Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel) und 76 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 39%) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.10.2024, 00:00 |
V-63: Auf dem Weg zu einer dauerhaften Friedenslösung in Nahost: Waffenstillstand jetzt!
Antragstext
Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und die Ermordung von
mehr als 1200 Zivilist*innen sind eine Zäsur. Nichts kann das rechtfertigen,
aber genauso kann nichts die kollektive Bestrafung der palästinensischen
Zivilbevölkerung in Gaza und Westjordanland infolge der zum Teil
völkerrechtswidrigen Vorgehensweise der israelischen Regierung und Armee
rechtfertigen.
Ein zentrales Hindernis ist, dass Premierminister Netanjahu eine umfassende
Friedenspolitik verweigert, die den Bedürfnissen aller in der Region gerecht
wird. Der Angriff der Hamas und die darauffolgende militärische Antwort der
israelischen Streitkräfte erschweren den ohnehin komplexen Weg zu einer
friedlichen Lösung erheblich und laufen Gefahr, dass die Friedensbereitschaft in
beiden Gesellschaften weiter sinkt.
Die fortschreitende humanitäre Katastrophen, wie die mehr als 41.000 Todesopfer
und mehr als 110.000 Verletzte in Gaza, mehrheitlich Frauen und Kinder, die
dauernden völkerrechtswidrigen Repressionen in der Westbank und der Beginn einer
Invasion im Libanon mit der Ermordung mehrerer hochrangiger Führer der Hisbollah
wie Nasrallah, sind keine tragfähigen Ansätze zur Befriedung der Region. Viele
Beobachter*innen sind sich einig, dass die Hamas militärisch nicht zu besiegen
ist.
Die Zerstörung in Gaza ist extrem weitreichend und umfasst nahezu alle
Lebensbereiche. Wohngebiete, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, Moscheen und
Flüchtlingslager wurden durch massive Luftangriffe, Artilleriebeschuss und
gezielte Bodenoperationen, unter anderem mit Waffen und Munition aus
Deutschland, schwer beschädigt oder komplett zerstört.
Auch die Wasser- und Stromversorgung wurde durch gezielte Angriffe auf
Kraftwerke, Wasseraufbereitungsanlagen und Abwasserinfrastrukturen fast
vollständig zerstört. Zahlreiche Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen
wurden zerstört oder sind überlastet. Mehrere Gesundheitseinrichtungen sind
gezielt selbst Ziel von Angriffen geworden. Wir sehen allerdings auch die
Probleme, dass die Hamas aus der Deckung ziviler Bereiche heraus agiert.
Schätzungsweise 1,5 Millionen Palästinenser*innen sind in Gaza zu
Binnenvertriebenen geworden. Sie leben unter extrem schlechten Bedingungen in
überfüllten Notunterkünften oder improvisierten Lagern. Internationale
Hilfsorganisationen warnen vor einer katastrophalen Hungersnot und der
Verbreitung von Krankheiten.
Die israelischen Angriffe im Libanon treffen zudem Zehntausende Geflüchtete in
Libanon. Vor den Bombardierungen haben in den südlichen Regierungsbezirken etwa
87.000 Geflüchtete gelebt. Der Libanon hat, gemessen an der Bevölkerungszahl, so
viele Geflüchtete aufgenommen wie kein anderes Land der Welt. Bei rund 5,5
Millionen Einwohnern leben in dem kleinen Land rund 1,5 Millionen Syrer*innen
sowie weitere Geflüchtete aus anderen Ländern. Wegen der israelischen Angriffe
im Libanon sind hunderttausende Menschen nach UN-Angaben auf der Flucht.
Wir setzen uns in Unterstützung unserer Außenministerin für eine
Zweistaatenlösung ein, in der Israel Sicherheit und Frieden genießt und
Palästinenser*innen in einem eigenen Staat in Sicherheit, Würde und
Selbstbestimmung leben können. Wir unterstützen aber auch jede andere Lösung,
die Israel und Palästina, gegebenenfalls mit den Nachbarstaaten, finden, die
allen Beteiligten ein Leben in Frieden, Selbstbestimmung und auskömmlichen
Lebensbedingungen ermöglicht.
