Veranstaltung: | Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | WP-K1 Kapitel 1: In die Zukunft wachsen – ökologisch und ökonomisch |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 26.01.2025 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Kapitel 1: In die Zukunft wachsen – ökologisch und ökonomisch
Beschlusstext
Die Menschen in Deutschland sind zu Recht stolz auf das, was sie schaffen, auf
die Qualität ihrer Arbeit, auf ihre Erfahrungen und Kompetenz – ob im
Erwerbsleben, in der familiären Erziehung, in der Pflege von Angehörigen oder im
Ehrenamt. Ihre Leistungen verdienen unsere Anerkennung. Deutschland muss auf
diese Kraft bauen, um die großen strukturellen Herausforderungen anzugehen, vor
denen wir stehen: Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine und der
Systemkonflikt zwischen liberalen Demokratien und autoritären Staaten im Umfeld
Chinas erfordern eine Neuausrichtung von Wirtschaftssicherheit und Handel,
Lieferketten und Absatzmärkten. Wir werden diesen Wettstreit auch im
Ökonomischen nur gewinnen, wenn wir den großen Vorteil der liberalen Demokratie
maximal zur Geltung bringen: dass Menschen neue Ideen haben und Dinge frei
entdecken und entfalten können. Wir wollen in der kommenden Regierung daran
weiterarbeiten, die strukturellen Schwächen unseres Standorts zu beheben, unsere
Unternehmen auf dem Weg in die Klimaneutralität zu unterstützen und unsere
Wirtschaft in Einklang mit den planetaren Grenzen zu bringen. Wir sorgen dafür,
dass Deutschland und Europa bei den Innovationen der Zukunft vorn mit dabei
sind. Dafür muss Wirtschaften einfacher und verlässlicher werden, dafür müssen
Chancen fair eröffnet und alle gerecht entlohnt werden. Dafür können wir nicht
im Status quo verharren. Vielmehr brauchen wir mehr Raum und Begeisterung für
die Bereitschaft und den Mut, mit neuen Ideen und Technologien ins Risiko zu
gehen. Unser Ziel ist, die Innovationskraft unseres Landes spürbar zu stärken
und zum Spitzenreiter bei Zukunftstechnologien zu werden. Das europäisch
verankerte Vorsorgeprinzip stellt sicher, dass technologischer Fortschritt für
nachhaltige Entwicklung und im Sinne des Gemeinwohls erfolgt.
Damit wir unseren Wohlstand erneuern und nicht nur verwalten, braucht es ein
Land, das einfach funktioniert – einen Staat, der es den Menschen und
Unternehmen leichter macht, ihre Ideen umzusetzen, und nicht schwerer: mit einem
Klick zur Lösung statt mit einem Dutzend Formularen in den Papierkrieg. Den
Anfang haben wir in den vergangenen drei Jahren geschafft: Wir haben ein
Rekordtempo beim Ausbau der Erneuerbaren erzeugt, haben Grundlagen gelegt bei
der Modernisierung der Industrie, der Zuwanderung von Fachkräften, der
Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Stärkung von
Investitionen. Aber unser Land braucht jetzt eine gemeinsame Anstrengung, damit
wir auf diesem Weg erfolgreich vorankommen. Der Wettlauf bei der technologischen
Entwicklung macht es notwendig, dass neue Ideen und Innovationen schneller
Wirklichkeit werden.
Wenn wir auf diesem Weg den deutschen und europäischen Standort stärken, stärken
wir dabei auch die Idee der sozialökologischen Marktwirtschaft – und eine
Wirtschaft, die Verantwortung übernimmt für Gesellschaft und Umwelt, sichere
Arbeitsplätze bietet und vor Ort verankert ist: eine Wirtschaft im Dienst der
Menschen. Eine starke Wirtschaft ist die Bedingung unseres Wohlstandes und
Voraussetzung für Zusammenhalt und Stabilität im Inneren, für ein
handlungsfähiges Europa und nicht zuletzt zur Bewältigung der Klimakrise.
Nachhaltiger Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Vorsorge und Gerechtigkeit
ist Kern eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Dieser Wohlstand ist eng
verknüpft mit der Bekämpfung der Klimakrise, die gemeinsam mit der Krise der
Artenvielfalt die große Aufgabe unserer Zeit ist. Denn wir wollen einen Planeten
erhalten, auf dem Menschen in Freiheit und Sicherheit leben können. Wir werden
den immer häufigeren Extremwettern nicht gleichgültig gegenüberstehen, sondern
mit aller Kraft dafür kämpfen, dass sich das Klima stabilisiert. Das erfordert
große Investitionen, zum Beispiel in den Ausbau günstiger erneuerbarer Energien,
die Steigerung der Energieeffizienz und den Umbau der Stromnetze, die
jahrzehntelang verschleppt wurden. Dafür brauchen wir intakte Ökosysteme,
gesunde Wälder, saubere Meere und Respekt vor den Tieren als Mitgeschöpfe. Wenn
wir die Umwelt schützen, schützt sie uns auch. Klimaschutz ist Menschenschutz
und zugleich eine zentrale Wettbewerbsfrage unserer Zeit. Der Weg zurück zu den
fossilen Technologien führt in den wirtschaftlichen Stillstand und ist eine
Bedrohung für die Menschheit.
Wir werden darauf achten, dass alle Menschen unseres Landes den Weg mitgehen
können, der in eine gute Zukunft führt. Wir sorgen dafür, dass auch Mieter*innen
mit knappem Budget eine moderne Heizung und eine verbesserte Dämmung bekommen.
Wir sorgen dafür, dass der Zugang zu elektrischer Mobilität die Fortbewegung
komfortabler und erschwinglicher macht – ob mit dem Bus, der Bahn oder dem E-
Auto. Wir sorgen dafür, dass durch Klimaanpassung die Wohnungen von Mieter*innen
und das Eigentum von Hausbesitzer*innen geschützt werden.
A. Eine starke Wirtschaft für sichere Jobs
Für einen wettbewerbsfähigen Standort
Unternehmen brauchen gute Wettbewerbsbedingungen und ein gutes
Investitionsklima, allem voran klare Rahmenbedingungen und Planungssicherheit.
Für unsere Wirtschaft sorgen wir für dauerhaft günstige, verlässliche und
klimaneutrale Energie, erhöhen private und öffentliche Investitionen in
Innovation und Infrastruktur, vereinfachen, digitalisieren und beschleunigen
staatliche Verfahren und Prozesse und arbeiten daran, das Fachkräftepotenzial in
und für Deutschland zu erhöhen.
Eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung ist ein entscheidender
Standortfaktor. Erleichterungen für Eigenstromproduktion, langfristig sichere
Abnahmeverträge und die konsequente Erschließung von Flexibilitätspotentialen
und den Preisvorteilen der Erneuerbaren sichern der Wirtschaft direkten Zugang
zu günstiger Energie. Auch für die Wirtschaft ist die weitere Absenkung der
Steuern und Abgaben auf Strom wichtig. Deshalb übernehmen wir die Netzentgelte
für die überregionalen Stromleitungen aus dem Deutschlandfonds und senken die
Stromsteuer auf das europäische Minimum. Wir werden verstärkt Maßnahmen zur
Steigerung der Energieeffizienz unterstützen. Zudem setzen wir uns ein für eine
breitere Ausgestaltung der Strompreiskompensation für energieintensive
Unternehmen, die im globalen Wettbewerb stehen. Wir werden das
Wasserstoffkernnetz zügig und bedarfsorientiert aufbauen, die Erzeugung von
grünem Wasserstoff in Deutschland fördern und neue Importquellen sichern.
Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) leiden besonders unter
aufwendiger Bürokratie und oft zu komplizierten Regeln. Die Beschleunigung des
Ausbaus der Erneuerbaren haben wir maßgeblich durch das Abschaffen
bürokratischer Hürden wie Anträge für einzelne Stecker ermöglicht. Den gleichen
Weg müssen wir in allen Bereichen gehen. Mit dem Praxischeck haben wir dafür ein
pragmatisches und erfolgreiches Instrument zum Abbau unnötiger Bürokratie in
Deutschland eingeführt, das wir in der nächsten Legislatur skalieren werden.
Dabei werden Sektor für Sektor die Betroffenen aus Unternehmen, Verwaltung und
Zivilgesellschaft eingebunden, unnötige bürokratische Hürden bestimmt und
praktische Lösungen zu deren Abbau identifiziert, ohne soziale oder ökologische
Schutzstandards abzubauen. Das werden wir nun flächendeckend und systematisch
ausrollen und auch in den Gesetzgebungsprozessen vorab umsetzen. Bei jeder
Gesetzgebung muss die einfache Umsetzbarkeit für die Bürger*innen, die
Unternehmen und die Verwaltung in Ländern und Kommunen im Vordergrund stehen.
Wir setzen uns für eine regelmäßige Überprüfung von Regulierungen ein, um
bürokratische Anforderungen zu vereinfachen und Vorschriften, die ihr Ziel
verfehlen, wieder zu streichen, ohne Schutzstandards abzubauen. Ein wesentliches
Mittel für den Bürokratieabbau ist die Digitalisierung der Verwaltung: Wir
wollen, dass zentrale öffentliche Dienstleistungen für Unternehmen an einer
Stelle gebündelt werden und Daten nach dem Once-Only-Prinzip nur einmal
eingereicht werden müssen. Die Notarpflichten werden wir vereinfachen und
reduzieren, um so Kosten zu senken und Zeit zu sparen. Damit mehr Unternehmen
von den KMU-Ausnahmeregeln profitieren können, werden wir die Schwellenwerte für
die Definition von KMU moderat anheben.
Deutschland ist von früheren Regierungen jahrelang auf Verschleiß gefahren
worden. Zu lange hat es zu wenig verlässliche öffentliche Investitionen gegeben.
Dabei steht hinter jeder öffentlichen Investition realwirtschaftliche
Wertschöpfung. Wir wollen eine starke, resiliente und verlässliche Infrastruktur
bereitstellen, indem wir die öffentlichen Investitionen dafür aus nationalen und
aus Mitteln der Europäischen Union (EU) stärken und ausbauen. Dafür werden wir
auch die Schuldenbremse reformieren.
Der Großteil der Investitionen kommt jedoch von Unternehmen und anderen privaten
Akteuren. Wer in Deutschland investiert, soll es bei der Steuer leichter haben:
Dazu führen wir eine auf fünf Jahre befristete, unbürokratische
Investitionsprämie von 10 Prozent für alle Unternehmen und alle Investitionen
mit Ausnahme der Gebäudeinvestitionen ein. Diese Prämie wird mit der
Steuerschuld des Unternehmens verrechnet; falls die Prämie die Steuerschuld
übersteigt, wird sie ausgezahlt. Die Wirksamkeit dieser Prämie evaluieren wir
durch ein jährliches Monitoring.
Es ist absolut entscheidend, dass wir nicht nur gute Ideen entwickeln, sondern
dass daraus auch starke neue deutsche und europäische Unternehmen entstehen.
Hier haben wir bisher im Vergleich zu den USA oder China eine große Schwäche
beim Zugang zu Finanzierung. Wir erleichtern deshalb den Zugang zu Wagniskapital
durch die Fortsetzung der WIN-Initiative, um jungen innovativen Unternehmen
durch verbesserte steuerliche, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen
einen einfacheren Zugang zu privatem Kapital zu ermöglichen. Wir wollen es
Versicherungen, Rentenkassen und Privatpersonen erleichtern, in Start-ups und
Scale-ups zu investieren, sofern die Höhe der Investments einem vertretbaren
Risiko entspricht. Außerdem werden wir die Möglichkeiten von Start-ups
verbessern, in ihr Unternehmen zu reinvestieren.
Wettbewerbsfähigkeit steht und fällt auch mit gut qualifizierten Beschäftigten.
Gewerkschaften, betriebliche Mitbestimmung und die Sozialpartnerschaft mit ihrer
starken Tarifbindung sind eine Stärke unseres Standorts. Wir setzen uns für eine
Beitragsstabilität in der Sozialversicherung ein, um den Anstieg der
Lohnnebenkosten zu begrenzen. Um Menschen in ganz Europa besser gegen
wirtschaftliche Krisen abzusichern und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu
schaffen, setzen wir uns für europäische Mindeststandards für soziale
Sicherungssysteme ein.
Für mehr Arbeitskräfte und die gleichberechtigte
Erwerbstätigkeit von Frauen
Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften ist eine der größten Herausforderungen
für die wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung Deutschlands. Ob
Handwerk, Gastronomie oder große Konzerne – alle sind betroffen. Um diese Lücke
zu schließen, gilt es Hindernisse abzubauen und Anreize zu setzen, damit
Menschen sich auf dem Arbeitsmarkt einbringen können.
Deutschland hat 2,9 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss, während viele
Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Mit der Ausbildungsgarantie haben wir dazu
beigetragen, dass junge Menschen besser ihren Weg in den Beruf finden. Die
Attraktivität der beruflichen Ausbildung werden wir weiter erhöhen. Wir
unterstützen Menschen, die schon im Berufsleben sind und sich neu orientieren
oder weiterqualifizieren möchten. Dafür wollen wir das Qualifizierungsgeld
weiterentwickeln und für Erwerbstätige mehr Eigeninitiative bei der beruflichen
Weiterbildung ermöglichen und diese sozial absichern. Auch der demografische
Wandel verstärkt die Arbeitskräftelücke. Daher müssen wir für ältere
Arbeitnehmer*innen und Rentner*innen, die länger arbeiten möchten, finanzielle
Anreize bei den Sozialversicherungsbeiträgen bieten. Wir wollen das Potenzial
von Menschen mit Behinderung auch auf den Arbeitsmarkt bringen. Dazu bauen wir
bürokratische Hürden und durch Aufklärung Vorurteile ab. Denn die Herstellung
von Barrierefreiheit ist eine Investion zur Gewinnung von Fach- und
Arbeitskräften.
Wenn Arbeit besser ins Leben passt und alle Frauen mit Kindern so arbeiten
könnten, wie sie möchten, hätten wir in Deutschland bis zu 840.000 zusätzliche
Arbeitskräfte. Deshalb müssen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
erleichtern und die Bedingungen für eine gerechte Aufteilung von Care-Arbeit
verbessern. Dafür wollen wir den Beschäftigten mehr Zeitsouveränität und
flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen, ohne die Betriebe zu überfordern. Ein
gutes und verlässliches Angebot an Betreuungsplätzen ist dafür die Grundlage.
Betreuungskosten sowie Kosten für Haushaltshilfen und haushaltsnahe
Dienstleistungen sollten umfangreicher bei der Steuer absetzbar sein. In der
jetzigen Form stellt das Ehegattensplitting ein Erwerbshindernis für Frauen dar
und ist weder gerecht noch zeitgemäß. Deshalb wollen wir es grundlegend
geschlechtergerecht reformieren, indem wir für Neuehen eine individuelle
Besteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag einführen. Für Paare, die bereits
verheiratet sind, ändert sich nichts - außer sie entscheiden sich freiwillig für
das neue Modell. Indem wir eine gleichberechtigte Erwerbsbeteiligung von Frauen
ermöglichen, stärken wir ihre eigenständige Absicherung, schützen sie so vor
Altersarmut und stärken gleichzeitig die Volkswirtschaft.
Deutschland muss für qualifizierte Arbeitskräfte aus aller Welt attraktiv, offen
und einladend sein. Wir wollen, dass Menschen, die bei uns arbeiten wollen, ihr
Arbeitsvisum online beantragen können und dafür nur eine Ansprechstelle
brauchen. Eine digitale Einwanderungsagentur soll den Einwanderungsprozess
modernisieren und beschleunigen. Wir setzen uns dafür ein, dass ein Austausch
mit Ämtern und Behörden noch leichter auf Englisch erfolgen kann. Wir wollen die
Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen deutlich vereinfachen und, wo es
möglich ist, praxisorientierte Nachweisoptionen ermöglichen. Dafür schaffen wir
eine zentrale Anerkennungsstelle und mehr personelle Ressourcen. Bei der
Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland achten wir darauf, eine übermäßige
Talentabwanderung in den Herkunftsländern zu verhindern. Die Arbeitshindernisse
für Geflüchtete bauen wir weiter ab, auch weil sie über den Arbeitsmarkt
schneller in unsere Gesellschaft integriert werden. Wir wollen die
Arbeitsaufnahme und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten unbürokratisch und gut
kombinierbar gestalten.
Für eine starke europäische Wirtschaft
Der europäische Binnenmarkt mit seinen 450 Millionen Einwohner*innen und 17
Billionen Euro Wirtschaftsleistung ist eine historische Errungenschaft. Nur mit
mehr Europa können wir im Wettbewerb mit den USA und China bestehen, können wir
die gemeinsame Wachstums- und Innovationsschwäche überwinden und wieder
treibende Kraft beim technologischen Fortschritt werden. Das schafft und sichert
auch Wohlstand und gute Jobs in Deutschland.
Wir wollen den europäischen Binnenmarkt weiter stärken und um eine vertiefte
Digitalunion ergänzen, damit die Unternehmen der Zukunft auch in Europa groß
werden. Und wir wollen einen EU-Binnenmarkt für Forschung und Innovation. So
entfesseln wir die europäische Zusammenarbeit zwischen Universitäten,
Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Gemeinsame Forschungsinfrastrukturen
und -agenturen stärken unsere Wettbewerbsfähigkeit und können uns wieder zum
Spitzenreiter bei den Zukunftstechnologien machen.
Europa war bereits einmal Weltmarktführer bei sauberen, nachhaltigen
Technologien wie Solarmodulen, Windturbinen und Elektrolyseure. Der europäische
Green Deal gibt mit klimapolitischen und ökologischen Zielen und Leitplanken den
Rahmen für fairen Wettbewerb in der EU. Bei pragmatischer Umsetzung kann Europa
so auch zum innovativen Marktführer für nachhaltige Elektrotechnik, Chemie,
Maschinenbau und Dienstleistungen werden. Damit sichern wir durch Klima- und
Ressourcenschutz gute Jobs im Industriebereich – einem wichtigen Zukunftsmarkt.
