Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | K Klimakrise als Menschheitsaufgabe: für Klimaschutz, für Freiheit |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 16.10.2022 |
Eingereicht: | 16.10.2022, 18:16 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Nationaler Hitzeschutzplan
Beschlusstext
Ob wir gesund oder krank sind, hängt nicht nur von unserer Lebensweise ab, sondern
entscheidend auch von Umwelt und Klima: Wir brauchen sauberes Wasser, gute Luft, erträgliche
Temperaturen und gutes Essen. All das steht mit der sich beschleunigenden Klimakrise auf dem
Spiel. Neben Hitzewellen gehören Stürme, Dürren, Waldbrände oder Starkregen und
Überschwemmungen zu den unmittelbar zu erwartenden Folgen einer ungebremsten Klimakrise. Das
Allergiepotential steigt und neue Krankheitserreger können sich ausbreiten. Die medizinische
Fachzeitschrift »The Lancet« erklärte den Klimawandel zur größten Bedrohung für die globale
Gesundheit im 21. Jahrhundert.
Die ersten heftigen Auswirkungen einer ungebremsten Klimakrise spüren wir schon heute. Die
schlimme Hochwasserkatastrophe an und um die Ahr mit mehr als 180 Toten wird für lange Zeit
ein Trauma in der Region hinterlassen. In den Sommern 2018, 2019 und 2020 kam es insgesamt
zu 19.300 hitzebedingten Sterbefällen in Deutschland (Auswertungen des Robert Koch-
Instituts, des Deutschen Wetterdienstes und des Umweltbundesamts). Die materiellen Schäden
bewegen sich Jahr für Jahr im zweistelligen Milliardenbereich.
Wir wollen die Klimavorsorge entscheidend stärken und stärker als bisher als
Querschnittsaufgabe verankern. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern
und Kommunen für dieses Jahrzehnt und darüber hinaus. Klimavorsorge ist dabei auch eine
soziale Frage. Der Staat muss gezielt den Menschen und den Kommunen helfen, die sich die
notwenigen Maßnahmen zur Vorsorge nicht so einfach leisten können.
Schutz vor den Auswirkungen der Hitze
Städte mit vielen versiegelten Flächen und wenig Grünanteilen heizen sich in Hitzewellen
besonders stark auf. Innenstädte sind dann um bis zu zehn Grad heißer als das Umland. Das
ist für alle Menschen in den Städten anstrengend und belastend. Bei hohen Temperaturen nimmt
die Arbeitsleistung stark ab und bei fehlender nächtlicher Abkühlung wird die körperliche
Erholungsphase beeinträchtigt. Neben den bereits erwähnten Hitzetoten gehören auch
hitzebedingte Erkrankungen wie Herz-Kreislaufbeschwerden, Herzinfarkte oder Hitzschlag zu
den Folgen hoher Temperaturen.
Besonders betroffen sind Menschen mit geringerem Einkommen, ältere Menschen, Säuglinge und
Kleinkindern, Pflegebedürftige, Menschen mit Vorerkrankungen oder akut Erkrankten,
Obdachlose sowie Personen, die im Freien und/oder körperlich schwer arbeiten. Sie sind
zusätzlich häufiger Luftverschmutzung und Lärm ausgesetzt und somit anfälliger für
Allergien, Atemwegs- und Kreislauferkrankungen. Zudem haben sie oft keinen Garten oder
Klimaanlagen zur Verfügung, um Abkühlung zu suchen.
Kühle Städte sind grüne Städte: Bäume spenden Schatten und kühlen ihre Umgebung als
natürliche Klimaanlagen. Mehr Bäume und Grünflächen sind damit zentrale Säule für ein
gesundes Stadtklima. Auch begrünte Fassaden und Dächer können zur Abkühlung von Gebäuden und
Umgebung beitragen. Städte sollen künftig wie ein Schwamm mehr Wasser aufnehmen, speichern
und in der Landschaft halten. Gespeichertes Regenwasser kann zur Bewässerung im Sommer und
für Brunnen genutzt werden
Wir brauchen eine umfassende Strategie gegen Hitzefolgen!
