Antrag: | Wir machen den Welthandel fair |
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Antragsteller*in: | BAG Globale Entwicklung (dort beschlossen am: 02.05.2017) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 03.05.2017, 19:13 |
WB-WH-01-100: Wir machen den Welthandel fair
Antragstext
Von Zeile 99 bis 104:
europäische Export von Milchpulver, Tomaten oder Hähnchenteilen die heimische Produktion in Westafrika verdrängt. Die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik sind nicht fair. Die EU sollte für Entwicklungsländer Zölle auf verarbeitete Produkte senken, damit diese ihre Wirtschaften breiter aufstellen und mehr Gewinn im Land halten können. Das schafft vor Ort Perspektiven jenseits von Günstlingswirtschaft, Korruption oder der gefährlichen Flucht nach Europa.Die ausgehandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika drohen eine eigenständige und nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern zu verhindern. Wir wollen sie deshalb stoppen und fordern neue Verhandlungen ohne Druck und Fristen. Wir setzen auf eine asymmetrische Marktöffnung sowie auf handelspolitische Maßnahmen für Entwicklungsländer wie etwa Exportsteuern oder einen umfangreichen Schutz junger Industrien. Wir brauchen eine Handelspolitik, die die Schutzinteressen von Entwicklungsländern anerkennt und gleichzeitig menschenrechtliche, soziale und Umweltstandards erfüllt. Das europäische Zollregime muss auch deshalb die Zölle auf verarbeitet Produkte senken bzw. abschaffen. Nur so erhalten Entwicklungsländer die Chance eine diversifizierte Industrie und Wertschöpfung vor Ort aufzubauen.
Die Globalisierung ist durch drastische Widersprüche geprägt. Sie macht die Beziehungen und
den Austausch zwischen Ländern enger. Nie war es so einfach, in ferne Länder zu reisen. Vom
Aufstehen bis zum Schlafengehen umgeben uns Produkte, die es ohne weltweiten Handel nicht
gäbe. Auch Wissenschaft und Kultur befruchten sich durch internationalen Austausch.
Deutschland profitiert von offenen Märkten. Hunderte Millionen Menschen in Asien, Afrika und
Südamerika konnten auch durch eine gesteuerte Integration in die Weltwirtschaft extreme
Armut überwinden.
Doch die Globalisierung hat eben auch eine anarchische, ungerechte und brutale Seite. In
vielen ärmeren wie reicheren Ländern werden Menschen in einer globalen Wertschöpfungskette
ausgebeutet oder gegeneinander ausgespielt. Wohlstandsgewinne sind sehr ungleich und
ungerecht verteilt – zwischen Staaten und innerhalb von Staaten. Die Zerstörung unserer
natürlichen Lebensgrundlagen hat sich durch die Globalisierung beschleunigt. Und die
entfesselten internationalen Finanzmärkte und große Konzerne haben einen zu großen Einfluss
auf politisches Handeln gewonnen. Deswegen ist unser Ziel, die Globalisierung auch durch die
Stärkung globaler Institutionen gerechter zu gestalten; zum Beispiel indem wir die
internationalen Finanzströme besser regulieren (à Kapitel: Wir teilen den Wohlstand
gerechter) und auch indem wir den internationalen Handel neu gestalten.
Hunderttausende Menschen in Deutschland und anderen Ländern Europas haben in den letzten
Jahren gegen TTIP, TISA und CETA, gegen eine Fortsetzung der neoliberalen Globalisierung von
oben demonstriert. Wir kämpfen an ihrer Seite.
Sowohl der nationalistische Weg, den Schattenseiten der Globalisierung mit Abschottung zu
begegnen, als auch der neoliberale Weg, Globalisierung ohne Regulation zu forcieren, führt
in den Abgrund. Wir stehen für einen anderen Weg – den Weg friedlicher und offener
Kooperation. Gerechter globaler Handel kann dafür sorgen, dass die Vorteile der
Globalisierung mehr Menschen zu Gute kommen.