Dazu brauchen wir jetzt stabile Rahmenbedingungen für die Entwicklung und
Skalierung von Zukunftstechnologien statt innovationsfeindliche Diskussionen um
ein Rollback oder eine Bremsung des europäischen Green Deal. Deswegen wird es
mit uns keine Aufweichung bestehender Klimaschutzziele oder Abschwächung des
Ambitionsniveaus zu deren Erreichung geben.
Wir unterstützen die Erweiterung des Green Deal durch die neue EU-Kommission zum
Clean Industrial Deal. Wir müssen von Klimaschutzmaßnahmen wirtschaftlich
stärker profitieren und unsere klimaneutrale europäische Innovationskraft zu
einem globalen Wettbewerbsvorteil ausbauen. Dazu braucht es eine echte,
europäisch koordinierte Industriepolitik. Dafür wollen wir im nächsten EU-
Finanzrahmen die entsprechenden Instrumente schaffen und sie mit den notwendigen
Mitteln unterlegen. Dazu gehört auch, dass wir das Beihilferecht der EU so
ändern, dass es kurzfristig einer umfassenden Unterstützung der Dekarbonisierung
der Industrie und dem Abbau gefährlicher Abhängigkeiten von Autokratien nicht im
Wege steht.
Für funktionierende und nachhaltige Finanzmärkte
Funktionierende Finanzmärkte sind ein essenzieller Bestandteil stabiler
wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und einer nachhaltigen Investitionsdynamik,
die für klimaneutrale Erneuerung unerlässlich sind. Um Finanzkrisen vorzubeugen,
benötigen Banken, aber auch Versicherungen und andere Finanzmarktakteure
ausreichend haftendes Eigenkapital. Gerade kleine Banken und Finanzmarktakteure
wollen wir von unnötig kleinteiliger Bürokratie entlasten.
Trotz der gemeinsamen Währung orientieren sich die Kapitalmärkte der EU-
Mitgliedstaaten häufig noch an nationalen Staatsgrenzen. Die uneinheitliche
Regulierung hemmt Investitionen aus dem Ausland und schränkt
Finanzierungsmöglichkeiten für in der EU ansässige Konzerne ein. Aber auch
kleine und mittelständische Firmen leiden, etwa unter dem vergleichsweise
unterentwickelten europäischen Markt für Eigenkapitalinstrumente und
Schuldverschreibungen. Wir werden uns europäisch für eine rasche Vollendung der
Kapitalmarkt- und Bankenunion einsetzen und eine starke europäische
Kapitalmarktaufsicht schaffen. Das Vertrags- und Insolvenzrecht für
Finanzmarktakteure wollen wir dafür europaweit angleichen.
Wir wollen Finanzmarktakteuren die nachhaltige Finanzierung erleichtern und die
Finanzierung der Biodiversität stärken. Sustainable Finance leistet einen
wichtigen Beitrag, Investitionen in fossile Energien unwirtschaftlich und
Investitionen in Zukunftstechnologien günstiger zu machen. Deutschland soll eine
führende Rolle bei der Verbesserung der Sustainable-Finance-Regulierung spielen.
Wir setzen uns dabei für mehr Konsistenz und Vereinfachung bei der Sustainable-
Finance-Regulierung auf europäischer und internationaler Ebene ein, mit Fokus
auf Wirkung und Effizienz. Dazu braucht es klare Regeln gegen Greenwashing. Alle
Geldanlagen des Staates sollen nach Nachhaltigkeitskriterien und im Einklang mit
den Zielen des Pariser Klimaabkommens angelegt werden. Wir werden die EU-
Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) in nationales Recht umsetzen und uns für
eine Vereinfachung der ihr zugrunde liegenden Standards (ESRS) einsetzen, um sie
für Unternehmen handhabbarer zu machen. Die Green Asset Ratio (GAR) werden wir
reformieren.
Für mehr Innovationskraft
Deutschland und Europa müssen bei den Innovationen der Zukunft vorn mit dabei
sein.Denn diese Innovationen sind nicht nur entscheidend für unsere
wirtschaftliche Zukunft, sondern auch für die Bewältigung der großen
gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit – von der Klimakrise bis zur
geopolitischen Behauptung gegen den Autoritarismus.
Die Spitzenposition der deutschen Forschung soll weiter gestärkt und ausgebaut
werden. Wir wollen erreichen, dass Staat und Unternehmen deutlich mehr als 3,5
Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung investieren. Unsere
Forschungspolitik umfasst die Stärkung der freien Grundlagenforschung ebenso wie
der missions- und anwendungsorientierten Forschung sowie den Transfer in
marktreife Produkte. Dabei fördern wir technische und soziale Innovationen
gleichwertig, stärken die sozial-ökologische Forschung und unterstützen
Großforschungsanlagen. Wir werden die Zukunftsstrategie für Forschung und
Innovation konkretisieren und weiterentwickeln.
Mit einem Forschungsdatengesetz werden wir die Verfügbarkeit von Daten
verbessern und den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen fördern. Wir
werden die Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage weiter ausweiten und so
Unternehmen bei der Forschung besser unterstützen. Gleichzeitig brauchen wir
eine auskömmliche Grundfinanzierung in der Wissenschaft.
Mit der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) wollen wir
regionale Innovationsökosysteme unterstützen, in denen Wissenschaft,
Gesellschaft und die Wirtschaft gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiten. Die
Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) fördert Innovationen nicht
klassisch durch Förderprogramme, sondern durch sogenannte Challenges. Diesen
Ansatz wollen wir ausbauen und auf europäischer Ebene nach dem ARPA-Modell
flankieren.
Mit einem Reallabor-Gesetz werden wir Experimentierräume schaffen, in denen
Wissenschaftler*innen und lokale Akteur*innen gemeinsam neue Technologien und
Anwendungen erproben können. Diese Räume sind auch Lernräume für Wirtschaft,
Zivilgesellschaft und Verwaltung, etwa zur Entwicklung eines geeigneten
regulatorischen Rahmens. Wir werden die bürokratischen Hürden im Forschungs- und
Technologiebereich reduzieren und gleichzeitig auch die Forschung zu Risiken und
die Technikfolgenabschätzung stärken.
Wir werden der Digitalisierung der Wirtschaft und Wissenschaft und der
Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen einen deutlichen Schub geben, um
unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu sichern. Wir
haben eine große Kompetenz in Künstlicher Intelligenz (KI), müssen diese aber
stärker in die Praxis bringen. Dazu wollen wir die Entwicklung und Anwendung von
KI, die Etablierung robuster Cybersicherheitsstandards sowie die Stärkung
digitaler Kompetenzen in Unternehmen und Hochschulen etwa durch eine
Weiterentwicklung der Mittelstandsdigitalzentren gezielt fördern und und die
Datennutzung etwa durch den zügigen Aufbau des Dateninstituts erleichtern. Mit
einem Quick Check für rechtskonforme KI-Systeme sollen Anwender*innen
niedrigschwellig prüfen können, in welche Risikokategorie die Verwendung fällt
und welche Pflichten einzuhalten sind. Wir schaffen zudem passende
Rahmenbedingungen für interoperable Standards und für einen sicheren und
effizienten Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Der Staat
sollte als vertrauensvoller Referenzkunde seine Marktmacht als Einkäufer nutzen,
um innovative digitale Produkte zu fördern. Dabei sollte er insbesondere Open-
Source-Anwendungen einsetzen, Produkte von Start-ups und KMU berücksichtigen und
IT-Sicherheit gewährleisten.
Für die notwendige Innovationskraft brauchen Deutschland und Europa eine neue
Gründungskultur. Wir werden Gründungen einfacher machen durch rechtliche
Vereinfachungen, eine Digitalisierung und Automatisierung von Gründungsprozessen
und indem wir Gründer*innen in One-Stop-Shops Begleitung und Beratung aus einer
Hand anbieten. Wir wollen Gründungen in ihrer Vielfalt unterstützen. Dafür geben
wir insbesondere Gründerinnen und nachhaltigen Start-ups einen Booster, etwa
durch verbesserte Finanzierungsangebote. Wir werden Wissenschaftler*innen
ermöglichen, sich für die Gründung eines Unternehmens unbezahlt freistellen zu
lassen. Ausgründungen und IP-Transfer aus Hochschulen verschaffen wir mit den
Start-up Factories einen echten Schub und stärken die EXIST-Hochschulförderung
in der Breite inklusive EXIST Women und gezielter Formate für bisher
unterrepräsentierte Gruppen bei Gründungen. Den Transferauftrag für Hochschulen
und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen stärken wir. Damit auch die
Beschäftigten am Unternehmenserfolg beteiligt werden können, bauen wir die
Mitarbeiterkapitalbeteiligung generell weiter aus.
Für die klimaneutrale Modernisierung der Industrie
Unser Anspruch ist es, dass Deutschland ein starker Industriestandort bleibt,
denn Industrieunternehmen sind in ihren Regionen identitätsstiftend und wichtige
Arbeitgeber. Wir wollen unsere Industrie bei der klimafreundlichen
Modernisierung unterstützen, sie hier halten und verhindern, dass die Produktion
in Länder abwandert, in denen es noch keinen CO2-Preis und nur laxe
Umweltschutz- und Sozialstandards gibt. In einer Welt, in der Krisen, Konflikte
oder machtpolitische Bestrebungen jederzeit Lieferketten stören oder zerbrechen
lassen können, brauchen wir in essenziellen Bereichen eigene
Produktionsmöglichkeiten, um fatale Abhängigkeiten zu vermeiden.
Damit die klimaneutrale Modernisierung der Industrie gelingen kann, setzen wir
auf einen effizienten Instrumentenmix aus marktwirtschaftlichen Instrumenten wie
dem CO2-Preis als zentralem Anreiz zur CO2-Einsparung, gezielter Unterstützung
vor allem bei Investitionen und unbürokratischem Ordnungsrecht. Wo
Investitionshürden zu Beginn zu hoch sind und über den CO2-Preis nicht genug
Anreize gesetzt werden, setzen wir auf wettbewerbsorientierte Instrumente wie
die Klimaschutzverträge. Den Anwendungsbereich der Klimaschutzverträge werden
wir ausweiten und so diejenigen Unternehmen finanziell fördern, die pro Euro am
meisten CO2 einsparen. Neben einer Standortgarantie wollen wir die
Klimaschutzverträge auch an eine Bezahlung nach Tarifvertrag binden. Um
ausreichend Nachfrage für klimaneutral hergestellte Produkte zu garantieren,
werden wir grüne Leitmärkte in Sektoren wie Stahl und Zement europaweit
etablieren. Dafür wollen wir beispielsweise bei öffentlichen Aufträgen eine
Mindestquote von grünem Stahl einführen, die stetig ansteigt. Wir werden
Unternehmen, insbesondere KMU, beim Umstieg von fossiler Wärme auf moderne
strombasierte Wärmeproduktion gezielt unterstützen.
Die vollständige Klimaneutralität der Industrie wird aufgrund von schwer zu
vermeidenden Emissionen bei bestimmten Produktionsprozessen nur mit der
Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 (CCS/CCU) möglich sein. Deshalb
ermöglichen wir für diesen Bereich die Anwendung dieser Technologien.
Voraussetzung dafür ist, dass das abgeschiedene CO2 in einer sicheren und
stabilen Form gespeichert oder im Rahmen geschlossener Kohlenstoffkreisläufe
genutzt wird. Wo technisch nicht vermeidbare Emissionen entstehen, kann dies
unterstützt werden. Grundsätzlich gilt für die Finanzierung das
Verursacherprinzip. Wir wollen einen europaweit einheitlichen Regelungsrahmen,
einschließlich eines verbindlichen Haftungsrechts entwickeln. Dazu schaffen wir
eine integrierte europäische Infrastruktur, inklusive gemeinsamer europäischer
CO₂-Speicher. Wir berücksichtigen dabei bestehende Nutzungen gerade auch auf dem
Meer, verbindliche ökologische Kriterien sowie den Ausschluss von Schutzgebieten
und deren unmittelbarer Umgebung. Wir erforschen und entwickeln auch negative
Emissionen – also natürliche und technische Prozesse, die der Atmosphäre CO₂
entziehen - und setzen klare Ziele für das Erreichen von Negativemissionen, ohne
diese gegen die Reduktionsziele des Emissionshandels anzurechnen.
Global ist der Wettbewerb zwischen Verbrenner und E-Autos längst entschieden.
Die Automobilindustrie mit ihren mittelständischen Zulieferbetrieben ist der
größte Industriezweig in unserem Land. Für diese Unternehmen und ihre
Arbeitnehmer*innen ist Planungssicherheit entscheidend: Wir bleiben dabei, ab
2035 nur noch klimaneutrale Antriebe neu zuzulassen. Wir unterstützen die EU-
Flottengrenzwerteverordnung mit ihren Zielen für die CO2-Reduktion für die Jahre
2025, 2030 und 2035. Mögliche Strafzahlungen sollen im Rahmen der bestehenden
Regelungen gegebenenfalls gestreckt und für den Hochlauf der E-Mobilität durch
europäische Programme genutzt werden, damit die Automobilindustrie dringend
notwendige Investitionen in die Modernisierung tätigen kann. Wir beschleunigen
den Hochlauf der Elektromobilität durch gezielte Förderung für die
Ladeinfrastruktur und sozial ausgewogene Kauf- und Leasinganreize für
verbrauchsarme E-Autos. Förderung wollen wir dabei nur jenen gewähren, die auch
in Europa mit seinen hohen sozialökologischen Standards produzieren: in Europa,
für Europa. Mit gezielten Forschungsprogrammen und dem Ausbau der regionalen
Transformationsnetzwerke unterstützen wir die Fortentwicklung von
Geschäftsmodellen und berufliche Weiterqualifizierung zur Vermeidigung von
Arbeitslosigkeit, insbesondere in den Bereichen vernetztes Fahren,
Batteriezellen und dem Einsatz von KI.
Unser Vermögen und unsere Zukunft liegt in klugen Köpfen und einem
ambitionierten Forschergeist. Durch eine stärkere Offenheit und Förderung in
Schlüsselbereichen wie KI, Quantentechnologie, Mikrochips, Cloud-Computing,
klimaneutrale Energielösungen, Biotechnologie und Robotik wollen wir künftig
nicht nur mitgestalten, sondern zu den führenden Nationen aufschließen und
globale Trends setzen. Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf europäische
Firmen. Insbesondere werden wir den Aufbau von Produktionskapazitäten für
Schlüsseltechnologien wie beispielsweise Mikrochips und Batterien weiter
vorantreiben. Die gestiegene Bedeutung der Raumfahrt für Geopolitik, Sicherheit
und Nachhaltigkeit muss sich noch stärker in nötigen Investitionen, einer
wettbewerbsfähigen europäischen Raumfahrtindustrie auch durch New-Space
Geschäftsmodelle sowie einem souveränen Zugang zum Weltraum etwa für
Satellitenkommunikation, -navigation und Erdbeobachtung widerspiegeln.
Auch der Schritt zur Klimaneutralität ist ein Innovationsmotor. Von der
Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyseure bis zum E-Auto entstehen neue
Zukunftstechnologien. Deutschland wird seinen Wohlstand nur halten können, wenn
wir in diesen Bereichen global führend sind. Deswegen werden wir die Entwicklung
und Forschung an Zukunftstechnologien fördern und ihre Markteinführung
unterstützen. So werden wir hochwertige Arbeitsplätze und den Wohlstand von
morgen sichern. Dafür wollen wir den Net-Zero Industry Act der EU möglichst
schnell und umfassend in Deutschland umsetzen.
Chancen und Potenziale neuer Energietechnologien wie die Kernfusion und ihren
Beitrag zur künftigen Energieversorgung wollen wir unter Berücksichtigung von
Sicherheitsfragen weiter erforschen, auch wenn sie bis 2045 voraussichtlich noch
keinen Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele leisten können.
Für die Stärkung von Mittelstand und Handwerk
Die ökonomische Kraft unseres Landes liegt in der Vielfalt seiner Unternehmen.
Die Tatkraft und Innovationsfähigkeit der Handwerksbetriebe, der Selbstständigen
und Freiberufler*innen sowie der KMU sind Motor unserer Wirtschaft. Sie treiben
den Klimaschutz voran und sorgen gerade in ländlichen Räumen für Arbeitsplätze
und Stabilität. Der Entfaltung dieser Kraft wollen wir Rückenwind geben.
Das Handwerk bietet in einer nachhaltigen Wirtschaft krisensichere
Arbeitsplätze.Durch Bürokratieabbau, die Unterstützung bei Nachfolgen und die
gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk wollen wir die Rahmenbedingungen
verbessern. Oberstes Ziel sind der Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der
Betriebe. Damit Handwerksberufe noch attraktiver werden, setzen wir auf
branchenspezifische Mindestvergütungen und mehr Gleichwertigkeit von beruflicher
und akademischer Ausbildung. Der Meisterbrief soll kostenlos werden. Wir setzen
uns dafür ein, dass die Zeit der Schwangerschaft auch im Handwerk und in der
Selbstständigkeit auskömmlich abgesichert wird.
Wir nehmen auch die Bedarfe von Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen
verstärkt in den Blick und schaffen Rechtssicherheit bei der Auftragsvergabe.
Zentral ist dabei eine zeitgemäße Definition von Selbstständigkeit auf Basis von
Positivkriterien, damit das Statusfeststellungsverfahren transparent und
rechtssicher durchgeführt werden kann. Wir stärken die sozialen
Sicherungssysteme für Soloselbstständigkeit und setzen uns für mehr
Gerechtigkeit bei Beiträgen, Leistungen und Besteuerung ein.
