Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | I In Zeiten fossiler Inflation: sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken |
Antragsteller*in: | Martin Gonzalez Granda (KV Köln) und 63 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 33%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: I-11-115 |
Eingereicht: | 02.09.2022, 21:51 |
I-05: Monatliches Energiegeld, um soziale Verwerfungen durch explodierende Energiepreise zu entschärfen
Antragstext
Die explodierenden Energiepreise richten einen massiven sozialen und wirtschaftlichen
Schaden an. Die allermeisten Familien können sich 200€ oder 300€ oder gar 500€ Mehrausgaben
monatlich nicht leisten. Es geht schlicht nicht. Die hohen (Energie-)Preise sind daher DIE
politische Frage in den nächsten Monaten.
Daher fordert die BDK die Fraktion und grüne Regierungsmitglieder dazu auf, sich öffentlich
und innerhalb der Koalition mit Nachdruck für folgende Forderung einzusetzen:
Jede*r Bürger*in in Haushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen soll monatlich 100€
Energiegeld erhalten. Personen, in deren Haushalt mit Gas geheizt wird, erhalten weitere
50€. Für Kinder und Jugendliche werden 50% der Beträge gezahlt. Eine vierköpfige Familie,
die mit Gas heizt, würde monatlich also 450€ erhalten. Ein Single würde 150€ erhalten.
Aufgrund der dauerhaft hohen Preise soll das Energiegeld monatlich für etwa 6 Monate gezahlt
werden. Gegebenenfalls könnte das Energiegeld auch nach dem Einkommen der Empfänger*innen
gestaffelt werden, sodass niedrige Einkommen stärker profitieren.
Das 9 Euro Ticket war auch deshalb so erfolgreich, weil es so einfach, deutlich sichtbar und
gleichzeitig wirkungsvoll war. Dasselbe gilt für das Energiegeld. Daher sollte es auch nicht
mit anderen Zahlungen verrechnet werden, sondern separat auf dem Kontoauszug zu sehen sein.
Damit ist die Maßnahme auch besonders geeignet, das soziale Profil der Grünen zu schärfen!
Begründung
In der öffentlichen Wahrnehmung hat die Regierungskoalition den Bezug zur Lebensrealität der allermeisten Menschen verloren und keine Vorstellung darüber, wie dramatisch die Mehrbelastungen für viele Familien ausfallen werden. Die bisherigen Entlastungen kommen gefühlt nur kleckerweise, in einem bunten Flickenteppich und vor allem in einem ständigen Hin- und Her. Gleichzeitig scheint es kein Problem zu sein, mal eben 100 Mrd. Euro für die Bundeswehr „locker zu machen“ oder viele Milliarden für die Rettung von Gasunternehmen zu organisieren (so die öffentliche Wahrnehmung). Dadurch wird das Vertrauen in die Politik massiv geschädigt.
Zurzeit beraten SPD, Grüne und FDP über ein weiteres Entlastungspaket. Die Preise werden aber noch weit bis ins nächste Jahr hoch bleiben. Einmalige Entlastungen sind daher keine ausreichende Antwort. Um Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen, brauchen wir eine dauerhafte, einfache und klar verständliche Lösung, die wirkungsvoll und zugleich deutlich sichtbar ist. Ein zielgenaues, zeitlich befristetes, aber regelmäßiges Energiegeld in ausreichender Höhe leistet genau dies.
Die Kosten von (geschätzt) etwa 7 Mrd. Euro monatlich sind angesichts der finanziellen Herausforderungen für so viele Menschen und im Vergleich zu anderen Kosten bzw. möglichen Einnahmen nicht außerordentlich hoch. Zum Vergleich: Lindners Einkommenssteuerreform würde 10-17 Mrd. Euro kosten, durch eine Übergewinnsteuer könnten je nach Ausgestaltung etwa 28 Mrd. Euro eingenommen werden, das Sondervermögen der Bundeswehr kostet 100 Mrd. Euro.
Sowohl linke als auch konservative Ökonom*innen erwarten eine Wirtschaftskrise. Das würde oder wird die Verteilungskämpfe noch einmal verschärfen. Ein zielgerichtetes Energiegeld würde die Menschen nicht nur entlasten, sondern auch die Konjunktur stützen und den kommenden Abschwung dämpfen.
Darüber hinaus könnte dieses Energiegeld der Wegbereiter für andere grüne Positionen sein. Der Klimabonus (pro-Kopf Rückgabe der CO2-Preis Einnahmen) ist bisher vor allem an der Skepsis gegenüber dem Staat gescheitert. Zu viele Menschen haben schlicht nicht daran geglaubt, dass der Staat die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung wieder zurückverteilt. Merken die Menschen, dass das Geld wirklich ankommt und ihnen geholfen wird, stärkt das das Vertrauen in den Staat und vereinfacht die Umsetzung künftiger Maßnahmen wie den Klimabonus.
Das Argument schließlich, dass solche Zahlungen nicht zu organisieren seien, ist im 21. Jahrhundert in Deutschland, wo (fast) jede*r eine Krankenversicherung hat und Lohn, Rente oder Sozialleistung bezieht, wo der Rundfunktbeitrag von jedem Haushalt eingezogen wird und wo jede*r Bürger*in regelmäßig einen Wahlschein zugeschickt bekommt, nicht sonderlich ernst zu nehmen. Es fehlt bisher am Willen, nicht an den Möglichkeiten.
Kommentare
Andreas Böhme:
Barbara Romanowski:
Angela Bösselmann:
Annette Schulze:
Christiane Thomaßen: