Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | BAG Planen Bauen Wohnen (dort beschlossen am: 26.09.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.09.2024, 20:53 |
V-26: Mietrecht sozial gestalten – gegen Verdrängung und soziale Spaltung!
Antragstext
Mit 43 Millionen Wohnungen hat Deutschland eigentlich eine gute Wohnversorgung.
Aber der Wohnraum ist sehr ungleich verteilt. Die Wohnversorgung ist aktuell
Spiegel und Teil der zunehmenden sozialen und der sozial-räumlichen
Ungleichheit. Während ein Teil der Bevölkerung in großzügig bemessenen Wohnungen
lebt, finden andere keine Wohnung und leiden unter zu hohen Mieten. Und während
in den wirtschaftsstarken Städten und Regionen bezahlbare Wohnungen dringend
gesucht werden, stehen in strukturschwachen Regionen Häuser leer.
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wohnt zur Miete. Wir wissen, dass viele
Vermieter*innen ein gutes Verhältnis zu ihren Mieter*innen pflegen und die
Mieten teilweise über Jahrzehnte nicht anpassen, besonders die Angebotsmieten
waren betroffen. Doch insbesondere in den Städten wurden die Mieten in den
letzten 15 Jahren massiv erhöht. Über 3 Millionen Haushalte – vor allem
Rentner*innen, Alleinerziehende und Studierende – müssen mehr als 40% oder 50%
ihres Nettoeinkommens für die Miete ausgeben.
Dabei unterscheiden sich die Wohnbedürfnisse und ändern sich oft im
Lebensverlauf. Manche entscheiden sich für das Einfamilienhaus mit Garten,
andere sind auf bezahlbaren Wohnraum in der Nähe ihrer Arbeitsstellen
angewiesen. Dabei wird es in manchen Regionen Deutschlands immer schwieriger,
eine passende Wohnung oder Haus zu finden. Familien leiden darunter, keine
größere Wohnung zu finden, die sie bezahlen können. Andere möchten in eine
kleinere, barrierearme Wohnung umziehen, aber auch sie leiden unter hohen Mieten
und fehlendem Angebot.
Das Recht auf angemessenes und bezahlbares Wohnen ist als Teil der
Daseinsvorsorge zu verstehen. Wir wollen nicht, dass immer mehr Haushalte einen
immer größeren Anteil ihres Einkommens für die Wohnkosten ausgeben müssen! Wir
wollen nicht, dass Menschen Angst davor haben, ihre Wohnung zu verlieren und ihr
angestammtes Wohnviertel verlassen zu müssen. Mietsteigerungen dürfen die
allgemeine Einkommensentwicklung nicht weiter übersteigen. Wenn das Mietrecht
umgangen wird, muss dies konsequent geahndet werden und die Mieter*innen müssen
in der Durchsetzung ihrer Rechte besser informiert und unterstützt werden.
Die politische Blockade von wirksamen Mietrechtsreformen belastet nicht nur
immer mehr Mieter*innenhaushalte, sondern auch Käufer*innen von Wohneigentum.
Sie trifft auch die öffentlichen Haushalte und damit die Steuerzahler*innen.
Bund und Kommunen haben alleine 2023 für die Kosten der Unterkunft (KdU) und für
Wohngeld rund 20 Milliarden Euro ausgegeben und es muss mit weiter steigenden
jährlichen Kosten gerechnet werden. Dem gegenüber stehen 3 Milliarden Euro pro
Jahr Förderung des Bundes für den Sozialen Wohnungsbau, die Länder geben nochmal
mindestens die Hälfte dazu. Die drastischen Mietsteigerungen zwingen bald wieder
zu Rentenerhöhungen, Lohnsteigerungen und größeren BAföG-Subventionen.
Verantwortliche Mietrechtsreformen liegen darum auch im Interesse einer soliden
öffentlichen Haushaltspolitik.
Bezahlbarer Neubau ist in wachsenden Städten wichtig, sollte
gemeinwohlorientiert erfolgen und möglichst umweltfrendlichen als An- und Aufbau
mit der notwendigen energetischen Bestandserneuerungen verbunden werden. Teile
der Bundesregierung setzen aber einseitig auf intensivierten Neubau verbunden
mit einer Senkung der notwendigen Klimaschutzinvestitionen. So soll die
Schieflage der Wohnungsversorgung zurechtgerückt werden. Gleichzeitig wird
versprochen, dass mit zusätzlichem Wohnungsbau die Bestandsmieten wieder sinken
oder zumindest stabilisiert würden. Neubau kann aber bezahlbare
Wohnungsbestände nicht ersetzen und darf nicht als Vorwand dienen, den nach wie
vor drastischen Mietsteigerungen im Wohnungsbestand freien Lauf zu lassen. Denn
kein Neubau wird die 23 Millionen Mieterhaushalte vor der nächsten Mieterhöhung
bewahren. Dazu sind beherzte Reformen im Mietrecht unabdingbar.