Als exportorientierte Volkswirtschaft hat Deutschland eine besondere Verantwortung.
Deutschland muss deshalb dazu beitragen, dass die Europäische Union als der größte
Binnenmarkt selbstbewusst eine führende Rolle bei der Regulierung des Welthandels einnimmt
und zeigt, wie fairer Handel möglich ist. Den brauchen wir für eine sozial-ökologische
Transformation.
Gerechte Regeln für die Welt
Um Handel fair zu gestalten, müssen Regeln von allen Ländern gemeinsam verhandelt werden,
also multilateral. Das muss im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) geschehen. Denn
sonst machen die mächtigen Länder die Spielregeln und die armen haben das Nachsehen. Damit
das gelingt, muss die WTO grundlegend reformiert und unter dem Dach der Vereinten Nationen
neu belebt werden.
Mit der Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und dem
Abschluss des Pariser Klimaschutzabkommens hat die Weltgemeinschaft zentrale Zielmarken zur
Bekämpfung von Hunger und Armut, zur Reduzierung von globaler Ungleichheit und für den
Erhalt unsere ökologischen Lebensgrundlagen gesetzt. Die Industriestaaten können und müssen
dabei im Sinne einer fairen Lastenteilung vorangehen.
Diese Zielmarken müssen auch für die Gestaltung des Welthandels und eine Reform der WTO
gelten.
So sollen alle am Welthandel Teilnehmenden die Kernarbeitsnormen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) einhalten. Vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt muss Arbeit
menschenwürdig sein und der weltweite Wettbewerb um die niedrigsten Löhne aufhören. Wir
haben das Ziel, in Zukunft sowohl mit entwickelten wie auch sich entwickelnden Staaten eine
neue Generation von fairen Handelsabkommen auszuhandeln. Durch ein Race to the Top von immer
höheren globalen Standards werden wir gute Arbeit garantieren und lokale Wertschöpfung
erhalten. Wir setzen damit in den fairen Handelsabkommen neben klassischen Handelsfragen
auch soziale und ökologische Standards - also unter anderem Regeln zur Vermeidung von
Steuerhinterziehung, für die Korruptionsbekämpfung, die Implementierung von internationalen
Sozial-, Klima- und Umweltnormen sowie die freie Gewerkschaftsbildung. Alle sind
gleichwertig einklagbar und sanktionierbar.
Die „Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer“ (G20) muss ebenfalls für eine
faire Globalisierung eintreten. Auch wenn sie langfristig an die Vereinten Nationen
rückgebunden werden sollte, kann es doch hilfreich sein, wenn die wirtschaftlich starken
Länder zusammenkommen, um über internationale Regeln zu beraten. Den Impulsen der G20 zur
Trockenlegung von Steuersümpfen und zur Kontrolle internationaler Finanzmärkte müssen aber
auch Taten folgen. Die nächste Bundesregierung muss nicht nur weiter ambitionierte Ziele im
Rahmen der G20 vorantreiben, sondern auch verbindliche Umsetzungsmechanismen über die
multilateralen Organisationen etablieren.
Jährlich sterben mehr Menschen an Hunger als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen
genommen. Wir werden den Kampf gegen den Hunger in der Welt fortführen, indem wir gegen die
exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln vorgehen und weiter auf eine dezentrale
Landwirtschaft setzen.
Neustart bei den derzeitigen Handelsabkommen
TTIP, CETA, TiSA oder andere Abkommen dieser Art sind so umstritten, weil hier die Rechte
der Bürgerinnen und Bürger zur Verhandlungsmasse wurden. Wir Grünen lehnen diese Abkommen in
ihrer jetzigen Form ab. Einige wenige große, länderübergreifende Konzerne profitieren,
kleine und mittlere Unternehmen haben das Nachsehen. Deshalb demonstrieren dagegen
Kleinbauern und -bäuerinnen in Burkina Faso genauso wie der bäuerliche Familienbetrieb in
Baden-Württemberg. Dabei sollten faire Handelsabkommen Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz
sowie Arbeitsnormen nicht schwächen, sondern international sichern und ausbauen.
