Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 15.10.2022 |
Eingereicht: | 17.10.2022, 18:29 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Endlich bedarfsgerechte Psychotherapie!
Beschlusstext
Die vielfältigen Krisen unserer Zeit fordern uns in vielerlei Hinsicht, aber vor allem auch
mit Blick auf eine ihrer Auswirkungen: die psychische Gesundheit der Bevölkerung leidet
enorm unter der von ihnen ausgelösten Dauerbelastung! Egal ob jung oder alt, der Bedarf nach
psychotherapeutischer Hilfe steigt stetig. Aber das Problem ist in keinster Weise neu: Der
Mangel an Kassensitzen für Psychotherapeut*innen ist seit Jahren ein Problem und wir müssen
endlich handeln! Die WHO Special Initiative for Mental Health läuft nur noch bis 2023. Auch
deshalb sollte sich Deutschland als größter staatlicher WHO-Support seiner Rolle im Bereich
der psychischen Gesundheit bewusst sein.
Es ist wichtig gewesen, dass wir uns dieses Thema ins Wahlprogramm geschrieben und es auch
so weit gebracht haben, dass es im Koalitionsvertrag steht, aber bisher wirkliches passiert
ist wenig. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: nach einem Bericht der Deutschen
Psychotherapeuten Vereinigung ist die Menge der Anfragen von Januar 2020 bis Januar 2021 um
ca. 40% gestiegen.
Wir fordern:
- eine deutliche Erhöhung der Anzahl der verfügbaren Kassensitze für
Psychotherapeut*innen, denn der Bedarf an mehr Psychotherapieplätzen ist seit
Jahrzenten gegeben und hat sich über die letzten Jahre weiter zugespitzt.
- wer in Not ist, muss passgenaue Hilfe finden. Darum braucht es ein Bündel an
Maßnahmen, um Menschen in seelischen Krisen und mit psychischer Erkrankung schnell die
Behandlung zu bieten, die sie brauchen. Hierfür müssen bessere und niedrigschwellige
Zugänge geschaffen werden. Bestehende Hilfsangebote müssen, insbesondere für die
schwer und chronisch psychisch kranken Menschen, stärker vernetzt werden. Für Menschen
in akuten Krisen müssen die psychiatrischen Krisendienste schnell und flächendeckend
ausgebaut werden.
- die Zugänglichkeit von Psychotherapiestunden für Geflüchtete deutlich zu verbessern
und Therapieplätze in verschiedenen Sprachen anzubieten. Insbesondere Menschen die aus
Kriegsgebieten geflohen sind leiden häufig unter Kriegs- und/oder Fluchttraumata bei
deren Bewältigung sie Unterstützung benötigen.
- die Anpassung der Maximalstunden für Psychotherapie an den individuellen Bedarf der
Patient*innen und eine Ausweitung der Akutbehandlung.
- die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen weiter konsequent und unter
Nutzung verschiedener Kommunikationskanäle voranzutreiben. Insbesondere den Ausbau der
entsprechenden Bildungsarbeit sehen wir als einen wichtigen Teilaspekt bei der
Erreichung dieses Ziels. So gilt es speziell Lehrkräfte entsprechend weiterzubilden um
sie zu befähigen im Rahmen des schulischen Unterrichts an der Entstigmatisierung
psychischer Erkrankungen mitzuwirken.
- angemessene finanzielle Rahmenbedingungen für Psychotherapeut*innen in Ausbildung und
Weiterbildung für eine nachhaltige Nachwuchsförderung.
Unser Ziel muss es sein, dass psychischen Beschwerden genauso wenig ein gesellschaftliches
Stigma anhängt als dies bei körperlichen Leiden der Fall ist und dass ein Besuch beim
Psychotherapeuten bei psychischen Beschwerden genauso akzeptiert ist wie der Besuch der/des
Hausärtzt:in bei physischen Leiden. Entsprechend kann es auch nicht Sein, dass Menschen die
in der Vergangenheit eine psychotherapeutische Behandlung durchlaufen deswegen Nachteile in
ihrem weiterem beruflichen Werdegang entstehen, bspw. wenn sie zu einem späterem Zeitpunkt
eine Verbeamtung anstreben sollten.