Ermöglichung eines Mietenstopps in angespannten Wohnungsmärkten: Damit
schnell ein wirksames Instrument zur Verfügung steht, halten wir für
Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt die Ermöglichung eines Mietenstopps
verankert in der Bundesgesetzgebung für unabdingbar. Wir wollen für
Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt, dass die Länder einen
Mietenstopp für 5 Jahre erlassen können und so bei Neuvermietungen in
bestehenden Gebäuden nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinausgegangen werden kann.
Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige Ausnahmen
abgeschafft werden: Wir fordern, dass die Mietpreisbremse nicht auslaufen
darf und als dauerhaftes Instrument im Mietrecht integriert wird.
Ausnahmen wie bei teurer Vorvermietung oder umfassender Sanierung sollen
aufgehoben werden. Verstöße gegen die Mietpreisbremse sind als
Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Es sind derzeit die Länder, die darüber
entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse gilt, so dass sehr
viele Kommunen trotz angespanntem Wohnungsmarkt dieser nicht unterliegen.
Wir wollen analog zur Kappungsgrenze, dass die Mietpreisbremse zukünftig
auf Bundesebene für alle Wohnungsmärkte zeitlich unbegrenzt gilt und diese
bei Neuvermietungen erlaubt nur bis zu 10% über die ortsübliche
Vergleichsmiete hinauszugehen.
Angespannte Wohnungsmärkte auch als solche deklarieren: Die Verfahren zur
Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes wollen wir so gestalten,
dass in Kommunen angespannte Wohnungsmärkte bei Erfüllung der Kriterien
tatsächlich als solche deklariert werden. Viele kleinere Kommunen in
Ballungsräumen fallen aktuell nicht unter diese Regelung, obwohl sie unter
einem angespannten Wohnungsmarkt leiden. Die Möglichkeit der Länder
angespannte Wohnungsmärkte zu deklarieren soll über 2026 hinaus dauerhaft
gegeben sein, denn die angespannten Wohnungsmärkte werden nicht in zwei
Jahren verschwinden.
Mietwucher unterbinden: Flankierend zur Verstetigung der Mietpreisbremse
wollen wir den §5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch stärken, um überhöhte Mieten
besser ahnden zu können. Zudem soll Mietwucher nach § 291 StGB nicht erst
ab Preisen von 50% über ortsüblicher Vergleichsmiete, sondern bereits ab
30% vorliegen.
Die Vermietung von möblierten Wohnungen regulieren: In den Metropolen
machen möblierte Wohnungen bereits rund ein Drittel des Angebots auf dem
Wohnungsmarkt aus. Wir wollen, dass möblierte Wohnungen wieder dem
regulären Mietenmarkt zugeführt werden. Deshalb soll die Vermietung
möblierter Wohnungen endlich reguliert werden, indem bei möblierter
Vermietung nur ein zeitlich befristeter, getrennt von der Miete
ausgewiesener Zuschlag für die Möblierung erhoben werden kann. Für die
Miete selbst müssen Mietpreisbremse und allgemeines Mietrecht gelten. Die
Pflicht zur Offenlegung des Möblierungszuschlages im Mietvertrag sollen
eingeführt werden. Geschäftsmodelle, die allein das Ziel der Vermietung
überteuerter Wohnungen haben, müssen eingeschränkt werden. Häufig wird bei
der Vermietung möblierter Wohnungen außerdem der vorübergehende Gebrauch
behauptet, um so die Mietpreisbremse zu umgehen. Für den vorübergehenden
Gebrauch müssen objektive Kriterien definiert werden, die im Fall einer
Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch im Mietvertrag ausdrücklich
genannt werden müssen. Wir wollen zudem prüfen, ob zeitlich begrenzte
möblierte Wohnungen den regulären Kriterien einer Wohnnutzung entsprechen.
Denn für andere Nutzungsformen wie kommerzielle oder hotelähnliche
Nutzungen bedarf es der Genehmigung.
