Änderungen von K-13 zu Beschluss K-13
Ursprüngliche Version: | K-13 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 01.09.2022, 17:00 |
Neue Version: | Beschluss K-13 |
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Status: | Beschluss |
Eingereicht: | 16.10.2022, 18:16 |
Titel
Antragstext
Von Zeile 1 bis 50:
Hitzeaktionsplan als nationale Aufgabe
Wir fordern die Bundesregierung auf, einen nationalen Hitzeschutzplan zu erstellen und damit alle Kommunen und Gemeinden, zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen und deren sofortige Umsetzung zu verpflichten.
Die Daseinsvorsorge ist Aufgabe der Kommunen und zu dieser gehört auch der Gesundheitsschutz besonders von Hitzeauswirkung betroffenen Bevölkerungsgruppen.
„Was machen wir eigentlich, damit uns diesen Winter niemand in seiner Wohnung erfriert?“ Diese besorgte Frage ist in der politischen Debatte derzeit häufig zu hören.
Man könnte aber auch fragen: „Was haben wir bisher getan, um zu verhindern, dass Menschen in ihren Wohnungen, Kranken- und Pflegeeinrichtungen, öffentlichen Gebäuden usw. an den Folgen von Hitze sterben?“, wie bei den Hitzewellen 2003, 2006, 2015, 2018, 2019, 2020 und 2022 schon geschehen.
Für viele Menschen ist richtig schönes Sommerwetter mit strahlendem Sonnenschein die schönste Zeit im Jahr.
Weniger angenehm sind hingegen die richtig „heißen Tage“ mit hohen Temperaturen über 30 °C in Kombination mit „Tropennächten“, in denen die Temperaturen nicht unter 20 °C sinken. Tritt diese Konstellation über mehrere Tage auf, dann sprechen wir von einer „Hitzewelle“. „Hitzewellen“ wirken sich dabei besonders belastend auf das Wohlbefinden und die Gesundheit aus. Die Menschen sind dann nicht nur tagsüber extremer Hitze ausgesetzt, sondern ihr Körper kann sich nachts durch die fehlende Abkühlung nicht richtig erholen. Als Folge der andauernden Hitzebelastung können Hautausschläge, Wadenkrämpfe und Schwellungen in den Beinen auftreten. Bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen können sich verschlimmern oder neu auftreten. Typische Symptome für eine Belastung des Herz-Kreislauf-Systems sind Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung und Benommenheit.
Hitzebelastung kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Die Erfahrungen der letzten Hitze-Sommer haben gezeigt, dass Menschen ab 65 Jahren, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Säuglinge und Kleinkinder besonders betroffen sind. Letztendlich sind aber das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von uns allen bei hohen Temperaturen eingeschränkt. Das stellt uns vor große Herausforderungen:
Wer ist durch Hitze besonders gefährdet?
Nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Hitze. Entscheidend ist die individuelle Anpassungsfähigkeit des Körpers. Auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten einer Person, sich während einer Hitzewelle aktiv vor Hitzebelastungen zu schützen, spielen eine Rolle. Menschen aus den folgenden Gruppen sollten bei Hitze in besonderem Maße auf sich Acht geben bzw. vor Hitze geschützt werden:
Menschen ab 65 Jahre
ältere Alleinlebende, die Probleme mit ihrer Mobilität haben
Pflegebedürftige
Säuglinge und Kleinkinder
Menschen mit Vorerkrankungen oder akut Erkrankte
Menschen, die im Freien und/ oder körperlich schwer arbeiten
Menschen in besonderen Lebenslagen (z. B. Obdachlose, Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen)
Natürlich kann der kommende Winter sehr hart werden, und die sogenannte Energiearmut – also dass Menschen nicht genug Geld für (Heiz-)Energie haben, ist ein großes Problem. Doch man kann durchaus darüber erstaunt sein, dass über ein künftiges Risiko mit einer unbekannten Zahl möglicher Todesopfer mit sehr viel größerer Intensität debattiert wird als über ein bekanntes, bereits eingetretenes Schadensereignis mit einer ziemlich gut abschätzbaren Zahl realer Todesfälle. (laut Statistiken allein in 2022 bereits eine Übersterblichkeit von etwa 3000 Toten infolge von Hitzeeinwirkung)
Ob wir gesund oder krank sind, hängt nicht nur von unserer Lebensweise ab, sondern entscheidend auch von Umwelt und Klima: Wir brauchen sauberes Wasser, gute Luft, erträgliche Temperaturen und gutes Essen. All das steht mit der sich beschleunigenden Klimakrise auf dem Spiel. Neben Hitzewellen gehören Stürme, Dürren, Waldbrände oder Starkregen und Überschwemmungen zu den unmittelbar zu erwartenden Folgen einer ungebremsten Klimakrise. Das Allergiepotential steigt und neue Krankheitserreger können sich ausbreiten. Die medizinische Fachzeitschrift »The Lancet« erklärte den Klimawandel zur größten Bedrohung für die globale Gesundheit im 21. Jahrhundert.
Die ersten heftigen Auswirkungen einer ungebremsten Klimakrise spüren wir schon heute. Die schlimme Hochwasserkatastrophe an und um die Ahr mit mehr als 180 Toten wird für lange Zeit ein Trauma in der Region hinterlassen. In den Sommern 2018, 2019 und 2020 kam es insgesamt zu 19.300 hitzebedingten Sterbefällen in Deutschland (Auswertungen des Robert Koch-Instituts, des Deutschen Wetterdienstes und des Umweltbundesamts). Die materiellen Schäden bewegen sich Jahr für Jahr im zweistelligen Milliardenbereich.
Wir wollen die Klimavorsorge entscheidend stärken und stärker als bisher als Querschnittsaufgabe verankern. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen für dieses Jahrzehnt und darüber hinaus. Klimavorsorge ist dabei auch eine soziale Frage. Der Staat muss gezielt den Menschen und den Kommunen helfen, die sich die notwenigen Maßnahmen zur Vorsorge nicht so einfach leisten können.
Schutz vor den Auswirkungen der Hitze
Städte mit vielen versiegelten Flächen und wenig Grünanteilen heizen sich in Hitzewellen besonders stark auf. Innenstädte sind dann um bis zu zehn Grad heißer als das Umland. Das ist für alle Menschen in den Städten anstrengend und belastend. Bei hohen Temperaturen nimmt die Arbeitsleistung stark ab und bei fehlender nächtlicher Abkühlung wird die körperliche Erholungsphase beeinträchtigt. Neben den bereits erwähnten Hitzetoten gehören auch hitzebedingte Erkrankungen wie Herz-Kreislaufbeschwerden, Herzinfarkte oder Hitzschlag zu den Folgen hoher Temperaturen.
Besonders betroffen sind Menschen mit geringerem Einkommen, ältere Menschen, Säuglinge und Kleinkindern, Pflegebedürftige, Menschen mit Vorerkrankungen oder akut Erkrankten, Obdachlose sowie Personen, die im Freien und/oder körperlich schwer arbeiten. Sie sind zusätzlich häufiger Luftverschmutzung und Lärm ausgesetzt und somit anfälliger für Allergien, Atemwegs- und Kreislauferkrankungen. Zudem haben sie oft keinen Garten oder Klimaanlagen zur Verfügung, um Abkühlung zu suchen.
Kühle Städte sind grüne Städte: Bäume spenden Schatten und kühlen ihre Umgebung als natürliche Klimaanlagen. Mehr Bäume und Grünflächen sind damit zentrale Säule für ein gesundes Stadtklima. Auch begrünte Fassaden und Dächer können zur Abkühlung von Gebäuden und Umgebung beitragen. Städte sollen künftig wie ein Schwamm mehr Wasser aufnehmen, speichern und in der Landschaft halten. Gespeichertes Regenwasser kann zur Bewässerung im Sommer und für Brunnen genutzt werden
Wir brauchen eine umfassende Strategie gegen Hitzefolgen!
Frühere Bundesregierungen haben versäumt, die Bekämpfung der Klimakrise und die Herausforderungen der Anpassung an ihre Folgen sektorübergreifend in einer umfassenden Strategie anzupacken. Das grün geführte Bundesumweltministerium erarbeitet aktuell eine Klimaanpassungsstrategie, die alle Handlungsfelder umfassen wird. Kommunen profitieren bereits von einem Förderprogramm für Klimaanpassungsmanager, um eigene Strategien und Maßnahmen vor Ort zu entwickeln. Für soziale Einrichtungen wie Kitas und Pflegeeinrichtungen gibt es ein spezielles Programm.