Viele Kommunen fürchten, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in Handelsabkommen nicht
ausreichend geschützt wird. Hier geht es um Krankenhäuser, die Wasserversorgung oder um die
kulturelle Vielfalt. Wenn Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen nicht klar definiert
sind, garantieren sie keinen ausreichenden Schutz. Vor allem sind diese Dienstleistungen
nicht vom Investitionsschutz ausgenommen – Klagen gegen die kommunale Daseinsvorsorge vor
einem Schiedsgericht würden so möglich.
Wir Grünen fordern, das Vorsorgeprinzip in allen Handelsverträgen zu verankern. Dieses
Prinzip stellt sicher, dass Produkte bei uns erst auf den Markt dürfen, wenn klar ist, dass
sie unbedenklich sind. Es sorgt dafür, dass in der EU zum Beispiel 1.300 Substanzen nicht
für den Einsatz in Kosmetika zugelassen sind. Gentechnisch veränderte Lebensmittel, Asbest
oder Hormonfleisch sind verboten. Sogenannte Investor-Staat-Schiedsverfahren oder ein
Investitionsgerichtssystem (ICS) sehen sehen Klageprivilegien für Konzerne vor. Wir wollen
nicht, dass demokratisch beschlossene Gesetze wie etwa der Atomausstieg oder Regeln für
Aufdrucke auf Zigarettenpackungen dadurch unterlaufen werden. Für solche Verfahren gibt es
keine Begründung. Sonderklagerechte für Investoren und große Konzerne lehnen wir entschieden
ab. Wir setzen uns stattdessen für einen ständigen Handelsgerichtshof unter dem Dach der
Vereinten Nationen ein, der auch auf soziale, menschenrechtliche, umwelt- und klimarelevante
völkerrechtliche Verpflichtungen achtet.
Fairer Handel bringt Chancen für ärmere Länder
Fairer Handel kann eine nachhaltige Entwicklung in Gang setzen. Wenn wir Entwicklungsländern
Raum lassen, durch Zölle und Quoten ihre Märkte zu schützen, können sie ihre heimische
Wirtschaft aufbauen. Im Moment aber stoßen wir dem globalen Süden die Leiter weg, auf der
wir selbst unser heutiges Entwicklungsniveau erklommen haben. Subventionierte Importe aus
Europa können ganze Branchen in Entwicklungsländern zerstören. So hat zum Beispiel der
europäische Export von Milchpulver, Tomaten oder Hähnchenteilen die heimische Produktion in
Westafrika verdrängt. Die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Ländern
Afrikas, der Karibik und des Pazifik sind nicht fair. Die EU sollte für Entwicklungsländer
Zölle auf verarbeitete Produkte senken, damit diese ihre Wirtschaften breiter aufstellen und
mehr Gewinn im Land halten können. Das schafft vor Ort Perspektiven jenseits von
Günstlingswirtschaft, Korruption oder der gefährlichen Flucht nach Europa.Die ausgehandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika drohen eine eigenständige und nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern zu verhindern. Wir wollen sie deshalb stoppen und fordern neue Verhandlungen ohne Druck und Fristen. Wir setzen auf eine asymmetrische Marktöffnung sowie auf handelspolitische Maßnahmen für Entwicklungsländer wie etwa Exportsteuern oder einen umfangreichen Schutz junger Industrien. Wir brauchen eine Handelspolitik, die die Schutzinteressen von Entwicklungsländern anerkennt und gleichzeitig menschenrechtliche, soziale und Umweltstandards erfüllt. Das europäische Zollregime muss auch deshalb die Zölle auf verarbeitet Produkte senken bzw. abschaffen. Nur so erhalten Entwicklungsländer die Chance eine diversifizierte Industrie und Wertschöpfung vor Ort aufzubauen.
