Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg) und 53 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 44%) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.10.2024, 10:25 |
V-79: Internationale Zusammenarbeit und erneuerbare Energie statt Fracking-Gas: Rückbau des LNG-Terminals in Mukran auf Rügen
Antragstext
Das Flüssigerdgasterminal Mukran auf der Insel Rügen soll schnellstmöglich
rückgebaut werden, und die Bundesregierung soll alle Importe von aus Fracking
gewonnenem LNG verbieten.
Die Flüssiggasterminal Mukran auf der Insel Rügen führt zu ungenutzter
Überkapazität an Erdgas in Deutschland, hat negative Auswirkungen auf die
Ökosysteme auf der Insel Rügen und stellt die europäische Gasinfrastruktur
infrage.
Laut NABU ist LNG „nur eine Scheinlösung“ (https://www.nabu.de/umwelt-und-
ressourcen/energie/fossile-energien/erdgas/32698.html) und führt zu neuen
fossilen Abhängigkeiten in der Klimakatastrophe. Diese teure Investition
verliert ihren Wert, weil die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen stark
zurückgeht; gleichzeitig brauchen wir dringende Investitionen in Biogas,
erneuerbaren Energien und neuen Technologien.
Die Auswirkungen auf den globalen Klimawandel sind katastrophal. Die LNG-
Terminals importieren LNG aus den USA mit hohem Fracking-Anteil, das sechs mal
klimaschädlicher ist als Pipeline-Gas aus Norwegen. Fracking-Chemikalien
zerstören beim Fracking das Trinkwasser und vergiften die Ökosysteme. Viel
Energie wird bei der Verflüssigung und bei der Regasifizierung ver(sch)wendet.
Die Lieferung von LNG per Schiff verursacht große CO₂-Emissionen.
Nicht zuletzt zerstört dieses LNG-Terminal das Ökosystem auf der Insel Rügen,
schwächt den lokalen Tourismus und schwächt dadurch eine wichtige Einnahmequelle
für die Region und damit eine Quelle für Steuereinnahmen.
Begründung
Überkapazität der bestehenden LNG-Terminals in Deutschland
Vor der Energiekrise, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst wurde, hat Deutschland keine nennenswerten eigenen LNG-Terminals betrieben, da das Land stark von russischem Pipelinegas abhängig war. In der Folge entschied sich die Bundesregierung jedoch, rasch in den Ausbau der LNG-Infrastruktur zu investieren, um die Gasversorgung zu diversifizieren und die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.
Bis 2023 nahmen mehrere LNG-Terminals in Deutschland ihren Betrieb auf, darunter die Standorte Wilhelmshaven (2 Terminals), Brunsbüttel und Stade1. Nach Angaben des BMWK hat die Gesamtkapazität dieser Terminals den prognostizierten jährlichen Gasbedarf Deutschlands überstiegen, der schon aufgrund der milden Winter rückläufig war.Darüber hinaushat die deutsche Regierung weitreichende Maßnahmen zur Reduktion des Gasverbrauchs ergriffen. Dazu gehören die verstärkte Förderung von Energieeffizienz, der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien sowie Anreize zur Nutzung alternativer Energieträger in der Industrie und im Haushaltssektor.
Bereits vor dem Bau des Flüssigerdgasterminals auf Rügen bestand also eine Überkapazität der in Deutschland geplanten und im Bau befindlichen funktionsfähigen LNG-Terminals. Das Terminal auf Rügen ist in diesem Kontext ein weiteres Projekt, das kaum zusätzlichen Nutzen bringen würde, sondern nur zu weiteren ungenutzten Überkapazitäten führt.
Langfristige Klimaziele und Abkehr von fossilen Energieträgern
Deutschland hat sich im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen deutlich zu senken und bis 2045 klimaneutral zu werden. Die LNG-Infrastruktur basiert auf dem Import von verflüssigtem Erdgas, das meist durch Fracking in Ländern wie den USA oder Katar2 gefördert wird. Erdgas gilt zwar als „Brückentechnologie“, da es bei der Verbrennung weniger CO₂ ausstößt als Kohle oder Öl, ist jedoch dennoch ein fossiler Brennstoff. Der Ausbau von LNG-Terminals und damit verbundenen Infrastrukturprojekten wird die fossile Abhängigkeit Deutschlands weiter festigen. Das steht im Widerspruch zu den Dekarbonisierungszielen, die für die Erreichung der Pariser Klimaziele unerlässlich sind.