Frühere Bundesregierungen haben versäumt, die Bekämpfung der Klimakrise und die
Herausforderungen der Anpassung an ihre Folgen sektorübergreifend in einer umfassenden
Strategie anzupacken. Das grün geführte Bundesumweltministerium erarbeitet aktuell eine
Klimaanpassungsstrategie, die alle Handlungsfelder umfassen wird. Kommunen profitieren
bereits von einem Förderprogramm für Klimaanpassungsmanager, um eigene Strategien und
Maßnahmen vor Ort zu entwickeln. Für soziale Einrichtungen wie Kitas und Pflegeeinrichtungen
gibt es ein spezielles Programm.
Ein Bund-Länder-Hitzeschutzplan für den vorsorgenden Gesundheitsschutz muss ein Schwerpunkt
der Klimaanpassungsstrategie werden. Darin müssen Aufgaben klar zugeordnet, effiziente
Koordinations- und Kommunikationsstrukturen geregelt und verbindliche Maßnahmen formuliert
sein, um insbesondere besonders hitzegefährdete Gruppen wirksam zu schützen. Dazu gehören
auch entsprechende Finanzierungsregelungen, ein Monitoring zur hitzebedingten Sterblichkeit,
zusätzliche Maßnahmen für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen einschließlich
Weiterbildungsangebote sowie bundesweite niedrigschwellige Informations- und Hilfsangebote
insbesondere für besonders hitzesensible Gruppen.
Hitzeaktionspläne müssen für alle Städte und Kommunen zum verbindlichen Standard werden und
die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kommunen alle Instrumente im
Bau- und Verkehrsbereich treffen können, um Überhitzung entgegenzuwirken. Mit einem
Sonderfonds für die Umsetzung von Hitzeaktionsplänen wollen wir die Kommunen bei der
Umsetzung unterstützen.
Eine Reform des Baurechts und der Städtebauförderung muss konsequent den klimagerechten
Stadtumbau unterstützen. Dazu zählen Erleichterungen für Entsiegelungsmaßnahmen und
Umwidmung von Straßen- und Parkflächen, die Verankerung eines Grünflächenfaktors und eine
Grünkennzahl für Grünflächenmindestanteile auf Baugrundstücken sowie die Ermöglichung von
Naturerfahrungsräumen als Flächennutzungskategorie.
Programme zur Stärkung von Park- und Grünflächen, städtischen Regenwasserspeichersystemen
und öffentlichen Trinkbrunnen müssen ausgeweitet werden, insbesondere für finanzschwache
Kommunen. Den vorsorgenden Gesundheitsschutz gegen klimakrisenbedingte Überhitzung wollen
wir in das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt integrieren.
Wir wollen die Gebäudesanierungsquote bis zum Ende der Wahlperiode verdoppeln und dafür KfW-
Programme weiterentwickeln sowie eine Ausbildungsoffensive für das Bauhandwerk starten.
Wir setzen uns für eine Stärkung des Bundesprogramms "Sanierung kommunaler Einrichtungen in
den Bereichen Sport, Jugend und Kultur" (SJK) zum Ausbau der Freibadsanierung ein. Freibäder
gehören in Hitzephasen zur Daseinsvorsorge, der Zugang muss für alle erschwinglich sein.
Forschungsmittel zur Erforschung von gesundheitlichen Folgen der Klimakrise,
Präventionsmaßnahmen im Gesundheitsbereich und neuer Hitzeanpassungsansätze müssen
ausgeweitet werden.
Wasser: hier zu viel – dort zu wenig
Das vorrangige Ziel einer vorsorgenden Hochwasserpolitik muss sein, Wasser in der Landschaft
zu halten. So lassen sich Abflussmengen reduzieren und verzögern. Das ist der erste und
beste Schutz gegen Hochwasser und zugleich auch eine Vorsorge für Dürrezeiten. Wo Wasser
natürlich versickern kann und gespeichert wird, wo Bäche und Flüsse frei fließen, wo es noch
funktionierende Moorböden gibt, können Überflutungen und Flutkatastrophen abgeschwächt
werden und Wasser gespeichert werden. Die notwendigen Maßnahmen, um Wasser in der Landschaft
zu halten, sind lange bekannt und müssen endlich konsequent umgesetzt werden. Fluss- und
Bachtäler müssen wo möglich wieder naturnah gestaltet werden – mit ausreichenden Auen und
Retentionsräumen. Dazu können durch extensivere Nutzung auch landwirtschaftliche Flächen
dienen. Die Böden können durch eine naturnähere Land- und Forstwirtschaft und bodenschonende
Bearbeitung wieder aufnahmefähiger gemacht werden.