Preissteigerungen - wie zuletzt im Energiesektor durch den russischen
Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst - können dazu führen, dass das Leben für
viele Menschen weniger bezahlbar ist. Gleichzeitig wurde in verschiedenen Fällen
unlauterer Profit aus diesen Krisen geschlagen. Gegen diese Profitinflation
braucht es eine starke deutsche und europäische Wettbewerbspolitik mit dem
unabhängigen Bundeskartellamt und der EU-Kommission im Zentrum. Das
Wettbewerbsrecht braucht eine Weiterentwicklung, um KMU sowie Verbraucher*innen
effektiver vor Monopolen zu schützen und für mehr Fairness zu sorgen. Auf
europäischer Ebene wollen wir dazu das von der Kommission bereits vorgeschlagene
New Competition Tool wiederbeleben, vor allem um heimische Unternehmen vor
unfairen Praktiken globaler Großunternehmen zu schützen. Die schon jetzt
übermächtigen Plattformunternehmen wollen wir an der Ausweitung ihrer Macht auf
weitere Geschäftsbereiche, etwa im Finanzmarkt, hindern und dafür das
Wettbewerbsrecht in aller Härte nutzen. Umgekehrt sollen kleine Übernahme- und
Fusionsfälle in Deutschland und Europa von bürokratischen Verfahren entlastet
werden.
Unfaire und teure Praktiken von Onlineplattformen zulasten des mittelständischen
Gewerbes und der Verbraucher*innen werden wir mithilfe des Wettbewerbsrechts
zurückdrängen. Über große Onlinehändler gelangen massenweise Waren zu uns, die
europäische Standards nicht einhalten. Im Internet entstehen immer wieder neue,
unfaire und manipulative Praktiken. Wir unterstützen den Digital Fairness Act
der EU Kommission und setzen uns dafür ein, dass große Plattformen – genau wie
der Laden um die Ecke – Produktverantwortung übernehmen müssen. Wir wollen faire
und transparente digitale Märkte für Gewerbetreibende, Kreativschaffende, Presse
und nicht zuletzt ihre Kundschaft schaffen.
Um die Vergabestellen gerade der Kommunen und die Wirtschaft um
Verwaltungskosten von über einer Milliarde Euro zu entlasten, modernisieren wir
das Vergaberecht umfassend, um nachhaltige Beschaffung zu vereinfachen und zur
Regel zu machen. Wir werden auch die Regionalität von Produkten und die
Resilienz der europäischen Wirtschaft als Kriterien bei geeigneten Vergaben
ermöglichen. Auch die Losvergabe muss die Regel bleiben, um KMU den direkten
Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erhalten. Um die Vergabestellen gerade der
Kommunen zu entlasten, werden wir die Direktauftragsgrenzen deutlich anheben.
Die nachhaltige Vergabe werden wir durch geeignete Hilfsinstrumente für alle
Vergabestellen einfacher machen. Wir berücksichtigen Start-ups bei der Vergabe
besser.
Um Familienunternehmen und Start-ups weitere Nachfolgeoptionen zu bieten, wollen
wir eine neue attraktive Rechtsform für Gesellschaften mit gebundenem Vermögen
einführen. Gemeinwohlorientierte Unternehmen sollen künftig die gleiche
Förderung erhalten wie alle anderen Gründer*innen auch. Gelder von verwaisten
Konten werden wir zur Stärkung sozialer Innovationen und gemeinwohlorientierter
Unternehmen verwenden. Die Nationale Strategie für Soziale Innovationen und
Gemeinwohlorientierte Unternehmen werden wir fortführen.
Von Wertschöpfung und Investitionen vor Ort in den Kommunen hängt die
Wirtschaftskraft und Lebensqualität in ländlichen Räumen entscheidend ab. Durch
den Ausbau der Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsentwicklung (GRW)
stellen wir sicher, dass Menschen und Unternehmen sich überall im Land entfalten
können.
Nicht nur in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen wie der Lausitz, dem
Mitteldeutschen Revier und dem Rheinischen Revier liegt das Potenzial für
ambitionierten Klimaschutz und vorausschauende Wirtschaftspolitik. Die
Herausforderungen sind groß und dennoch wollen wir den Strukturwandel als Chance
begreifen, um mit neuer Infrastruktur, neuen Wissenschaftsstandorten,
Wirtschaftsförderung, Renaturierung und Investitionen in Zukunftstechnologien
den Weg in eine nachhaltige Zukunft zu ebnen. Wichtig ist uns dabei, die
Menschen vor Ort durch transparente Entscheidungsprozesse, aber auch durch
Unterstützung der Ideen und Wünsche vor Ort zu beteiligen.
Der Tourismus ist in Deutschland Motor für Wachstum und Beschäftigung,
insbesondere in ländlichen Regionen. Wir werden die Nationale Tourismusstrategie
fortentwickeln und den Tourismusstandort Deutschland nachhaltiger, sozial
gerechter und innovativer gestalten.
Wohlstand ist für uns mehr als nur die Höhe des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf.
Wir haben daher erstmals im Jahreswirtschaftsbericht auch den Zustand von Umwelt
und Klima sowie soziale Faktoren mit in den Blick genommen. Diese umfassende
Wohlstandsmessung wollen wir ausbauen und verstärkt kommunizieren. Wir wollen
Unternehmen unterstützen, die ihre betriebliche Erfolgsmessung weiterentwickeln
wollen.
Für Wirtschaftssicherheit und zukunftsfähigen Außenhandel
Unser Wohlstand und unsere wirtschaftliche Resilienz und Sicherheit hängen neben
dem europäischen Binnenmarkt wesentlich von belastbaren internationalen
Partnerschaften und vom globalen Handel ab. Angesichts geopolitischer Konflikte,
protektionistischer Maßnahmen und zunehmend schärferem internationalen
Wettbewerb brauchen wir eine zukunftsfähige Handelsagenda, die sich für alle
auszahlt.
Ausgewogene Handelspartnerschaften eröffnen deutschen Unternehmen nicht nur neue
Absatzmärkte, sondern stärken auch ihre Lieferketten. Ungleichgewichte in der
Handelsbilanz wollen wir schrittweise reduzieren. Eine breitere Streuung unserer
Wirtschaftsbeziehungen hilft zudem, Abhängigkeiten in kritischen Bereichen zu
verringern. Der strategische Fokus auf einzelne Sektoren und gezielte Abkommen
für bestimmte Waren und Dienstleistungen verspricht dabei schnelle
Verhandlungserfolge und stärkt die europäische Wirtschaft. Hohe Standards bei
sozialer Gerechtigkeit, Klima-, Natur- und Tierschutz sowie Menschenrechten
bewahren gleichzeitig die europäische Wirtschaft vor einem schädlichen
Unterbietungswettbewerb und schützen vor Ausbeutung oder Umweltzerstörung in
anderen Ländern. Wir verhandeln entsprechend folgender Prinzipien:
rechtsverbindliche und einklagbare ökonomische, soziale und ökologische
Standards; eine Verankerung des Vorsorgeprinzips; eine verbindliche Verankerung
des Pariser Klimaabkommens, der zentralen Arbeitsschutzkonventionen der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Übereinkommens zur
biologischen Vielfalt; der Beendigung der missbräuchlichen Nutzung von
Schiedsgerichten und die Begrenzung von zukünftigen Investitionsabkommen auf
direkte Enteignung und Diskriminierung. Europäische Einigung bei der
Entscheidung über Abkommen ist uns wichtig.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie ist eine große Errungenschaft: Verbraucher*innen
in Europa können sicher sein, dass Produkte, die sie hier kaufen, frei von
Ausbeutung und Kinderarbeit entstanden sind. Wir sorgen dafür, dass die
Lieferkettenrichtlinie unbürokratisch in deutsches Recht übertragen wird. So
schaffen wir einen Binnenmarkt, in dem die europäische Wirtschaft durch unseren
Einsatz für das europäische und deutsche Lieferkettengesetz global Verantwortung
übernimmt. Die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung müssen sich am Pariser
Klimaabkommen ausrichten.
Unfaire Handelspraktiken und Marktverzerrungen erfordern entschiedenes Handeln –
deshalb setzen wir uns, wo es geboten ist, bei der EU-Kommission für
Ausgleichszölle ein, etwa auf Stahl. Wir stärken der EU-Kommission in ihren
Verhandlungen mit China über Dumping von E-Autos den Rücken, um die Interessen
der europäischen Industrie zu wahren. Die Schlupflöcher im Zollrecht müssen
geschlossen werden, durch die besonders asiatische Onlinehändler wie Temu
unsichere Wegwerfprodukte am Zoll vorbeischleusen und europäische Hersteller
unterbieten. Wer dauerhaft illegale Produkte im großen Stil nach Europa
einführt, muss nach dem EU-Gesetz über digitale Dienstleistungen sanktioniert
werden. Wir werden den europäischen CO2-Zoll CBAM durch eine Ausweitung des
Anwendungsbereichs, eine Berücksichtigung der Gesamtemissionen des Herstellers
im Herkunftsland und die Nutzung von Standardwerten praxistauglicher und
effektiver gestalten. Damit er die Wettbewerbsnachteile ausgleicht, die
europäischen Industrieunternehmen gegenüber Herstellern aus Ländern ohne CO2-
Preis entstehen.
Strategisch wichtige Branchen wie Energie und Telekommunikation werden wir mit
einem neuen Investitionsprüfungsgesetz vor Übernahmen schützen. Um unsere
Unabhängigkeit und ungestörte Lieferketten zu sichern, gehen wir bei
Ausschreibungen in Sektoren mit hoher Abhängigkeit entsprechend der
Resilienzvorgaben des Net-Zero Industry Acts vor. Staatliche Förderprogramme für
den Kauf von Produkten wie E-Autos werden wir künftig für Produkte gewähren, die
größtenteils auch in Europa mit seinen hohen sozialen und ökologischen Standards
produziert wurden. Wir werden das IT-Sicherheitsgesetz um Cybersicherheit im
Energiesektor erweitern.
Für Rohstoffsicherheit und Kreislaufwirtschaft
Eine nachhaltige, unabhängige und wettbewerbsfähige Wirtschaft erfordert eine
gesicherte Versorgung mit Rohstoffen und den Übergang zu einer effektiven
Kreislaufwirtschaft. Auch für die Herstellung wichtiger Klimatechnologien sind
wir auf eine verlässliche Versorgung mit Rohstoffen angewiesen. Eine
funktionierende Kreislaufwirtschaft ist auch Voraussetzung für Klimaschutz und
Artenschutz sowie ein Wirtschaften im Einklang mit den planetaren Grenzen.
Unser Ansatz für mehr Rohstoffsicherheit basiert auf vier Säulen. Erstens wollen
wir den Verbrauch von Primärrohstoffen senken und langfristig halbieren. Der
Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energierohstoffe, Rohstoffeffizienz,
Suffizienzstrategien und – wo möglich – der Ersatz von Rohstoffen, ebenso wie
der gezielte Einsatz von Recyclingrohstoffen sind der Schlüssel dafür. Zweitens
fördern wir Abfallvermeidung, Langlebigkeit, Wiederverwendung, Reparatur und
Recycling für den Aufbau einer effektiven Kreislaufwirtschaft. Drittens setzen
wir auf heimischen und europäischen Bergbau, auch mit einem modernisierten
Bergrecht, das die Ziele Klimaschutz, Umweltschutz und Bürger*innenbeteiligung
vereint mit beschleunigten und effektiveren Verwaltungsprozessen für den
Rohstoffabbau, um dort wo möglich unabhängiger zu werden von Rohstoffimporten.
Und viertens entwickeln wir eine nachhaltige und faire Rohstoffaußenpolitik und
schließen neue Rohstoffpartnerschaften, die an der Einhaltung der Menschenrechte
und des Umweltschutzes ausgerichtet sind.
Niemand hat Lust, ständig Dinge wegzuwerfen und große Mengen an Müll zu
produzieren. Die Kreislaufwirtschaft macht daraus mit neuen Geschäftsmodellen
wirtschaftliche Chancen , von Mehrwegflaschen über reparaturfähige Smartphones
bis zum Wohnhaus aus ökologischen Baumaterialien. Dies schafft zudem neue
Arbeitsplätze. Sie braucht dafür die richtigen regulatorischen und ökonomischen
Rahmenbedingungen, eine gute Finanzierung ihrer Infrastruktur, mehr
Materialstandardisierung und gleiche Wettbewerbsbedingungen für recyceltes
Material. Die Potentiale der Digitalisierung wollen wir besser nutzen. Ein
digitaler Produktpass stellt etwa bessere Informationen über verwendete
Materialien bereit und schafft Transparenz. Dafür werden wir jetzt die
Kreislaufwirtschaftsstrategie umsetzen. Auf europäischer Ebene haben wir unter
anderem mit Ökodesignvorgaben die gesetzlichen Grundlagen dafür erreicht, dass
Produkte künftig langlebiger und reparaturfreundlicher hergestellt werden. Das
wollen wir jetzt ambitioniert umsetzenund einen bundesweiten Reparaturbonus für
haushaltsübliche Elektro- und Elektronikgeräte einführen sowie ökologisch
vorteilhafte Mehrwegsysteme stärken.
Zugleich sollen die abfallwirtschaftlichen Kompetenzen der Kommunen so gestaltet
werden, dass insbesondere auch gewerbliche Abfälle besser vermieden, sortiert
und wiederverwendet werden und Anreize für die Verbrennung wiederverwendbarer
Rohstoffe wegfallen. Zur Müllreduktion geben wir den Kommunen Rechtssicherheit
zum Erlassen einer Verpackungssteuer.
Für einen starken Verbraucherschutz
Faire Verträge und einklagbare Verbraucherrechte – darauf müssen sich
Verbraucher*innen verlassen können. Gerade in Zeiten steigender
Lebenshaltungskosten kann und muss Verbraucherschutz dazu beitragen, das Leben
einfacher zu machen und Menschen vor unfairen Preisen, Intransparenz und Betrug
zu schützen. Dies gilt auch bei der Versorgung mit medizinischen Produkten und
Hilfsmitteln.
Gentechnikfreie Lebensmittel sind für viele Verbraucher*innen wichtig. Damit das
möglich bleibt, müssen alle, die gentechnikfrei arbeiten wollen, das auch in
Zukunft können. Dafür ist entscheidend, dass es keine Patente auf Leben gibt:
Pflanzen, Tiere, Saatgut und Gene dürfen nicht patentiert werden. Und es braucht
Risikoprüfungen gemäß dem europäisch verankerten Vorsorgeprinzip,
Rückverfolgbarkeit und eine Kennzeichnungspflicht für gentechnisch verändertes
Saatgut und Lebensmittel. Das gilt gleichermaßen für neue gentechnische
Verfahren in der Landwirtschaft, die zugleich weiterhin hinsichtlich ihrer
Chancen, Risiken und Folgen erforscht werden sollen.
Lebensmittel müssen für alle erschwinglich sein. Verdeckte Preiserhöhungen durch
Mogelpackungen und unfaire Handelspraktiken stellen wir ab. Wir wollen leicht
zugängliche Informationen und umfassende Transparenz über Zutaten und
Herstellung von Lebensmitteln. Die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen sollen
für alle leicht erkennbar sein.
Steigende Energiepreise und die notwendige Energie- und Wärmewende stellen
Verbraucher*innen vor große Herausforderungen. Wir werden einen wirksamen Schutz
vor Wärme- und Stromsperren auf den Weg bringen. Damit für Stromkund*innen
schnell und einfach sichtbar wird, ob sie aufgrund eines überteuerten
Altvertrags Monat um Monat zu viel für ihren Strom bezahlen, machen wir die
Stromrechnungen transparenter, unter anderem durch die Angabe des mittleren
Strompreises und der Preisspanne für Neukund*innen auf der Energierechnung. Dann
weiß jede und jeder, wann sich ein Wechsel besonders lohnt. Das wirkt als Teuer-
Bremse für Stromtarife. Um die Verbraucher*innen vor übermäßig hohen Kosten bei
der Fernwärme zu schützen, führen wir eine bundesweite Preisaufsicht ein und
sorgen für mehr Transparenz bei der Preiskalkulation durch die
Fernwärmeversorger.
Wenn es ums Geld geht, sind transparente und einfach verständliche Informationen
besonders wichtig. Deshalb bedarf es beim finanziellen Verbraucherschutz
besonders hoher Standards und einer fairen und unabhängigen Finanzberatung. Dazu
zählen auch Schutz vor unseriösen und diskriminierenden Geschäftspraktiken sowie
Hilfe bei Überschuldung, etwa über eine für alle zugängliche, einfache
Schuldnerberatung und eine unabhängige Verbraucherbildung. Im Zentrum steht der
Schutz von Kleinanleger*innen. In der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wollen wir die Ausrichtung auf
Nachhaltigkeit und den Verbraucherschutz stärken und sie auch beim Schutz vor
Greenwashing von Finanzprodukten in die Pflicht nehmen. Zudem setzen wir auf
transparente und einfach verständliche Mindeststandards und Normen für
nachhaltige Finanzprodukte, die sich auf Umwelt, Soziales und
Unternehmensführung beziehen.
Die hohen Kosten des Zahlungsverkehrs für deutsche Unternehmen und
Verbraucher*innen, etwa bei der Nutzung von Kreditkarten, wollen wir günstiger
machen - mithilfe innovativer Wettbewerber, dem Wettbewerbsrecht und
gesetzlichen Maßnahmen gegen Wucher wie einer Deckelung des effektiven
Jahreszins für Verbraucher*innen. Auf neue Gebühren für Verbraucher*innen wollen
wir dabei verzichten. Dort wo bargeldloses Zahlen noch kompliziert ist, wollen
wir den Zugang vereinfachen.
B. Ein modernes und digitales Land
Für einen Staat, der für die Menschen funktioniert
Für die Herausforderungen im Heute und Morgen wollen wir unseren Staat besser
aufstellen und bieten dafür den demokratischen und föderalen Partnern die Hand
für eine Staatsreform. Die Aufgaben und Rollen sollen an manchen Stellen in
unserem föderalen Staat neu verteilt, gebündelt und auch klarer gestaltet
werden. Gerade bei der Digitalisierung erwarten die Bürger*innen
bundeseinheitliche Lösungen auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung. Hier
muss der Bund die Verantwortung übernehmen und dafür die entsprechenden
Kompetenzen bekommen. Wir setzen auf konstruktive Zusammenarbeit statt
Doppelstrukturen und Gegeneinander. Der Bund sollte bei Gesetzen und
Förderprogrammen mehr Umsetzungsverantwortung auf Länder und Kommunen
übertragen, statt alles detailliert selbst zu regeln. Länder und Kommunen
brauchen mehr Spielräume für eigenverantwortliches Handeln wie auch für konkrete
Kooperationen. Umgekehrt sollte der Bund für bundesweit gesetzlich geregelte
Leistungen einen digitalen Dienst bereithalten, den Länder und Kommunen für die
Leistungserbringung vor Ort nutzen können. Durch solche zentralen
Serviceeinheiten kann der Bund Routineaufgaben zentral erbringen, damit sich die
Verwaltung vor Ort auf die Beratung konzentrieren kann. Den Auftakt für diese
Reformprozesse könnten die Diskussionen in einem Bürgerrat geben.