Laut internationalem Recht, insbesondere der Genfer Konvention und dem Römischen
Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), können Handlungen der
aktuellen israelischen Regierung, die als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit oder schwere Menschenrechtsverletzungen eingestuft werden,
Sanktionen nach sich ziehen. Diese Sanktionen könnten gegen verantwortliche
Politiker*innen verhängt werden, wenn sie direkt oder indirekt für solche
Verstöße verantwortlich gemacht werden.
Wir fordern die Aussetzung aller finanziellen Hilfen und Lieferungen von
militärischen Gütern bis die jetzige israelische Regierung ernsthaft Wege zu
nichtmilitärischen Schritten einleitet. Ausgenommen sollen Mittel und Waren
sein, die die Selbstverteidigung gegen Beschuss ermöglichen. Ebenso ausgenommen
sind Transfers, die mittelgebunden in nicht militärische Strukturen gehen.
Wir fordern die Bundestags- und Europafraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die
Parteiführung und das Auswärtige Amt auf, mit noch größerem Nachdruck nach
Friedenslösungen im Nahen Osten zu streben, um Gewalt zu beenden und Israelis
sowie Palästinenser*innen ein Leben in Würde und Selbstbestimmung zu
ermöglichen.
Unser besonderer Dank gilt Annalena Baerbock für ihren unermüdlichen Einsatz,
für ihre Solidarität mit Israel und einem souveränen Palästina. Neben dem
Drängen auf die Freilassung aller Geiseln, das Ende der terroristischen Angriffe
und die Umsetzung der VN-Resolution 1701, sollte auch verstärkt auf folgende
Ansätze hingewirkt werden:
- Beendigung israelischer Militäroperationen und signifikante Stärkung der
palästinensischen Sicherheitskräfte im Westjordanland. Dies schließt die
Übertragung größerer Verantwortlichkeiten auf die palästinensischen
Behörden ein, insbesondere bei der Bekämpfung terroristischer Elemente und
der Eindämmung von Schmuggelaktivitäten, gemäß den Osloer Abkommen
- Prüfung der völkerrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den
Sprengstoffanschlägen auf Kommunikationsinfrastrukturen, insbesondere
mögliche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Genfer
Konventionen durch die israelische Regierung in Libanon. Diese Handlungen
könnten als Angriffe auf lebenswichtige zivile Einrichtungen eingestuft
werden, was gemäß den Artikeln 48 und 52 des Zusatzprotokolls I zu den
Genfer Abkommen von 1977 verboten ist und den Schutz von Zivilpersonen und
ziviler Infrastruktur in bewaffneten Konflikten gefährdet
- Prüfung, ob die Anerkennung eines Staates Palästina den Friedensprozess
konstruktiv fördern kann. Dies könnte insbesondere als Signal an die
palästinensische Seite dienen, dass ihre Interessen anerkannt werden.
Beispiele wie die Anerkennung durch 138 UN-Mitgliedsstaaten und die
Beobachterstatusgewährung bei den UN im Jahr 2012 verdeutlichen, dass
internationale Unterstützung für einen palästinensischen Staat existiert
und zur Stärkung des Dialogs beitragen könnte. (Dazu unser grüner
Parteibeschluss:
https://wolke.netzbegruenung.de/s/5JacEQFKG2k4rrA?dir=undefined&path=%2F20-
11-11-Kiel&openfile=28918844:Verschiedenes-Jetzt-einen-Staat-Palaestina-
auf-den-Weg-bringen-Beschluss-BDK-11-2011.pdf)
Angesichts der Eskalationen seitens Israels, wie die Anschläge auf Hanija Ende
Juli und Nasrallah Ende September, den Pager-Explosionen am 17. September 2024
und den Flächenbombardierungen seit dem 23. September 2024 in Libanon,
befürchten wir jederzeit einen regionalen Krieg. Wir appellieren an alle
Konfliktparteien, militärische Zurückhaltung zu wahren, um den Spielraum für
diplomatische Bemühungen zu erhalten. Die EU-Sanktionen gegen Akteure aller
Konfliktparteien, insbesondere gegen radikale Minister der aktuellen
israelischen Regierung, begrüßen wir. Zudem halten wir die Zurückhaltung der
deutschen Regierung bezüglich der Verfahren des Internationalen Gerichtshofs für
notwendig. Wir verweisen diesbezüglich auf die Beschlüsse der BDK vom 23.11.23
und den beiden der BAG Frieden Internationales vom 24.2.24 und 22.9.24.
Begründung
Folgt mündlich