Auch Unternehmen sind verantwortlich für die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns. Die
europäischen Staaten haben beschlossen, die Verantwortung und Sorgfaltspflichten verbindlich
zu regeln. Das ist ein hoffnungsvoller Schritt, doch es kann nicht der letzte sein. Die
gesamte Lieferkette muss gesetzlich verbindlich offengelegt werden. Selbstverpflichtungen
von Unternehmen wie im „Textilbündnis“ der Großen Koalition sind oft wirkungslos und reichen
nicht aus. Um fair produzierten Produkten aus der Nische zu helfen, fordern wir Grünen eine
bessere Kennzeichnung. So soll für Kundinnen und Kunden sofort erkennbar sein, welches
Produkt echte Entwicklungschancen schafft.
Wer Grün wählt, stimmt für diese drei Projekte:
_________________________________________________________________________________________
Neustart für faire Handelsabkommen
Handelsabkommen, die anders als TTIP und CETA, transparent verhandelt wurden und an
sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien ausgerichtet sind, können eine
gerechte Globalisierung fördern. Sie sollten Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz sowie
Arbeitsnormen international sichern. Wir fordern, das Vorsorgeprinzip in allen
Handelsverträgen zu verankern, und dabei kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale
Dienstleistungen sowie Kultur auszunehmen. Statt Klageprivilegien für Konzerne fordern wir
einen ständigen Handelsgerichtshof unter dem Dach der Vereinten Nationen. Er soll auf
völkerrechtliche Verpflichtungen sowie die ILO-Kernarbeitsnormen achten. Wir wollen
multilaterale Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wieder stärken.
_________________________________________________________________________________________
Lieferketten offenlegen für mehr Transparenz
Auch Unternehmen sind verantwortlich für die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns.
Lieferketten müssen gesetzlich verbindlich offengelegt werden. Selbstverpflichtungen von
Unternehmen wie im „Textilbündnis“ der Großen Koalition sind oft wirkungslos und reichen
nicht aus. Wir wollen Opfern von Menschenrechtsverletzungen, die durch Unternehmen
verursacht wurden, zivilrechtliche Klagemöglichkeiten eröffnen. Beim Verstoß gegen diese
Sorgfaltspflichten drohen den Unternehmen Sanktionen.
_________________________________________________________________________________________
Hunger bekämpfen - Exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln eindämmen
Noch immer hungern weltweit etwa 800 Millionen Menschen, die meisten davon in Südasien und
Afrika. Für die Ärmsten der Armen wird der Preis von Nahrungsmitteln schnell zur
Überlebensfrage. Doch Spekulationen mit Nahrungsmitteln führen zu Hunger und Leid. Das
wollen wir eindämmen. Dazu begrenzen wir die Menge, die ein einzelner Akteur von einem
Produkt am Markt kaufen darf. Um dem Hunger in der Welt wirksam zu begegnen, setzen wir uns
weiterhin ein für eine dezentrale Landwirtschaft, die agrarökologische Prinzipien in den
Vordergrund stellt. Sie gewährleistet die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Bäuerinnen und
Bauern, schützt die Biodiversität und unterstützt die regionalen Wirtschaftskreisläufe.
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europäische Export von Milchpulver, Tomaten oder Hähnchenteilen die heimische Produktion in Westafrika verdrängt. Die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik sind nicht fair. Die EU sollte für Entwicklungsländer Zölle auf verarbeitete Produkte senken, damit diese ihre Wirtschaften breiter aufstellen und mehr Gewinn im Land halten können. Das schafft vor Ort Perspektiven jenseits von Günstlingswirtschaft, Korruption oder der gefährlichen Flucht nach Europa.Die ausgehandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika drohen eine eigenständige und nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern zu verhindern. Wir wollen sie deshalb stoppen und fordern neue Verhandlungen ohne Druck und Fristen. Wir setzen auf eine asymmetrische Marktöffnung sowie auf handelspolitische Maßnahmen für Entwicklungsländer wie etwa Exportsteuern oder einen umfangreichen Schutz junger Industrien. Wir brauchen eine Handelspolitik, die die Schutzinteressen von Entwicklungsländern anerkennt und gleichzeitig menschenrechtliche, soziale und Umweltstandards erfüllt. Das europäische Zollregime muss auch deshalb die Zölle auf verarbeitet Produkte senken bzw. abschaffen. Nur so erhalten Entwicklungsländer die Chance eine diversifizierte Industrie und Wertschöpfung vor Ort aufzubauen.
