Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | KV Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (dort beschlossen am: 02.10.2024) |
Status: | Zurückgezogen (Neu: VR-08) |
Eingereicht: | 02.10.2024, 22:37 |
V-53: Ländliche Regionen in den Fokus bündnisgrüner Politik stellen
Antragstext
Sehr viele Menschen in Deutschland leben abseits der Städte und Ballungsgebiete.
Ihre Bedürfnisse werden zwar regelmäßig von der Politik artikuliert, jedoch ist
dafür in den vergangenen Jahren zu wenig passiert, egal ob es den Ausbau des
ÖPNV, die Daseinsvorsorge oder die soziale Teilhabe betrifft. Bündnisgrüne
Politik muss bei politischen Programmen verstärkt diese Lebensrealitäten in den
Fokus rücken, um den bereits vorhandenen (Demokratie-)Frust der Menschen
abzubauen. Dies bedeutet konkret:
1. die Lebenswirklichkeit ländlicher Regionen und ihre Unterschiede zu
städtischen Regionen anerkennen und programmatisch berücksichtigen;
2. Kampagnen zielgruppenspezifisch auf diese Bedürfnisse ausrichten;
3. organisatorisch, finanziell und personell die Orts- und Kreisverbände aus
ländlichen Regionen gezielt stärken.
Zu 1. Die Lebenswirklichkeit ländlicher Regionen und ihre Unterschiede zu
städtischen Regionen anerkennen und programmatisch berücksichtigen
Die programmatischen Angebote bündnisgrüner Politik müssen ländliche Regionen
mitdenken und realistische Angebote für die hier lebende Bevölkerung machen. So
ist bspw. ein Deutschlandticket für Menschen in Regionen, in denen das einzige
verfügbare öffentliche Verkehrsmittel der drei Mal werkstäglich verkehrende
Schulbus ist, kein sinnvolles Angebot. Ein weiteres Beispiel stellen Fragen der
grundlegenden Daseinsvorsorge, wie der Gesundheitsvorsorge, dar. So sind bspw.
notwendige Reformen der Krankenauslandschaft ohne neue Ideen und/oder Projekte
der medizinischen Versorgung, losgelöst von Sektorengrenzen, in bereits
unterversorgten – und häufig von älteren Menschen bewohnten – ländlichen
Regionen nicht sinnvoll. Der Eindruck, dass bündnisgrüne Politik alleine für ein
(groß-)städtisches Milieu gemacht wird, ist bereits vorhanden; dem gilt es,
programmatisch klar entgegen zu wirken und die Ausdifferenzierung klar
anzusprechen.
Zu 2. Kampagnen zielgruppenspezifisch auf diese Bedürfnisse ausrichten
Aktionen und Kampagnen dürfen nicht mehr nur im Vorfeld von Wahlen stattfinden,
sondern müssen die ländlichen Regionen ganzjährig im Blick haben und sich
stärker an deren ausdifferenzierteren Bedürfnissen orientieren.
Um den unterschiedlichen Bedürfnisse der Regionen gerecht zu werden, muss die
Basisarbeit unserer Partei verstärkt werden. Nur so können wir verstehen, welche
Themen die Menschen bewegen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Die Kampagnen
müssen dieses Ziel unterstützen. Gleichzeitig braucht es die Präsenz
Bündnisgrünen Spitzenpersonals auch abseits der Wahlkämpfe in der Fläche.
Zu 3. organisatorisch, finanziell und personell die Orts- und Kreisverbände aus
ländlichen Regionen gezielt stärken
Die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen zeigen sich auch
in den organisatorischen, finanziellen und personellen Möglichkeiten der Orts-
und Kreisverbände. Um die ländlichen Regionen in den Fokus bündnisgrüner Politik
zu stellen, müssen die bündnisgrünen Strukturen in diesen Regionen deutlich
gestärkt werden. Dazu schlagen wir vor, dass alle Kreisverbände mit wenig
Mitgliedern und in ländlichen Regionen finanziell in die Lage versetzt werden,
eine Kreisgeschäftsstelle zu unterhalten und bei der Anstellung von
hauptberuflichen Geschäftsführer*innen bezuschusst werden. Die Kosten dafür
werden durch die Landesverbände im solidarischen Verbund getragen und
orientieren sich an der Mitgliederstärke der Kreisverbände, wobei mehr Geld bei
weniger Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird.
Begründung
Die verlorenen Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg machen
deutlich, dass bündnisgrüne Positionen in ländlichen Regionen keine Mehrheiten
mehr finden und teilweise nicht mehr existent sind. Die unzähligen Gespräche
während dieser Wahlkämpfe zeigen, dass das bündnisgrüne Angebot für ländliche
Regionen unzureichend ist und die Lebensrealität der Menschen nicht mehr
abbildet. Diskussionen über Deutschlandticket, E-Mobilität und Wärmepumpen sind
klimaschutzrelevant, die subjektiven Probleme der Menschen liegen aber auch in
anderen Themen.
Es braucht eine fundamentale Neuausrichtung der Unterstützung ländlicher
Regionen und der Kommunikation unserer Botschaften, um die bündnisgrünen Ideen
und Visionen direkt in die Gesellschaft zu tragen. Dies gilt umso mehr, wenn
gerade kein Wahlkampf ist. Wir dürfen nicht anderen Akteuren die Erzählung über
uns Bündnisgrüne überlassen, sondern müssen die Hoheit über unser kommunikatives
Narrativ zurückgewinnen. Nur so können wir Ressentiments und offene Ablehnung
bis hin zu Hass und Gewalt gegen uns eindämmen.