Die Investition in fossile Infrastrukturen kann außerdem zu einem „Lock-in“-Effekt führen. Das bedeutet, dass die Nutzung solcher Technologien auf Jahrzehnte hinaus festgeschrieben wird, weil sie aufgrund hoher Baukosten langfristig genutzt werden müssen, um ökonomisch rentabel zu bleiben. Dies birgt das Risiko, dass Deutschland nicht rechtzeitig auf erneuerbare Energien umsteigen kann, um seine Klimaziele zu erreichen.
Der Fokus auf den Ausbau von LNG-Infrastruktur könnte die Dringlichkeit der Energiewende in Deutschland abschwächen. Während kurzfristige Versorgungssicherheit wichtig ist, müssen gleichzeitig massive Investitionen in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie sowie in Speichertechnologien und eine flexiblere Strominfrastruktur erfolgen. Indem Ressourcen in den Ausbau von LNG fließen, wird weniger in die Entwicklung nachhaltiger Energielösungen investiert, die langfristig die fossile Abhängigkeit beenden könnten. Angesichts der Dringlichkeit des Klimaschutzes kann dies als ineffektive Prioritätensetzung angesehen werden.
Neue LNG-Terminals wie auf Rügen könnten in Zukunft zu sogenannten „Stranded Assets“ werden, also Investitionen, die ihre wirtschaftliche Relevanz verlieren, weil der Bedarf an Gas nicht mehr vorhanden ist. Professorin Claudia Kemfert ist der festen Überzeugung: „Denn wenn es uns wie geplant und gewollt gelingt, unseren Gasverbrauch zu reduzieren, kann es passieren, dass die Terminals als Stranded Assets enden und wir den Betreibern für die nächsten 15 bis 20 Jahre eine Entschädigung wegen entgangener Gewinne zahlen müssen. Die Terminals sind zum Fenster herausgeschmissenes Staatsgeld.“3
Alternative Importquellen und europäische Gasinfrastruktur
Deutschland ist bereits durch ein engmaschiges Pipeline-Netzwerk mit anderen europäischen Ländern verbunden, die über eigene LNG-Kapazitäten verfügen. So kann Deutschland beispielsweise LNG über Terminals in den Niederlanden (Rotterdam), Belgien (Zeebrügge) und Frankreich beziehen. Bereits 2018 gab es 28 große und 8 kleinere LNG-Terminals in Europa (inklusive Norwegens und der Türkei).4
Diese grenzüberschreitenden Gasimportkapazitäten bieten Deutschland eine zusätzliche Absicherung, falls es zu Engpässen bei den inländischen LNG-Terminals kommt. Laut BMWK haben diese europäischen Importstrukturen bereits im Jahr 2022 eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Ausfall russischer Gaslieferungen zu kompensieren. Dank der Zusammenarbeit mit europäischen Nachbarn und der besseren Nutzung vorhandener Pipelines konnte Deutschland seinen Gasbedarf decken, ohne auf weitere LNG-Terminals angewiesen zu sein. Außerdem sind die bestehenden Gasspeicher5 Stand 10.9.2024 zu 95,71% gefüllt und liegt um 1,66 Prozentpunkte über dem Vorjahresniveau und ca. 13% über dem langjährigen Durchschnitt von 2015 bis 2021.6
Kosten-Nutzen-Verhältnis und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit
Der Bau des LNG-Terminals Mukran ist mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden. Die direkten Baukosten für das Terminal belaufen sich nach verschiedenen Schätzungen auf mehrere Hundert Millionen Euro. Dies umfasst die Kosten für die Infrastruktur vor Ort, einschließlich des Hafens, der Lager- und Verarbeitungsanlagen, der Pipelines und der Anbindung an das deutsche Gasnetz. Die genaue Zahl schwankt je nach Quelle in einem Bereich von 500 bis 800 Millionen Euro. Diese Summe beinhaltet jedoch nicht nur die Baukosten, sondern auch langfristige Kosten für Betrieb, Instandhaltung und eventuelle Erweiterungen. Zudem können zusätzliche Kosten durch notwendige Umweltmaßnahmen oder potenzielle Unfälle und Störfälle entstehen.
Ein wesentlicher Teil der Finanzierung für das LNG-Terminal stammt aus öffentlichen Mitteln, da die Bundesregierung nach Beginn der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine massive Subventionen für den Bau von LNG-Infrastruktur bereitgestellt hatte, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Ein Großteil der Kosten geschieht durch direkte Zuschüsse, aber auch durch steuerliche Anreize und staatlich abgesicherte Kredite.
