Die erste Änderung soll darauf Rücksicht nehmen, dass Parteigliederungen nicht zwingend nur durch ihre Sprecher\*innen vertreten werden, sondern je nach Satzung auch durch Kassierer\*innen, Schatzmeister\*innen oder politische Geschäftsführungen. Es sollte klar sein, dass die Schiedsgerichtsordnung das nicht ausschließen will.
Wichtiger ist jedoch die zweite Änderung: Der Antrag des Bundesvorstands möchte an dieser Stelle, dass, wenn Kreis- oder Ortsverbände vor das Schiedsgericht ziehen, darüber ihre jeweilige Mitgliederversammlung und nicht mehr ihr Vorstand entscheiden soll. Das begegnet prinzipiellen und praktischen Bedenken:
Als GRÜNE leben wir Basisdemokratie. Dazu gehört auch, dass unsere Kreisverbände eine umfassende Satzungsautonomie genießen (§ 11 Abs. 2 Bundessatzung). Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben innerhalb eines Kreisverbands bei der jeweiligen Mitgliederversammlung liegen und welche beim von dieser gewählten Kreisvorstand, sollte also durch die Kreisverbände und nicht in der Bundessatzung entschieden werden.
Rein praktisch sind Streitigkeiten zwischen Kreisverbänden und dem Bundesverband an gar nicht so vielen Stellen denkbar. Vor allem wohl im Rahmen von Anträgen an die Bundesdelegiertenkonferenz, in Bezug auf Sonderparteitage oder Urabstimmungen. Allesamt Fälle, bei denen, wenn ein Kreisverband beteiligt ist, die dort Mitglieder bereits in einer Mitgliederversammlung über das Grundanliegen entschieden haben. Dass die Durchsetzung von Beschlüssen der Mitgliederversammlung dann wie bisher in der Hand des Kreisvorstands liegt, ist überzeugend. Gerade auch was Antragsprozesse angeht, würde die Änderung viele Fragen aufwerfen: Kreisverbände stellen Anträge häufig auf Antrag eines Mitglieds, das ursprünglich hinter dem Antrag steht und in der Praxis diesen Antrag später auch für den Kreisverband verhandelt. Gibt es nun Streit in Bezug auf einen solchen Antrag – zum Beispiel mit der Antragskommission oder dem Bundesvorstand –, dann müsste sich das Mitglied zur Entscheidung einer solchen Streitigkeit nun nicht mehr nur an den Kreisvorstand wenden, sondern auch noch mal die eigene Mitgliederversammlung anrufen.
Das ist organisatorischer Overhead, der nicht zu unterschätzen ist. Zu Mitgliederversammlungen muss mit einem entsprechenden Tagesordnungspunkt eingeladen werden, häufig gelten hierfür Fristen. Es braucht ein Präsidium und ein Protokoll. Das alles, um am Ende meist Entscheidungen über Verfahrensfragen zu erhalten.
Rein praktisch würde die Änderung auch dazu führen, dass die Kreisvorstände aufgrund eigener Entscheidung zwar nicht mehr vor das Bundesschiedsgericht ziehen können, gegen den Bundesverband aber weiterhin vor den ordentlichen Gerichten (also den Amts- oder Landgerichten) vorgehen können. Das ist nicht sinnvoll.
Warum man zudem die Kreisvorstände, die für die Vertretung ihres Kreisverbands dieselbe Legitimation besitzen wie der Bundesvorstand für den Bundesverband und die Landesvorstände für den jeweiligen Landesverband, anders behandeln will als Bundes- und Landesvorstand ist überhaupt nicht ersichtlich.
Alles in allem ist es deutlich ausgewogener, den Kreisvorständen die Antragsbefugnis zu lassen.