Das KMK Konzept wie auch der Vorschlag des BuVo klingen zwar ambitioniert, aber digitale Mündigkeit und Kompetenz kommt nicht mit dem Bagger und dem Möbelwagen (Glasfaser, Endgeräte) und auch eingeübte/routinierte und kritisch-bewusste Nutzung von digitalen Medien (aka Medienkompetenz) ist hier auf Seite der Lernziele nur ein Teilaspekt. Wirklich entscheidend ist eine breite Vergemeinschaftung der basalen Kulturtechnik des Digitalen, also der technisch-informatischen Grundlagen. Denn genauso wie die Vergemeinschaftung der basalen Kulturtechniken der Moderne (Lesen/Schreiben/Rechnen für alle via allgemeiner Schulpflicht) erst die moderne Industriegesellschaft mit ihren ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Freiheiten und Fortschritten ermöglicht hat, so wird nur eine substanzielle Implementierung der basalen Kulturtechniken des Digitalen im ganzen Bildungssystem (d.h. cs4all > Basis Kompetenzen im Bereich Code, Algorithmen, Datenvernetzung und Computational Thinking für alle) echte Digital Literacy, also ein mündiges und freies Individuum und in der Summe eine anpassungsfähige wie leistungsfähige digitale Gesellschaft mit - makern und nicht nur usern - ermöglichen.
Das beliebte Gegenarguments „Informatik brauchen nicht alle, wir wollen/sollen ja nicht alle Programmierer werden“ geht dabei am Kern vorbei, wie man selbst in der Analogie zu weit weniger für unsere Zukunft zentralen Fächern wie dem Musikunterricht leicht erkennt: Auch dort kommt es darauf an, ein theoretisches wie praktisches Grundverständnis von (Klang-) Physik/Instrumentenmechanik (z.B. Tonerzeugung durch Hammer und Saiten beim Klavier) und Noten-Schrift, Musiktheorie etc. zu vermitteln, und nicht etwa nur darauf, geübt und kritisch-kreativ ein Aufzeichnungs-/Abspielgerät zu bedienen oder mittels spielen von intuitiven Instrumenten wie z.B. Trommeln Musik anzuwenden. Die Verknüpfung von Klangphysik, Instrumentenbau, Noten und Musiktheorie sind hier die eigentliche Kulturtechnik, also die Techniken, die als Grundlage und Bezugswissen hinter der Erzeugung und Nutzung von Tönen als Musik und somit als Kulturgut stehen. Wir lernen die Kulturtechnik hinter dem Kulturgut und nicht nur Musiknutzerkompetenz, auch wenn wir nicht alle (Profi-) Musiker werden wollen, sondern i.d.R. nur als Musiknutzer oder vielleicht noch Gelegenheitsanwender (Hobbymusiker, Vertonung von Filmen, Produkten etc.) verbleiben.
In diesem Sinne kommt es für eine adäquate Bildung in und gegenüber einer digitalen und vernetzten Welt insbesondere und grundlegend auf die schulische Vermittlung von Codes, Algorithmen, Datenvernetzung und Computational Thinking an, die Grundlage der Digitalisierung sind, auch wenn wir nicht alle (Profi-) Programmierer werden wollen/sollen.
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