Es stellt sich aber die Frage, ob diese Investition in das LNG-Terminal sinnvoll sind und nicht besser für den Ausbau nachhaltiger Energien genutzt werden könnten. Die langfristigen Klimaziele Deutschlands, die bis 2045 Klimaneutralität anstreben, implizieren einen deutlichen Rückgang des Erdgasverbrauchs. Mit dem zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energien und der Elektrifizierung von Industrie und Verkehr wird die Abhängigkeit vom derzeit sehr billigen Erdgas7 voraussichtlich stark sinken. Dies wirft die Frage auf, ob die heute getätigten Investitionen in fossile Infrastruktur in wenigen Jahrzehnten überhaupt noch relevant sein werden. Jede Investition in fossile Energie bindet finanzielle Mittel, die nicht für die Förderung erneuerbarer Energien genutzt werden können. Angesichts der klaren Priorität der Energiewende wird es zunehmend fraglich, ob es sinnvoll war, in fossile Projekte zu investieren, die nur eine begrenzte Lebensdauer haben.
Lokaler Widerstand und Umweltbedenken
Zusätzlich zu den wirtschaftlichen und energiepolitischen Bedenken gibt es auch auf lokaler Ebene erheblichen Widerstand gegen den Bau des LNG-Terminals in Mukran. Die Insel Rügen und die angrenzenden Küstengebiete sind bekannt für ihre empfindlichen Ökosysteme und Naturschutzgebiete, die gefährdet sind. Die Region rund um die Insel ist Heimat zahlreicher seltener und geschützter Tier- und Pflanzenarten. Besonders betroffen wären Meeresbewohner wie Fische, Seevögel und marine Säugetiere, die in den küstennahen Gewässern leben und brüten.
Die umfangreichen infrastrukturellen Maßnahmen, darunter der Bau von Hafenanlagen, Piers, Lagertanks und der Ausbau von Schifffahrtsrouten für die LNG-Tanker führen durch Lärm, Wassertrübung und physische Störungen zu erheblichen Belastungen der Meeresfauna. Besonders problematisch ist die Beeinträchtigung des Laich- und Lebensraums von Fischen, da die Baustellen in küstennahen Gewässern den natürlichen Fortpflanzungszyklus der Meeresbewohner stören. Hier hat die Deutsche Umwelthilfe, die gemeinsam mit anderen Umweltschutzorganisationen8 gegen das Terminal kämpft, zwischenzeitlich einen kleinen Erfolg erreicht: Das Bundesverwaltungsgericht ist Anfang des Jahres einem Antrag der DUH gefolgt und hat die Bauarbeiten im Greifswalder Bodden für den Zeitraum von Januar bis Mai wegen Laichzeit des Herings sowie Vogelrastzeit gestoppt.9
Der erhebliche Anstieg des Schiffsverkehrs in der Ostsee birgt verschiedene Risiken für die Umwelt. Marine Säugetiere wie Schweinswale oder Seehunde sind besonders anfällig für Kollisionen mit großen Schiffen. Das führt Risiko zu schweren Verletzungen oder zum Tod von Tieren. Der Unterwasserlärm, der durch große Schiffe erzeugt wird, stört die Orientierung und Kommunikation vieler Meeresbewohner. Besonders Wale und Delfine, die auf Schall zur Orientierung und Jagd angewiesen sind, wird stark beeinträchtigt. Mit dem erhöhten Schiffsverkehr steigt auch der Ausstoß von Abgasen und der Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt, was zu einer Verschlechterung der Luft- und Wasserqualität in der Region führt.
Bei der Lagerung und beim Transport von LNG bei extrem niedrigen Temperaturen (-162 °C) besteht immer ein gewisses Risiko von Lecks und Unfällen. Die Kälte des austretenden Gases und die chemischen Bestandteile des Erdgases schädigen die Tierwelt im unmittelbaren Umfeld des Lecks. Außerdem besteht bei einem Unfall oder Leck das Risiko einer Explosion, was nicht nur für die Menschen in der Nähe, sondern auch für die Umwelt katastrophale Folgen haben könnte.
