Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | FS Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende |
Antragsteller*in: | Svenja Horn (KV Hamburg-Mitte) und 76 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 42%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: FS-12-379 (FS-18) |
Eingereicht: | 02.09.2022, 20:34 |
FS-18: Gemeinsame Sicherheit und internationale Kooperation statt nukleare Hochrüstung - gegen die Stationierung von B61-12- Atombomben in Büchel
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/ Die Grünen spricht sich gegen die
Modernisierung und nukleare Aufrüstung der in Büchel stationierten US-Atombomben aus. Als
Bündnis 90/ Die Grünen kämpfen wir weiterhin für eine atomwaffenfreie Welt, denn
Abschreckung schafft keinen Frieden. Wir wirken dafür, dass Deutschland, wie es sich als
Unterzeichnerin des Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrags (NVV) völkerrechtlich verpflichtet
hat, an der vollständigen nuklearen Abrüstung arbeitet und so zur Entwicklung gemeinsamer
Sicherheit durch umfassende internationale Kooperation beiträgt.
Begründung
Ab 2023 sollen im Rahmen der Strategie der nuklearen Teilhabe der NATO die 20 in Büchel lagernden US-Atombomben gegen neue, präzise steuerbare Bomben des Typs B61-12 ausgetauscht werden. Diese seitens der USA angestrebte Modernisierung verletzt den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), den die BRD 1975 ratifiziert hat.
Das gemeinsame Anliegen der 190 Beitrittsstaaten ist gemeinsame Sicherheit durch vollständige nukleare Abrüstung.
Die Stationierung modernisierter Atomwaffen in Deutschland ist die umfassendste nukleare Aufrüstung seit der Nachrüstung Anfang der 80er Jahre. Sie konterkariert die internationalen Abrüstungsbestrebungen der letzten Jahrzehnte, wie sie unter anderem auch in einem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Bundestages von 2010 zum Ausdruck kommt.
Die aktuellen Überarbeitungen der nuklearen Strategien der Atomwaffenstaaten befeuern eine gefährliche Aufrüstungsspirale. Zusammengerechnet werden in den nächsten Jahren mehr als zwei Billionen US-Dollar investiert, um Atomwaffen zu »modernisieren«, also faktisch hochzurüsten. Teil der nuklearen Strategie der USA ist der Einsatz von Atomwaffen mit angeblich „relativ geringer Sprengkraft, um im Falle eines Konflikts über eine große Bandbreite abgestufter und flexibel nutzbarer nuklearer Optionen zu verfügen.
Die Atomwaffen in Büchel sind keine Abschreckungswaffen. Da ihr Standort bekannt ist und da es Wochen dauert, bis sie einsatzbereit sind, wären sie im Kriegsfall erstes Angriffsziel und stünden nicht für einen „Vergeltungsschlag“ zur Verfügung. Sie sind nur für den Ersteinsatz geeignet.
Die B61-12 Atomwaffen können auf die mehrfache Sprengkraft der Hiroshimabombe eingestellt werden. Jede einzelne von ihnen könnte, bei Abwurf über einer Stadt, unmittelbar mehrere hunderttausend Menschen töten. Die Erzählung von vermeintlich sauberen, präzisen Bomben senkt die Hemmschwelle für Atomwaffenschläge und provoziert Eskalation bis hin zur Drohung gegenseitiger Auslöschung.
Eine nukleare Aufrüstung in Deutschland wäre besonderes in der aktuellen Krise ein gefährliches Signal, dass das Wettrüsten in Europa anheizen würde. Russland hatte bereits 2015 angekündigt, dass er auf die Aufrüstung zur B61-12 mit „Gegenmaßnahmen“ reagieren würde, Belarus hat vor kurzem seinen Status als atomwaffenfreie Zone beendet, um ggf. russische Atomwaffen stationieren zu können.
Die neue Aufrüstungswelle und die wachsende Rolle, die Atomwaffen in den Militärstrategien spielen, steht im krassen Kontrast zur Bemühung des Großteils der internationalen Staatengemeinschaft, eine neue Qualität internationaler Kooperation und Verständigung auf der Grundlage der weltweiten Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen mit dem Atomwaffenverbotsvertrag zu entwickeln.
Von der „Modernisierung“ der Atombomben profitieren vor allem große Rüstungsunternehmen wie Boeing. Die Umsetzung des gesamten Programms wird die USA annähernd zehn Milliarden Dollar kosten. Allein die neuen Trägerflugzeuge (F35-Bomber) für die modernisierten Atombomben in Büchel werden sich mit Kosten von mehr als 20 Milliarden Euro im deutschen Verteidigungshaushalt niederschlagen.
In unserem Grundsatzprogramm von 2020 fordern wir den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag sowie den zügigen Abzug der Atomwaffen aus Deutschland.
Im Interesse der internationalen Weltgemeinschaft wenden wir uns gegen die aktuellen Modernisierungs- und Aufrüstungsvorhaben – insbesondere gegen die Modernisierung der US-Atomwaffen in Büchel- um eine gemeinsame Entwicklung einer sicheren und gerechten Welt für alle zu ermöglichen.
Weiterführende Quellen:
Otfried Nassauer: Nur eine Frage der Verfügungsmacht? Die neue NATO-Strategie, der Nichtverbreitungsvertrag und die Nukleare Teilhabe, BITS Research-Report 2, März 2000, S. 9 f.
Kommentare
Pascal Bittes:
Christian Göritz-Vorhof: