| Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | D Dringlichkeitsanträge |
| Antragsteller*in: | Willi Junga (KV Berlin-Treptow/Köpenick) und 93 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 39%) |
| Status: | Eingereicht (geprüft, unveröffentlicht) |
| Angelegt: | 01.11.2024, 11:52 |
Dringlichkeitsantrag: Geschlossen den Koalitionsvetrag erfüllen - Bürger*innenrechte stärken
Antragstext
Die Mitglieder der GRÜNEN Bundestagsfraktion und Mitglieder der Länderparlamente
sowie GRÜNEN Regierungsmitglieder in Bund und Ländern werden aufgefordert, im
Bundeskabinett, Bundestag, Bundesrat, Vermittlungsausschuss, den
Länderparlamenten und -Regierungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten, den
Verschärfungen im Bereich der Überwachung und Asylgesetzgebung zu widersprechen
und entsprechende Gesetzesvorhaben zu verhindern.
Begründung der Dringlichkeit
Die Befassung mit dem Gesetzespaket und die eigentliche Abstimmung erfolgten mit dem 18.10.2024 erst nach Antragsschluss. Durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat ist auch eine erneute Befassung vor der nächsten BDK zu erwarten.
Begründung
Mit der Abstimmung zum Gesetzes-Paket ("Verbesserung der Terrorismusbekämpfung" und "Verbesserung der inneren Sicherheit") am 18.10.2024 im deutschen Bundestag wurden eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die gegen das GRÜNEN Grundsatzprogramm, gegen das Wahlprogramm der aktuellen Legislaturperiode stehen und auch direkt dem Koalitionsvertrag widersprechen, dem die GRÜNEN Mitglieder* mehrheitlich zugestimmt haben.
Es ist durchaus verständlich, dass wir in einer Koalition nicht alle GRÜNEN Werte und Programmatiken umsetzen können und den Koalitionspartnern in schmerzhaften Punkten entgegen kommen müssen, um an anderen Stellen wichtige gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Aber genau dafür gibt es einen Koalitionsvertrag, in dem man die ggf. gegensätzlichen Positionen zu Kompromissen zusammen fasst und so ein gemeinsames Handeln der Regierung ermöglicht.
Der Umgang mit solch einem Koalitionsvertrag muss sich lediglich den Umständen anpassen. So ist es völlig klar, dass mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den daraus folgenden Implikationen für die Energieversorgung in Deutschland auch unpopuläre Maßnahmen getroffen werden mussten, die nicht vom Koalitionsvertrag abgedeckt sind.
Notwendige Flexibilität ist aber kein Freibrief für rein koalitionstaktisch begründete Abweichungen. Denn an dem notwendigen Umgang mit terroristischen Gefährdungen hat sich auch durch eine höhere Gefährdungssituation nichts geändert. Ziel von terroristischen Anschlägen ist die Spaltung der Gesellschaft und Verbreitung von Angst und Schrecken. Wenn wir genau aus dieser Angst heraus Grundrechte für alle beschneiden, den Schutz derjenigen in Teilen aufgeben, die am meisten unter Terrorismus in ihren Heimatländern leiden und grundsätzlich die Bevölkerung unter Generalverdacht stellen, dann helfen wir den Terroristen bei der Erfüllung ihrer Ziele, anstatt sie vermeintlich zu bekämpfen.
Was sich tatsächlich geändert hat, sind der mediale Druck und der Rechtsruck in den letzten Landtagswahlen. Die Gesellschaft rückt immer weiter nach rechts und die Positionen der anderen Koalitionsparteien ändern sich stark. Darauf müssen wir selbstverständlich reagieren. Aber nicht, indem wir als Teil der Koalition den Narrativ der Rechten übernehmen und vermeintliche Sicherheit durch Generalüberwachung versprechen oder das Asylrecht verschärfen. Denn wenn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Teil des Rechtsrucks ist, werden wir Teil des Problems und sind nicht mehr Teil der Lösung. Der Geist des Koalitionsvertrages darf nicht angestastet werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen sich weiterhin als Bürgerrechtspartei.
In unserer GRÜNEN Grundsatzprogrammatik sind wir eine erklärte Grundrechtspartei. Wir vertreten noch aus der Historie der Bürgerbewegung BÜNDNIS 90 die Grundrechte der Bürger*innen gegenüber dem Staat. Deswegen können wir uns nicht erlauben, Befürworter*innen von Gesetzesvorhaben zu sein, die später vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden könnten.
Denn wir verlieren damit die zivilgesellschaftlichen Akteure und Bündnisse, deren Zusammenarbeit wir in der Erfüllung unserer Ziele benötigen, und verprellen auch Teile unserer Parteibasis und Wählerschaft, auf die wir uns trotz zuletzt schwierigen Zeiten noch immer verlassen konnten