Die Globalisierung ist durch drastische Widersprüche geprägt. Sie macht die Beziehungen und
den Austausch zwischen Ländern enger. Nie war es so einfach, in ferne Länder zu reisen. Vom
Aufstehen bis zum Schlafengehen umgeben uns Produkte, die es ohne weltweiten Handel nicht
gäbe. Auch Wissenschaft und Kultur befruchten sich durch internationalen Austausch.
Deutschland profitiert von offenen Märkten. Hunderte Millionen Menschen in Asien, Afrika und
Südamerika konnten auch durch eine gesteuerte Integration in die Weltwirtschaft extreme
Armut überwinden.
Doch die Globalisierung hat eben auch eine anarchische, ungerechte und brutale Seite. In
vielen ärmeren wie reicheren Ländern werden Menschen in einer globalen Wertschöpfungskette
ausgebeutet oder gegeneinander ausgespielt. Wohlstandsgewinne sind sehr ungleich und
ungerecht verteilt – zwischen Staaten und innerhalb von Staaten. Die Zerstörung unserer
natürlichen Lebensgrundlagen hat sich durch die Globalisierung beschleunigt. Und die
entfesselten internationalen Finanzmärkte und große Konzerne haben einen zu großen Einfluss
auf politisches Handeln gewonnen. Deswegen ist unser Ziel, die Globalisierung auch durch die
Stärkung globaler Institutionen gerechter zu gestalten; zum Beispiel indem wir die
internationalen Finanzströme besser regulieren (à Kapitel: Wir teilen den Wohlstand
gerechter) und auch indem wir den internationalen Handel neu gestalten.
Hunderttausende Menschen in Deutschland und anderen Ländern Europas haben in den letzten
Jahren gegen TTIP, TISA und CETA, gegen eine Fortsetzung der neoliberalen Globalisierung von
oben demonstriert. Wir kämpfen an ihrer Seite.
Sowohl der nationalistische Weg, den Schattenseiten der Globalisierung mit Abschottung zu
begegnen, als auch der neoliberale Weg, Globalisierung ohne Regulation zu forcieren, führt
in den Abgrund. Wir stehen für einen anderen Weg – den Weg friedlicher und offener
Kooperation. Gerechter globaler Handel kann dafür sorgen, dass die Vorteile der
Globalisierung mehr Menschen zu Gute kommen.
Als exportorientierte Volkswirtschaft hat Deutschland eine besondere Verantwortung.
Deutschland muss deshalb dazu beitragen, dass die Europäische Union als der größte
Binnenmarkt selbstbewusst eine führende Rolle bei der Regulierung des Welthandels einnimmt
und zeigt, wie fairer Handel möglich ist. Den brauchen wir für eine sozial-ökologische
Transformation.
Gerechte Regeln für die Welt
Um Handel fair zu gestalten, müssen Regeln von allen Ländern gemeinsam verhandelt werden,
also multilateral. Das muss im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) geschehen. Denn
sonst machen die mächtigen Länder die Spielregeln und die armen haben das Nachsehen. Damit
das gelingt, muss die WTO grundlegend reformiert und unter dem Dach der Vereinten Nationen
neu belebt werden.
Mit der Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und dem
Abschluss des Pariser Klimaschutzabkommens hat die Weltgemeinschaft zentrale Zielmarken zur
Bekämpfung von Hunger und Armut, zur Reduzierung von globaler Ungleichheit und für den
Erhalt unsere ökologischen Lebensgrundlagen gesetzt. Die Industriestaaten können und müssen
dabei im Sinne einer fairen Lastenteilung vorangehen.
Diese Zielmarken müssen auch für die Gestaltung des Welthandels und eine Reform der WTO
gelten.
