Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Harald Ebner (KV Schwäbisch Hall) und 87 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 51%) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.10.2024, 09:14 |
V-75: Keine Laufzeitverlängerung für das AKW Leibstadt (CH) unter Ausschluss von Öffentlichkeit und Umweltverträglichkeitsprüfung!
Antragstext
Am 15. April 2023 gingen die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom
Netz. Seither blieb die Versorgungssicherheit gewährleistet und seither sind
sowohl die Strompreise als auch Anteil der Öl- und Kohleverstromung gesunken,
der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung lag im ersten
Halbjahr 2024 bei 63 Prozent. Das ist eine große Erfolgsgeschichte. Bündnis
90/Die Grünen stehen zum vollzogenen Atomausstieg und setzen sich weiterhin für
ein möglichst zügiges und Verfahren zur Endlagersuche für die radioaktiven
Hinterlassenschaften der vergangenen Atom-Ära bei bestmöglicher Sicherheit und
Öffentlichkeitsbeteiligung ein.
Mit dem Abschalten der letzten Atommeiler hat sich das Risiko für atomare
Unfälle für die Bevölkerung erheblich gesenkt. Dennoch verbleiben durch den
Betrieb von Atomreaktoren in europäischen Nachbarländern weitere weitere externe
Risiken bestehen. In fast allen dieser Länder ist die AKW-Flotte stark
überaltert. Dessenungeachtet beabsichtigt die Schweiz, den 1984 ursprünglich für
40 Betriebsjahre gebauten Reaktor Leibstadt um weitere 20 Jahre im
Leistungsbetrieb zu halten ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen
und ohne eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorzunehmen. Das ist ein unhaltbarer
Zustand!
Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern das Eidgenössische Department für Umwelt, Verkehr
und Kommunikation (UVEK) der Schweiz in Bern dazu auf,
- bei der beabsichtigten Verlängerung der Laufzeit des Atomreaktors in
Leibstadt eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit grenzüberschreitender
Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen und
- die Espoo-Konvention sowie die Aarhus-Konvention vollumfänglich zu
respektieren und umzusetzen.
Begründung
Das Schweizer AKW Leibstadt steht am Rhein, nahe der Grenze zu Baden-Württemberg. Es wurde für einen Betrieb von 40 Jahren ausgelegt und ging 1984 ans Netz . Die Schweiz beabsichtigt nun, dieses AKW für weitere 20 Betriebsjahre vorzubereiten, ohne dass formal eine Laufzeitverlängerung erfolgen soll, denn eine Befristung der Genehmigung gibt es gar nicht. Grunsätzlich aber sind auch die Schweizer AKWs wie andere Anlagen lediglich auf eine Laufzeit von 40 Jahren konzipiert worden. Das zeigen auch kritische Gutachter auf Basis international anerkannter Regeln auf. Expert*innen hatten im Jahr 2021 eine beträchtliche Liste an sicherheitsrelevanten Mängeln identifiziert. Eine zusätzliche Studie belegt: von einem Unfall wäre aufgrund der vorherrschenden Windrichtung überwiegend Deutschland betroffen. Eine Beteiligung der betroffenen Bürger*innen in Deutschland und der Schweiz ist bei dieser Laufzeitverlängerung seitens dem zuständigen Eidgenössischen Department für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) trotzdem nicht vorgesehen. Eine solche Beteiligung ist aber durch die Espoo-Konvention vorgeschrieben, die auch die Schweiz unterzeichnet hat. Der zuständige Schweizer Bundesrat beruft sich darauf, dass es in der genehmigungsrechtlichen Praxis der Schweiz keine Begrenzung von Laufzeiten für AKW gibt. Daher handle es sich auch nicht um eine Laufzeitverlängerung. Dass das AKW in Leibstadt aber seine baulich vorgesehene Laufzeit überschritten hat, zeigt die geplante Investition von einer Milliarde Franken, ohne die ein weiterer Betrieb nicht möglich wäre. Es handelt sich faktisch um eine Verlängerung der ursprünglich geplanten Betriebszeit und damit eine Laufzeitverlängerung. Artikel 1 (5) der Espoo-Konvention verlangt eine Umweltverträglichkeitsprüfung samt grenzüberschreitender Öffentlichkeitsbeteiligung für „jede größere Änderung eines Projektes“ mit potenziell grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die geplante Laufzeitverlängerung des ausgedienten Grenz-AKW Leibstadt erfüllt diese Voraussetzung. Betroffene Bürger*innen müssen die Chance erhalten bei diesen Plänen mitreden zu können, denn sicher ist auch in Leibstadt nur das Risiko!
Quellen: