Unter Berücksichtigung des seit dem 1. Dezember 2021 geltenden Telekommunikation‐Telemedien‐Datenschutzgesetzes (TTDSG), des Urteils des OVG Schleswig vom 25. November 2021 (Az. 4 LB 20/13) und der aktuellen technischen Umsetzungen können Betreiber von Facebook-Seiten ihrer Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 und sowie Art. 13 DS-GVO nicht nachkommen.[1] Nach der Feststellung des OVG Schleswig-Holstein ist das Betreiben einer Facebook-Seite somit ein "schwerwiegender Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften".[2]
Die datenschutzrechtlichen Defizite können ohne die aktive Unterstützung durch Facebook von den Seiten-Betreibern alleine weder ausgeräumt, noch – beispielsweise durch das Einholen von Einwilligungen – umgangen werden.[3]
Facebook hat auf diese Rechtslage nicht reagiert und setzt Seiten-Betreiber weiterhin dem Risiko aus, durch den reinen Betrieb einer Seite einen Rechtsverstoß zu begehen. Da ein datenschutzkonformer Betrieb durch Facebook aus Perspektive eines Seiten-Betreibers nicht einklagbar ist, bliebe nur das Verlassen der Plattform als Alternative.
Da wir als Regierungspartei jedoch auch eine gesellschaftliche Pflicht haben, um zu informieren und sich weite Teile der Bevölkerung, teilweise auch ausschließlich, in den entsprechenden "Social Media" Plattformen informieren, wäre ein kompletter Rückzug verbunden mit dem Abhängen von Teilen der Gesellschaft und ein Freibrief für Desinformation und Fake-News. Der Ursprungsantrag zeigt, dass in letzter Konsequenz die Schließung eines Auftrittes zu fordern wäre. Dies steht jedoch im Konflikt mit unserem Auftrag, an der Bildung des politischen Willens auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mitzuwirken. Generell ist die Öffentlichkeitsarbeit einer politischen Partei ein hohes Gut und durch Art. 1 PartG stark geschützt.[4] Aber wir erfüllen ebenso eine Vorbildfunktion und sollten uns daher nicht unnötig über für andere Organisationen geltendes Recht und Gesetz stellen.
Daher erscheint eine Parallelveröffentlichung auf den betroffenen Plattformen und datenschutzkonformen Plattformen ein gangbarer Mittelweg. Diese Option eröffnete z.B. auch der hessische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit betroffenen Landesbehörden als Übergangslösung bis ein vollständiger Wechsel (oder eine Behebung des Datenschutzverstoßes seitens der Plattform) vollzogen ist.[3]
Facebook wird in der Begründung teilweise Synonym für andere "Social Media" Plattformen verwendet, da bisher lediglich für Facebook eine detailierte Betrachtung der Datenschutz-Aufsicht erfolgte sowie entsprechende Urteile verfügbar sind. Aufgrunf der technischen Funktionsweise ist jedoch davon auszugehen, dass die grundsätzliche Problematik ebenfalls bei den anderen genannten Plattformen zutrifft.
Quellen
[1] Kurzgutachten zur datenschutzrechtlichen Konformität des Betriebs von Facebook‐Fanpages https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/weitere_dokumente/DSK_Kurzgutachten_Facebook-Fanpages_V1_18.03.2022.pdf
[2] Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 25.11.2021 - 4 LB 20/13 https://openjur.de/u/2383902.html#rdnr173
[3] Facebook-Seiten von öffentlichen Stellen https://datenschutz.hessen.de/datenschutz/internet-und-medien/facebook-seiten-von-%C3%B6ffentlichen-stellen
[4] Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) § 1 Verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der Parteien https://www.gesetze-im-internet.de/partg/__1.html
Kommentare
Jörg Witzel:
Doch bzgl. des faktischen "Paralellbetriebs" der in diesem Antrag hier vorgeschlagen wird, werden wir uns leider nicht einigen können. Ich habe zu meinem Originalantrag jetzt auch einen Änderungsantrag erstellt und einige der Bedenken von Christian und anderen eingearbeitet:
https://wolke.netzbegruenung.de/apps/files/?dir=/BDK-Antrag&openfile=57005208
Dieser ist noch nicht eingereicht. Anmerkungen und Anregungen sind also noch Willkommen. Ich finde es auch nicht schlimm das es zwei konkurrierende Entwürfe gibt. Wenn einer der Anträge angenommen würde, wäre das immer noch ein großer Erfolg.
Victor Venema:
Unter dem Originalantrag wurde kommentiert, dass es Kreisverbände ohne eigene Homepage geben wurde, die deswegen auf Facebook angewiesen sind. Wir sollten diese KVs helfen selbst eine Homepage zu bauen. Eine KV die nur über Facebook erreichbar ist geht gar nicht. Ich weiß nicht ob dies einfach eine Idee für die Netzbegrünung ist oder auch im Antrag aufgenommen werden sollte, aber diese KVs brauchen Hilfe.
Jörg Witzel:
Das Gesamtergebnis werde ich hier als Kommentar veröffentlichen.
Victor Venema:
Jörg Witzel:
https://antraege.gruene.de/48bdk/antrag-zur-schliessung-des-facebook-auftritts-von-bundnis-90-die-grunen-13057/15222
Auch wenn mir diese Option nicht gefällt. Bevor der Antrag ganz abgelehnt wird fände ich es besser, wenn es zwei Änderungsanträge zur Auswahl gibt.
Jörg Witzel:
EINE FARCE !
Zum Vergleich: Im toten Discourse sind insgesamt ca. 16.200 Mitglieder angemeldet gewesen.
Im Mai diesen Jahres waren innerhalb von 30 Tagen 1.900 grüne Mitglieder im Forum anwesend.