Teile der Insel Rügen und der Küstenregion sind als Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Dazu gehören unter anderem das Nationalparkgebiet Vorpommersche Boddenlandschaft und das UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen, die international als bedeutende Schutzgebiete anerkannt sind. Das großflächige LNG-Terminal in unmittelbarer Nähe solcher Gebiete beeinträchtigen nicht nur die empfindliche Natur, sondern auch das Landschaftsbild erheblich. Die visuelle Verschandelung der Küstenlandschaft durch industrielle Anlagen beeinflusst den Charakter der Insel als Tourismusziel negativ. Rügen lebt in hohem Maße vom Naturtourismus, und jede Schädigung des Landschaftsbildes stellt den wirtschaftlichen Nutzen des Projekts in Frage, da ein Rückgang der Besucherzahlen zu befürchten wäre. Der Betrieb des LNG-Terminals und der Schiffsverkehr produzieren Gasemissionen verschiedener Schadstoffe und schädigen sowohl die Luft- als auch die Wasserqualität in der Region.
Bedrohung für Natur und Tourismus
Die Insel Rügen zeichnet sich durch ihre Vielfalt an Naturschönheiten aus. Von den berühmten Kreidefelsen des Nationalparks Jasmund bis zu den weiten Sandstränden, Wäldern und Buchten bietet Rügen eine einzigartige Kulisse, die Jahr für Jahr Millionen Touristen anzieht. Das großflächige LNG-Terminal hat jedoch das Landschaftsbild dramatisch verändert.
Für den Betrieb des Terminals waren der Bau von großen Industrieanlagen wie Hafenstrukturen, Lager- und Verarbeitungsanlagen sowie Pipelines erforderlich. Diese Anlagen sind auch visuell auffällig. Besonders kritisch wird dabei die Schaffung von Piers für die Anlandung von LNG-Tankern gesehen, da sie direkt in die Küstenlandschaft eingreifen und das bisher unberührte Bild der Natur stören.
Auch das offene Meer, das bisher von weiten Horizonten und natürlicher Ruhe geprägt war, hat sich durch die Anwesenheit großer LNG-Tanker und die dazugehörige Infrastruktur verändert. Solche industriellen Eingriffe beeinträchtigen nicht nur die Ästhetik der Region, sondern zerstören auch das Gefühl der Abgeschiedenheit und Naturnähe, das viele Touristen suchen.
Eine der Hauptsorgen ist, dass die visuelle Verschandelung der Landschaft Touristen abschreckt. Industrielle Anlagen wie ein LNG-Terminal, die mit Lärm, Schiffsverkehr und potenziellen Umweltverschmutzungen verbunden sind, passen nicht in das Bild eines Natururlaubs. Viele Gäste werden sich nach alternativen Reisezielen umsehen, die noch unberührt von industriellen Projekten sind.
Darüber hinaus wird der massive Anstieg des Schiffsverkehrs durch LNG-Tanker das Urlaubsgefühl von Ruhe und Erholung beeinträchtigen. Regelmäßig laufen große LNG-Tanker das Terminal an, was nicht nur zu einer erhöhten Lärmbelastung führt, sondern auch die maritime Idylle stört. Touristen, die für Bootsfahrten, Strandausflüge oder einfach für den Genuss der Küste kommen, könnten sich durch den starken Schiffsverkehr gestört fühlen.
Neben der visuellen Beeinträchtigung der Landschaft gibt es auch die bereits genannten ökologischen Risiken, die sich langfristig negativ auf den Tourismus auswirken könnten. Das LNG-Terminal bringt potenzielle Gefahren für die Umwelt mit sich, einschließlich der Gefahr von Gaslecks, der Einleitung von Schadstoffen ins Meer und der allgemeinen Verschlechterung der Wasser- und Luftqualität.
Eine der größten touristischen Attraktionen Rügens sind seine Strände und die Möglichkeit, Wassersportarten wie Segeln, Schwimmen und Windsurfen zu betreiben. Sollte die Wasserqualität durch den Bau des Terminals und den erhöhten Schiffsverkehr beeinträchtigt werden, könnte dies einen direkten Einfluss auf das touristische Angebot haben. Verschmutztes Wasser und mögliche Umweltkatastrophen wie Lecks oder Unfälle würden das Ansehen der Region als Naturparadies beschädigen und den Tourismus langfristig gefährden.
Rügen ist auch für sein reiches Natur- und Kulturerbe bekannt. Teile der Insel, darunter der Nationalpark Jasmund mit seinen Kreidefelsen und das UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen, stehen unter besonderem Schutz. Der Bau eines LNG-Terminals könnte diese geschützten Gebiete gefährden.