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Bislang ist die Versorgung in Deutschland
gesichert. Doch in heißen Sommermonaten kommt es bereits heute in manchen Kommunen und
Landkreisen zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung. Wir wollen deshalb
Grundwasservorkommen langfristig schützen und für die öffentliche Trinkwasserversorgung
sichern, indem wir einen Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung gesetzlich
festschreiben und im Raumordnungsrecht mehr Vorranggebiete für die Trinkwasserversorgung
ausweisen. Bisherige historische Entnahmerechte und kostenlose Grundwassernutzungsrechte für
Industrie und Landwirtschaft müssen überprüft sowie Ansätze zur Regenwasserspeicherung und
Brauchwassernutzung gefördert werden.
Die dramatischen Hochwässer und Überschwemmungen 2021, 2013, 2002 und 1997 haben aufgezeigt,
wie essentiell eine bessere Hochwasservorsorge ist. Die bisher angenommenen Risiken und
Gefahren selbst von extremen Hochwassern wurden vom tatsächlichen Ausmaß der aktuellen
Überschwemmungen übertroffen. Planungen, die sich auf 100-jährige Hochwasser beziehen sind
überholt. Es braucht neue, bundeseinheitliche Standards zur Darstellung von Extremszenarien
in den Hochwasser- und Starkregenrisikokarten. Für die Risikobeurteilung müssen
Extremhochwässer, die länger zurückliegen als es eine kontinuierliche Datenaufzeichnung
gibt, ebenso genutzt werden wie Modellierungen von Starkregenereignissen, die Grund der
Klimakrise künftig heftiger ausfallen können, als dies bisher der Fall war. Auch sollte in
den Extremszenarien betrachtet werden, welche Gefahren von Hochwässern ausgehen, wenn der
technische Schutz ausfällt, also zum Beispiel Dämme brechen oder Rückhaltebecken überlaufen.
Es sollte zudem nicht nur auf den potentiellen Anstieg der Pegel geschaut werden, sondern
auch auf die Fließgeschwindigkeiten, denn Wasser ist umso zerstörerischer je schneller es
werden kann. In der Konsequenz gilt es, Umfang und genaue Lage der gefährdeten Gebiete und
Liegenschaften zu aktualisieren. Wichtig ist, dass aus diesen verbesserten Vorhersagen auch
politische Schlüsse gezogen werden: im akuten Fall für die Evakuierung der betroffenen
Bevölkerung, planerisch für die weitere Siedlungsplanung. In den besonders von Hochwasser
betroffenen Gebieten müssen die Ausnahmeregelungen zur Ausweisung von Bauland und zur
Erteilung von Baugenehmigungen im Außenbereich dringend auf den Prüfstand.
Hochwasserwarnungen müssen verbessert werden. Eine auf wenige hundert Meter genaue
Risikovorhersage, die die Wetterdaten mit den Topographie und der Bevölkerungsdichte
synchronisiert, ist wissenschaftlich möglich, aber derzeit noch nicht realisiert. Notwendig
dafür wären ein hochleistungsfähiges Rechenzentrum und mehr Forschung. Das sollte
idealerweise im europäischen Verbund ermöglicht werden. Dafür müssen Gelder bereitgestellt
werden. Es ist zudem wichtig, dass Behörden, Bevölkerung und Helfer*innen genau wissen, wie
sie sich im Hochwasserfall verhalten müssen – und wie man langfristig für den Ernstfall
vorsorgen kann, wenn man in einem Risikogebiet lebt. Nötig sind flächendeckende kommunale
Hochwasser-Audits und Modellierungen von Starkregenereignissen, funktionierende Warnsysteme
und regelmäßige Informationen der Bevölkerung, etwa per Übung in Schulen oder Betrieben.
Hauseigentümer*innen sollten über sinnvolle bauliche Maßnahmen informiert werden.
Ergänzend zum ökologischen Hochwasserschutz sind Maßnahmen des technischen
Hochwasserschutzes notwendig, um bestehende Siedlungen zu schützen. Dazu können
Rückhaltebecken auch in Seitentälern oder Rückverlagerungen und die Ertüchtigung von Deichen
ebenso gehören wie Wälle, die Regenwassermassen um Ortschaften herum leiten oder das
Bereithalten von mobilen Hochwasserschutzwänden. Dabei sollen stärker als bisher vor Ort
auch Sonderstandorte für den Hochwasserschutz planerisch und technisch vorbereitet werden.
Besser eine Kiesgrube oder ein Braunkohletagebau laufen kontrolliert voll als dass
Siedlungen überflutet werden.
