstehende Reform der Finanzierung wissenschaftlicher
Publikationen darf nicht zu Lasten der Forscher*innen gehen. Wir wollen die nationale
Forschungsdateninfrastruktur stärken und die Chancen der europäischen Cloud für Wissenschaft
und Forschung ergreifen. Zu einer zukunftsfesten Infrastruktur an den Hochschulen gehören
auch moderne Bibliotheken und Lehr- und Lernräume sowie die klimafreundliche Sanierung von
in die Jahre gekommenen Hochschulbauten.
Bessere Arbeitsbedingungen und sichere Berufswege
Sichere Arbeitsbedingungen und gleiche Karrierechancen für alle sind die Voraussetzungen für
eine lebendige und innovative Wissenschaftslandschaft, die auch für Wissenschaftler*innen
aus dem Ausland attraktiv ist. Für Nachwuchswissenschaftler*innen gibt es vor allem an
Hochschulen jedoch kaum planbare und sichere Berufswege. Das gefährdet den Forschergeist und
verschleudert Potenziale bei Innovation, Leistung und Qualität. Und es ist für die
Betroffenen eine Zumutung. Dem begegnen wir mit dem Ausbau der Tenure-Track-Professuren und
der substanziellen Reduzierung befristeter Mitarbeiter*innen-Stellen. Zudem wollen wir
unbefristete Berufswege neben der Professur schaffen und ausweiten. Daueraufgaben sollen
auch mit Dauerstellen gesichert sein. Die Wissenschafts- und Hochschullandschaft ist immer
noch vorwiegend männlich, weiß, westdeutsch und von Menschen aus akademischen Elternhäusern
geprägt. Das wollen wir ändern und Anreize für wirkungsvolle Diversitätsstrategien in
Wissenschaft und Forschung schaffen. Gerade Frauen kehren in der Postdoc-Phase der
Wissenschaft den Rücken, sodass nur ein Viertel aller Professuren in Deutschland von ihnen
besetzt ist. Wir wollen einen Frauenanteil von 40 Prozent auf allen Ebenen durch die
Einführung konkreter Zielquoten, eine Strategie für die bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf im Wissenschaftsbereich, die Einführung des Kaskadenmodells sowie den Ausbau des
Professorinnenprogramms erreichen.
Wissenschaftsfreiheit verteidigen
Politisches Handeln in der geistigen Tradition der Aufklärung sowie die Orientierung an den
Erkenntnissen der Wissenschaft stehen immer stärker unter Druck, auch in Deutschland. Doch
es braucht freie Wissenschaft, um mit Erkenntnis und Innovation gesellschaftliche
Entwicklung zu ermöglichen und Menschheitsprobleme zu lösen. Wir wollen weltweit verfolgte
Wissenschaftler*innen und Studierende besser schützen, etwa durch einen europäischen Fonds.
Es muss wirksamen Schutz gegen Anfeindungen geben, wie sie mittlerweile auch Forscher*innen
und auch ausländische Studierende häufig erleben. Die Anerkennung von ausländischen
Berufsabschlüssen und die Visavergabe sollen vereinfacht werden. Konsequent werden wir
Angriffen auf die Wissenschaftsfreiheit in anderen Staaten der EU, etwa in Ungarn,
widersprechen und uns für die Sanktionierung im Rahmen des Rechtsstaatsmechanismus
einsetzen. Die Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit muss zentraler Aspekt der Außenpolitik
sein.
Kommentare