Ich verzichte an dieser Stelle erneut zu erklären, warum das Versteifen auf den Begriff der konsumptiven Ausgaben in einem grünen Wahlprogramm nicht sinnvoll ist (siehe dazu die Begründung meines ÄAs zum Absatz zuvor). An dieser Stelle tauchen noch zwei zusätzliche Probleme auf, die aus meiner Sicht sehr vermeidbar sind.
1) Wieso bedienen wir uns (weiterhin) einer Rhetorik, die so auch direkt aus einem CDU- oder FDP-Wahlprogramm kommen könnte? Seit ich denken kann reden Politiker*innen davon die Ausgaben zu "priorisieren" und überall zu sparen bis sich die Balken biegen. Der Begriff ist so ausgelutscht, dass niemand sich mal fragt, warum es noch keiner getan hätte. Auch hier wird er nicht weiter ausdefiniert. Niemand braucht diesen Satz an der Stelle - Geld als Staat nicht sinnlos zu verschenken versteht sich von selbst. Er ist für ein grünes Wahlprogramm nicht relevant. Am Ende ist er aber damit verbunden, dass einzelne Parteien nur für ihre eigene Klientel Partikularinteressen durchsetzen, um zu rechtfertigen, dass man soziale Gruppen bewusst gegeneinander ausspielt.
2) Warum spielen wir soziale Gruppen gegeneinander aus? Wieso steht in unserem grünen Wahlprogramm ausgerechnet drin, dass Geflüchtete und Menschen in Bürgergeld den Haushalt belasten? Ich will hier ausdrücklich nicht unterstellen, dass die Person, die die ursprüngliche Fasung geschrieben hat, hier gegen diese Gruppen gerichtete Hintergedanken hatte - der Satz ist eindeutig eine direkte opportunistische Reaktion auf die vor allem von CDU-Haushaltspolitikern (nur Männer) vorgebrachte These, man könnte ja ach so viel im Haushalt finanzieren, wenn man doch nur die Hilfen für Migration und Bürgergeld kürzt, was vielfach vorgerechnet einfach grober Unfug ist. Gut, hier steht jetzt, dass die in Arbeit gebracht werden sollen, aber die Buzzwords wurden ja trotzdem gebracht. Waren wir zu faul, uns selber andere Gegenvorschläge zu überlegen, die der Realität standhalten? Ich bin ein Stück weit entsetzt, dass ausgerechnet diese beiden Gruppen hier von uns namentlich vor den Bus geworfen werden, nur weil die CDU sonst nichts beizutragen hatte.
Die geänderte Fassung betont erneut den Ansatz der "mission-oriented policy", also der Denke, dass politische Regeln einem idealistischen Zweck und nicht ihrer Selbsterhaltung dienen sollten. Der Staat hat eine Vielzahl von Herausforderungen, davon wurden nur ein paar exemplarisch genannt, und es werden tendenziell eher mehr als weniger. Zu glauben, dass man die multiplen Krisen dieser Welt durch "Einsparungen" finanziert, ist der Realität nicht angemessen und das sollte auch ganz ehrlich so transportiert und erklärt werden. Man kann nicht auf der einen Seite einen Deutschland-Sonderfond/Schattenhaushalt/Umgehung der Schuldenbremse fordern und sich direkt danach als Gralshüterin gegen konsumptive Ausgaben positionieren, mit dem kruden Argument der Generationengerechtigkeit, das im finanziellen Sinne scheinbar immer Priorität über den ökologischen oder infrastrukturellen hat. Das ist einfach zu kurz gedacht und wird keiner Debatte standhalten. Unser Anspruch sollte es sein, eine modernere Politik erdenken zu können, als das was Konservative seit Reagan und Thatcher predigen - weil sonst können wir es auch gleich lassen. Und bitte lasst es uns auch vermeiden, fehlendes Geld immer bei bestimmten (meistens benachteiligten) Gruppen zu suchen. Der deutsche Staat ist Stand jetzt schon handlungsfähig genug - Gerechtigkeitsprobleme sollten nicht mit dem Hintergedanken der Finanzierung eingebracht werden, das verfängt seit Jahrzehnten nicht.