Landnutzung und Infrastruktur ökologisieren
Umfassende Klimaanpassung bedeutet, in Sicherheit zu investieren. Landwirtschaftliche
Flächen müssen regional extensiviert werden, ohne dass dies wirtschaftlich auf Kosten der
Landwirt*innen geht, Wälder müssen in naturnahe klimastabile Mischwälder umgebaut,
Entwässerung und Kanalisierung zurückgebaut, Deiche rückverlegt werden, Städte umgebaut,
Plätze begrünt, Bäume gepflanzt werden. Wer an solchen Maßnahmen spart, gefährdet die
Sicherheit der Bevölkerung. Mit dem strategischen Ankauf von Naturschutzflächen kann die
öffentliche Hand zugleich Wasserrückhalteflächen gerade auch in
Hochwasserentstehungsgebieten gewinnen. Für die notwendigen Naturschutzmaßnahmen brauchen
wir daher schnell wirksame Planungsinstrumente zur Flächensicherung.
Damit Ökosysteme widerstandsfähiger werden, müssen wir deren chemische Belastung durch
Pestizide und Schadstoffe wesentlich reduzieren und eine gesunde Vielfalt wiederherstellen.
Vielfältigere Ökosysteme reagieren stabiler auf Störungen. Das gilt in besonderem Maße auch
für unsere Landwirtschaft. Niemand weiß bei der Aussaat, ob das Jahr extrem heiß, stürmisch,
nass, trocken oder kalt wird. Dies erfordert grundlegende Bewirtschaftungsanpassungen zur
Risikobegrenzung. Weiter zu wirtschaften wie bisherist keine realistische Option.
Deshalb ist jetzt notwendig, dass wir Landwirt*innen dabei unterstützen, das gesamte System
der Lebensmittelproduktion robust aufzustellen für die Herausforderungen der nächsten Jahre.
Bäume und Hecke auf Feld und Acker sind nicht nur eine effektive CO²-Senke in der
Landwirtschaft, sondern beeinflussen auch das Kleinklima. Agroforstsysteme und Agri-
Photovoltaik müssen raus aus der Nische, weil sie ein robustes Gesamtsystem mit Schatten,
Erosionsschutz und Verdunstungsreduktion schaffen. Das ganze Anbausystem muss konsequent
diversifiziert werden, um extremere Umwelteinflüsse ausgleichen zu können. Das bedeutet
weniger Monokulturen und längere Fruchtfolgen, Mischkulturen, mehr Unter- und
Zwischensaaten, kleinere Schläge und eine höhere Diversität der angebauten Feldfrüchte. Eine
zentrale Rolle wird eine Wirtschaftsweise spielen, die die Humusschicht auf- statt abbaut,
damit Wasser und Kohlenstoff im Boden gespeichert werden können. Neben Pflanzen und Böden
brauchen auch Tiere Schutz vor den zunehmenden Hitzewellen. Dazu müssen Ställe umgebaut und
mit leistungsfähigen Lüftungen oder Ventilatoren ausgerüstet werden. Außerdem müssen auch
Weideflächen deutlich strukturreicher werden. Die europäische und nationale Agrarförderung
muss entsprechend dieser Anforderungen konsequent neu ausgerichtet werden.
Gesunde artenreiche Mischwälder sind ein wichtiger Baustein für funktionierende
Wasserhaushalte und Hochwasserschutz und verringert die Gefahr von Waldbränden. Daher
richten wir die Waldbauförderung auf den naturnahen Waldumbau mit einer Vielfalt an
heimischen Baumarten und bodenschonender Bewirtschaftung aus. Voraussetzung für den Aufbau
klimaresilienter Wälder ist ein angepasstes flächendeckendes Management von Reh- und
Rotwildbeständen, damit ausreichend Jungbäume aufwachsen können und nicht wie bislang
verbissen werden.
Wir müssen unsere Infrastrukturen auf den Prüfstand stellen und an die Klimarisiken
anpassen. In Karlsruhe legte die letzte Hitzewelle den ÖPNV lahm, die deutsche Bahn kämpft
schon bei Normalwetterereignissen mit ihrer Betriebsfähigkeit, die Kanalisation vieler
Gemeinden ist sowohl mit Dürreperioden als auch mit Starkregen überfordert, der technische
Hochwasser- und Starkregenschutz gerade in Gefahrengebieten wie den Mittelgebirgslagen ist
teilweise mangelhaft. Es geht um nicht weniger als ein umfassendes Modernisierungsprogramm
für unsere Infrastrukturen, Städte und Dörfer. Auch die Verkehrsinfrastruktur muss angepasst
werden und die anstehende Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans genutzt werden, um alle
Planungen einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung zu unterziehen. Dafür müssen Mittel für
die Sanierung maroder oder für Umwelteinwirkungen besonders anfälliger Infrastruktur
freigemacht werden.
