Achtung, Teil 2 eines mehrere Abschnitte umfassenden ÄA
Das Generationenkapital war die von der FDP in der Ampel durchgesetzte Antwort auf die Steigerung der Rentenempfänger*innen durch das Erreichen der Altersgrenze der Babyboomer. Der Programmentwurf übernimmt diese Idee zwar nicht für die Frage der Beitragssatzstabilität, aber dennoch in der ersten Säule der Rentenversicherung. Es bleibt völlig unklar, was genau mit dem angesparten Kapitalstock zu welchem Zeitpunkt passieren soll. Zwar wird hier von der Aufstockung von Renten aus geringen Einkünften gesprochen, jedoch nirgends definiert, was das bedeuten soll. Wenn es aber um geringe Renten von langjährig Versicherten gehen soll, haben wir mit der Garantierente einen Lösungsvorschlag.
Das Generationenkapital, wie es in der Ampel besprochen war, hätte den Beitragssatz ab 2036 (dann sind alle Babyboomer in Rente) nur um 0,3 Prozentpunkte geringer gehalten. Dafür barg es diverse politische Gefahren: Mit dem Versprechen, damit die Beitragssätze signifikant senken zu können, wurde eine Erwartung geweckt, die nicht hätte erfüllt werden können. Folglich hätte man schnell die Zuführungen erhöhen müssen, damit das Generationenkapital überhaupt Sinn ergibt. Und höhere Zuführungen müssten irgendwie finanziert werden. Angesichts knapper öffentlicher Kassen blieben dafür nur Beitragsmittel, was aber faktisch zu massiven Rentenkürzungen führen würde. Denn diese Mittel fehlten dann in der Umlagefinanzierung der zu zahlenden Renten.
All diese Fragen sind nicht gelöst und auch der vorliegenden Antrag beantwortet nicht, wie der Kapitalstock für welche Zwecke in welchem Zeitraum aufgebaut werde soll.
Unser Bürger*innenfonds ist unsere Antwort auf die nicht erfüllten Versprechen der Riesterrente. Zur Erinnerung: Bei der Einführung wurde das Rentenniveau von 52 auf 48% abgesenkt. Diese Lücke sollte Riester ausgleichen. Das hat bekanntermaßen nicht funktioniert. Und genau dafür machen wir mit dem öffentlichen Fonds einen guten Lösungsvorschlag.
Wir sollten tunlichst die Finger davon lassen, das Konstrukt eines Kapitalstocks für das System der Umlagefinanzierung in unsere Programmatik zu übernehmen. Zumal ein so gravierender Einschnitt in unserer Programmatik nicht ohne fachlich breite Diskussion und Einbindung der Expertise von Partei, Fraktion und Wissenschaft und völlig ohne Debatte in einem extrem verkürzten Programmprozess stattfinden darf.
Das System der Umlagefinanzierung in der gesetzlichen Rente lebt vom Vertrauen der Bürger*innen. Das gilt es zu stärken, anstatt es durch die Übernahme des angeblichen „Generationenkonfliktes“ in unsere Erzählung weiter zu untergraben. Denn das ist schlicht falsch. Auch diejenigen der Babyboomer-Generation haben dieses System solidarisch finanziert. So haben sie beispielsweise die Absicherung der Bürger*innen der ehemaligen DDR fürs Alter als gesetzlich Versicherte übernommen. Ohne diese Leistung dieser Generation wäre es im Osten höchstwahrscheinlich zu massiver Altersarmut gekommen.
Wir haben vielmehr ein Verteilungsproblem – zwischen geringen und hohen Einkommen, zwischen Einkünften aus abhängiger Beschäftigung und solchen aus Kapitalerträgen oder zwischen denjenigen, die gesetzlich versichert sind und denen, die anderweitig für das Alter abgesichert sind.
Lösungen dieser Problematik können nur in einem breiten gesellschaftlichen Konsens gelingen. Daher sollten wir einen Prozess anstoßen, der alle relevanten Stakeholder beteiligt. Nur mit einem Miteinander, nicht einem Gegeneinander der unterschiedlichsten Interessen, kann das größte und wichtigste System der sozialen Sicherung für die Zukunft aufgestellt werden.