Die Modernisierungsumlage muss bezahlbar sein: Wir streben an die
Modernisierungsumlage weiter zu senken, statt heute acht Prozent der
Kosten sollen höchstens vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden
dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro pro Quadratmeter und Monat. Die
Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der beantragbaren öffentlichen
Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die Vermieter*innen zu
schaffen sie auch in Anspruch zu nehmen. Energetische Modernisierungen
sollen gerecht auf den Schultern von Vermieter*innen, Mieter*innen und dem
Staat in Form eines Drittelmodells verteilt werden und warmmietenneutral
möglich sein. Durch ein Klimageld wollen wir einkommensschwache
Mieter*innen schützen und warmmietenneutrale Modernisierung ermöglichen.
Im Rahmen des GEG wurde eine neue Modernisierungsumlage für Heizungen
eingeführt. Der Vermieter kann seine Kosten mit 10% umlegen, sofern er
eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt. Damit gehen wir einen ersten
Schritt, um einen Anreiz für die Nutzung von Fördermitteln zu geben und
die absoluten Kosten für die Mieter*innen zu senken. Die Umlage der Kosten
einer neuen Heizung auf die Miete ist auf 50 Cent pro Quadratmeter und
Monat begrenzt, unabhängig davon, ob der Vermieter eine staatliche
Förderung in Anspruch nimmt oder nicht. Diese Regelungen des GEG
unterstützen wir, damit die Wärmewende uns gemeinsam gelingt.
Zur Durchsetzung der Mietbegrenzung sind verbindliche Mietspiegel notwendig. Der
Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten 6 Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch günstige
Mieten bald stark angehoben werden können. In einigen Kommunen gibt es überhaupt
keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die Höhe
der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen.
Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht vor qualifizierte Mietspiegel für Kommunen
ab 100.000 Einwohnern verpflichtend zu machen und zudem sind seit Mitte 2022
einfache Mietspiegel verpflichtend für Kommunen ab 50.000 Einwohnern. Neben der
Stärkung des Systems der Mietspiegel wollen wir behördliche Durchsetzungs- und
Sanktionsbefugnisse stärken. Wir wollen das Mietrecht weiterentwickeln, aber
auch für die Durchsetzbarkeit bestehenden Gesetzes sorgen.
Mietbegrenzung kann nur mit wirksamen Mietspiegeln funktionieren: Auch in
Kommunen unter 50.000 Einwohnern sollen einfache Mietspiegel bestehen,
wenn diese in angespannten Wohnungsmärkten sind. Wir wollen die
Mietverträge der letzten 20 Jahre für die Berechnung des Mietspiegels
berücksichtigen. Dort, wo es qualifizierte oder einfache Mietspiegel gibt,
sollen diese verpflichtend als Mieterhöhungsinstrument genutzt werden,
damit künftig nicht mehr auf Basis von teureren Vergleichswohnungen
Mieterhöhungen begründet werden können. Wir wollen Kommunen bei der
Erstellung von Mietspiegeln finanziell entlasten und ihnen ermöglichen
sich über einen Zweckverband mit anderen Gemeinden zu organisieren, um
gemeinsam eine Mietspiegelerhebung beauftragen zu können. Zur
Fortschreibung von Mietspiegeln soll der Mietenindex oder ein
Verbraucherpreisindex über die letzten 20 Jahre verwendet werden oder
weiterhin das Stichprobenverfahren möglich sein.
Kommunale Wohnungsämter zur Mieter*innen-Beratung und Mietpreisprüfung
stärken: Damit Mieter*innen bei der Durchsetzung der Mietbegrenzung besser
unterstützt werden, wollen wir eine wirksame Überprüfung durch
Mietpreisstellen ermöglichen und die Auskunftsverpflichtungen der
Vermieter*innen-Seite weiter nachschärfen. Damit mehr Klarheit über die
Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt geschaffen werden kann und
damit der Mieter*innen- und Wohnraumschutz behördlich besser umgesetzt
werden kann, wollen wir die Einführung von Miet- und Wohnungskatastern
unterstützen. Um den Schutz von Mieter*innen zu stärken, bedarf es zudem
kostenfreier Mieter*innenberatungen, um Wissen über die eigenen Rechte zu
vermitteln und Informationen zur rechtlichen Durchsetzung bereitzustellen.
Einkommensschwache Haushalte sollten zudem Zuschüsse zu den Beiträgen zu
Mietervereinen erhalten.