Ein Bund-Länder-Hitzeschutzplan für den vorsorgenden Gesundheitsschutz muss ein Schwerpunkt der Klimaanpassungsstrategie werden. Darin müssen Aufgaben klar zugeordnet, effiziente Koordinations- und Kommunikationsstrukturen geregelt und verbindliche Maßnahmen formuliert sein, um insbesondere besonders hitzegefährdete Gruppen wirksam zu schützen. Dazu gehören auch entsprechende Finanzierungsregelungen, ein Monitoring zur hitzebedingten Sterblichkeit, zusätzliche Maßnahmen für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen einschließlich Weiterbildungsangebote sowie bundesweite niedrigschwellige Informations- und Hilfsangebote insbesondere für besonders hitzesensible Gruppen.
Hitzeaktionspläne müssen für alle Städte und Kommunen zum verbindlichen Standard werden und die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kommunen alle Instrumente im Bau- und Verkehrsbereich treffen können, um Überhitzung entgegenzuwirken. Mit einem Sonderfonds für die Umsetzung von Hitzeaktionsplänen wollen wir die Kommunen bei der Umsetzung unterstützen.
Eine Reform des Baurechts und der Städtebauförderung muss konsequent den klimagerechten Stadtumbau unterstützen. Dazu zählen Erleichterungen für Entsiegelungsmaßnahmen und Umwidmung von Straßen- und Parkflächen, die Verankerung eines Grünflächenfaktors und eine Grünkennzahl für Grünflächenmindestanteile auf Baugrundstücken sowie die Ermöglichung von Naturerfahrungsräumen als Flächennutzungskategorie.
Programme zur Stärkung von Park- und Grünflächen, städtischen Regenwasserspeichersystemen und öffentlichen Trinkbrunnen müssen ausgeweitet werden, insbesondere für finanzschwache Kommunen. Den vorsorgenden Gesundheitsschutz gegen klimakrisenbedingte Überhitzung wollen wir in das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt integrieren.
Wir wollen die Gebäudesanierungsquote bis zum Ende der Wahlperiode verdoppeln und dafür KfW-Programme weiterentwickeln sowie eine Ausbildungsoffensive für das Bauhandwerk starten.
Wir setzen uns für eine Stärkung des Bundesprogramms "Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur" (SJK) zum Ausbau der Freibadsanierung ein. Freibäder gehören in Hitzephasen zur Daseinsvorsorge, der Zugang muss für alle erschwinglich sein. Forschungsmittel zur Erforschung von gesundheitlichen Folgen der Klimakrise, Präventionsmaßnahmen im Gesundheitsbereich und neuer Hitzeanpassungsansätze müssen ausgeweitet werden.
Wasser: hier zu viel – dort zu wenig
Das vorrangige Ziel einer vorsorgenden Hochwasserpolitik muss sein, Wasser in der Landschaft zu halten. So lassen sich Abflussmengen reduzieren und verzögern. Das ist der erste und beste Schutz gegen Hochwasser und zugleich auch eine Vorsorge für Dürrezeiten. Wo Wasser natürlich versickern kann und gespeichert wird, wo Bäche und Flüsse frei fließen, wo es noch funktionierende Moorböden gibt, können Überflutungen und Flutkatastrophen abgeschwächt werden und Wasser gespeichert werden. Die notwendigen Maßnahmen, um Wasser in der Landschaft zu halten, sind lange bekannt und müssen endlich konsequent umgesetzt werden. Fluss- und Bachtäler müssen wo möglich wieder naturnah gestaltet werden – mit ausreichenden Auen und Retentionsräumen. Dazu können durch extensivere Nutzung auch landwirtschaftliche Flächen dienen. Die Böden können durch eine naturnähere Land- und Forstwirtschaft und bodenschonende Bearbeitung wieder aufnahmefähiger gemacht werden.
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Bislang ist die Versorgung in Deutschland gesichert. Doch in heißen Sommermonaten kommt es bereits heute in manchen Kommunen und Landkreisen zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung. Wir wollen deshalb Grundwasservorkommen langfristig schützen und für die öffentliche Trinkwasserversorgung sichern, indem wir einen Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung gesetzlich festschreiben und im Raumordnungsrecht mehr Vorranggebiete für die Trinkwasserversorgung ausweisen. Bisherige historische Entnahmerechte und kostenlose Grundwassernutzungsrechte für Industrie und Landwirtschaft müssen überprüft sowie Ansätze zur Regenwasserspeicherung und Brauchwassernutzung gefördert werden.
Die dramatischen Hochwässer und Überschwemmungen 2021, 2013, 2002 und 1997 haben aufgezeigt, wie essentiell eine bessere Hochwasservorsorge ist. Die bisher angenommenen Risiken und Gefahren selbst von extremen Hochwassern wurden vom tatsächlichen Ausmaß der aktuellen Überschwemmungen übertroffen. Planungen, die sich auf 100-jährige Hochwasser beziehen sind überholt. Es braucht neue, bundeseinheitliche Standards zur Darstellung von Extremszenarien in den Hochwasser- und Starkregenrisikokarten. Für die Risikobeurteilung müssen Extremhochwässer, die länger zurückliegen als es eine kontinuierliche Datenaufzeichnung gibt, ebenso genutzt werden wie Modellierungen von Starkregenereignissen, die Grund der Klimakrise künftig heftiger ausfallen können, als dies bisher der Fall war. Auch sollte in den Extremszenarien betrachtet werden, welche Gefahren von Hochwässern ausgehen, wenn der technische Schutz ausfällt, also zum Beispiel Dämme brechen oder Rückhaltebecken überlaufen. Es sollte zudem nicht nur auf den potentiellen Anstieg der Pegel geschaut werden, sondern auch auf die Fließgeschwindigkeiten, denn Wasser ist umso zerstörerischer je schneller es werden kann. In der Konsequenz gilt es, Umfang und genaue Lage der gefährdeten Gebiete und Liegenschaften zu aktualisieren. Wichtig ist, dass aus diesen verbesserten Vorhersagen auch politische Schlüsse gezogen werden: im akuten Fall für die Evakuierung der betroffenen Bevölkerung, planerisch für die weitere Siedlungsplanung. In den besonders von Hochwasser betroffenen Gebieten müssen die Ausnahmeregelungen zur Ausweisung von Bauland und zur Erteilung von Baugenehmigungen im Außenbereich dringend auf den Prüfstand.
Hochwasserwarnungen müssen verbessert werden. Eine auf wenige hundert Meter genaue Risikovorhersage, die die Wetterdaten mit den Topographie und der Bevölkerungsdichte synchronisiert, ist wissenschaftlich möglich, aber derzeit noch nicht realisiert. Notwendig dafür wären ein hochleistungsfähiges Rechenzentrum und mehr Forschung. Das sollte idealerweise im europäischen Verbund ermöglicht werden. Dafür müssen Gelder bereitgestellt werden. Es ist zudem wichtig, dass Behörden, Bevölkerung und Helfer*innen genau wissen, wie sie sich im Hochwasserfall verhalten müssen – und wie man langfristig für den Ernstfall vorsorgen kann, wenn man in einem Risikogebiet lebt. Nötig sind flächendeckende kommunale Hochwasser-Audits und Modellierungen von Starkregenereignissen, funktionierende Warnsysteme und regelmäßige Informationen der Bevölkerung, etwa per Übung in Schulen oder Betrieben. Hauseigentümer*innen sollten über sinnvolle bauliche Maßnahmen informiert werden.
Ergänzend zum ökologischen Hochwasserschutz sind Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes notwendig, um bestehende Siedlungen zu schützen. Dazu können Rückhaltebecken auch in Seitentälern oder Rückverlagerungen und die Ertüchtigung von Deichen ebenso gehören wie Wälle, die Regenwassermassen um Ortschaften herum leiten oder das Bereithalten von mobilen Hochwasserschutzwänden. Dabei sollen stärker als bisher vor Ort auch Sonderstandorte für den Hochwasserschutz planerisch und technisch vorbereitet werden. Besser eine Kiesgrube oder ein Braunkohletagebau laufen kontrolliert voll als dass Siedlungen überflutet werden.
Landnutzung und Infrastruktur ökologisieren
Umfassende Klimaanpassung bedeutet, in Sicherheit zu investieren. Landwirtschaftliche Flächen müssen regional extensiviert werden, ohne dass dies wirtschaftlich auf Kosten der Landwirt*innen geht, Wälder müssen in naturnahe klimastabile Mischwälder umgebaut, Entwässerung und Kanalisierung zurückgebaut, Deiche rückverlegt werden, Städte umgebaut, Plätze begrünt, Bäume gepflanzt werden. Wer an solchen Maßnahmen spart, gefährdet die Sicherheit der Bevölkerung. Mit dem strategischen Ankauf von Naturschutzflächen kann die öffentliche Hand zugleich Wasserrückhalteflächen gerade auch in Hochwasserentstehungsgebieten gewinnen. Für die notwendigen Naturschutzmaßnahmen brauchen wir daher schnell wirksame Planungsinstrumente zur Flächensicherung.
Damit Ökosysteme widerstandsfähiger werden, müssen wir deren chemische Belastung durch Pestizide und Schadstoffe wesentlich reduzieren und eine gesunde Vielfalt wiederherstellen. Vielfältigere Ökosysteme reagieren stabiler auf Störungen. Das gilt in besonderem Maße auch für unsere Landwirtschaft. Niemand weiß bei der Aussaat, ob das Jahr extrem heiß, stürmisch, nass, trocken oder kalt wird. Dies erfordert grundlegende Bewirtschaftungsanpassungen zur Risikobegrenzung. Weiter zu wirtschaften wie bisherist keine realistische Option.
Deshalb ist jetzt notwendig, dass wir Landwirt*innen dabei unterstützen, das gesamte System der Lebensmittelproduktion robust aufzustellen für die Herausforderungen der nächsten Jahre. Bäume und Hecke auf Feld und Acker sind nicht nur eine effektive CO²-Senke in der Landwirtschaft, sondern beeinflussen auch das Kleinklima. Agroforstsysteme und Agri-Photovoltaik müssen raus aus der Nische, weil sie ein robustes Gesamtsystem mit Schatten, Erosionsschutz und Verdunstungsreduktion schaffen. Das ganze Anbausystem muss konsequent diversifiziert werden, um extremere Umwelteinflüsse ausgleichen zu können. Das bedeutet weniger Monokulturen und längere Fruchtfolgen, Mischkulturen, mehr Unter- und Zwischensaaten, kleinere Schläge und eine höhere Diversität der angebauten Feldfrüchte. Eine zentrale Rolle wird eine Wirtschaftsweise spielen, die die Humusschicht auf- statt abbaut, damit Wasser und Kohlenstoff im Boden gespeichert werden können. Neben Pflanzen und Böden brauchen auch Tiere Schutz vor den zunehmenden Hitzewellen. Dazu müssen Ställe umgebaut und mit leistungsfähigen Lüftungen oder Ventilatoren ausgerüstet werden. Außerdem müssen auch Weideflächen deutlich strukturreicher werden. Die europäische und nationale Agrarförderung muss entsprechend dieser Anforderungen konsequent neu ausgerichtet werden.
Gesunde artenreiche Mischwälder sind ein wichtiger Baustein für funktionierende Wasserhaushalte und Hochwasserschutz und verringert die Gefahr von Waldbränden. Daher richten wir die Waldbauförderung auf den naturnahen Waldumbau mit einer Vielfalt an heimischen Baumarten und bodenschonender Bewirtschaftung aus. Voraussetzung für den Aufbau klimaresilienter Wälder ist ein angepasstes flächendeckendes Management von Reh- und Rotwildbeständen, damit ausreichend Jungbäume aufwachsen können und nicht wie bislang verbissen werden.
Wir müssen unsere Infrastrukturen auf den Prüfstand stellen und an die Klimarisiken anpassen. In Karlsruhe legte die letzte Hitzewelle den ÖPNV lahm, die deutsche Bahn kämpft schon bei Normalwetterereignissen mit ihrer Betriebsfähigkeit, die Kanalisation vieler Gemeinden ist sowohl mit Dürreperioden als auch mit Starkregen überfordert, der technische Hochwasser- und Starkregenschutz gerade in Gefahrengebieten wie den Mittelgebirgslagen ist teilweise mangelhaft. Es geht um nicht weniger als ein umfassendes Modernisierungsprogramm für unsere Infrastrukturen, Städte und Dörfer. Auch die Verkehrsinfrastruktur muss angepasst werden und die anstehende Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans genutzt werden, um alle Planungen einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung zu unterziehen. Dafür müssen Mittel für die Sanierung maroder oder für Umwelteinwirkungen besonders anfälliger Infrastruktur freigemacht werden.
Klimavorsorge ist eine umfassende Herausforderung und kostet zunächst eine Menge Geld – das aber gut angelegt ist, weil es hohe Folgekosten in der Zukunft vermeidet. Mit dieser Aufgabe wollen wir die Kommunen, gerade die strukturschwachen, nicht allein lassen. Bei solchen essentiellen Fragen muss es schnell gleichwertige Verhältnisse überall in unserem Land geben. Die Klimavorsorge wirft deshalb auch erneut die Frage auf, was uns wichtig ist und welche Prioritäten wir in der Haushaltspolitik setzen – in Bund, Ländern und Kommunen. Für die notwendigen Anpassungen vor Ort wie die Umwandlung in „Schwammstädte“ und „Schwammlandschaften“, Maßnahmen des Hochwasserschutzes oder den Umbau der Kanalisation muss Geld bereitgestellt werden. Haushaltsspielräume wollen wir insbesondere durch den stetigen Abbau umweltschädlicher Subventionen und Steuerfehlanreize schaffen.
Natürlicher Klimaschutz ist die beste Klimavorsorge
Die Klimakrise und das Artensterben sind zwei Krisen, die eng miteinander verbunden sind. Abgestorbene Bäume speichern kein CO2 mehr. Trockengelegte Moore sind für einen erheblichen Teil der bundesweiten CO2-Emissionen verantwortlich, dabei können gesunde Moorböden Treibhausgase speichern! Mit technischen Lösungen allein werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen, wir brauchen deshalb gesunde Ökosysteme als unsere natürlichen Verbündeten. Um diesen verzahnten Krisen wirksam entgegenzuwirken, müssen Natur- und Klimaschutz zusammengedacht werden. Zentral hierfür sind der Erhalt, die Stärkung, die Renaturierung sowie die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme. Diese dienen als Lebensräume für eine Vielzahl an (bedrohten) Arten. Gleichzeitig tragen sie als natürliche Kohlenstoffspeicher und -senken zur Minderung des Treibhauseffekts bei. Zugleich sind sie ein Garant für Klimavorsorge: Vielfältige und naturnahe Ökosysteme sind resilienter. Sie können sich besser an den Klimawandel anpassen und sorgen insbesondere durch ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern und zu regulieren auch dafür, dass Extremwetterereignisse, Starkregen und Dürreperioden abgefedert werden.
Das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ ist ein Herzstück der grünen Umwelt- und Klimapolitik in dieser Bundesregierung. Das Programm vereint Klimaschutz mit Biodiversitätsschutz und macht unsere Ökosysteme fit für die Folgen der Klimakatastrophe. Es fördert den Schutz intakter Moore und die Wiedervernässung von Moorböden, lebendige Flüsse, Seen und Auen, Meere und Küsten, Wildnis und Schutzgebiete, naturnahe Waldökosysteme, Böden als Kohlenstoffspeicher und den Natürlichen Klimaschutz auf Siedlungs- und Verkehrsflächen. Damit spielt das Aktionsprogramm eine herausgehobene Rolle bei der Frage, wie wir den sich gegenseitig verstärkenden ökologischen und klimatischen Krisen unserer Zeit etwas in den Weg stellen. Für den Natürlichen Klimaschutz stellen wir in der Bundesregierung bis 2026 vier Milliarden Euro bereit, mit denen konkrete Projekte vor Ort gefördert und notwendige Personalstrukturen geschaffen werden. Nun kommt es auf uns alle an, Kommunen, Landbesitzer*innen und andere Akteur*innen vor Ort über Fördermöglichkeiten zu informieren und zu gewinnen, damit diese Mittel auch abgerufen werden und die guten Ideen einen Beitrag zur Eindämmung der Biodiversitäts- und Klimakrise leisten können.