Veranstaltung: | 2. Ordentlicher Länderrat 2016 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 5 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Landesvorstand Niedersachsen (dort beschlossen am: 31.08.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.09.2016, 08:25 |
V-01: Haltung exotischer Wildtiere verbindlich regeln
Antragstext
Heimische Wildtiere sind nach Bundesnaturschutzgesetz geschützt und dürfen der
Natur nicht entnommen werden. Exotische Wildtiere zu halten, liegt hingegen im
Trend. Die Motive dazu sind vielfältig. Je gefährlicher und exotischer, desto
attraktiver. Der internationale Handel mit Wildtieren und -pflanzen ist seit
1973 im Washingtoner Artenschutzabkommen geregelt, dem auch sämtliche
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beigetreten sind. Ein Großteils des
Handels betrifft jedoch Arten, die international nicht geschützt sind und deren
Handel weder artspezifisch erfasst noch in irgendeiner Weise reglementiert ist.
Gerade bei solchen Arten, deren internationaler Handel nicht beschränkt ist, ist
der Anteil von Naturentnahmen besonders hoch.
Jährlich werden Millionen Wildtiere, viele davon illegal, zur Haltung als
Haustier nach Deutschland eingeführt. Nach Auskunft des Statistischen
Bundesamtes werden jährlich allein zwischen 440.000 und 850.000 lebende
Reptilien nach Deutschland importiert. Importzahlen für Meereszierfische,
Amphibien oder nichtheimische Säugetiere für den Heimtierhandel werden nicht
erfasst. Nicht beziffern lässt sich die Anzahl von Wildtieren, die aufgrund des
Fangs, der Transport- oder Haltungsbedingungen verenden. Immer neue Arten, die
auch aus Wildfängen in ihren Herkunftsländern stammen, kommen in den Handel.
Zunehmend problematisch ist hier für die kommunalen Amtsveterinär*innen das
immer breiter werdende Artenspektrum, das sie fachlich beurteilen müssen.
Im Handel werden Wildtiere, insbesondere Reptilien, als “Anfängertiere“
gepriesen und z. B. Kornnattern auf Tierbörsen bereits für weniger als einen
Euro angeboten. Der Verkauf erfolgt über Tierbörsen, Baumärkte, Gartencenter,
das Internet und über Zoogeschäfte. Die künftigen Halter*innen werden dort
selten umfänglich über die Ansprüche der Tiere aufgeklärt.
Folglich unterschätzen viele Halter die Herausforderungen und Kosten einer
dauerhaft tierschutzgerechten Unterbringung und Versorgung von Wildtieren, die
nicht an die Haltung in Obhut des Menschen angepasst sind. Berichte über
ausgesetzte oder entkommene Schlangen, Echsen oder Skorpione häufen sich.
Anpassungsfähige invasive Arten breiten sich aus, verdrängen heimische Arten und
bringen das natürliche Gleichgewicht ins Wanken. Schon jetzt stellt eine
vermutlich durch den Tierhandel eingeschleppte Pilzerkrankung eine massive
Gefährdung für die Bestände europäischer Salamander und Molche dar. Im Gegensatz
zum Gartenbau und zu botanischen Gärten hat der Heimtierhandel in Deutschland
bisher keine präventiven Maßnahmen formuliert und verabschiedet.
