Durch die einseitige und patentbasierte Anreizsetzung kommt es zu einem weitreichenden Marktversagen. Seit Jahrzehnten fehlen Anreize zur Erforschung dringend benötigter Therapien gegen Krankheiten, die vorwiegend Menschen in Entwicklungsländern bedrohen. Krankheiten wie Leishmaniose, Chagas aber auch Malaria und Tuberkulose betreffen Millionen von Menschen weltweit, gleichzeitig fehlen die Anreize zur Entwicklung wirksamer und bezahlbarer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente. Forschungsansätze zu Präventionsmöglichkeiten und sozialen Krankheitsursachen werden zu wenig verfolgt und deren Ergebnisse nicht ausreichend berücksichtigt.
Aber auch in wohlhabenden Ländern werden fehlende Forschungsanreize zunehmend zur Bedrohung der öffentlichen Gesundheit. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben allein in der Europäischen Union jährlich circa 25.000 Menschen an den Folgen einer Infektion mit antibiotikaresistenten Erregern. Obwohl neue Wirkstoffe dringend benötigt werden, wurden seit 1987 kaum neue Antibiotika-Wirkstoffklassen mehr entwickelt. Forschungsanreize fehlen, da der Absatz durch die zeitlich begrenzte Anwendung von Antibiotika nicht ausreichend profitabel ist.
Neben fehlenden Forschungsanreizen führt das bestehende Patentregime zu steigenden Arzneimittelausgaben und bedroht den universellen Zugang zu neuen und innovativen Medikamenten. Viele Menschen in Entwicklungsländern können sich neue und patentgeschützte teure Wirkstoffe nicht leisten. Gleichzeitig führen steigende Medikamentenpreise auch in Deutschland das Gesundheitssystem an die Grenzen der Finanzierbarkeit.
Ein UN-Expertengremium hat im September 2016 einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt. Um die Mängel des bestehenden Forschungssystems zu beheben und Gesundheitsausgaben effizienter an den weltweiten Gesundheitsbedürfnissen auszurichten, müssen die Kosten für Forschung und Entwicklung von Produktpreis und Verkaufsmenge langfristig entkoppelt werden. Dabei sollten insbesondere Gesundheitsgefährdungen in den Fokus genommen werden, bei denen die bestehenden Forschungsanreize nicht ausreichen oder bei denen der Zugang zu Medikamenten, Impfstoffen, Diagnostika und Präventionsstrategien nicht ausreichend sichergestellt ist. Neue Anreize werden benötigt, damit sich medizinische Forschung stärker an den gesundheitlichen Bedürfnissen der Menschen orientiert. Ein globaler Forschungsfonds könnte Prämien für innovative Forschung bereitstellen und Hersteller im Gegenzug dazu verpflichten, neue Wirkstoffe zum Herstellungspreis verfügbar zu machen.
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