„Wir stehen vor einer direkten Konfrontation zwischen den großen transnationalen Konzernen und den Staaten. Die Konzerne mischen sich in die grundlegenden politischen, ökonomischen und militärischen Entscheidungen der Staaten ein. (…) Den solidarischen Geist der Menschen in den entwickelten Ländern muss es mit Widerwillen erfüllen, dass eine Gruppe von Unternehmen ungestraft in das Leben einer Nation eingreifen und es völlig zerstören kann.“ (Der chilenische Präsident Salvador Allende am 4. Dezember 1972 vor der UN-Vollversammlung – neun Monate vor seiner Ermordung durch den Putsch des chilenischen Militärs mit Hilfe der US-Regierung.)
„Der Handelsaustausch zwischen Entwicklungs- und Industrieländern darf nicht den reinen Marktmechanismen überlassen werden, sondern muß auf der Basis gerechter multilateraler Abkommen abgewickelt werden. Der Ausbau des Exportsektors in den Entwicklungsländern, insbesondere im Landwirtschaftsbereich, darf nicht verstärkt werden. (…) Entwicklungsländer dürfen nicht als Märkte betrachtet werden, die für den Absatz bundesdeutscher und internationaler Konzerne gesichert werden müssen (…). Die Macht der multinationalen Konzerne muß gebrochen werden.“ (Farbe bekennen: Bundestagswahlprogramm der Grünen 1987)
In Geschichte und Gegenwart: Der Freihandel ist keine linke Antwort auf den Protektionismus eines Donald Trump. Unter Bedingungen der globalen Ungleichheit und Konkurrenz sind Freihandel und Protektionismus lediglich zwei Varianten rechter Politik zur Durchsetzung der Interessen von Besitzenden weltweit operierender Großkonzerne gegen den Anspruch der Bevölkerungen auf ein Leben in Würde durch volle Ausschöpfung des entwickelten Niveaus von Kultur, Wissenschaft und Technik.
Freihandelsabkommen spitzen das Prinzip „der Stärkere setzt sich durch“ mittels der Vergrößerung von Märkten zu. Sie sollen die Bedingungen zur Ausbeutung (Lohndrückerei, billiger Rohstoffzugang, Monopolisierung) erleichtern, um zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung weltweit die Profite der Reichsten zu erhöhen. Die Ungleichheit spitzt sich durch Freihandelsabkommen zwischen ungleichen Partnern zu. Dies belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien auch am Exempel der Verhandlungen zum EU-Mercosur-Abkommen.[1]
Das durchschaubare Hauptmotiv hinter den aktuellen Versuchen, das EU-Mercosur-Abkommen auf undemokratische Weise durchzuzocken, ist die Verbesserung der Stellung der deutschen Automobilindustrie in der internationalen Konkurrenz gegenüber US-amerikanischen oder chinesischen Konkurrenten. Die Weltmarktposition von VW, Mercedes-Benz und BMW wird zum Selbstzweck erhoben. Doch das einzig positiv Hervorhebenswerte an deutschen Unternehmen sind die Zugeständnisse, die sie bisher durch gewerkschaftlichen Druck an die Beschäftigten machen mussten. Auch die namhaftesten deutschen Unternehmen dienen nicht dem Gemeinwohl, sondern dem Profit einiger Weniger – so schüttete VW 2024 Dividenden in Höhe von 4,5 Mrd. € an seine Aktionär:innen aus (zwischen 2021 und 2023 waren es etwa 22 Mrd. €) und zahlte seinem CEO ein Gehalt in Höhe von 10,3 Mio. €.
Anstatt VW einen erweiterten Zugriff auf noch billigere Ressourcen, Arbeitskräfte und Absatzmärkte zu verschaffen, haben wir in Deutschland die besten Möglichkeiten, eine Konversion der Autobranche und ihrer Zulieferer zu nachhaltiger Produktion von Zügen und Bussen unter humanen Arbeitsbedingungen durchzusetzen und damit eine wirkliche Alternative zu „America first“ oder „Germany second“ zu bilden. Beispielsweise durch höhere Besteuerung von Unternehmensgewinnen, deren Überführung in Gemeineigentum nach Art. 15 GG, die Anwendung von Umweltschutzgesetzen, die Stärkung der Gewerkschaften statt Verzichtspredigten, die Anhebung der Löhne hierzulande mindestens gemäß den Vorgaben der EU-Mindestlohnrichtlinie und international friedlichen Handel statt Wirtschaftskriegen.
Im Einklang mit unserem Grundsatzprogramm und dem Beschluss „Was Freiheit schützt“ aus dem Jahr 2023 und im Bündnis mit zahlreichen internationalen Umweltorganisationen wie Greenpeace[2] sowie im Verbund der European Greens[3] setzen wir uns dafür ein, dass der von Ursula von der Leyen (CDU) aus der EU-Kommission autoritär vorangetriebene Mercosur-EU-Deal im EU-Rat gestoppt wird. Daran soll sich auch die deutsche Bundesregierung beteiligen.
[1] https://www.misereor.de/fileadmin/publikationen/Studie_MERCOSUR_Misereor.pdf, https://awblog.at/eu-mercosur-handelsabkommen-2/ & https://www.bu.edu/gdp/files/2021/06/GEGI_WP_052_FIN.pdf
[2] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/waelder/waelder-erde/eu-mercosur-abkommen & https://europeantradejustice.org/eu-mercosur-nov2024/
[3] https://www.greens-efa.eu/de/artikel/positionpaper/the-eu-mercosur-free-trade-agreement-still-unacceptable