Die Gesetzgebung des Bundes muss die Praxistauglichkeit und die digitale
Umsetzbarkeit im Prozess mitdenken. Die Digital- und Praxischecks wollen wir
dafür ausbauen und ressortübergreifend einheitliche Rechtsbegriffe und Verfahren
nutzen. Bei neuen Gesetzgebungsvorhaben ist das zugrunde liegende Stammgesetz zu
modernisieren, sind Leistungen zu pauschalisieren sowie Experimentierräume und
Reallabore vorzusehen. Die Bundeshaushaltsordnung und ihre Anlagen wollen wir
entschlacken, ohne die Fehlverwendung öffentlicher Gelder zu begünstigen. In der
Bundeshaushaltsordnung wollen wir künftig Nachhaltigkeitsaspekte
berücksichtigen.
Durch Modernisierung und Automatisierung, auch durch den Einsatz von KI und die
Nutzung übergreifender Synergien innerhalb der Verwaltung, kann der
Arbeitsaufwand für Verwaltungsprozesse geringer werden. So schaffen wir einen
effizienteren Staat, verkleinern die Ministerialverwaltung des Bundes und
stärken die Umsetzungsverantwortung der nachgeordneten Bundesbehörden. Mit einem
strategischen Personalmanagement treiben wir die Modernisierung der Verwaltung
voran. Dies ist in Zeiten des Fachkräftemangels und unbesetzter Stellen dringend
nötig.
Für eine serviceorientierte Verwaltung
Wir werden unsere öffentliche Verwaltung konsequent modernisieren,
digitalisieren und an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten.
Die Menschen in Deutschland sollen mit dem Staat digital und auf Augenhöhe
kommunizieren können. Deshalb werden wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen
eine plattformunabhängige Deutschland-App auf Open-Source-Basis einführen. Darin
sollen schrittweise alle staatlichen Verwaltungsangebote und Leistungen sicher,
unkompliziert, barrierefrei und anwendungsfreundlich zur Verfügung stehen. In
dieser App kann man künftig mit wenigen Klicks zum Beispiel einen
Personalausweis beantragen oder die neue Wohnung anmelden. Die App dient als
einfache Bedienungsoberfläche für alle Bürger*innen und als Zielbild für die
deutsche Verwaltungsdigitalisierung. Im Hintergrund der App bauen wir eine
moderne, modulare und standardisierte IT-Architektur im Sinne von "Government as
a Platform", bei der die Verwaltungsdomänen von Bund, Ländern und Kommunen
sinnvoll ineinandergreifen und sichern die langfristige Finanzierung. Das
Datenschutzcockpit bauen wir als Transparenz- und Steuerungswerkzeug aus. Wir
setzen uns für eine Gesellschaft ohne digitale Gräben ein: für
Verwaltungsleistungen, aber auch für wesentliche Bereiche der Daseinsvorsorge
sollten - wo es nötig ist - analoge Zugänge offen gehalten und Beratungsangebote
ausgebaut werden.
Die Beschäftigten in den Behörden sind motiviert, sie packen an und wollen
Prozesse besser machen. Wir wollen sie entlasten und mehr Effizienz ermöglichen.
Dafür fördern wir eine Innovationskultur in der Verwaltung, die offen ist für
antragslose Verfahren, risikobereite Entscheidungen, Experimentierfreude, den
Einsatz moderner Technik. Dafür erhöhen wir die Ermessensspielräume der
Entscheider*innen. Wir ermöglichen den Einsatz von Automatisierung und KI-
Anwendungen überall, wo sie hilfreich, sinnvoll, diskriminierungsarm und ethisch
verantwortbar sind. Digitale Kompetenzen sollen zu einem selbstverständlichen
Teil der Verwaltungsaus- und fortbildung werden. Damit Daten nicht immer wieder
neu erhoben werden müssen, treiben wir die Registermodernisierung und -
vernetzung voran. Die Behörden sollen Datentools vorhalten, bei denen
Bürger*innen und Unternehmen ihre Daten nur einmal einpflegen müssen. Dann
müssen die verschiedenen Ebenen der Verwaltung darauf selbst zurückgreifen. Das
verschlankt persönliche Meldungen und Berichtspflichten. Dafür brauchen wir auch
eine eigene Cloud für die Verwaltung, die Sicherheit, Datenschutz,
Quelloffenheit und Anbieterunabhängigkeit gewährleistet. Außerdem wollen wir die
Vereinbarkeit von digitaler Verwaltung in der EU stärken.
Für eine schnelle und umfassende Digitalisierung
Die Digitalisierung zu gestalten, ist für unser Zusammenleben und unseren
Wohlstand zentral. Bisher ist das in Deutschland nicht ausreichend gelungen.
Dies liegt auch an der Zersplitterung der Zuständigkeiten dafür und der
fehlenden Ressourcenbündelung. Deswegen braucht es eine Bündelung von
Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und der Budgetverantwortung in einem
Digitalministerium und eine gemeinsame Strategie innerhalb der Bundesregierung.
Damit gehen wir den Ausbau der digitalen Infrastruktur, die digitale Verwaltung,
eine Zentralisierung der Beschaffung, eine kohärente Aufsicht für
Digitalgesetze, die europäische und internationale Digitalpolitik und die
Förderung von Open-Source fokussiert an. Für den Digitalen Staat werden wir
zentrale digitale Dienste wie die BundID und die Deutschland-App vorantreiben.
Um die Digitalisierung auf Bundesebene zu beschleunigen, sollen alle IT-Budgets
in einem Einzelplan zentralisiert und zentral gesteuert werden. Den Digitalcheck
als aktives und begleitendes Instrument der Gesetzgebung entwickeln wir weiter
und gestalten die Digitalisierung nachhaltig.
Der Schlüssel zur Beschleunigung der Digitalisierung Deutschlands liegt in der
Überwindung der Grenzen der unterschiedlichen IT-Systeme von Unternehmen,
Behörden und Forschungseinrichtungen durch Interoperabilität. Nur dann können
Prozesse durchgängig digital ohne Handarbeit oder Medienbrüche abgewickelt
werden. Diese Art der Vernetzung ist zu sehr vernachlässigt worden. Wir werden
offene Standards fördern und bei der Entwicklung neuer Standards
Entwickler*innen, Zivilgesellschaft und KMU stets miteinbeziehen. Diese
Standards sollen gut dokumentiert und ohne Lizenzgebühren frei nutzbar sein. Wir
denken Interoperabilität und digitale Kooperation weiter, nämlich als eine
notwendige Grundlage, um die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit
unserer Wirtschaft zu stärken.
Um das große Potenzial von Datenkollaboration für Innovation und Produktivität
zu heben, muss die Umsetzung des Datenschutzes stark vereinfacht und weniger
bürokratisch werden, ohne das Datenschutzniveau zu senken. Der Staat muss mit
gutem Beispiel vorangehen, weswegen wir den Rechtsanspruch auf Open Data und ein
Transparenzgesetz vorantreiben und dadurch Datenbestände proaktiv
bereitstellen.Die Datenschutzgrundverordnung muss effizienter und einheitlicher
umgesetzt werden. Eine Reform der Datenschutzaufsicht hin zu Einheitlichkeit,
Verlässlichkeit und Einfachheit ist nötig, etwa durch die Bündelung von
Zuständigkeiten für bestimmte Sektoren oder Forschung bei einzelnen
Aufsichtsbehörden. Zudem stärken wir die Datenschutzkonferenz als gemeinsame
Koordinationsstelle der Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern und
verleihen ihr eine dauerhafte Struktur.
Deutschland braucht schnelles Internet in Stadt und Land. Wir werden bessere
Rahmenbedingungen für den Ausbau von Glasfaser und 5G-Mobilfunk setzen, indem
wir Genehmigungsprozesse beschleunigen, alternative Verlegemethoden erleichtern
und Open Access fördern. Für ländliche Gebiete und strukturschwache Regionen
werden wir die staatliche Gigabitförderung bedarfsorientiert erhöhen. Wir
stärken die Rechte von Verbraucher*innen auf schnelles Internet, indem wir die
Mindestbandbreite schrittweise erhöhen und es einfach machen, mangelhaftes
Internet nachzuweisen und einen besseren Zugang zu bekommen.
Für einen Deutschlandfonds und eine Reform der
Schuldenbremse
Wir werden in der Regierung entschlossen die Investitionen in tragfähige
Infrastrukturen nachholen, die unser Land so dringend braucht. Die schwarze Null
im Haushalt ist eine Hypothek für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes . Wir
werden deshalb einen Deutschlandfonds für Bund, Länder und Kommunen errichten.
Daraus werden wir die Schienen bauen, auf denen Züge die Menschen pünktlich an
ihr Ziel bringen, die Kitas, Schulen und Hochschulen sanieren, in denen gleiche
Chancen für alle entstehen, die Forschung finanzieren, die die Ideen und
Technologien für den Wohlstand von morgen begründet, und Unternehmen den Raum
für Investitionen in ihre Zukunft ermöglichen. Mittel aus dem Deutschlandsfonds
werden reguläre Haushaltsmittel ergänzen.
Der Investitionsstau in Deutschland liegt im dreistelligen Milliardenbereich,
obwohl wir ein wirtschaftlich starkes Land sind. Die Schuldenbremse in ihrer
aktuellen Form verhindert Investitionen und andere Maßnahmen, die unsere
stagnierende Volkswirtschaft wieder ankurbeln. Um die notwendigen Investitionen
in Infrastruktur, in die Dekarbonisierung unseres Landes und in eine starke,
zukunftsfähige Wirtschaft zu finanzieren, wollen wir die Schuldenbremse im
Einklang mit den europäischen Regeln reformieren. Die Aufnahme von staatlichen
Krediten soll dazu in dem Umfang ermöglicht werden, wie vom Staat Investitionen
getätigt werden. Außerdem muss die Konjunkturkomponente ausgeweitet werden, um
es dem Staat zu ermöglichen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
handlungsfähiger zu sein. Wir schaffen damit neue finanzielle Spielräume, die
wir angemessen zwischen Bund und Ländern verteilen werden. Zugleich werden wir
sicherstellen, dass die Gesamtverschuldung dauerhaft tragfähig bleibt. Das raten
auch die führenden Wirtschaftsinstitute wie der Internationale Währungsfonds
(IWF), die Bundesbank oder der Sachverständigenrat der Bundesregierung. Auf
europäischer Ebene setzen wir uns weiterhin für gemeinsame Fiskalregeln ein, die
genügend Raum für nachhaltige Investitionen lassen.
Nachdem die Große Koalition das Land fast zwei Jahrzehnte kaputtgespart hat,
haben wir in der Bundesregierung die Trendwende eingeleitet. Investitionen in
Klima- und Umweltschutz sowie in Verkehrs-, Energie-, Bildungs- und
Forschungsinfrastruktur sowie in die nationale Sicherheit haben für uns
Priorität. Wir schlagen für investive Ausgaben eine Reform der Schuldenbremse
und einen Deutschland-Investitionsfonds vor. Um laufende Ausgaben zu
finanzieren, wollen wir Gerechtigkeitslücken in unserem Steuersystem schließen.
Bis zur Umsetzung einer Reform der Schuldenbremse wollen wir mit dem
Deutschlandfonds der jüngeren Generation ein modernes, funktionierendes und
klimaneutrales Land sowie eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft garantieren,
statt ihnen aufgeschobene Lasten und marode Infrastrukturen zu hinterlassen und
stärken so auch das Vertrauen in einen funktionierenden Staat und die liberale
Demokratie. Bürger*innen wollen wir ermöglichen, sich an diesen Investitionen
für den Staat kostengünstig zu beteiligen.
Der Deutschlandfonds hilft, die Spielräume für dringend notwendige
Zukunftsinvestitionen in Bund, Ländern und Kommunen zu erhöhen. Er ist aber kein
Ersatz für die Aufgabe, im Haushalt stärker zu priorisieren und effizienter mit
den vorhandenen Einnahmen umzugehen. Für eine verantwortungsvolle,
wirkungsorientierte Haushaltspolitik braucht es auch klar definierte und
messbare Ziele. Viele wichtige Anliegen wie bessere Bildung oder stärkere
Sicherheit erfordern auch konsumtive Ausgaben. Wir wollen den Haushalt
entlasten, indem wir Steuerschlupflöcher schließen und die Verwaltung durch die
weitere Digitalisierung verschlanken. Mit guten Rahmenbedingungen steigern wir
die Erwerbsquote, erhöhen die Steuereinnahmen und stärken die
Sozialversicherungen. Wir setzen uns für die Einführung moderner Instrumente zur
Haushaltssteuerung wie Gender Budgeting ein. Und wir wollen insbesondere klima-
und umweltschädliche Subventionen abbauen. Dabei achten wir auf eine
sozialverträgliche, verlässliche Umsetzung.
Die Verteilung der Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss den
tatsächlichen Aufgaben und Investitionsbedarfen entsprechen, um gleichwertige
Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu ermöglichen. Das aktuelle System des
Bund-Länder-Finanzausgleichs werden wir in seiner jetzigen Form beibehalten.
C. Ein Klima, in dem wir gut leben können
Für ein stabiles und sicheres Klima
Die Staatengemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen darauf
verständigt, die Klimakrise einzudämmen. Alle großen Länder mit hohen
Treibhausgasemissionen haben sich auf diesen Weg gemacht – darauf kommt es an.
Die EU ist nach den USA und China aktuell der drittgrößte Emittent von
klimaschädlichen Emissionen. Es kommt also auch auf unser gemeinsames Handeln
an. Wir haben uns in der EU deshalb gemeinsam auf ein Ziel verpflichtet: Europa
soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden.
Mit dem europäischen Green Deal haben wir in den vergangenen drei Jahren große
Fortschritte auf dem Weg hin zur Klimaneutralität Europas erzielt und
gleichzeitig begonnen, die europäische Wirtschaft und Industrie zu
modernisieren. Das wirkt: Obwohl der Green Deal angegriffen wird, ist die EU auf
Kurs, ihre Klimaziele zu erfüllen. Jetzt braucht die Wirtschaft
Planungssicherheit. Wir stellen uns der Abschwächung des Greens Deals und des
„Fit for 55“-Pakets mit seinen Gesetzen entgegen und wollen, dass sie europaweit
konsequent und möglichst unbürokratisch umgesetzt werden.
Deutschland spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Großen Koalitionen hatten
hohe Klimaschutzziele beschlossen, aber keinen Plan und keine Maßnahmen
entwickelt, wie diese Ziele erreicht werden. Wir haben Deutschland und Europa
erstmals auf einen Pfad gebracht, diese Lücke zu schließen. Es hängt vom
entschiedenen Handeln der nächsten Bundesregierung ab, ob sie diese Chance nutzt
und die Ziele auch erreicht, durch konkrete Maßnahmen wie die Unterstützung für
den geplanten europäischen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude und den Clean
Industrial Act. Dazu gehört die Umsetzung der Emissionshandelssysteme auf
europäischer Ebene wie geplant. So stärken wir den CO2-Preis als einen zentralen
Hebel für mehr Klimaschutz in Deutschland und Europa.
Die dafür notwendigen Veränderungen sind anspruchsvoll und haben deshalb auch
viele hitzige Diskussionen, Sorgen und Ängste ausgelöst und neue Fragen
aufgeworfen. Es ist klar: Wir müssen noch mehr dafür tun, damit der Weg
verlässlich ist und alle ihn mitgehen können. Wir machen Klimaschutz einfacher
und bezahlbarer und lösen Umsetzungsprobleme pragmatisch. Dabei setzen wir
gezielt verschiedene Instrumente ein – von marktwirtschaftlichen Anreizen wie
dem Emissionshandel über eine gezielte Förderung für Wirtschaft und Haushalte
bis hin zum Ordnungsrecht.
Die Anstrengungen lohnen sich: Die klimaschädlichen Emissionen sinken. Erstmals
ist Deutschland auf einem Kurs hin zum Erreichen der eigenen Klimaziele. Es
kommt nun darauf an, diesen Kurs zu halten, um weiterhin Verlässlichkeit und
Planungssicherheit herzustellen und eine Orientierung für die klimaneutrale
Modernisierung unseres ganzen Kontinents zu geben.
Europa muss nach wissenschaftlichem Rat nun bis 2040 seine
Treibhausgasemissionen um mindestens 90 bis 95 Prozent gegenüber 1990
verringern. Dazu wollen wir den Green Deal mutig und ambitioniert weiterführen
und einen bedeutenden Beitrag von Deutschland als größtes Mitgliedsland mit den
höchsten Emissionen und einem hohen Wohlstand. Wir halten deshalb an den
rechtlich festgeschriebenen Zielen der Klimaneutralität 2045 und den
verbindlichen Zwischenzielen fest. Die Energie- und Wärmewende setzen wir fort.
Der Verkehrsbereich hat den größten Aufholbedarf beim Erreichen der Klimaziele.
Deshalb erhöhen wir die Dynamik, indem wir den Ausbau der Bahn noch weiter
intensivieren und den Umstieg auf E-Mobilität beschleunigen. Um den
Herausforderungen und der Dringlichkeit der Klimakrise zu begegnen, werden wir
die Rolle des Expertenrates für Klimafragen sowie die Verantwortung von Sektoren
im Bundes-Klimaschutzgesetz stärken, in denen Klimaschutz zu wenig vorankommt.
