Die Ablehnung der Investor-Staats-Schiedsgerichtsbarkeit ist absolut richtig. Sie darf sich in der Konsequenz aber nicht darauf beschränken, neue Abkommen mit solchen Klauseln abzulehnen, sondern muss auch bestehende Abkommen in den Blick nehmen, die Sonderrechte für international agierende Unternehmen enthalten.
Ein Beispiel dafür ist der Vertrag über die Energiecharta von 1994, auf den die Klagen von Vattenfall wegen Umweltauflagen am Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg und wegen des Atomausstiegs zurückgehen. Es handelt sich bei diesem multilateralen Vertrag um den einzigen, in dem Unternehmen aus westeuropäische Staaten andere westeuropäische Staaten vor Schiedsgerichte bringen können. Wegen der hohen Investititionstätigkeit in diesem Raum ist er besonders gefährlich. Italien hat den Vertrag 2015 gekündigt. Das sollte die Bundesrepublik auch tun.
Ebenso sollten wir die bilateralen Investitionsschutzabkommen mit Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien, Kroatien, den drei baltischen Staaten, Ungarn, Griechenland, Rumänien, Portugal und Bulgarien kündigen. Diese Verträge sind nicht nur aus dem schon im Programm genannten Gründen falsch, sondern widersprechen zudem europäischem Recht. Die EU-Kommission hat die Mitgliedsstaaten mehrfach aufgefordert, solche Verträge zu kündigen. Italien und Irland sind dieser Aufforderung bereits nachgekommen. Gegen Rumänien, Österreich, Niederlande, Slowakei und Schweden laufen Vertragsverletzungsverfahren. Das Wort "ersatzlos" am Ende des ersten Satzes bezieht sich auf einen Vorschlag von Sigmar Gabriel aus seiner Zeit als Wirtschaftsminister, diese Verträge durch einen gemeinsamen Investitionsschutzvertrag aller EU-Mitgliedsstaaten zu ersetzen. Damit wäre eine massive Ausweitung des Systems verbunden.
Die vielen Verträge, die die Bundesrepublik und andere europäische Staaten mit Staaten der dritten Welt haben, sind ein postkoloniales Instrument, das zunehmend in Verruf gerät. Entscheidend ist hier aber nicht einfach eine Kündigung, sondern ein Dialog auf Augenhöhe mit diesen Ländern. Das schließt eine Kündigung nicht aus.
Ein Aspekt bei der Kündigung dieser Verträge ist die als "Zombieklausel" oder "Sonnenuntergangsklausel" bekannte Restlaufzeit der Verträge, die Konzernen Klagen auch noch bis zu 20 Jahre nach der Kündigung erlaubt. Die Kündigung der Verträge im Einvernehmen mit den Partnerstaaten erlaubt aber eine drastische Verkürzung dieser nicht legitimen Sonderrechte.
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