Den Satzungsanträgen durch den Bundesvorstand ist vorauszuschicken, dass diese dem Bedarf der Schiedsrichter*innen des Bundesschiedsgerichts folgen, die sich aufgrund langjähriger Erfahrung mit der Schiedsordnung verschiedene Veränderungen wünschen.
Ausgangspunkt dieser Veränderungen ist der wieder aufgegriffene Schiedsgerichtstag, der am 20.4 Entsandte aller Schiedsgerichte der Landes- und Bundesverbände in der Bundesgeschäftsstelle versammelte und zukünftig ein jährlicher oder zwei-jährlicher Regeltermin werde soll. Thema des Schiedsgerichtstags war der Austausch zu aktuellen Herausforderungen für die Schiedsgerichtsbarkeit der Partei. Das betrifft quantitativ zunehmende Fallzahlen sowie eine angesichts einer größeren Anzahl an Mitgliedern und Öffentlichkeitswirksamkeit gesteigerter Sorgfaltsanspruch. Es besteht deshalb das Bedürfnis, den gesetzlichen Auftrag („Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten“, § 14 Abs. 1 ParteienG) auch mit Blick auf einvernehmliche Lösungen ernst zu nehmen. Vor diesem Hintergrund wurden unter anderem mediative Elemente der Schiedsgerichtsbarkeit während des Schiedsgerichtstags vertieft.
Dies vorausgeschickt, bedarf es neuer Gestaltungsinstrumente zugunsten des Schiedsgerichts flankiert von prozessualen Rahmenbedingungen, wie sie auch die Verfahrensordnungen der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit kennen. Das ermöglicht dem Schiedsgericht unter anderem die Beschleunigung von Verfahren sowie das proaktive Anregen von interessensgerechten Lösungen durch die streitenden Parteien. Vor diesem Hintergrund verfolgt die Modernisierung der Schiedsordnung zwei wesentliche Ziele, die inhaltlich eng verbunden sind: Zum einen werden die Gestaltungsmöglichkeiten zum anderen die Änderungen der prozessualen Rahmen beantragt.
Im Einzelnen:
§ 2 Abs. 2 S. 1
Durch eine ausdrückliche Klarstellung der Rechtsgrundlage für die Beiladung, die in der Praxis an Bedeutung gewinnt, sollen Rechtssicherheit und Transparenz der Verfahren für die beteiligten Parteien geschaffen und zugleich das Bundesschiedsgericht entlastet werden. Dogmatische Überlegungen sich an zivil- oder verwaltungprozessualen Normen zu orientieren erübrigen sich.
§ 4 Abs. 1
Soweit Antragsteller*innen an das Bundesschiedsgericht als Beschwerdeinstanz herantreten, bedarf es einer Klarstellung, dass im Zuge der Antragsberechtigung die (zum Teil) engeren Voraussetzungen der Bundesschiedsordnung anwendbar sind und den Landesschiedsordnungen vorgehen. Nach Abschaffung der Kreisschiedsgerichte mit geringeren Eintrittshürden sind die Landesschiedsgerichte nunmehr erstinstanzlich zuständig. Wird eine Entscheidung eines Landesschiedsgerichts angegriffen, bedarf es für das Bundesschiedsgericht als Beschwerdeinstanz einer Klarstellung der Antragsvoraussetzungen.
§ 5 Abs. 2
Anträge an das Bundesschiedsgericht bedürfen der Legitimation und des Rückhalts der Mitgliederversammlung, um effiziente und zielführende Verfahren durchzuführen. Soweit AGen, KVen und OVen einen Antrag zum Schiedsgericht stellen, sollte ein Beschluss der Mitglieder als Formerfordernisvorliegen. Ein Beschluss ist aufgrund der Novellierung des ParteienG niedrigschwellig - durch die Möglichkeit von hybriden oder rein digitalen Versammlungen - zu erreichen. Damit wird unter anderem erreicht, dass nach Möglichkeit alle im Raum stehenden außerschiedsgerichtlichen Lösungsmöglichkeiten erwogen wurden. Streitigkeiten innerhalb der betreffenden Gliederung sowie Eilverfahren sind hiervon ausgenommen.
§ 6 Abs. 1
Die zu benennenden Schiedsrichter*innen schaffen erheblichen Ressourcenaufwand aufgrund häufiger Einwände mit Blick auf § 7 SchO und Terminfindungsschwierigkeiten anlässlich mündlicher Verhandlungen. Die Verfahrenseffektivität wird durch die Umformulierung von einer zwingenden Vorschrift in ein Angebot gesteigert. Zukünftig können Parteien darauf verzichten, weitere Schiedsrichter*innen zu benennen und so Verfahren beschleunigen.
