Kinderschutz ist politisch. Doch zu oft werden in seinem Namen populistische Maßnahmen (wie zum Beispiel die Einführug der sogenannten Chatkontrolle) vorgeschlagen oder auch umgesetzt. Beim Schutz von Kindern steht jedoch viel zu viel auf dem Spiel, als dass man ihn den Populisten überlassen könnte. Jegliche Maßnahmen müssen auf Grundlage von Fakten und dem aktuellen Forschungsstand in diesem Bereich umgesetzt werden.
Kinderschutz ist ein komplexes Feld. Damit er erfolgreich ist, müssen unterschiedlichste Akteure zusammenarbeiten. Daher ist es wichtig, ein ganzheitliches Konzept zu haben, damit nicht jeder Akteur für sich alleine arbeitet und möglicherweise einem anderen Akteur "im Weg steht". Nur gemeinsam kann Kinderschutz gelingen.
Ein besonders wichtiger Teilbereich des Kinderschutzes ist die Prävention. Sie verhindert aktiv Kinderleid. In der derzeitigen Formulierung geht es aber nur um "Prävention in Schule, Jugendhilfe und Familie", also um Prävention, die sich an potentielle Opfer richtet. Diejenigen, die aber Missbrauchshandlungen initiieren, sind die Täter, sie entscheiden sich dafür, diesen Kindern, aus welchen Gründen auch immer, Leid zufügen zu wollen. Sie können sich aber auch dagegen entscheiden, zur Tat zu schreiten, Täter zu werden. Gerade daher ist es wichtig, auch die täterbasierte Primär- und Tertiärprävention zu stärken, wie sie in der Lanzarote-Konvention vorgesehen ist (Art. 7 bzw. 15ff. CETS 201).
In die nächste Legislaturperiode fällt ein zentrales Ereignis im Bezug auf täterbasierte Primärprävention: die Veröffentlichung der ersten unabhängigen Evaluierung des Präventionsprogramms "Kein Täter werden". Die Ergebnisse dieser Evaluierung werden hoch interessant, möglicherweise werden Veränderungen vorgeschlagen, vielleicht wird auch die Empfehlung ausgesprochen, das Modellprojekt in die normale Gesundheitsversorgung übertragen. Egal was die Evaluierung ergibt, möglicherweise werden legislative oder andere politische Maßnahmen notwendig.
Daher wäre es meiner Ansicht nach gut, wenn wir uns auch jetzt schon im Wahlprogramm klar für die Verbesserung und Ausweitung auch der täterbasierten Primär- und Tertiärprävention aussprechen.