Bei prognostizierter längerfristiger Zielverfehlung soll in den jeweiligen
Sektoren verbindlich nachgesteuert werden, denn andernfalls drohen Deutschland
teure Strafzahlungen und zukünftig höhere CO2-Preise, beides wollen wir für
öffentliche Haushalte und Bürger*innen vermeiden. Jedes Ministerium muss
deswegen unabhängig von der Gesamtbilanz der Bundesregierung geeignete Maßnahmen
umsetzen, die zur Einhaltung der Klimaziele führen sollen.
Auch die Umweltauswirkungen von Ernährung, insbesondere auf das Klima und die
Biodiversität, wollen wir berücksichtigen, zum Beispiel durch die Unterstützung
einer attraktiven, günstigen stärker pflanzenbasierten Ernährung.
Für sozial gerechten Klimaschutz
Wir gestalten den Weg zur Klimaneutralität als Weg zu einer gerechteren
Gesellschaft, indem wir besonders gefährdete und belastete Gruppen und Regionen
gezielt unterstützen und vor übermäßigen Belastungen schützen. Von einem
erschwinglichen und flächendeckend gut ausgebauten öffentlichen Verkehr
profitieren vor allem Menschen, die sich kein Auto leisten können oder möchten.
Elektromobilität sowie der Fuß- und Radverkehr tragen zu besserer Luftqualität
für alle bei. Gut gedämmte Häuser und klimaneutrale Wärme schützen die Menschen
vor steigenden Heizkosten.
Der Weg zur Klimaneutralität ist also mit vielen Vorteilen verbunden, aber er
bedarf auch großer Investitionen – sei es bei der Installation neuer
Heizungsanlagen, der Wärmedämmung, dem Einbau eines Energiespeichers oder dem
Wechsel zum E-Auto. Investitionen brauchen Planungssicherheit und Vertrauen,
gerade im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Fördermitteln. Dahin wollen wir mit
einer berechenbaren Haushaltspolitik zurück. Viele Menschen werden diese
Investitionen ohne Unterstützung nicht leisten können. Auch für Kommunen,
Stadtwerke und kleine Unternehmen ist die Verfügbarkeit von passgenauen
Förderprogrammen auf dem Weg zur Klimaneutralität entscheidend, etwa beim Kauf
von E-Bussen. Die Finanzierung der Investitionen zur klimaneutralen Erneuerung
ist eine Generationenaufgabe, die entscheidend für das langfristige menschliche
Leben auf diesem Planeten ist und die deshalb teilweise auch über Kreditaufnahme
finanziert werden sollte.
Wir achten besonders darauf, dass alle die notwendige Modernisierung mitgehen
können. Damit klimafreundliche Alternativen für alle Menschen erschwinglich
werden, wollen wir in Zukunft Förderprogramme weiter ausbauen und noch stärker
so staffeln, dass Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen deutlich höhere
Förderbeträge erhalten. Erste Schritte in diese Richtung haben wir bereits
unternommen, zum Beispiel mit den sozial ausgestalteten Förderprogrammen für die
Modernisierung von Heizungssystemen und bei der Sanierung von Wohnungen und
Häusern. Diese wollen wir fortführen. Auch den Umstieg auf die E-Mobilität
wollen wir für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen fördern, gerade im
ländlichen Raum. Dazu schlagen wir eine staatliche Unterstützung beim Erwerb
eines verbrauchsarmen E-Autos vor, welches zusätzlich die europäische
Automobilwirtschaft unterstützt. Hierzu gehört unter anderem eine Ladekarte für
das Tanken an öffentlichen Ladesäulen, und ein erschwingliches Leasing-Programm,
das sogenannte Social Leasing. Ergänzt wird dies durch eine steuerliche
Förderung, die Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen erreichen soll.
Zudem sorgen wir für kostensenkenden Wettbewerb und stärken den
Verbraucherschutz. Damit beenden wir überzogene Preise an Ladesäulen, sodass
alle günstigen erneuerbaren Ladestrom nutzen können. Wir setzen dabei auf
vielfältige Preismodelle, zum Beispiel auch flexible, am Börsenstrom orientierte
Preise.
Wir geben ein Sicherheitsversprechen: Die Einnahmen der CO2-Bepreisung von
Gebäudewärme und Transport werden wir für sozial gerechten Klimaschutz ausgeben.
Einen Großteil dieser Einnahmen werden wir als sozial gestaffeltes Klimageld an
Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen auszahlen. Für Menschen mit
geringen Einkommen werden die CO2-Kosten durch das Klimageld in den meisten
Fällen mehr als ausgeglichen. Dabei soll das Klimageld gleichmäßig mit den
Einnahmen aus der CO2-Bepreisung steigen. Das Klimageld soll in der nächsten
Legislatur so schnell wie möglich eingeführt werden und dann direkt und ohne
vorherige Beantragung auf das Konto eingehen. Wir werden ein Eine-Million-
Balkone-Programm starten und Menschen mit geringeren Einkommen bei der
Anschaffung von Steckersolargeräten unterstützen.
Derzeit subventioniert der Staat klima- und umweltschädliches Verhalten. Das
werden wir schrittweise abbauen, damit internationale Zusagen umsetzen und die
frei werdenden finanziellen Mittel für den sozialen Ausgleich sowie für den
Klima- und Umweltschutz verwenden. Betroffene werden wir bei der Anpassung
unterstützen, auf soziale Ausgewogenheit achten und Planungssicherheit geben.
Dafür legen wir im Jahr 2025 einen Plan vor und setzen uns für dessen Umsetzung
bis 2030 ein, um unseren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Als
ersten Schritt werden wir das Dienstwagenprivileg so reformieren, damit es
Anreize für klimaneutrale Mobilität setzt und werden uns weiterhin für den Abbau
klimaschädlicher Subventionen im Luftverkehr einsetzen.
Das reichste Prozent der Weltbevölkerung inklusive der Superreichen verursacht
mehr als doppelt so viele Treibhausgase wie die ärmere Hälfte der
Weltbevölkerung. Öl- und Gaskonzerne, die maßgeblich für die weltweiten CO2-
Emissionen verantwortlich sind, machen weiter gigantische Gewinne. Wir werden
uns dafür einsetzen, dass diese Verschmutzer einen Beitrag zum Ausgleich der
Kosten der Klimakrise leisten und Bürger*innen, Landwirt*innen und Unternehmen
nicht mit immer größeren Schäden allein dastehen. Auch in Deutschland gilt für
uns ganz klar das Verursacherprinzip: Die Verursacher*innen von ökologischen und
sozialen Schäden sollen die Kosten tragen. So müssen die langfristigen
Folgekosten des Kohleabbaus durch die Kohleunternehmen abgesichert werden, um
nicht die Allgemeinheit zu belasten.
Weltweit und bei uns zu Hause: Es sind die Ärmsten, die am stärksten unter den
Folgen einer eskalierenden Klimakrise leiden. Die Klimakrise ist ein
Beschleuniger von Ungleichheit, dem stellen wir uns mit sozial gerechter
Klimapolitik und unserem internationalen Einsatz für Klimagerechtigkeit
entgegen. Ausbeutung und Umweltschäden in der fossilen Lieferkette sind für uns
ein weiterer Grund, für saubere, erneuerbare Energie einzutreten.
Für günstige, verlässliche und klimaneutrale Energie
Günstiger Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne, Wasserkraft,
Geothermie und naturverträgliche Bioenergie sichert unseren Wohlstand. Er ist
auch die Grundlage für ein bezahlbares Leben, denn Wärme und Mobilität werden
zunehmend elektrisch. Wir halten Kurs beim erreichten Rekord-Ausbautempo und
bauen die Infrastruktur so aus, dass sie sicher vor Angriffen ist und der
günstige Strom bei Menschen und Unternehmen ankommt. Die Zukunft gehört den
erneuerbaren Energien – in Form von Strom, Wärme und Wasserstoff.
Die vergangenen Jahre sind wir auf diesem Weg einen riesigen Schritt
vorangekommen: 2024 kamen circa 60 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren
Quellen, 2021 waren es erst 40 Prozent. Bis 2030 wollen wir 80 Prozent
erreichen; 2035 wird der Strom komplett klimaneutral hergestellt.
Eigentümer*innen, Mieter*innen, Unternehmen und Kommunen sollen ohne große
bürokratische Hürden eigene Energie nutzen oder an Energieprojekten teilhaben
können. Dazu werden wir auch in Zukunft dezentrale Erzeuger von Solar- und
Windenergie sowie Speicher, Elektrolyseure durch konsequenten Bürokratieabbau,
Planungssicherheit und rentable Geschäftsmodelle unterstützen. Mit Energy
Sharing werden wir es möglich machen, günstig erzeugten erneuerbaren Strom noch
einfacher gemeinschaftlich und kommunal zu teilen.
Erneuerbare Energien liefern enorm günstig, aber nicht gleichmäßig Strom. Daher
müssen wir Angebot und Nachfrage optimal und möglichst dezentral aufeinander
abstimmen. Dies erreichen wir durch kosteneffizienten Netzausbau und bessere
Netznutzung, Speicher aller Arten, die effiziente Nutzung der enormen
Flexibilitätspotenziale von Industrie, Gewerbe, Verkehr und privaten
Verbraucher*innen und eine neue Generation von möglichst bald mit grünem
Wasserstoff betriebenen Kraftwerken sowie die Ertüchtigung der künftig vorrangig
mit Abfall- und Reststoffen betriebenen Biogaskraftwerke. Wir setzen uns für
einen leistungsfähigen europäischen Strombinnenmarkt ein und bauen die
Stromnetze zu unseren europäischen Nachbarn aus. Außerdem setzen wir auf die
konsequente Digitalisierung des Energiesektors. Mit digitalen und flexiblen
Stromnetzen und dynamischen Stromtarifen werden künftig die Bürger*innen in die
Lage versetzt, in Zeiten von viel Wind und Sonne den Strom per Batterie oder
Wärmepumpe systemdienlich zu speichern oder das E-Auto laden zu lassen. Damit
kann jede und jeder Geld sparen und von den Vorteilen der erneuerbaren Stromwelt
direkt profitieren. Zugleich sinken die Kosten im Gesamtsystem.
Notwendig sind dazu auch neue Regeln, wie unser Strommarkt funktioniert.
Langfristige Sicherheit für Investitionen in Kraftwerke, zum Beispiel im Rahmen
von Kapazitätsmärkten, müssen mit intelligenten kurzfristigen Anreizen zum
effizienten Stromverbrauch einhergehen. Dazu prüfen wir Modelle regionaler
Energiemärkte. Die Verteilnetze richten wir technisch und regulatorisch auf die
effiziente und effektive Integration der Erneuerbaren Energien in regionale
Wärme- und Mobilitätsmärkte aus. Wir sorgen dafür, dass die Netzentgelte im
Rahmen bleiben und fair getragen werden. Damit ermöglichen wir einen zunehmend
sich selbst tragenden Ausbau von Sonne, Wind und Speichern sowie sonstiger
Infrastruktur und entlasten Strompreise und Bundeshaushalt.
Gerade weil der Umbau zum klimaneutralen Stromsystem hohe Investitionen
erfordert, achten wir besonders auf die Kosten.Wir senken die
Finanzierungskosten durch langfristig sichere Rahmenbedingungen, Garantien und
intelligente Regulierung sowie durch höhere Netzauslastung und weitere Nutzung
der Spitzenlastkappung. Wir werden prüfen, ob und unter welchen Bedingungen eine
Umstellung von neu zu planenden Hochspannungsgleichstromleitungen zu einfacheren
Freileitungen verzögerungsfrei und kostendämpfend möglich ist und darüber
möglichst im gesellschaftlichen Konsens entscheiden. Die Erdverkabelung werden
wir bei besonderen örtlichen Erfordernissen nutzen, wobei wir besonders auf eine
transparente und nachhaltige Planung achten. Mit der Gas- und Strompreisbremse
haben wir die Energiepreise für Millionen Menschen bezahlbarer gemacht. Auch in
Zukunft wollen wir diesen Weg weitergehen und bezahlbare Energie sicherstellen.
Weiterhin achten wir bei den dazugehörigen technischen Anlagen auf eine
transparente, naturverträgliche und nachhaltige Planung und nutzen die kommunale
Expertise.
Wir setzen zugleich den Weg fort, die Kosten nicht umzulegen, sondern anders zu
finanzieren und Strom damit für Verbraucher*innen und Unternehmen billiger zu
machen. Die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde für die
Verbraucher*innen bereits abgeschafft und wird nun vollständig aus dem Haushalt
finanziert. Im nächsten Schritt senken wir die Stromsteuer auf das europäische
Mindestmaß. Zudem reformieren wir die Finanzierung des Netzausbaus, um die
Netzentgelte zu senken.
Fossile Energie ist ein Auslaufmodell. In diesem Sinne werden wir uns auch auf
EU-Ebene einsetzen. Gerade damit die Kohleregionen Planungssicherheit haben und
der Strukturwandel geordnet unterstützt werden kann, halten wir daran fest, alle
verbliebenen Kohlekraftwerke ab 2030 nicht mehr zu befeuern und mit dem
Kohleausstieg die Kohleförderung in Deutschland einzustellen.
Auch die Nutzung von fossilem Gas werden wir schrittweise reduzieren und so
schnell wie möglich, spätestens bis 2045, um die Klimaziele sicher einzuhalten.
Im Stromsektor werden wir uns in spätestens zehn Jahren vollständig erneuerbar
versorgen. Wir werden einen Plan für eine Gasunhängigkeitsstrategie vorlegen,
der Auswirkungen auf Klima, Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie
berücksichtigt. Neue Langfristverträge für den Gasimport sind nicht mit unseren
Klimazielen und auch nicht mit einer europäischen Gas-Unabhängigkeitsstrategie
vereinbar. Denn anstatt uns mit umwelt- und klimaschädlichem Fracking-Gas
erpressen zu lassen, beschleunigen wir die anlaufende Reduktion des europäischen
Gasverbrauchs sowie den Umstieg auf grünen Wasserstoff und andere erneuerbare
Energiequellen. Dementsprechend werden wir in Abstimmung mit unseren
europäischen Partnern unsere LNG-Infrastruktur kontinuierlich auf Notwendigkeit
überprüfen und Lock-In-Effekte von Gas-Infrastruktur vermeiden.
Wir stehen für eine endgültige Absage an die umweltzerstörende Gewinnung von
Erdöl und Erdgas in ganz Deutschland und möglichst bald auch weltweit – an Land
wie auf dem Meer. Neue Gas- und Ölförderprojekte sollen nicht mehr genehmigt
werden. Die Emissionen in der Vorkette werden wir berücksichtigen.
Eine Rückkehr zur Hochrisikotechnologie Atomkraft ist weder für das Erreichen
der Klimaziele noch für die Versorgungssicherheit notwendig und für uns aufgrund
der ungeklärten Endlagerfrage, der Kosten und der Gefahr der Verbreitung von
atomwaffenfähigen Material keine Option. Der lange geplante und
parteiübergreifend beschlossene Atomausstieg hat unser Land sicherer gemacht. Um
ihn zu vollenden, müssen auch Brennelementefertigung und Urananreicherung in
Deutschland beendet werden. Die von der russischen Firma Rosatom geplante
Beteiligung in Lingen bedeutet ein zusätzliches Sicherheitsrisiko. Wir haben uns
immer für eine Ausweitung der europäischen Sanktionen eingesetzt, auch um das
Spionage- und Sabotage-Risiko zu verringern. Die Standortsuche für ein Endlager
mit bestmöglicher Sicherheit, so zügig wie möglich und in einem partizipativen
Verfahren bleibt eine Herausforderung, der sich das ganze Land stellen muss. Auf
dem langen Weg dorthin müssen die Zwischenlager sicher betrieben werden können.
Für verlässliche und bezahlbare Wärme
Der Einstieg in eine verlässliche und klimaneutrale Wärmeversorgung ist
jahrzehntelang verschlafen worden. Wir haben die Weichen neu gestellt. In den
nächsten Jahren wollen wir gemeinsam mit den Kommunen den Weg dafür ebnen, allen
Menschen den schrittweisen Umstieg auf klimaneutrales und bezahlbares Heizen zu
ermöglichen. Der Wärmesektor ist besonders geeignet, durch die Kombination von
Wärmepumpen, Solarthermie, Abwärmenutzung, Wärmespeichern und
Energieeffizienzmaßnahmen die wechselnde Verfügbarkeit von Solar- und
Windenergie auszugleichen und so die Energiekosten für alle zu senken. Mit einer
Weiterentwicklung des Instrumentenmixes aus Förderung, Beratung und Standards
bringen wir den Wärmesektor auf den notwendigen Pfad der Klimaneutralität.
Wir geben mit dem Gebäudeenergiegesetz und einer Förderung von bis zu 70 Prozent
für den Einbau von fossilfreien Heizungen den Eigenheimbesitzer*innen, der
Wirtschaft sowie den Mieter*innen und Vermieter*innen die nötige
Planungssicherheit für Kauf und Einbau einer modernen klimafreundlichen Heizung,
wie der Wärmepumpe, bis 2045. Die Unterstützung auf diesem Weg werden wir
ausbauen. Wir wollen Stadtwerke und Firmen unterstützen, um Wärme-Contracting,
etwa mit Wärmepumpen, anzubieten. Damit entfällt für Eigentümer*innen die hohe
Startinvestition. Dabei sichern wir die Rechte der Verbraucher*innen in hohem
Maße. Ebenso ausbauen werden wir die Energieberatung, deren Qualität und
Unabhängigkeit wir sichern. Zudem wollen wir die Klimakomponente im Wohngeld
weiter stärken.
Wärmenetze sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu klimafreundlicher und
bezahlbarer Wärme für alle. Vor allem in dicht besiedelten Gebieten und als Teil
integrierter Energiesysteme in ländlichen Gemeinden an geeigneten Standorten
können sie dazu beitragen, viele Häuser gleichzeitig mit klimafreundlicher Wärme
zu versorgen. Den Aus- und Umbau von Wärmenetzen hin zu erneuerbarer Wärme
wollen wir mit der Verlängerung und Stärkung der Förderung für effiziente
Wärmenetze (BEW) absichern, Genehmigungsprozesse optimieren und durch eine
Senkung der Stromkosten auch die Bereitstellung von klimafreundlicher Wärme bei
den Energieversorgern vor Ort stärken.