Klimavorsorge ist eine umfassende Herausforderung und kostet zunächst eine Menge Geld – das
aber gut angelegt ist, weil es hohe Folgekosten in der Zukunft vermeidet. Mit dieser Aufgabe
wollen wir die Kommunen, gerade die strukturschwachen, nicht allein lassen. Bei solchen
essentiellen Fragen muss es schnell gleichwertige Verhältnisse überall in unserem Land
geben. Die Klimavorsorge wirft deshalb auch erneut die Frage auf, was uns wichtig ist und
welche Prioritäten wir in der Haushaltspolitik setzen – in Bund, Ländern und Kommunen. Für
die notwendigen Anpassungen vor Ort wie die Umwandlung in „Schwammstädte“ und
„Schwammlandschaften“, Maßnahmen des Hochwasserschutzes oder den Umbau der Kanalisation muss
Geld bereitgestellt werden. Haushaltsspielräume wollen wir insbesondere durch den stetigen
Abbau umweltschädlicher Subventionen und Steuerfehlanreize schaffen.
Natürlicher Klimaschutz ist die beste Klimavorsorge
Die Klimakrise und das Artensterben sind zwei Krisen, die eng miteinander verbunden sind.
Abgestorbene Bäume speichern kein CO2 mehr. Trockengelegte Moore sind für einen erheblichen
Teil der bundesweiten CO2-Emissionen verantwortlich, dabei können gesunde Moorböden
Treibhausgase speichern! Mit technischen Lösungen allein werden wir unsere Klimaziele nicht
erreichen, wir brauchen deshalb gesunde Ökosysteme als unsere natürlichen Verbündeten. Um
diesen verzahnten Krisen wirksam entgegenzuwirken, müssen Natur- und Klimaschutz
zusammengedacht werden. Zentral hierfür sind der Erhalt, die Stärkung, die Renaturierung
sowie die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme. Diese dienen als Lebensräume für eine
Vielzahl an (bedrohten) Arten. Gleichzeitig tragen sie als natürliche Kohlenstoffspeicher
und -senken zur Minderung des Treibhauseffekts bei. Zugleich sind sie ein Garant für
Klimavorsorge: Vielfältige und naturnahe Ökosysteme sind resilienter. Sie können sich besser
an den Klimawandel anpassen und sorgen insbesondere durch ihre Fähigkeit, Wasser zu
speichern und zu regulieren auch dafür, dass Extremwetterereignisse, Starkregen und
Dürreperioden abgefedert werden.
Das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ ist ein Herzstück der grünen Umwelt- und
Klimapolitik in dieser Bundesregierung. Das Programm vereint Klimaschutz mit
Biodiversitätsschutz und macht unsere Ökosysteme fit für die Folgen der Klimakatastrophe. Es
fördert den Schutz intakter Moore und die Wiedervernässung von Moorböden, lebendige Flüsse,
Seen und Auen, Meere und Küsten, Wildnis und Schutzgebiete, naturnahe Waldökosysteme, Böden
als Kohlenstoffspeicher und den Natürlichen Klimaschutz auf Siedlungs- und Verkehrsflächen.
Damit spielt das Aktionsprogramm eine herausgehobene Rolle bei der Frage, wie wir den sich
gegenseitig verstärkenden ökologischen und klimatischen Krisen unserer Zeit etwas in den Weg
stellen. Für den Natürlichen Klimaschutz stellen wir in der Bundesregierung bis 2026 vier
Milliarden Euro bereit, mit denen konkrete Projekte vor Ort gefördert und notwendige
Personalstrukturen geschaffen werden. Nun kommt es auf uns alle an, Kommunen,
Landbesitzer*innen und andere Akteur*innen vor Ort über Fördermöglichkeiten zu informieren
und zu gewinnen, damit diese Mittel auch abgerufen werden und die guten Ideen einen Beitrag
zur Eindämmung der Biodiversitäts- und Klimakrise leisten können.