Durch Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen können Mieter*innen ihr
Zuhause verlieren. Berichte über vorgeschobenen Eigenbedarf nehmen zu, denn bei
neuen Verträgen können höhere Mieten angesetzt werden. Zugleich führen
Kündigungen zunehmend zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei
Familien mit Kindern. Mit einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit wollen wir
gemeinwohlorientiertes Wohnen und kommunalen, genossenschaftlichen und frei
gemeinnützigen Wohnungsbau umfassend fördern.
Wir wollen den Kündigungsschutz stärken und die Umwandlung von Miet- in
Eigentumswohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt stoppen:
Eigenbedarfskündigungen sollen wesentlich erschwert werden, die
Kündigungsfrist sollte verlängert und die Kriterien für den Eigenbedarf
gesetzlich geregelt werden. Der Personenkreis, für den Eigenbedarf als
Kündigungsgrund geltend gemacht werden kann, sollte eingeschränkt und die
Geltendmachung des Eigenbedarfs an den Nachweis der tatsächlichen Nutzung
durch die entsprechenden Personen gebunden werden. Nur die Vermieter*innen
und Verwandte ersten Grades sollen als berechtigter Personenkreis gelten.
In angespannten Wohnungsmärkten sollen Eigenbedarfskündigungen so
möglichst ausgeschlossen werden. Die nur bis 31.12.2025 gültige
Genehmigungspflicht bei Umwandlungen von Mietwohnungen zu Eigentum muss
unbedingt noch in dieser Legislaturperiode entfristet werden und dauerhaft
gelten.
Die Schonfrist als ein zentrales Schutzinstrument für Mieter*innen: Gerät
ein*e Mieter*in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung, soll er
oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung
abzuwenden. Durch die Zahlung der ausstehenden Miete innerhalb der
Schonfrist sollen alle Kündigungen abgewendet werden. Die Schonfrist muss
ein zentrales Schutzinstrument für Mieter*innen werden. Auch wer
berechtigt vom Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch
macht, soll keine Angst haben müssen seine Wohnung zu verlieren.
Den Milieuschutz und das Zweckentfremdungsverbot stärken: Der Milieuschutz
muss als Schutz vor Verdrängung wieder durch ein wirksames Vorkaufsrecht
und wirksame Abwendungsvereinbarungen gestärkt werden. Wir möchten
Erleichterungen für den Erlass einer Milieuschutzsatzung realisieren. Die
Länder müssen das Instrument gegen die Wohnraumzweckentfremdung nutzbar
machen, um gegen die Umnutzung von Wohnungen für Ferienwohnungen und
Kurzzeitvermietung, gewerbliche (Wohn-) Nutzung, Leerstand und
Wohnraumabrisse vorgehen zu können.
Maßnahmen gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit: Wir wollen, dass für alle
Menschen ein Zugang zum Wohnungsmarkt besteht. Mit ortsbezogenen
Maßnahmenkatalogen, geschützten Wohnungsmarktsegmenten und Housing First-
Projekten wollen wir gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit vorgehen. Alle
Instrumente, die geeignet sind das Risiko für Wohnungs- und
Obdachlosigkeit durch wirksame Prävention zu verringern und angemessene
Wohnungsangebote für Wohnungs- und Obdachlose zu schaffen, müssen
eingesetzt werden.
Prüfung von Möglichkeiten des Wohnungstausches im Mietrecht: Gerade in
Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt wäre ein gesetzlich verankertes
Recht auf Wohnungstausch zu den jeweiligen Bestandsmieten wichtig, um
Haushalten, die sich verkleinern oder vergrößern wollen, gerecht zu werden
und den Zugang zu angemessenem Wohnraum zu ermöglichen.
Die neue Wohngemeinnützigkeit stärken: Zu einer neuen
Wohngemeinnützigkeit, die eine echte Dynamik für bezahlbares Wohnen im
Neubau wie im Bestand auslöst, gehören neben Steuererleichterungen auch
substanzielle Investitionszulagen durch Bund und Länder. Wir möchten die
Förderung nicht nur für wenige gemeinnützige Träger, sondern auch für
Genossenschaften und öffentliche Wohnungsunternehmen ermöglichen.
