Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | David Baltzer (KV Berlin-Kreisfrei) und 36 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 38%) |
Status: | Antragsteller*innen sammeln (Berechtigung: Grünes-Netz-Nutzer*innen) |
Angelegt: | 01.10.2024, 16:00 |
Für eine besonnene Rüstungspolitik in Deutschland, der EU und der Nato - sowie für eine nachhaltig friedensfähige Gesellschaft
Antragstext
Seit der Annexion der Krim 2014 durch und dem Überfall Russlands auf die Ukraine
2022 hat sich die hiesige friedenspolitische Lage einschneidend geändert. Neben
dem durch nichts zu rechtfertigenden völkerrechts-widrigen Krieg Russlands gegen
die Ukraine baut die russische Administration ihre Fähigkeiten westliche
Gesellschaften zu destabilisieren, immer weiter aus. Die daraus erwachsene
Bedrohung prägt die friedenspolitische Debatte in Deutschland zunehmend. Sie
wird uA von der Annahme geprägt, dass, wenn es Russland bei einem
Friedensschluss gelingt, die Annexion der eroberten Gebiete aufrechtzuerhalten,
es weiter aggressiv Grenzen missachten und am Ende die Nato substantiell
angreifen wird. Es sei in sieben Jahren so weit aufgerüstet, dass es Europa in
einen grossen Krieg verwickeln könnte. Hieraus würde sich zwingend ergeben, dass
wir rüstungstechnisch mithalten, bzw die russische Rüstung übertrumpfen müssten,
unsere Gesellschaft ‚kriegstauglich‘ werden sollte. Dies ist ein Narrativ, dass
einen Interessenausgleich zwischen Russland und der EU und Ukraine durch
Diplomatie und langfristig Abrüstungsverhandlungen ausser Acht lässt und
widerspricht unseren Grundsätzen grüner Friedens- und Sicherheits-politik. Laut
einem Artikel der IPG (Friedrich Ebert Stiftung) übersteigen die
Rüstungsausgaben der Nato inklusive der USA ( 2024: 1160 Milliarden US Dollar)
die Russlands deutlich (2024 109 Milliarden US Dollar) - „Allein Frankreich
(53,6 Milliarden US-Dollar) und Deutschland (55,8 Milliarden US-Dollar) haben
2022 insgesamt so viel ausgegeben, wie Russland jetzt plant.“ https://www.ipg-
journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/die-maer-vom-nato-
defizit-7444/. Um einen Angriffskrieg erfolgreich zu führen braucht die
angreifende Armee eine deutliche Übermacht gegenüber der der Angegriffenen.
Daraus folgt, dass, selbst wenn die Nato Russland militärisch unterlegen wäre,
dies nicht bedeutet, dass Russland das Risiko eingehen würde, uns anzugreifen.
Die kommenden Jahrzehnte stellen die gesamte Weltgemeinschaft vor enorme
Aufgaben: die Folgen des Klimawandels einzudämmen und seine Ursachen zu beheben.
Wir können uns einen zweiten kalten Krieg mit Russland auch deshalb nicht
leisten. Rüstung, Manöver und Krieg sind Treiber der Klimakatastrophe. Das
heisst in Bezug auf die Fähigkeiten der Bundeswehr, der EU und Nato, dass mit
Augenmass und Besonnenheit zu handeln ist. Maxime allen unseres Handelns ist,
militärische Konfrontationen zu vermeiden, ihr Entstehen zu erkennen und
dauerhaft auf nicht militärischen Konfliktlösungen zu bauen. Rüstungsausgaben
sind besonnen zu planen und auf das nötigste zu begrenzen. Ziel ist es an einem
Übergang weg von Abschreckung hin zu einer Friedenslösung der EU mit Russland zu
arbeiten. Deshalb halten wir es für notwendig:
- die Ausgaben für Armeen und Rüstung zu begrenzen, nationale Doppelkapazitäten
nachhaltig abbauen
- Rüstungsmassnahme streng an einer tiefgreifenden Bedrohungsanalyse zu koppeln
und dies regelmässig zu evaluieren
- Fähigkeiten bündeln und ggf in der EU zusammenziehen, bei gleich-zeitigem
Rückbau der nationalen Armeen
- aus der Position der Stärke heraus (die militärische Überlegenheit des
westlichen Bündnisses nutzen) Russland in einen Abrüstungswettlauf zu verwickeln
- zu prüfen, ob strategisch wichtige Rüstungsindustrie verstaatlicht werden kann
(das würde die Anfälligkeit dieses Bereiches für Korruption, mangelnde
Endverbrauchskontrolle, den Abbau von Übergewinnen ermöglichen, bzw
vereinfachen. Die Kontrolle über strategisch wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten
blieben in Staatshand). Schlüsselindustrie in Staatshand ermöglich auch, wenn
sich Abrüstungsinitiativen verwirk-lichen, dass Beschaffungsmassnahmen
rechtssicher gestoppt werden können.
- die Resillienz der Gesellschaft und der Infrastruktur innerhalb von
Deutschland und der EU zu stärken, wie auch die militärische Abhängigkeit von
den USA zu vermindern
- keine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Langfristig ist auf eine resilliente
Gesellschaft hinzuarbeiten im Geiste von 'sozialer Verteidigung'. Diese würde
uns nicht nur nichtmilitärische Wehrhaftigkeit ermöglichen sondern gleichzeitig,
weil das die Bedingung dieser sozialen Infrastruktur ist, befähigen die
Interessengegensätze in unserer Gesellschaft konstruktiv zu bewältigen,
demokratiefähig zu bleiben und die anwachsende Autoritätssehnsucht grösserer
Bevölkerungsgruppen einzudämmen
- militärische Kapazitäten an die UNO abzugeben, die UN und die OSZE zu stärken
- Fähigkeiten von der BW auf den Katastrophenschutz übertragen
Begründung
Die von uns miterfundene „Zivile Krisenprävention“ wie auch weitere Grundsätze von Bündnis 90 / Die Grünen befähigen und ermahnen uns sich nicht militärischer Logik zu unterwerfen. Wir glauben, dass entfesselte Rüstung, Militarisierung, die 'Kriegstauglichkeit'autoritäre Strukturen ermöglichen und festigen. Dauerhafterinnergesellschaftlicher Frieden braucht Konfliktfähigkeit nach innen und aussen,Teilhabe aller an den materiellen wie ideellen Ressourcen sowie den Ausgleichmit den Gesellschaften des globalen Südens. Rüstung, zumal wenn wir bereitsüberrüstet sind, macht die Welt ärmer erhöht durch die blosse Fähigkeit das Risiko kriegerischer Ausseinandersetzungen. Eine demokratische, solidairsche, gerechte Gesellschaft ist resellient. Sie ist auch eine 'Abschreckungsmassnahme', sie lässt sich nicht ohne weiteres besetzen. Die finanziellen Ausgaben, die Aufrüstung und Abschreckung binden erhöhen die Gefahr deutlich, eine sich bereits in Spaltung befindende Gesellschaft weiter zu destabilisieren. Ein nachhaltiger Rechtsruck gibt den folgenden Regierungen dann auch militärische / polizeiliche Mittel in die Hand, die nach innen und aussen zu Untedrückung und Angriffskriegen führen können.
weitere Antragsteller*innen
- Peter Meiwald (KV Ammerland)
- Kathrin Weber (KV Bielefeld)
- Zohra Mojadeddi (KV Hamburg-Wandsbek)
- Andreas Kleist (KV Coburg-Land)
- Angelika Aigner (KV Traunstein)
- Ruth Birkle (KV Karlsruhe-Land)
- Jelena Gregorius (KV Berlin-Mitte)
- Renate Steinhoff (KV Hannover)
- Anna Katharina Boertz (KV Celle)
- Andreas Knoblauch (KV Salzgitter)
- Sigrid Pomaska-Brand (KV Märkischer Kreis)
- Reinhard Prüllage (KV Grafschaft Bentheim)
- Uta Lentföhr-Rathjen (KV Neumünster)
- Sylvia Holste-Hagen (KV Diepholz)
- Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
- Matthias Striebich (KV Forchheim)
- Martin Forberg (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Frank Schellenberger (KV Odenwald)
- Martin Pilgram (KV Starnberg)
- Gabriele Fürstenberg (OV Köln-Innenstadt/Deutz)
- Hans Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Roland Appel (KV Bonn)
- Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
- Joachim Schäfer (KV Frankfurt)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Berti Furtner-Loleit (KV München)
- Birgit Heilmann (KV Harburg-Land)
- Gregor Kaiser (KV Olpe)
- Jens Evers (KV Hamburg-Wandsbek)
- Uwe Andretta (KV Bernkastel-Wittlich)
- Wolf-Christian Bleek (KV Starnberg)
- Michael Mirbach (KV Grafschaft Bentheim)
- Reinhard Bayer (KV Gießen)
- Gerd Klausen (KV Berlin-Pankow)
- Gabriele Raasch (KV Ludwigslust-Parchim)