Der Änderungsantrag und die folgende Begründung wurden in der LAG Drogenpolitik Berlin am 02.01.2025 beschlossen:
Eine Stärkung von Polizei und Zoll führt nicht zu einer Reduktion des Konsums oder der Nachfrage nach illegalen Substanzen. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt deutlich, dass sich das Angebot von Drogen unabhängig von der Intensität polizeilicher Maßnahmen mit der Nachfrage entwickelt und diese stets gedeckt hat. Trotz erheblicher Bemühungen und Ressourcen, die Ermittlungsbehörden in den "War on drugs" investiert haben, können diese realistischerweise max. 10-20% des Marktvolumens sicherstellen (vgl. UNODC, 2021). Verstärkte Tätigkeit von Ermittlungsbehörden verlagern zumeist nur Schmuggelrouten und Techniken der organisierten Kriminalität. Die Zerschlagung von Netzwerken der organisierten Kriminalität wirkt zumeist nur kurzfristig, da neue Akteure entstandene Marktlücken sehr schnell übernehmen. Daher führen zusätzliche Ressourcen eher zu einer höheren Fluktuation in den kriminellen Organisationen als dass sie nachhaltige Effekte erzielen. Je stärker der Druck auf den Schwarzmarkt, desto höhere Anforderungen setzt dies an den Organisationsgrad und die Gewaltbereitschaft der verbleibenden handelnden Akteure. Es droht eine Spirale der Gewalt des "War on Drugs", wie dies in Ländern wie bspw. Mexiko zu beobachten ist. Forscher konnten zeigen, dass es auch in westlichen Ländern in Regionen mit verstärkter Polizeiaktivität eher zu einer Zunahme von Gewalt und drogenbedingten Schäden kommt (vgl. bspw. Bratberg et al, 2023).
Die wirksamste Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Bereich Drogen, und der anderen negativen Effekte des Schwarzmarktes, sind vor allem drogenpolitische Reformen und eine Verstärkung von sozialpolitischen Maßnahmen, die geeignet sind die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt zu reduzieren.
Quellen u.a.:
Bratberg et al, 2023: Spatiotemporal Analysis Exploring the Effect of Law Enforcement Drug Market Disruptions on Overdose (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36682855/)
UNODC, 2021: Bericht des UN Office on Drugs and Crime (https://www.unodc.org/unodc/en/data-and-analysis/wdr2021.html)
Bratberg JP, Simmons A, Arya V, Bhatia A, Vakharia SP. Support, don't punish: Drug decriminalization is harm reduction. J Am Pharm Assoc (2003). 2023 Jan-Feb;63(1):224-229. doi: 10.1016/j.japh.2022.12.017. Epub 2022 Dec 20. PMID: 36682855.
Ray B, Korzeniewski SJ, Mohler G, Carroll JJ, Del Pozo B, Victor G, Huynh P, Hedden BJ. Spatiotemporal Analysis Exploring the Effect of Law Enforcement Drug Market Disruptions on Overdose, Indianapolis, Indiana, 2020-2021. Am J Public Health. 2023 Jul;113(7):750-758. doi: 10.2105/AJPH.2023.307291. PMID: 37285563; PMCID: PMC10262257.