Der Verlust von natürlichem und kulturellem Erbe hätte nicht nur ökologische Konsequenzen, sondern würde auch das touristische Potenzial der Insel schmälern. Viele Reisende kommen nach Rügen, um die Natur in ihrer ursprünglichen Form zu erleben und das kulturelle Erbe der Region zu entdecken. Die Zerstörung oder Beeinträchtigung solcher Orte könnte das Interesse der Touristen an der Insel reduzieren und langfristig zu einem Rückgang der Besucherzahlen führen.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Rügen im Wettbewerb mit anderen Tourismuszielen an Attraktivität verlieren könnte. Deutschland und die angrenzenden Regionen bieten eine Vielzahl von Natur- und Küstendestinationen, die von der touristischen Entwicklung profitieren. Wenn Rügen durch den Bau des LNG-Terminals seinen Ruf als Naturparadies einbüßt, könnten Urlauber auf andere Ziele ausweichen, die weiterhin unberührte Natur und Ruhe bieten.10
Für die lokale Wirtschaft könnte dies gravierende Folgen haben. Der Tourismus ist einer der größten Wirtschaftszweige der Insel, und viele Menschen sind direkt oder indirekt von den Einnahmen durch Gäste abhängig. Ein Rückgang der Touristenzahlen würde nicht nur Hotels, Restaurants und Freizeiteinrichtungen treffen, sondern auch kleinere Betriebe und lokale Anbieter, die stark auf den Tourismus angewiesen sind. In der Folge werden auch die Steuereinnahmen zurückgehen.
Insgesamt gesehen erweist sich das Flüssigerdgasterminal in Mukran bei genauerer Betrachtung als überflüssig. Mit den bestehenden LNG-Terminals in Deutschland und Europa sowie dem sinkenden Gasverbrauch im Zuge der Energiewende und der Klimaschutzziele gibt es wenig wirtschaftliche und energiepolitische Notwendigkeit für dieses weitere Terminal. Die Investitionen hätten sinnvoller in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen sollen, um die langfristigen Klimaziele zu erreichen. Zusätzlich stellen lokale Umweltbedenken und der Widerstand der Bevölkerung einen weiteren Kritikpunkt für das Projekt dar. Vor diesem Hintergrund erscheint der Betrieb des Terminals in Mukran als überflüssig und widerspricht den langfristigen Zielen einer nachhaltigen Energieversorgung in Deutschland. Deshalb muss das Terminal schnellstmöglich rückgebaut werden.
1https://www.ndr.de/nachrichten/info/LNG-Wie-viel-Fluessigerdgas-kommt-derzeit-in-Deutschland-an,lng632.html#einspeisungterminalsimnorden, weitere Details: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Textsammlungen/Energie/gas.html?cms_artId=ec760-595-3c25-4acc-bdc4-e8bfccd76b7d. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/fluessigerdgas-lng-terminals-101.html.
2Die Lieferverträge mit Katar und den USA gehen bis zum Jahr 2041. https://www.stern.de/wirtschaft/gas-aus-katar--was-der-liefervertrag-mit-qatarenergy-bedeutet-32963208.html#der-liefervertrag-soll-ab-2026-ueber-15-jahre-also-bis-2041-laufen-brauchen-wir-dann-angesichts-der-angestrebten-energiewende-weg-von-fossilen-hin-zu-erneuerbaren-energietraegern-ueberhaupt-so-lange-gas
5Dass die deutschen Gasspeicher übervoll sind, hat indes wenig mit den LNG-Terminals zu tun. Nur zehn Prozent der Vorräte wurden über den Seeweg importiert. https://table.media/berlin/professional-briefing/das-late-night-memo-fuer-die-hauptstadt-163/
7https://www.n-tv.de/wirtschaft/Gasverbrauch-in-Deutschland-steigt-deutlich-article24621299.html: Großhandelspreise (Future M+1) am 26.10.2022 (Peak): 337,24 €/MWh, 9.9.2024: 37,53 €/MWh (seit März 2023 stetig unter 50 €/MWh).
8Der Offene Brief von Greenpeace an die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, der neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten soll, hat bereits knapp 40.000 Unterzeichner*innen gefunden. https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien
10Weitere Details finden sich in den Stellungnahmen im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages vom 3.7.2023 des Sachverständigen Kai Gardeja, Tourismusdirektor des Ostseebad Binz unter https://www.bundestag.de/resource/blob/956390/8657fa2bd79d33bd3e3e9546c5151f6e/S-tellungnahme_SV_Kai_Gardeja_Tourismusdirektor_Ostseebad_Binz-data.pdf sowie von Ronald Rambow, der als Touristiker im Ostseebad Binz tätig ist, unter https://www.bundestag.de/resource/blob/962448/31e1a4c9486d570d52b68cd5c1fdd659/P-rotokoll_72_Sitzung_oeA_LNG.pdf.