Ein gleichzeitig starker Verbraucherschutz ist dafür Voraussetzung. Durch die
kurzfristige Einführung einer Preisaufsicht und langfristig einer
Preisregulierung wollen wir den Verbraucherschutz bei der Fernwärme, die vor
allem von Mietshaushalten bezogen wird, weiter stärken. Außerdem werden wir
privates Kapital für den Ausbau der Wärmenetze aktivieren und die
Finanzierungskosten durch öffentliche Bürgschaften senken. Um die Wärmewende in
Bürgerhand voranzubringen, wollen wir die Gründung von Wärmenetzgenossenschaften
fördern, in denen Bürger*innen die Wärmeversorgung gemeinschaftlich finanzieren
und gestalten. In der Nutzung von Wasserstoff für die Wärmeversorgung sehen wir
keine Perspektive. Zudem unterstützen wir Prozesse zur Erleichterung des
Drittanbieterzugangs in der Fernwärme, um Investitionen zu erleichtern und die
Dekarbonisierung voranzutreiben.
Die Wärmewende kann sich auf eine Vielzahl von Technologien stützen.
Entscheidend ist für uns jedoch, dass sich Verbraucher*innen auf
Klimafreundlichkeit, Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit verlassen können und sie
nicht mit falschen Versprechen in Heiztechnologien investieren, mit denen sie
einige Jahre später in der Kostenfalle landen. Auch eine großindustrielle
Holzverbrennung in bestehenden und neuen Kraftwerken ist keine klimaverträgliche
Alternative. Daher setzen wir uns dafür ein, dass bei Holzverbrennung
emittiertes CO2 im Zertifikatehandel voll angerechnet wird.
Für vorsorgende Anpassungen an ein verändertes Klima
Dürren und Hitzeperioden, Waldbrände, Überschwemmungen und Starkregen kosten
Menschenleben, zerstören Wohnhäuser, Straßen und Brücken, schädigen die
Landwirtschaft und unsere Lebensmittelerzeugung. Indem wir unser Wirtschaften
und Leben klimaneutral gestalten, bekämpfen wir ihre Ursachen. Aber im Angesicht
der sich verschärfenden Auswirkungen der Klimakrise müssen wir weitaus stärker
Vorsorge leisten. Wie groß die Schäden durch die Klimakrise sind, hängt auch
davon ab, wie gut wir uns darauf vorbereitet haben. Die Anpassung an die
Klimakrise ist deshalb eine gesellschaftliche, ökonomische und soziale
Kernaufgabe der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Im Mittelpunkt stehen dabei für
uns die Menschen, die wir mit Blick auf die eigene Selbstschutzfähigkeit
unterstützen wollen.
Mit dem Klimaanpassungsgesetz haben wir Bund, Länder und Kommunen in Deutschland
verpflichtet, diese Aufgabe anzugehen. Die Kommunen tragen die Hauptlast der
Anpassungen – auch über ihre sozialen Dienstleister, freien Träger und
gemeinnützige Organisationen – die uns als gesamte Gesellschaft betreffen.
Deshalb wollen wir Klimaschutz und -anpassung zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund
und Ländern machen und gemeinsam finanzieren. Förderprogramme wie das
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz wollen wir weiter stärken und mehr
Mittel für Investitionen für Vorhaben sowie Personal für Klimaschutz und -
anpassung in den Kommunen unterstützen. Unser Einsatz gegen die Klimakrise hat
dabei Vorrang, da Klimaanpassung allein die Schäden der Klimakrise nicht
kompensiert.
Die vernichtende Ahrtalflut 2021 oder die zerstörerischen Fluten in Osteuropa
2024 führen uns vor Augen, wie verletzlich unsere Gesellschaft besonders
angesichts von Hochwasserkatastrophen ist. Deshalb werden wir den
Hochwasserschutz zusammen mit den Ländern verbessern. Insbesondere brauchen wir
Investitionen in natürliche Überschwemmungsräume wie Auenwälder oder
Erlenbrüche. Flüsse und ihre natürlichen Auen werden wir im Interesse des
Hochwasserschutzes stärken und ihnen, wo immer möglich, durch Renaturierungen
mehr Raum geben. Wir brauchen aber auch Hochwasserschutzanlagen wie starke
Deiche, funktionierende Rückhaltesysteme und einen gut ausgestatteten
Katastrophenschutz. Hochwasserschutzmaßnahmen wollen wir prioritär und
beschleunigt umsetzen. Der Katastrophenschutz muss vorausschauender agieren und
dafür Prognosen wie etwa zu Extremwetterereignissen stärker ins Krisenmanagement
integrieren können. Den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden werden wir
sozialverträglich ausweiten.
Besonders die Menschen in dicht bebauten Städten müssen besser vor Hitzewellen
und Starkregen geschützt werden. Dafür sorgen wir mit mehr Bodenentsiegelung,
Frischluftschneisen, Gebäudebegrünung, Stadtgrün und öffentlichen Trinkbrunnen.
Als Schwammstädte sollen sie künftig mehr Wasser aufnehmen, speichern und im
Sommer kühlend wirken. So werden diese Städte in die Lage versetzt, große
Wassermengen besser zu nutzen, etwa für die Bewässerung von Grünanlagen. Den
Austausch und die Vernetzung der Städte und Landkreise wollen wir gezielt
fördern, um Strategien zur Klimaanpassung schneller auszubauen.
D. Eine mobile Gesellschaft – Stadt und Land
zusammen
Für nachhaltiges, sicheres und zügiges Fortkommen
Schienen, Straßen und Brücken sind Lebensadern unseres Landes, doch sie wurden
über Jahrzehnte auf Verschleiß gefahren. Die Folgen spüren wir alle in unserem
Alltag: verspätete Züge, Umwege und Staus. Das ist ein Schaden für Menschen,
Wirtschaft und Umwelt. Denn Mobilität ist auch ein Schlüssel zur sozialen
Teilhabe. Zugleich ist unser Verkehrssystem noch immer sehr weit davon entfernt,
seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele zu leisten. Der Verkehrssektor muss
endlich auf seinen Pfad entsprechend der Klimaziele zurückkehren. Dafür werden
wir sorgen, da wir die Ideen und Konzepte dafür haben. Das ändern wir durch ein
zuverlässiges Angebot an Bussen und Bahnen und mit dem klaren Signal hin zur
klimafreundlichen E-Mobilität.
Wir wollen die Mobilität für alle verbessern. Wir brauchen eine Grundsanierung
unserer Verkehrsinfrastruktur. Planungs- und Genehmigungsverfahren haben wir
stark beschleunigt. Jetzt gilt es, mit dem Deutschlandfonds eine ausreichende
und überjährige Finanzierungsgrundlage für den Erhalt von Straßen und Brücken,
für den Ausbau unserer Schieneninfrastruktur sowie unseres öffentlichen
Nahverkehrs zu schaffen. Hierfür benötigen wir langfristig neue
Finanzierungsmodelle, die gleichzeitig verkehrsverlagernde und ökologische
Wirkungen beinhalten. Damit wollen wir die Finanzierung unserer Infrastruktur
auf eine sichere und langfristige Basis stellen. Durch erhebliche Investitionen
in umfassende Barrierefreiheit, sichere Haltestellen und attraktive
Mobilitätsangebote stellen wir sicher, dass klimafreundliche Mobilität für alle
zugänglich ist und der Verkehrssektor seine Klimaziele erfüllen kann.
Während unser Schienennetz deutschlandweit einen leistungsfähigen Ausbau
braucht, ist das Straßennetz bereits flächendeckend gut ausgebaut und benötigt
daher Sanierungen statt Neubau. Dazu wollen wir einen integrierten
Bundesmobilitätsplan erarbeiten, der Basis für eine klimaneutrale,
flächenschonende und sozial gerechte Mobilität bis 2045 ist. Bis der
Bundesmobilitätsplan beschlossen ist, werden wir den Bundesverkehrswegeplan
unter Berücksichtigung der Klimaziele kritisch überprüfen. Verkehrswege wollen
wir erhalten und sanieren, das Schienennetz spürbar ausbauen und stärker
elektrifizieren, stillgelegte Bahntrassen – gerade in den ländlichen Räumen –
reaktivieren und modernisieren sowie bundesweit den Ausbau eines guten
Radwegenetzes dauerhaft und verlässlich finanzieren.
Die Antriebswende braucht es auch bei den Lastwagen. Mit der Reform der Lkw-Maut
haben wir klare Anreize für die Umstellung auf elektrische und andere
klimaneutrale Antriebe gesetzt. Um den Luft- und Schiffsverkehr klimaneutral zu
modernisieren, unterstützen wir die Produktion nachhaltiger Kraftstoffe aus
erneuerbaren Energien, zum Beispiel E-Kerosin, fördern Technologien zur
Kraftstoffeinsparung und den schnellen Aufbau einer klimaneutralen
Energieversorgung in Häfen, insbesondere einer klimaneutralen
Landstromversorgung. Die nachhaltige Entwicklung unserer Häfen untermauern wir
mit einem langfristigen Finanzierungskonzept.
Der Staat kann als Ankerkunde einen Beitrag zum Hochlauf klimafreundlicher
Kraftstoffe in der Schiff- und Luftfahrt spielen. Ein wichtiger Grundsatz ist
jedoch: Klimafreundliche Mobilität muss günstig sein und Tickets im
Schienenverkehr bezahlbar. Kurzstreckenflüge wollen wir durch eine Verbesserung
der Bahn überflüssig machen. Die Privilegien für Privatjets wollen wir
abschaffen und diese enorm klimaschädliche Fortbewegungsart reduzieren. Für die
Schaffung neuer Start- und Landekapazitäten im Flugverkehr sehen wir nicht nur
aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen keinen Bedarf. Den
Lärmschutz für die Bevölkerung um Flughäfen wollen wir deutlich stärken, gerade
in den Nachtstunden. Für den Gesundheitsschutz schaffen wir einen Grenzwert für
Ultrafeinstaub.
Wir wollen, dass alle in Stadt und Land günstig, sicher und klimafreundlich
unterwegs sein können. Mobil auf dem Land setzt vielerorts noch immer ein
eigenes Auto voraus. Wir wollen echte Wahlfreiheit und darum den öffentlichen
Verkehr so entwickeln, dass er auch auf dem Land eine
alltagstauglicheAlternative zum Auto wird. Rufbusse und andere Konzepte wie
digital vernetzte Kleinbusse und Carsharing-Angebote können den Taktverkehr in
der Fläche ergänzen. Einige Kommunen und Landkreise bieten solche flexiblen
Konzepte bereits an. Wir möchten solche Konzepte stärken und als Modellprojekte
in möglichst vielen unterschiedlichen Regionen Deutschlands verwirklichen.
Mit einem Mobilitätsgesetz wollen wir die Mobilitätswende rechtlich verankern.
Statt eines Verkehrsmittels stellen wir den Menschen mit seinen vielfältigen
Bedürfnissen in den Mittelpunkt. Mit der Priorisierung des öffentlichen
Personennahverkehrs, des Schienen-, Fuß- und Radverkehrs wird Deutschland zu
einem Vorreiterland der modernen Mobilität. Wir bringen das Verkehrsrecht auf
die Höhe der Zeit, um allen Menschen in Stadt und Land barrierefreie Mobilität,
etwa mit E-Kleinfahrzeugen, zu ermöglichen. Weniger Stau und Luftverschmutzung,
mehr Barrierefreiheit und Verkehrssicherheit sind dabei unsere Ziele.
Wir wollen, dass ein funktionierendes Miteinander im Verkehr gelingt und alle
sicher an ihr Ziel kommen. Das ist nur erreichbar, wenn überhöhte
Geschwindigkeiten reduziert werden. In der Regierung haben wir mit der Reform
des Straßenverkehrsrechts für Kommunen in einem ersten Schritt die Chance
geschaffen, leichter Tempo-30-Strecken einzurichten, den Fuß- und Radverkehr zu
stärken sowie verkehrsberuhigte und lebenswerte Quartiere zu schaffen. In einem
nächsten Schritt wollen wir unseren Kommunen noch mehr Spielräume einräumen,
etwa um flächendeckend innerorts Tempo 30 zu ermöglichen. Als einziges Land
weltweit erlaubt Deutschland das unbegrenzte Rasen auf Autobahnen – zum Schaden
von Menschenleben und Umwelt. Ein Sicherheitstempo von 130 km/h auf Autobahnen
als generelles Tempolimit ist deshalb überfällig. Für Landstraßen wollen wir die
Spielräume für Tempo 80 aus ortsspezifischen Gründen deutlich erweitern, um die
Verkehrssicherheit zu erhöhen. Den Bußgeldkatalog für schwere Verkehrsverstöße
wollen wir auf europäisches Niveau bringen.
Um Verkehrsräume zu Stadträumen mit Aufenthaltsqualität zu entwickeln, werden
wir öffentliche Räume attraktiver gestalten, Barrierefreiheit ausweiten und die
Verkehrssicherheit insbesondere von Schulwegen erhöhen. Wir wollen den
Stadtumbau stärker fördern und veraltete Regelwerke erneuern, etwa um Ausnahmen
bei der Barrierefreiheit im Nahverkehr zu beenden. Unser Leitbild dabei ist die
Vision Zero, also eine komplette Vermeidung von Verkehrstoten.
Verkehrsvermeidung, -verlagerung und -beruhigung sind für uns wichtige Faktoren,
um lebenswerte Städte und Gemeinden zu schaffen. Deshalb setzen wir auf
angepasste klimafreundliche Konzepte, die unnötige Pendelfahrten vermeiden wie
mehr Coworking, gerade auch in ländlichen Regionen. Zudem setzen wir auf bessere
Nahmobilität wie sichere Schulwege und Radwege. Auch passgenaue
Nahverkehrskonzepte wie Stadtbahnen oder klimaverträgliche Fährkonzepte werden
wir unterstützen.
Für eine verlässliche und bezahlbare Bahn
Mit dem Deutschlandticket haben wir den Tarifdschungel im öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) gelichtet, Millionen von Kund*innen entlastet und ein
attraktives Angebot entwickelt: Bus und Bahn im Nahverkehr sind heute so günstig
wie nie zuvor. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben und das
Deutschlandticket weiter zu einem günstigen Preis für alle anbieten. Unser Ziel
ist, gemeinsam mit den Ländern einen Ticketpreis von 49 Euro sicherzustellen.
Insbesondere bei Jobtickets sehen wir noch Potenziale. Darüber hinaus begrüßen
wir es, wenn Länder und Tarifverbünde Regelungen treffen, um junge Menschen
kostenlos oder stark vergünstigt den ÖPNV nutzen zu lassen. Neben dem
Deutschland-Semesterticket wollen wir auch Lösungen für Auszubildende und
Freiwilligendienstleistende finden, zudem ein bundesweit vergünstigtes Angebot
für Menschen mit geringem Einkommen. Solche passgenauen Angebote, entkoppelt vom
Normalpreis, wollen wir bundesweit ausbauen.
Wir werden das Nahverkehrsangebot in Deutschland weiter verbessern, um die
Fahrgastzahlen in klimaneutralen Bussen und Bahnen bis 2040 zu verdoppeln.
Bundesmittel wollen wir zusammen mit höheren Ausgaben der Länder für den
Nahverkehr weiter steigern. Die Regionalisierungsmittel wollen wir so erhöhen,
dass Kostensteigerungen und ein an den Fahrgastzielen orientierter
Angebotsausbau gleichermaßen berücksichtigt werden. Auch wollen wir die Länder,
Kommunen und Verbünde dabei unterstützen, fahrscheinlosen Nahverkehr anzubieten
und neue Finanzierungsquellen wie eine Beitragsfinanzierung zu erschließen.
Der öffentliche Nahverkehr soll mittelfristig im ganzen Land ein
alltagstaugliches Angebot mit verlässlichen Taktverkehren garantieren, mit
Schwerpunkt auf die gute Anbindung von Schulen, Ausbildungstätten und
Freizeiteinrichtungen. Damit man einfach überall vorankommt, wollen wir uns für
einen einfachen, anbieterübergreifenden Ticketkauf über Verkehrs- und
Tarifverbünde hinweg einsetzen. Unser mittelfristiges Ziel ist eine
Mobilitätsgarantie, die alle Dörfer vom frühen Morgen bis in die späten
Abendstunden mindestens einmal pro Stunde anbindet. In ländlichen Regionen
wollen wir Bahnhöfe zu Mobilitätsstationen aufwerten, an denen regional
zugeschnittene Lösungen für vernetzte Mobilität angeboten werden. Zudem wollen
wir Busse und Bahnen zu Orten machen, in denen sich Fahrgäste wohlfühlen. Neben
der Sauberkeit gehört dazu für uns auch die Sicherheit vor Übergriffen,
insbesondere gegenüber Frauen.
Deutschland soll ein Bahnland werden, in dem man seine Wege preiswert,
barrierefrei und bequem zurücklegen kann. Hier bleibt viel zu tun, aber der
Anfang ist gemacht: Immer mehr Menschen fahren Bahn, Takte werden verbessert und
neue Züge eingesetzt. Unser Ziel ist die beschleunigte Umsetzung des
Deutschlandtaktes, der Städte und ländliche Regionen regelmäßig und verlässlich
miteinander verbindet. Auch europäische Nachtzugverbindungen als komfortable und
leicht buchbare Angebote wollen wir deutlich ausbauen. Wir setzen uns zudem für
günstige, verlässliche und planbare Trassenpreise ein. Das Schienennetz, das wir
marode vorgefunden haben, werden wir weiter mit Hochdruck sanieren und im
erforderlichen Maß ausbauen. Auch für den Schienengüterverkehr wollen wir
Kapazitäten, zum Beispiel im Kombiverkehr, ausbauen und die Verlagerung von
Straßentransport auf die Schiene fördern. Unser Ziel ist, den Anteil der Schiene
am Güterverkehr innerhalb eines Jahrzehnts auf 30 Prozent zu steigern.