§ 8 Abs. 1
Wie oben erwähnt, steht im Fokus die Möglichkeit des Schiedsgerichts im Rahmen der Schlichtung Parteien (auch) zu einvernehmlichen Lösungen zu führen. Einvernehmliche sind in der Regel nachhaltiger (dauerhaft/zufriedenstellend) und verfahrensökonomischer. Diese Aufgabe soll ausdrücklich klargestellt werden. Das hat jedoch nur Aussicht auf Erfolg, wenn Waffengleichheit der Parteien besteht und keine Verfahrenspartei unter Umständen von einer Verfahrensverzögerung profitiert. Vor diesem Hintergrund ist die Möglichkeit der Schlichtung durch verbindliche Fristenhinsichtlich Schriftsätze/Rechtsmittel zu flankieren, die weiteren Vortrag, Erklärungen etc. ausschließen bzw. das Verfahren beenden können. Damit wird dem Schiedsgericht die Möglichkeit an die Hand gegeben, Verfahren im Interesse der Parteien einer Beendigung zuzuführen. Selbstverständlich ist dabei auf die Voraussetzungen der streitenden Parteien zu achten, inwieweit es sich um ehrenamtliche Einzelpersonen oder hauptamtlich beschäftigte Vertreter*innen von Gliederungen handelt. Zu diesem Zweck sind hinreichende Spielräume (u.a. „angemessen“, „kann“) des Schiedsgerichts vorgesehen.
§ 10 Abs. 9
Für eine Schiedsgerichtsverhandlung reisen in der Regel drei Schiedsgerichtsmitglieder, zwei benannte Schiedsrichter*innen, zwei Parteien, zwei Prozessvertreter*innen und mitunter Beigeladene zu einer Verhandlung, die entsprechend langfristig geplant werden muss. Aufgrund des hohen organisatorischen und finanziellen Aufwands von mündlichen Verhandlungen bedarf es eines effektiven Anreizes, die Verfahrensbeteiligten zu einem Termin zusammenzubringen. Das entschuldigte Fernbleiben ist von der Regelung selbstverständlich ausgenommen, jedoch wird gewährleistet, dass das Verfahren auch im Falle des unentschuldigten Fehlens einer Partei zu einem Abschluss gebracht wird.
§ 13 Abs. 3 (Streichung)
Im Interesse des Erhalts der Funktionalität des Bundesschiedsgerichts wird die nach Abs. 3 vorgesehene Beschwerde gegen einstweilige Anträge ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung und gegen die von der/dem Vorsitzenden nach Abs. 2 getroffene einstweilige Anordnung abgeschafft. Unter Anwendung der bisherigen Regelung entscheidet das identisch besetzte Schiedsgericht über den identischen Sachverhalt mit den identischen Vorträgen. Das Verfahren hat deshalb keinen spürbaren Rechtsschutzeffekt, weil die Entscheidung in der Praxis üblicherweise im Rahmen des Eilverfahrens nur wiederholt wird. Allenfalls entsteht ein nachvollziehbarer Frust der Verfahrensparteien. Es folgt zumeist zusätzlich ein Hauptsacheverfahren, so dass das Begehren weiterhin aufrechterhalten werden kann und vertieft erörtert werden kann. Das Rechtsschutzniveau bleibt dementsprechend erhalten.
§ 14 Abs. 1 Nr.1
Der Verweis auf § 198 ZPO ist korrekturbedürftig, da die Norm (Zustellung Anwältin/Anwalt zu Anwältin/Anwalt) in der ZPO zwischenzeitlich entfallen ist.
Es werden zudem entsprechende redaktionelle Änderungen und Korrekturen hinsichtlich der Absatznummerierung sowie die konsequente Schreibweise mit dem Genderstern beantragt.
§ 14 Abs. 1 Nr. 2
Im Interesse einer digitalen Verfahrensführung stößt die Zustellung per Email gegen Empfangsbekenntnis auf Probleme, wenn Verfahrensbeteiligte untätig bleiben. So kann ein Verfahren unlauter verzögert werden. Die am Verwaltungsrecht angelehnte sog. Zustellungsfiktion bietet eine erprobte Lösung und dient der Verfahrenseffektivität.