Auch Gewerbemieter*innen brauchen Schutz und klare Regeln: Auch für
Gewerbemieter*innen sind Mietschutzregelungen notwendig, auch um
lebendige gemischte Quartiere zu erhalten. Das ist für die wirtschaftliche
Stabilität und die Zukunftsplanung von kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU) oft sehr wichtig. Zudem sollen Unternehmen dringend notwendige
Investitionen in den Klimaschutz ermöglicht werden. Zumindest in
Milieuschutzgebieten sollte ein echter Kündigungsschutz nach französischem
Vorbild eingeführt werden, weil die soziale und kleine gewerbliche
Infrastruktur für die Bewohnerschaft ebenso elementar ist wie bezahlbarer
Wohnraum. Auch Gewerbemietspiegel und eine Mietpreisbremse für kleines
Gewerbe wären dringend geboten.
Begründung
Eine wesentliche Ursache für die dramatischen Mietsteigerungen liegt in der seit den neunziger Jahren politisch vorangetriebenen Liberalisierung der städtischen Wohnungsmärkte. Die Wohnungsgemeinnützigkeit wurde 1990 abgeschafft und viele vormals gemeinnützige Wohnungen wurden an finanzmarktorientierte Investoren verkauft. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus wurde weitgehend eingestellt. Sie wurde in den letzten Jahren zwar wieder neu belebt, das kann aber die Fehler der Vergangenheit nicht wettmachen. Von vormals 7,5 Millionen Sozialwohnungen sind heute nur noch rund eine Million übrig.
Die Menschen in den größeren Städten werden immer mehr dem Druck finanzmarktorientierter Investoren ausgesetzt, die die Grundstückspreise systematisch hochgetrieben haben. Das erschwert auch den Bau von neuen bezahlbaren Wohnungen. Mit den Zinserhöhungen von 2022 ist die Nachfrage nach Eigentumserwerb erst einmal gesunken. Umso mehr halten sich renditeorientierte Wohnungsunternehmen und Investoren an den Wohnungssuchenden schadlos.
Auf den Mietwohnungsmärkten der großen Städte herrschen derzeit dramatische Zustände. Das Mietrecht ist zu einem Recht auf permanente Mietsteigerungen geworden, insbesondere beim Abschluss neuer Mietverträge. Die Mietpreisbremse und die Regelungen gegen Mietwucher sind praktisch unwirksam und großzügige Schlupflöcher erlauben maßlos überzogene Mietforderungen von bis zu 30 €/qm. Immer mehr Wohnungen werden nur noch kurzfristig als möblierte Wohnungen oder teilgewerblich vermietet. Teilweise werden Wohnungen sogar zimmerweise oder schlafplatzweise vermietet.
Doch der zuständige Justizminister sieht keinen Handlungsbedarf und die Immobilienlobby ruft bei jeder Forderung nach sanktionsbewehrten Regelungen „Überregulierung!“. So ist die Wohnungsfrage zum großen gesellschaftspolitischen Konflikt geworden, und immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik und in die Demokratie. Vielen Politiker*innen ist das Leitbild einer gemeinwohlverantwortlichen Wohnungswirtschaft abhandengekommen, obwohl Artikel 14 Grundgesetz ausdrücklich fordert, dass Eigentum zugleich dem Allgemeinwohl dienen soll und der Gesetzgeber dafür Inhalt und Schranken bestimmen soll.
Das wichtigste Potenzial für bezahlbares Wohnen ist der Wohnungsbestand und das wichtigste Instrument die Bestände bezahlbar zu halten ist das Mietrecht. Beim Mietrecht hat der Bund bislang aber nur sehr zögerliche, meist wirkungslose Trippelschritte gemacht. Leider werden auch die bescheidenen, aber richtigen Mietrechtsänderungen, die die jetzige Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat, immer noch blockiert. Für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt wurde die Absenkung der Kappungsgrenzen von jetzt 15% auf 11% in drei Jahren versprochen. Die Mietspiegel sollen aus den Mietverträgen der letzten sieben Jahre gebildet werden und der qualifizierte Mietspiegel soll rechtssicher gemacht und verpflichtend für Städte mit über 100.000 Einwohner*innen werden. Versprochen wurden auch Verbesserungen beim Kündigungsschutz. Die Wohnungs- und Obdachlosigkeit soll mit einem Nationalen Aktionsplan bis 2030 überwunden sein. Diese Regelungen gehen in die richtige Richtung, sind aber nicht ausreichend. Zumal die einzige Maßnahme, die vielleicht noch in dieser Legislatur umgesetzt wird, die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 ist.