Für unsere Ausbauziele im Schienenverkehr und im öffentlichen Nahverkehr, ganz
gleich ob in S-Bahn, Regionalbus, der Stadtbahn oder auf klimaneutralen Fähren,
sind gute Beschäftigungsbedingungen ein wesentlicher Faktor. Wir wollen dafür
sorgen, dass die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Nah- und Fernverkehr
verbessert werden. Dazu gehört, dass wir uns für eine gute Entlohnung ihrer
Arbeit, ob am Tag oder in der Nacht, einsetzen.
Für gleichwertige Lebensverhältnisse
In den ländlichen Regionen liegt viel Kraft. Hier gibt es von weltmarktführenden
Unternehmen über fruchtbare Böden bis zu einzigartigen Naturschätzen vieles, was
unser Land prägt. Die vielfältigen Landschaften und Siedlungen, die regionalen
Kulturen und lokalen Traditionen gilt es zu schützen und die Gleichwertigkeit
der Lebensverhältnisse zu verbessern.
Damit sich Eigeninitiative, Unternehmergeist und Tatkraft voll entfalten können,
braucht es eine zeitgemäße Infrastruktur in jedem Dorf, im ganzen Land. Mit
erneuerbaren Energien und Klimaschutz lassen sich vor Ort schwarze Zahlen
schreiben. Die Kommunen verdienen an der Energieerzeugung vor Ort aus Wind und
Sonne mit und gewinnen damit eigene finanzielle Spielräume. Sie entscheiden
selbst, ob das Schwimmbad saniert oder das Gemeindezentrum erweitert wird. Durch
Umbau und Sanierung können leerstehende Dorfkerne wieder lebendig werden. Eine
digitale Infrastruktur auf der Höhe der Zeit ist unverzichtbar für
wirtschaftliche Innovation und Homeoffice – genauso wie für gesellschaftliche
Teilhabe. Und das heißt: Glasfaser in Stadt und Land und Mobilfunk ohne
Funklöcher. Mit digitalen Standards können regionale Wirtschaftskreisläufe
verbunden und gestärkt werden.
Jede und jeder muss sich überall in unserem Land auf eine gute und erreichbare
gesundheitliche Versorgung verlassen können. Kommunale Gesundheitszentren, in
denen Ärzt*innen, Pflegekräfte und Therapeut*innen unter einem Dach arbeiten,
können in vielen Regionen das Angebot verstärken. Lebendige Ortskerne und offene
Gemeindezentren sind oft die Voraussetzung für ehrenamtliches Engagement und
Stärkung des Zusammenlebens. Lebendige Regionen entstehen durch passende
Rahmenbedingungen für das Zusammenleben und gute Infrastruktur – auch für junge
Familien und ältere Menschen. Sie wollen wir unterstützen und fördern.
E. Eine Natur, die wir schützen
Für eine intakte Natur
Indem wir die Natur wiederherstellen und schützen, schützen wir uns selbst:
heute und in Zukunft. Wir schützen die Natur zudem um ihrer selbst willen. Damit
schaffen wir die Grundlage für gute Lebensqualität und stärken die Demokratie
mit einer resilienten Gemeinschaftsstruktur. Der Schutz von Klima und Natur
sollen daher im Grundgesetz verankert werden. Eine intakte Natur ist
mitentscheidend, Klimaneutralität zu erreichen. Naturnahe Wälder, Moore und Auen
binden billig und effizient CO2 aus der Luft. Mit dem Aktionsprogramm
Natürlicher Klimaschutz sind wir diese Aufgabe kraftvoll angegangen und haben
die Naturschutzfinanzierung in Deutschland vervielfacht. Das wollen wir
verstetigen, erweitern und inhaltlich fortentwickeln und damit die Mittel für
den natürlichen Klimaschutz über 2028 hinaus anwachsen lassen.
Unser Anspruch ist es, dass internationale Vereinbarungen und im europäischen
Recht im Naturschutz konsequent eingehalten und umgesetzt werden. Europäisch ist
ein Meilenstein gelungen: ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Um das
unter Einbeziehung einer naturverträglichen Nutzung schnellstmöglich umzusetzen,
werden wir Flächen für die Wiederherstellung von Natur gesetzlich garantiert zur
Verfügung stellen, denn auch ökosystembasierter Natur- und Artenschutz liegt in
einem überragenden gesellschaftlichen Interesse.
Dazu wollen wir einen Schub für den Naturschutz: wirksame Maßnahmen gegen
weiteren Flächenverbrauch, unbürokratische und schnellere Ausweisung von
Naturschutzgebieten und die Übertragung von weiteren geeigneten Flächen ins
Nationale Naturerbe sowie zusammenhängende Biotopverbünde und Großschutzgebiete
nach dem Vorbild des ostdeutschen Großschutzgebietsprogramms während der
Friedlichen Revolution.
Frei fließende Flüsse, naturnahe Wälder und Auen, Moore und extensiv genutzte
Agrarlandschaft sowie wilde Weiden nehmen dabei eine zentrale Rolle ein und
müssen – wo immer möglich – erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden. Den
unnatürlichen und unwirtschaftlichen Ausbau der Flüsse, wie er zum Beispiel an
der Mittelelbe oder an der Grenzoder geplant ist, lehnen wir ab und wollen die
rechtlichen Grundlagen der grenzüberschreitenden Flusspolitik gemeinsam mit
unseren Nachbarländern naturgerecht ausrichten. Wir gestalten die Energiewende
naturschutzverträglich und lösen unvermeidbare Zielkonflikte zwischen
erneuerbaren Energien sowie Natur- und Artenschutz auf der Grundlage neu
gewonnener Erkenntnisse und steuern dort, wo es notwendig ist, unter Einbindung
des Fachverstandes von Wissenschaft, Naturschutz und Planer*innen nach.
Unsere Verantwortung für besonders typische Lebensräume wie das Wattenmeer,
Buchenwälder und Streuobstbestände sowie für besonders bedrohte Arten wie den
Luchs oder Feuersalamander werden wir durch Artenhilfsprogramme und besondere
Schutzmaßnahmen wahrnehmen. Den Bundesnaturschutzfonds werden wir weiter stärken
sowie digitale Tools für Biodiversitätsforschung und -schutz vorantreiben.
Um dies alles umzusetzen, braucht es mehr Unterstützung für die
Zivilgesellschaft, insbesondere in ländlichen Räumen. Denn der Erfolg des
Aktionsprogramms zeigt: Die Menschen, die Kommunen und viele Unternehmen wollen
mehr Natur – es sind die Engagierten und Organisationen vor Ort, die sehr oft
der Motor des Natur- und Artenschutzes sind. Deshalb braucht es für einen
funktionierenden Umwelt- und Naturschutz ein starkes Verbandsklagerecht.
Die Staatengemeinschaft hat vor zwei Jahren in Montreal eine globale
Vereinbarung für den Schutz der Natur und Artenvielfalt mit ambitionierten
Zielen beschlossen – das ist auch für uns ein klarer Auftrag, für den Erhalt und
die Wiederherstellung intakter Ökosysteme zu arbeiten. Wir setzen uns für eine
schnelle Umsetzung des vereinbarten Ziels von 30% effektivem Schutz der Land-
und Meeresfläche bis 2030 ein. Mit einer verbindlichen Nationalen
Biodiversitätsstrategie un deinem Biodiversitätsgesetz und einem
Biodiversitätsgesetz werden wir diese Ziele national umsetzen. Bei
unvermeidbaren Eingriffen setzen wir dabei weiterhin auf den Vorrang des
Ausgleichs in Form von konkreten Naturschutzprojekten in der Fläche.
Wir können nur das schützen und schätzen, was wir kennen. Umweltbildung ist
lebenslanges Lernen und findet durcheigene Erfahrungen und Erlebnisse in der
Natur, Bildung an Lernorten, in Kita, Schule und zu Hause statt. Das wollen wir
fördern.
Unsere Kulturlandschaft ist Lebensraum vieler gefährdeter Arten – wir wollen
Landnutzung und Naturschutz in Einklang bringen. Dort wo Artenschutz wirkt,
treten bei wenigen Tierarten auch Konflikte auf. Wir schaffen die Balance
zwischen pragmatischen Lösungen vor Ort wie zum Beispiel schnelleren und
unkomplizierteren Abschüssen von Wölfen in problematischen Ausnahmefällen,
Koexistenzmaßnahmen wie Herdenschutz, unbürokratischen Entschädigungen und den
Anforderungen des Naturschutzes. Das für die Biodiversität wichtige EU-
Naturschutzrecht mit seinem Gebiets- und Artenschutz werden wir dabei erhalten
und konsequent umsetzen. Geschützte Arten wie der Wolf gehören nicht ins
Jagdrecht. Das ist auch ein Beitrag zur Bürokratievermeidung.
Bei Eingriffen in die Natur müssen nicht verantwortbare Risiken wie die
Gefährdung oder gar Ausrottung ganzer Populationen oder Arten etwa mittels
gentechnischer Methoden (Gene Drives) ausgeschlossen werden.
Unsere Wälder sind wichtig für die Artenvielfalt und Verbündete beim
Klimaschutz. Gleichzeitig dienen sie als Erholungsräume für die Gesundheit des
Menschen, Orte der Wildnisentwicklung und Grundlage für die forstwirtschaftliche
Nutzung. Aber wir erleben ein zweites Waldsterben. Die Klimakrise hat in
Verbindung mit dem großflächigen Nadelholzanbau, mit Trockenheit und
Schädlingsbefall dazu geführt, dass Wälder inzwischen weniger CO2 speichern als
erwartet. Wir werden deshalb naturnahe und strukturreiche Wälder mit heimischen
und standortgerechten Baumarten erhalten und entwickeln.
Um das Ökosystem Wald zu erhalten, setzen wir auf ein modernes Bundeswaldgesetz,
das eine möglichst natürliche Entwicklung zu widerstandsfähigeren und
artenreichen Mischwäldern vorsieht. Wir unterstützen die Waldbesitzenden und
stärken die Forstbehörden für ein Waldmanagement, das den Anforderungen von
Natur-, Klima- und Tierschutz gerecht wird. Damit eine natürliche Waldverjüngung
auf der gesamten Waldfläche möglich wird, ist ein differenziertes
Wildtiermanagement notwendig. Für eine nachhaltige Holznutzung setzen wir auf
eine Weiterentwicklung der holzverarbeitenden Wirtschaft hin zu langlebigen
Produkten. Dafür fördern wir die Holz- und Waldforschung.
Für eine gesunde Umwelt
Die zunehmende Verschmutzung und Vermüllung ist neben der Klima- und
Biodiversitätskrise die dritte große Herausforderung für den Schutz unserer
natürlichen Lebensgrundlagen. Mit intakten Böden, frischer Luft und
Rückzugsorten, an denen man auch mal seine Ruhe genießen kann, sorgen wir für
mehr Lebensqualität. Ob dreckige Luft oder Lärm, im Luftkurort genauso wie an
der viel befahrenen Straße in der Stadt: Wir wollen die Leitlinien der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum gesetzlichen Maßstab für ein gesundes
Leben in Deutschland und Europa machen. Durch einen stärker vorsorgenden Ansatz
und ein neues Bodenschutzgesetz bringen wir den Schutz unserer Böden ins 21.
Jahrhundert. Dies bedeutet weniger giftige Stoffeinträge in den Boden, weniger
Pestizideinsatz inklusive eines Komplettverzichts auf besonders schädliche
Substanzen wie Glyphosat und Neonikotinoide, und einen insgesamt schonenden
Umgang aller mit der Ressource Boden. So erhalten wir die Leistungsfähigkeit
unserer Böden und entfesseln ihre Kraft.
Unser Ziel ist es, den Verpackungsmüll wirksam zu reduzieren und die Vermüllung
von Landschaft und Gewässern zu stoppen. Kunststoffhersteller werden wir stärker
an den Umweltkosten ihrer Produkte beteiligen. Spätestens ab 2045 soll kein
vermeidbarer Verpackungsmüll mehr anfallen.
Private Feuerwerke stellen zunehmend eine unzumutbare Belastung für unsere
Kommunen dar. Auch kommt es zu häufig zur missbräuchlichen Verwendung. Daher
wollen wir private Feuerwerke reduzieren, um die Auswirkungen auf Menschen,
Tiere und Umwelt möglichst gering zu halten: Wir stärken Städte und Gemeinden
bei der Einschränkung von Feuerwerk und schaffen Rechtssicherheit bei der
Aussprache von Verbotszonen für alle Kategorien von Feuerwerk. Grundsätzlich
halten wir ein ganzjähriges Verkaufsverbot für den Privatgebrauch für geboten
und setzen uns für eine bundesweite Umsetzung ein.
Bei der Reform des europäischen Instruments für die Sicherheit von Chemikalien
(REACH-Regelung) wollen wir schneller vorankommen und das erreichte Schutzniveau
aufrechterhalten. Wir unterstützen einen Ansatz, der die Wechselwirkungen der
Chemikalien berücksichtigt und die Risiken für Umwelt und Mensch im Fokus hat.
Daher braucht es gerade für naturfremde Stoffe eine fundierte Prüfung und
wachsame Zulassungsverfahren, sowie die strikte Anwendung des
Verursacherprinzips im Abwasser- und Abfallmanagement. Wichtig sind uns dabei
die Beschleunigung der Verfahren und die Verbesserung der
Sanktionsmöglichkeiten.
Stoffe, die den Menschen und Ökosysteme dauerhaft schädigen, wie die sogenannten
Ewigkeitschemikalien nehmen wir besonders in den Blick. Wir setzen uns für ein
differenziertes Vorgehen ein mit dem Ziel, nach und nach ganz aus ihrer
Verwendung auszusteigen. Überall dort, wo sie nicht in kritischen Anwendungen
sind oder gut ersetzt werden können, wollen wir ihre Verwendung zuerst rasch
beenden.
Wir haben aber gleichzeitig im Blick, dass wir kritische Anwendungen und die
Produktion wichtiger Zukunftstechnologien wie Elektrolyseure oder elektrischer
Antriebe nicht gefährden, da noch nicht immer Alternativen verfügbar sind. Wir
setzen uns für klare, sachgerechte Fristen für die Substitution ein. Dabei
orientieren wir uns am neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zudem
fordern wir, dass in der Übergangsphase Einträge in die Umwelt auf ein absolutes
Minimum reduziert werden. Wir wollen durch Anreize und eine Forschungsoffensive
umweltfreundliche Alternativen fördern, damit diese schnell marktreif werden.
Für die Folgen der Verschmutzung von Wasser sollen die Verschmutzer aufkommen.
Dafür wollen wir die Hersteller von wassergefährdenden Stoffen stärker in die
Verantwortung nehmen. Der Eutrophierung und der Vermüllung von Flüssen und
Meeren wollen wir durch Abwassermanagement entgegentreten, Nährstoffeinträge
reduzieren. Besonders gefährliche und schlecht abbaubare Schadstoffe dürfen
nicht mehr in den Wasserkreislauf gelangen.
Die Verhandlungen für ein internationales Plastikabkommen wollen wir mit
verbindlichen Maßnahmen zur Verringerung der Herstellung von Plastik erfolgreich
abschließen. Unser Ziel ist eine Welt ohne Plastikverschmutzung. Wir wollen
Technik fördern, die ein umweltverträgliches Abfischen von Müll aus dem Meer
ermöglicht.
Mit dem Sofortprogramm zur Munitionsbergung in Nord- und Ostsee ist uns ein
Meilenstein zum Schutz unserer Meere vor giftigen Kriegsaltlasten gelungen. Wir
werden die kontinuierliche Fortführung der Bergungsarbeiten sicherstellen, damit
die Munition bis Mitte des Jahrhunderts aus unseren Meeren geborgen ist.
Wir wollen den Rechtsrahmen auch im Umweltrecht stärken. Zur Verfolgung von
Umweltverbrechen setzen wir uns ein für die konsequente Umsetzung der neuen EU-
Umweltstrafrechts-Richtlinie in Deutschland sowie für die Ächtung von schwersten
Umweltverbrechen im Rahmen der Ergänzung des Römischen Statuts des
Internationalen Strafgerichtshofs.
Für sauberes Wasser und lebendige Meere
Sauberes Wasser ist zentral für unsere Gesundheit, unsere Lebensqualität und das
Funktionieren unserer Ökosysteme. Verschmutzung und die Klimakrise bedrohen
unsere Wasserressourcen. Wir sorgen dafür, dass wir weiterhin sauberes
Trinkwasser haben, dass die Landwirtschaft versorgt wird und unsere Flüsse, Seen
und Meere intakt bleiben. Wir stehen zur EU-Wasserrahmenrichtlinie und setzen
sie gemeinsam mit den Ländern konsequent um, um den guten Gewässerzustand zu
erreichen.
Mit der Nationalen Wasserstrategie haben wir einen Masterplan vorgelegt, wie wir
diese Ziele erreichen. Wir wollen die finanziellen und personellen Bedingungen
schaffen, damit wir sie – gemeinsam mit den Ländern, aber auch über unsere
Landesgrenzen hinaus – effektiv umsetzen können. Um das ökologische
Gleichgewicht in unseren Flüssen besser zu schützen, braucht eine
gleichberechtigte Zuständigkeit von Wasserstraßenmanagement und Naturschutz.
Wir wollen den natürlichen Wasserhaushalt wiederherstellen. Dafür wollen wir
Städte und Landschaften so nutzen und gestalten, dass sie Wasser aufnehmen,
speichern und bei Bedarf wieder abgeben können. Insbesondere wollen wir die
Wasserrückhaltefähigkeit von landwirtschaftlichen Flächen und Forsten spürbar
verbessern. Durch faire Entgelte, besonders für intensive Nutzer, wollen wir die
Nutzung lenken und dafür sorgen, dass Wassersparen noch stärker zur
Selbstverständlichkeit wird.
