Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Landesvorstand Bündnis 90 / Die Grünen - Landesverband Bremen (dort beschlossen am: 04.10.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.10.2024, 11:48 |
V-96: Grüne Regierungsbeteiligung nur mit klaren Grünen Linien. Sonst soll Basis gefragt werden.
Antragstext
Kompromisse gehören zum Regieren dazu - das muss man unter Grünen niemandem mehr
erklären. Aber wenn wir jahrelang Abwehrkämpfe führen, die Debatten trotzdem
immer weiter verrückt werden und dabei die eigenen Grundwerte und der Anspruch,
mit dem wir als Grüne politisch angetreten sind, grundsätzlich unter die Räder
geraten, hat unsere Kompromissbereitschaft auch Grenzen.
Wir wollen für grüne Regierungsbeteiligung konkrete “grüne Linien” für
Koalitionen im Bund ziehen. Wenn selbst die nicht erkennbar gehalten werden
können, sollte es eine Urabstimmung der Basis über den Verbleib in der Koalition
geben. Das heißt selbstverständlich nicht, dass wir erst dort anfangen für
unsere Werte und Projekte zu kämpfen oder uns bis auf diesen Mindeststandards
runterhandeln lassen, sondern dass es eine Reißlinie gibt, ab der die
Entscheidung über den weiteren Verbleib in der Koalition ein Votum der Basis
voraussetzt.
Nicht, weil wir dogmatisch an irgendeiner “Reine Lehre” klammern, sondern weil
es uns als progressive, sozial-ökologische Partei um die konkreten Auswirkungen
auf die von dieser Politik betroffenen Menschen geht:
DNA grüner Politik ist es, dass “Grün schützt!”
Grün schützt die Demokratie und Menschen vor rechter Gewalt!
Grün schützt die Umwelt und unsere Lebensgrundlagen!
Grün schützt Vielfalt, FLINTA und queere Menschen!
Grün schützt das Klima und dein Zuhause!
Grün schützt die Menschenrechte und das Grundrecht auf Asyl!
Grün schützt Arbeitnehmer*innen und Sozialstaat!
(…)
In der aktuellen Lage werden wir in vielen Feldern auf eine Politik des
kleineren Übels und der kleinen Schritte und Abwehrkämpfe zurückgedrängt, die
sicher noch schlimmeres verhindert.
Der Versuch, hier sowohl ein Programm mit zu stützen, das gegen urgrüne Werte
geht, wie wir sie im Grundsatzprogramm festgehalten haben UND GLEICHZEITIG
gerade für diese Werte für andere Mehrheitsverhältnisse zu kämpfen, ist nicht
mehr darstellbar und bei den letzten Wahlen klar gescheitert. Auch, weil es uns
immer schwerer fällt, klar darzustellen, wofür wir als Grüne stehen und kämpfen.
Hier braucht es erkennbare grüne Linien und auch die Konsequenz, dazu zu stehen
im Zweifelsfall auch aus der Opposition heraus.
Eine (!) dieser “grünen Linien” muss für uns Grüne sein, dass wir die
ökologische Transformation sozial gerecht gestalten. Und nicht dafür sorgen,
dass Menschen mit weniger Geld, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen
haben und am meisten unter den Folgen der Klimakrise zu leiden haben, jetzt auch
noch die Kosten tragen sollen:
Ökologische Transformation: Sozial gerecht!
Für grüne Politik, die die Mehrheit der Bevölkerung spürbar entlastet
Eine Abwälzung der Transformationskosten und -risiken auf niedrige und mittlere
Einkommensschichten darf es mit Grün nicht geben!
Deshalb erwarten wir die folgenden drei Punkte von unserer Regierung und einen
verlässlichen Fahrplan bis Ende des 1. Quartals 2025.
1) Klimageld: Entlastung von Privatpersonen von steigenden CO2-Preisen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, müssen jetzt so schnell wie möglich die
rechtlichen und technischen Voraussetzungen zur Auszahlung eines
einkommensabhängigen Klimageldes (das niedrige und mittlere Einkommen besonders
entlastet) in Form von Direktzahlungen an Privatpersonen geschaffen werden.
Die Bundesregierung muss mit grüner Beteiligung noch im Jahr 2025 mit der
Auszahlung eines Klimagelds beginnen, das Private von den Kostensteigerungen
aufgrund steigender CO2-Preise bei Energie und Treibstoffen entlastet.
So wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich
im System statt.
Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet.
2) Arbeitende entlasten - Vermögende in die Verantwortung nehmen
Wir brauchen dringend mehr Investitionen in Klimaschutz, in öffentliche
Infrastruktur,
Digitalisierung und Bildung. Aber dass dabei die größte Last bei Steuern und
Sozialabgaben aktuell die normalen Arbeitseinkommen tragen, während
Kapitaleinkommen bessergestellt werden, ist nicht gerecht!
Wenn wir Mehreinnahmen brauchen, dann nicht auf Kosten von Arbeiter*innen und
Normalverdiener*innen. Hier braucht es noch 2025 eine spürbare Entlastung. Dafür
sollen Superreiche und Kapitalerträge stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens
herangezogen werden. Etwa durch die Streichung der Abgeltungssteuer, so dass
Kapitalerträge wieder gemeinsam mit dem Erwerbseinkommen progressiv besteuert
werden, damit starke Schultern auch mehr tragen.
3) Gute Arbeit: Tariftreue
Wir investieren auch mit Milliarden an Steuermitteln massiv in Infrastruktur-
und Transformationsaufgaben wie den Ausbau von Schienen und die Sanierung von
Straßen und Brücken.
Von öffentlichen Geldern dürfen keine Dumpinglohn-Geschäfte unterstützt werden.
Es ist Kernbestandteil grüner Politik dafür zu kämpfen, dass hier gute
Arbeitsbedingungen, guter Lohn und Transformation zusammengehen! Deshalb kämpfen
wir für mehr Tarifbindung, die mehr Lohn, mehr Sicherheit, mehr Freizeit und
Mitbestimmung für Beschäftigte bringt. Und gehen als großer Auftraggeber voran,
wie wir es bereits im Koalitionsvertrag geeint hatten: Keine öffentlichen Mittel
mehr für Unternehmen, die sich nicht an die in der Branche üblichen
Tarifbedingungen halten!
Die Zustimmung der ganzen Bundesregierung zum Bundestariftreuegesetz bis Anfang
2025 machen wir zur Voraussetzung für eine weitere Regierungsbeteiligung.
4) Umweltschutz ist Gesundheitsschutz
Sozial-ökologisch bedeutet auch: Unsere Umwelt schützen – und damit unsere
Gesundheit. Umweltpolitik, die unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt und
allen, unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt Leben, wie viel
Geld ihnen zur Verfügung steht und wo ihre Wohnung liegt, ein gesundes Leben
statt Belastung durch Feinstaub und Schadstoffe wie Pestizide ermöglicht, muss
stärker im Vordergrund Grüner Politik geschehen.
Begründung
[erfolgt mündlich]