Es gibt keine offiziellen Statistiken über die Anzahl der in Privathand
gehaltenen Tiere wild lebender Arten. Nach Schätzungen des Deutschen
Tierschutzbundes leben in deutschen Haushalten etwa 200.000 Würgeschlangen,
10.000 Giftschlangen, 10.000 Warane, Pfeilgiftfrösche, Chamäleons und Tausende
weiterer Tiere wild lebender Arten. Durch das von Wildtieren mitunter ausgehende
Gefährdungspotential und deren theoretischer Lebenserwartung von bis zu 100
Jahren z. B. bei Landschildkröten und Papageien besteht unaufschiebbarer
Handlungsbedarf
Die steigenden Zahlen von ausgesetzten, beschlagnahmten und abgegebenen Tieren
zeigen, wie dringlich dieses Problem ist. Tierheime und die wenigen
spezialisierten Auffangstationen für exotische Wildtiere haben längst ihre
Aufnahmekapazitäten überschritten. Laut einer Umfrage des Deutschen
Tierschutzbundes aus dem Jahr 2014 waren 41 % der Tierheime nicht in der Lage,
exotische Tiere wie Reptilien angemessen unterzubringen. Die Kosten für die
Unterbringung dieser Tiere waren immens hoch. Zudem konnten weniger als 50 %
dieser Tiere erfolgreich weitervermittelt werden und verursachen folglich
dauerhafte Kosten für die Tierheime. Besonders schwierig ist die Vermittlung von
Arten, bei denen inzwischen eine Marktsättigung vorliegt. Die komplexen
Haltungsanforderungen (hoher Technik- und Energieaufwand für Beleuchtung, Wärme
und Luftfeuchtigkeit) und das Wachstum, die Aggressivität und Reproduktion der
Tiere sowie die erhebliche Verweildauer haben zur Folge, dass die Einrichtungen
– in der Masse gemeinnützige Tierschutzvereine – inzwischen an ihre personellen
und finanziellen Grenzen gestoßen sind.
Wir GRÜNEN wollen die mit der Haltung von Wildtieren verbundenen möglichen
Gefahren für Halter*innen und Umwelt minimieren, Wildtiere durch angepasste
Vorschriften besser schützen und Kommunen und Tierheime langfristig entlasten.
Wir setzen uns daher ein für:
- Ein grundsätzliches Verbot der Haltung besonders gefährlicher Tiere wild
lebender Arten einschließlich ihrer Kreuzungen mit anderen Tierarten (z.
B. Großkatzen und Pumas, Großbären, Krokodile, Riesenschlangen, bestimmte
Echsen, besonders giftige Arten.) Haltungen dieser Arten im öffentlichen
Interesse dürfen nur mit fachbehördlicher Genehmigung erfolgen
- die Einführung einer Positivliste, in die jene Tierarten aufgenommen
werden, die Tiere als Heimtiere aufgrund ihrer artspezifischen Bedürfnisse
bedenkenlos und artgerecht in deutschen Haushalten gehalten werden können.
Für alle anderen Arten fordern wir ein grundsätzliches Haltungsverbot für
Privathaushalte.
- die Einführung einer Positivliste, in die jene Tierarten aufgenommen
werden, die Tiere als Heimtiere aufgrund ihrer artspezifischen Bedürfnisse
bedenkenlos und artgerecht in deutschen Haushalten gehalten werden können.
Für alle anderen Arten fordern wir ein grundsätzliches Haltungsverbot für
Privathaushalte.
- Klare und verbindliche einheitliche Rahmenregelungen für die Haltung von
exotischen Wildtieren in jeder Haltungsform (Privat/Zoo/Zirkus). Diese
sollen auf Basis eines zeitgemäßen Tierschutzes und wissenschaftlicher
Erkenntnisse über die spezifischen Bedürfnisse einzelner Tierarten
erstellt werden.
- Die Einführung eines verpflichtenden Sachkundenachweises für jede Tierart
für den Erwerb und die Haltung von exotischen Tieren in Privathaushalten.
- Die Einführung einheitlicher Regularien für ein verpflichtendes
ausführliches Beratungsgespräch vor dem Verkauf durch fachkundiges
Verkaufspersonal, um Spontankäufe zukünftig zu verhindern. Jeder Verkäufer
muss über einen Sachkundenachweis für die jeweilige Tierart verfügen.
- Eine Rücknahmepflicht des Handels innerhalb einer festzulegenden Frist.
- Ein Verbot des Handels von Wildtieren auf Börsen und im Internet.
- Ein Verbot kommerzieller Importe exotischer Wildtieren.
Begründung
mündlich