Die verletzlichen Ökosysteme unserer Meere brauchen besonderen Schutz. Deshalb
setzen wir uns für ein weltweites Moratorium beim Tiefseebergbau, eine
ambitionierte Umsetzung des internationalen Hochseeabkommens und Schutzgebiete
in der Antarktis ein. Auch in Nord- und Ostsee werden wir substanzielle Beiträge
zum weltweiten Ziel leisten, ein Drittel der Meere unter wirksamen Schutz zu
stellen. Wir entwickeln eine ambitionierte Meeresstrategie und schaffen echte
Rückzugsgebiete für Fischschwärme und Meeressäuger. In mindestens einem Zehntel
der deutschen Nord- und Ostsee soll die Natur völlig unberührt bleiben, in denen
sich die Meeresnatur erholen kann, während neue Schutzregeln auch in den übrigen
Gewässern das Leben im Meer bewahren.
Die Fischerei wollen wir auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft unterstützen,
unter anderem durch umwelt- und naturverträgliche Fangtechniken, wirksame
Schongebiete, alternative Einkommensmöglichkeiten und eine bessere regionale
Wertschöpfung. Dabei wollen wir den Einsatz öffentlicher Gelder auf
umweltverträgliche Nutzung konzentrieren, die dem Erreichen globaler und
europäischer Nachhaltigkeitsziele dient.
Wir schreiben einen Fahrplan für den Ausstieg aus der Ölförderung in deutschen
Gewässern und der Gasförderung in Deutschland bis 2035. Darüber hinaus setzen
wir uns dafür ein, dass Schifffahrtsrouten – insbesondere an nahen
Schutzgebieten – auf den Prüfstand gestellt werden, schädliche Einleitungen
gestoppt, die Klärwerke an Nord- und Ostsee ertüchtigt werden und gezielte
Programme zum Schutz vor Plastikvermüllung aufgelegt werden. Ein angemessener
Anteil der öffentlichen Einnahmen aus dem Verkauf von Meeresflächen für
Windkraftanlagen soll auch künftig direkt in den Meeresschutz und die
Entwicklung einer natur- und klimaverträglichen Fischerei fließen – so verbinden
wir umweltfreundliche Stromerzeugung mit dem Schutz der Meere.
Wir fühlen uns dem Schutz des Wattenmeers besonders verpflichtet. Das Wattenmeer
ist eines der bioproduktivsten Ökosysteme weltweit. Es ist nicht nur Lebensraum
für Schweinswale und Robben, sondern auch eine unersetzliche Nahrungsquelle für
zahlreiche Zugvögel und Fischpopulationen. Dieser Schatz der Natur darf durch
Gasbohrungen um Borkum nicht zerstört werden.
Die Meeres- und Polarforschung liefert dafür wichtige Beiträge. Wir sorgen für
die notwendigen Investitionen und setzen auf europäische Kooperationen.
F. Eine zukunftsfeste Ernährung und
Landwirtschaft
Für starke Landwirtinnen und Landwirte
Um die Ernährungssicherheit langfristig zu gewährleisten, braucht es krisenfeste
Betriebe, die sich auf die Veränderungen einstellen können und ein verlässlicher
Partner beim Schutz der natürlichen Grundlagen sind. Auf dem Weg zu einer
zukunftsfesten und klimafreundlichen Landwirtschaft setzen wir auf den Einsatz,
den Unternehmergeist und das Wissen der Landwirt*innen, gerade auch Frauen,
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen wollen wir dabei besser unterstützen.
Erste Weichen konnten wir in dieser Wahlperiode stellen, dennoch gibt es viel zu
tun.
Die Landwirtschaft bekommt große finanzielle Unterstützung, insbesondere die
Gelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Sie muss die finanzielle Basis
für den Schutz der natürlichen Grundlagen werden. Für die anstehende
Neugestaltung ab 2027 gilt für uns: öffentliche Gelder für öffentliche
Leistungen.
Die Wettbewerbsposition von Landwirt*innen gegenüber anderen Akteuren der
Wertschöpfungskette soll gestärkt werden. Deswegen führen wir das Gebot des
Kaufs zu kostendeckenden Preisen entlang der gesamten Lebensmittelkette ein und
verankern verbindliche schriftliche Verträge im Agrarorganisationen- und
Lieferkettengesetz. Wir wollen eine kartellrechtliche Prüfung, um auch im
oligopolen Lebensmittelhandel faire Erzeugerpreise und Wettbewerb zu sichern.
In Landwirtschaft und Fleischindustrie – gerade in der Saisonarbeit – gibt es
noch viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Hier gilt es, guten Arbeits-,
Gesundheits- und Sozialversicherungsschutz sicherzustellen. Die Hoheit über die
von der Agrarindustrie erfassten Betriebsdaten muss bei den landwirtschaftlichen
Betrieben verbleiben.
Die Wiedervernässung von Mooren ist ein wichtiger Beitrag zum Biodiversitäts-
und Klimaschutz.
Wir unterstützen Landwirt*innen beim Übergang auf nasse Bewirtschaftung und
werden die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Genehmigungsverfahren für den
Umstieg einfacher und schneller funktionieren und landwirtschaftliche Flächen
durch die Wiedervernässung an wirtschaftlicher Attraktivität gewinnen.
Für die Tierhalter in Deutschland braucht es eine Antwort auf die veränderten
Konsumgewohnheiten aus tierethischen, gesundheits-, umwelt- und klimapolitischen
Gründen. Bei stetig sinkendem Fleischkonsum sind industrielle Tierhaltung und
Billigexporte keine langfristig tragfähigen Konzepte. Zukunftsfähig ist dagegen
sowohl im Sinne der Unternehmen als auch der Tiere: weniger Tiere besser halten.
Tiere brauchen mehr Bewegungsfreiheit. Wir haben den Umbau der Ställe für
Schweine hin zu einer tiergerechteren Haltung so stark gefördert wie keine
Bundesregierung zuvor. Wir setzen uns dafür ein, dass es auch in der nächsten
Legislatur dafür ausreichend Mittel gibt, um die Lebensbedingungen für alle
Tiere zu verbessern und die Haltung den Bedürfnissen der Tiere anzupassen.
Weidehaltung auf extensivem, artenreichen Dauergrünland hat sowohl positive
Biodiversitäts- wie auch Klimaeffekte. Das wollen wir ebenso fördern wie die
Wiedereinführung robuster Rassen, die mit dieser Haltungsform gut zurechtkommen.
Wir haben die Haltungskennzeichnung für Schweinefleisch eingeführt und
ermöglichen Verbraucher*innen damit eine bewusste Kaufentscheidung. Diese
Kennzeichnung werden wir bürokratiearm auch auf die anderen Tierarten und die
Außer-Haus-Verpflegung ausweiten.
Auch regionale Produkte sind bei immer mehr Menschen gefragt. Deshalb wollen
wirlandwirtschaftliche Betriebe mit dem regionalen Lebensmittelhandwerk
zusammenbringen – beispielsweise mit der Förderung regionaler
Wertschöpfungsketten. Zusätzlich soll eine Lebensmittelverarbeitungsstrategie
erarbeitet werden, die unter anderem die externalisierten wahren Kosten
wissenschaftlich betrachtet. Dem Ausverkauf landwirtschaftlichen Bodens durch
sogenannte Share Deals treten wir entschieden entgegen.
Zusätzliche Verdienstmöglichkeiten für die Landwirt*innen treiben wir etwa durch
den Ausbau von Agri-Photovoltaik, Agri-Tourismus sowie die Stärkung von
pflanzlichen Rohstoffen als Baustoffe, wie z. B. Schilf oder Hanf, voran. Den
Anbau, die Verarbeitung und den Handel von Industriehanf wollen wir gesichert
straffrei ermöglichen. Und wir unterstützen Betriebe sowie die ganze
Wertschöpfungskette dabei, in neuen innovativen Märkten wie beispielsweise
alternative und pflanzliche Proteine Fuß zu fassen. Das Kompetenzzentrum
„Proteine der Zukunft“ und das Chancenprogramm Höfe werden wir entsprechend
weiterführen. Wir stärken die Forschungsförderung und sorgen für effiziente und
zuverlässige Zulassungsverfahren für neuartige Lebensmittel wie moderne
Fermentationsverfahren und Zellkultivierung.
Für die natürlichen Grundlagen unserer Ernährung
Die Auswirkungen der Klimaerhitzung, des Insektensterbens und der Umgang mit
unseren Böden sind zentrale Herausforderungen für unsere Ernährungssicherheit.
Zukunftsfeste Landwirtschaft stellt sich diesen Herausforderungen. Dafür braucht
es neben mehr Wertschätzung auch genügend Wertschöpfung. Wir unterstützen
Effizienzgewinne durch die Nutzung digital gestützter Arbeitsmethoden in der
Landwirtschaft und setzen uns für EU-weite Standardisierung ein. Unnötige
Bürokratie werden wir aktiv abbauen, ohne notwendige Standards im Umwelt-, Tier-
und Verbraucherschutz abzubauen.
Landwirtschaft und Umwelt brauchen einen möglichst sparsamen und bedachten
Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Die Einführung einer Nährstoffbilanz
unterstützt den gezielteren Düngereinsatz und kann helfen, ihn zu senken. Mit
der Umsetzung der EU-Farm-to-Fork-Strategie kann der Pestizideinsatz EU-weit bis
2030 halbiert werden. Hierzu fördern wir den Ökolandbau sowie setzen auf
Innovation, Digitalisierung, Weiterbildung und die konsequente Umsetzung
agrarökologischer Maßnahmen. Eine einkommenswirksame und gemeinwohlorientierte
Honorierung von Umwelt- und Biodiversitätsleistungen ist für uns dabei ein
wichtiges Instrument.
Und wir setzen auf marktwirtschaftliche Lösungen wie eine Pestizidabgabe, die
wirksam und unbürokratisch ist und zur Förderung umweltschonender Methoden des
Pflanzenschutzes genutzt werden kann. Wir kämpfen gegen das Wildbienensterben
und unterstützen die Imkerschaft bei ihrem Kampf gegen das Honigbienensterben.
Außerdem schaffen wir genügend geschützte Rückzugsräume für die Natur – in
Brachen, Feuchtgebieten, Feldhecken und anderen Strukturen der Agrarlandschaft.
Kooperativer Naturschutz mit erfolgsabhängiger Förderung ist dabei ein
interessanter Ansatz, vor Ort neue Potentiale für naturerhaltende
Bewirtschaftung zu erschließen. Wir setzen uns auch für bestäuberfreundliche
ökologische Pflanzenzüchtung und Permakultur ein. Wir bringen Agroforstsysteme
raus aus der Nische und rein in die Fläche. Wir unterstützen die Landwirt*innen
dabei, hier Bäume und Ackerkultur zu kombinieren. Damit leisten sie einen
Beitrag zum Schutz der Böden und Artenvielfalt. Genetische Vielfalt wollen wir
ebenso fördern wie die Züchtung und Einführung robuster Sorten, die mit weniger
Pestiziden und synthetischem mineralischen Dünger auskommen und an die
Klimabedingungen angepasst sind. Die Förderung schonender Bodenbearbeitung und
mechanischer Unkrautregulierung im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
führen wir weiter.
Die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft ist unser Leitbild, sie spielt
eine wichtige Rolle beim Schutz der natürlichen Grundlagen. Naturschonende
Erzeugungsformen müssen einen Vorteil gegenüber Produktionsweisen haben, die
starke Umweltfolgen nach sich ziehen. Um das Ziel 30 Prozent Ökolandbau bis 2030
zu erreichen, setzen wir die Biostrategie 2030 konsequent um und stellen die
notwendigen Mittel dafür bereit. Insbesondere für junge Landwirt*innen wollen
wir den Einstieg erleichtern. Wir fördern die Innovationskraft der Biobetriebe
und die Vermarktung. Und wir weiten die Forschung für den ökologischen Landbau
deutlich aus.
Wir brauchen auch einen sorgsameren Umgang mit wertvollen Agrarflächen. Daher
wollen wir im Planungsrecht Vorrangflächen für die Nahrungsmittelproduktion
einführen und Agri-Photovoltaik und weitere Ansätze zu höherer Flächeneffizienz
stärken. Bei der Biomasse setzen wir auf die sorgsame Kaskaden- und
Mehrfachnutzung sowie auf die verstärkte Nutzung von Grüngut aus der
Landschaftspflege. Um den Einsatz von fossilen Brennstoffen auch in der
Landwirtschaft schnell und deutlich zu senken, fördern wir die Entwicklung und
Markteinführung von alternativen Antrieben und Treibstoffen.
Übernutzte und geschädigte Böden gefährden die Neubildung sauberen Grundwassers
und die Erzeugung gesunder Lebensmittel. Sie speichern weniger Wasser und
verlieren relevante Nährstoffe. Dem wollen wir durch ein neues Bodenschutzgesetz
vorbeugen.
Für gute Ernährung
Jede und jeder soll selbst und gut entscheiden können, was auf den Teller kommt.
Aber nicht alle können sich so ernähren, wie sie gern würden. Das ist auch eine
soziale Frage: Dort, wo Menschen sozial benachteiligt werden, sind
ernährungsbedingte Krankheiten besonders häufig. Deshalb wollen wir die
Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Wahlfreiheit bei der Ernährung
verbessert wird. Ein erweitertes pflanzenbasiertes Angebot und eine
verständliche Kennzeichnung von Lebensmitteln sollen für Verbraucher*innen mehr
Auswahl und bessere Entscheidungsgrundlagen liefern. Dazu soll auch eine
gerechtere Besteuerung pflanzlicher Lebensmittel beitragen.
Dafür bauen wir auf die Ernährungsstrategie der Bundesregierung „Gutes Essen für
Deutschland“ auf und schaffen eine bessere Ernährungsumgebung. Ein besonderes
Augenmerk legen wir dabei auf die Gemeinschaftsverpflegung – von Kitas über
Kantinen bis Pflegeeinrichtungen. Außerdem werden wir Kinder vor Werbung für
ungesunde Lebensmittel schützen und Geschmacksaromen für E-Zigaretten, die
besonders junge Menschen zum Konsum verleiten, vom Markt verbannen. Zudem tragen
stark zuckerhaltige Softdrinks wesentlich zu Übergewicht, Adipositas und
Folgeerkrankungen bei. Gerade im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes setzen wir
uns für wirksame Maßnahmen zum Senken des Zuckergehalts von Softdrinks ein. Wir
begrüßen die Empfehlungen des Bürgerrats "Ernährung im Wandel", die wichtige
Maßnahmenvorschläge enthalten, die wir aufgreifen wollen.
Und wir werden weiter daran arbeiten, dass immer weniger Lebensmittel, die noch
gut sind, weggeschmissen werden. Wir wollen deshalb, dass die Rettung und
Weitergabe von Lebensmitteln Standard wird, dafür verpflichtende Maßnahmen im
Lebensmittelhandel einführen und das Retten von Lebensmitteln
entkriminalisieren.
Für einen besseren Umgang mit Tieren
Tierschutz ist für uns eine Frage der Haltung. Seit 2002 ist er im Grundgesetz
verankert. Wie für den Umwelt- und Naturschutz ergreifen wir schon immer auch
für die Tiere konsequent Partei. Sowohl national als auch auf europäischer und
internationaler Ebene setzen wir uns daher für eine Tierschutzgesetzgebung und
hohe Standards ein, die Tiere wirklich schützen. Die meisten Tiere in
Deutschland werden in der Landwirtschaft gehalten. Hier wollen wir, dass weniger
Tiere besser gehalten werden, dass sie sich frei bewegen und ihrer natürlichen
Lebensweise nachgehen können.
Wir werden die Zucht stärker auf Tiergesundheit ausrichten und die bereits
verbotenen Qualzuchten von Tieren endgültig beenden. Dazu gehören zum Beispiel
Puten, deren Brustfleisch so schnell wächst, dass sie sich nicht mehr auf den
Beinen halten können, oder auch Hunde und Katzen, die kaum atmen können.
Tierquälerei soll entschiedener bestraft werden. Um Vollzugsdefiziten im
Tierschutz zu begegnen, braucht es bessere Kontrollen. Wir wollen allen
Menschen, die Tiere halten, Zugang zu den notwendigen Kenntnissen geben. Da
Tiere ihre Rechte nicht selbst einklagen können, setzen wir uns für ihre bessere
rechtliche und politische Interessenvertretung ein. Dafür wollen wir unter
anderem das in dieser Wahlperiode bereits geschaffene Amt einer oder eines
Bundestierschutzbeauftragten verbindlich verankern und ein umfassendes
Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen einführen.
Unser Ziel ist, die Dauer von Tiertransporten europaweit auf vier Stunden zu
begrenzen. Transporte aus Europa heraus wollen wir verbieten und Wege der
Umgehung durch neue Transitländer verhindern und dafür unsere nationalen
Spielräume nutzen. Schlachtmethoden und ihre Kontrollen wollen wir im Sinne des
Tierschutzes verbessern. Dezentrale und mobile (Weide-)Schlachtungen vermeiden
lange Transporte und stärken regionale Wirtschaftskreisläufe. Auch verbesserte
Arbeitsbedingungen, die nicht auf Akkordlöhne, Stück- und Streckenprämien bei
Schlachtung und Transport setzen, helfen beim Tierschutz.
Tierversuche wollen wir durch eine wissenschaftliche Reduktionsstrategie
verringern und – wo immer möglich – durch innovative, tierfreie Methoden
ersetzen, die wir umfassend fördern und deren strukturelle Hürden wir abbauen
wollen. Dafür entwickeln wir perspektivisch einen geeigneten rechtlichen Rahmen.
Das stärkt auch den modernen Forschungsstandort Deutschland.
Tiere in Not müssen besser versorgt werden. Tierheime und andere
Auffangstrukturen sowie Notfallnummern sind bundesweit am Limit. Wir wollen,
dass sie finanziell besser unterstützt und entlastet werden. Illegaler
Tierhandel und unkontrollierter Wildtierhandel schaden den Tieren und erzeugen
Gesundheitsrisiken für den Menschen. Sie gehören deshalb beendet. Wildtiere
gehören in die Wildnis und nicht in Zirkusse, sie sollten auch nicht über
gewerbliche Onlineseiten und Wildtierbörsen angeboten werden. Kommerzielle
Importe von Wildfängen und die Einfuhr von Jagdtrophäen wollen wir beenden.