So sollen alle am Welthandel Teilnehmenden die Kernarbeitsnormen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) einhalten. Vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt muss Arbeit
menschenwürdig sein und der weltweite Wettbewerb um die niedrigsten Löhne aufhören. Wir
haben das Ziel, in Zukunft sowohl mit entwickelten wie auch sich entwickelnden Staaten eine
neue Generation von fairen Handelsabkommen auszuhandeln. Durch ein Race to the Top von immer
höheren globalen Standards werden wir gute Arbeit garantieren und lokale Wertschöpfung
erhalten. Wir setzen damit in den fairen Handelsabkommen neben klassischen Handelsfragen
auch soziale und ökologische Standards - also unter anderem Regeln zur Vermeidung von
Steuerhinterziehung, für die Korruptionsbekämpfung, die Implementierung von internationalen
Sozial-, Klima- und Umweltnormen sowie die freie Gewerkschaftsbildung. Alle sind
gleichwertig einklagbar und sanktionierbar.
Die „Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer“ (G20) muss ebenfalls für eine
faire Globalisierung eintreten. Auch wenn sie langfristig an die Vereinten Nationen
rückgebunden werden sollte, kann es doch hilfreich sein, wenn die wirtschaftlich starken
Länder zusammenkommen, um über internationale Regeln zu beraten. Den Impulsen der G20 zur
Trockenlegung von Steuersümpfen und zur Kontrolle internationaler Finanzmärkte müssen aber
auch Taten folgen. Die nächste Bundesregierung muss nicht nur weiter ambitionierte Ziele im
Rahmen der G20 vorantreiben, sondern auch verbindliche Umsetzungsmechanismen über die
multilateralen Organisationen etablieren.
Jährlich sterben mehr Menschen an Hunger als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen
genommen. Wir werden den Kampf gegen den Hunger in der Welt fortführen, indem wir gegen die
exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln vorgehen und weiter auf eine dezentrale
Landwirtschaft setzen.
Neustart bei den derzeitigen Handelsabkommen
TTIP, CETA, TiSA oder andere Abkommen dieser Art sind so umstritten, weil hier die Rechte
der Bürgerinnen und Bürger zur Verhandlungsmasse wurden. Wir Grünen lehnen diese Abkommen in
ihrer jetzigen Form ab. Einige wenige große, länderübergreifende Konzerne profitieren,
kleine und mittlere Unternehmen haben das Nachsehen. Deshalb demonstrieren dagegen
Kleinbauern und -bäuerinnen in Burkina Faso genauso wie der bäuerliche Familienbetrieb in
Baden-Württemberg. Dabei sollten faire Handelsabkommen Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz
sowie Arbeitsnormen nicht schwächen, sondern international sichern und ausbauen.
Viele Kommunen fürchten, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in Handelsabkommen nicht
ausreichend geschützt wird. Hier geht es um Krankenhäuser, die Wasserversorgung oder um die
kulturelle Vielfalt. Wenn Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen nicht klar definiert
sind, garantieren sie keinen ausreichenden Schutz. Vor allem sind diese Dienstleistungen
nicht vom Investitionsschutz ausgenommen – Klagen gegen die kommunale Daseinsvorsorge vor
einem Schiedsgericht würden so möglich.
Wir Grünen fordern, das Vorsorgeprinzip in allen Handelsverträgen zu verankern. Dieses
Prinzip stellt sicher, dass Produkte bei uns erst auf den Markt dürfen, wenn klar ist, dass
sie unbedenklich sind. Es sorgt dafür, dass in der EU zum Beispiel 1.300 Substanzen nicht
für den Einsatz in Kosmetika zugelassen sind. Gentechnisch veränderte Lebensmittel, Asbest
oder Hormonfleisch sind verboten. Sogenannte Investor-Staat-Schiedsverfahren oder ein
Investitionsgerichtssystem (ICS) sehen sehen Klageprivilegien für Konzerne vor. Wir wollen
nicht, dass demokratisch beschlossene Gesetze wie etwa der Atomausstieg oder Regeln für
Aufdrucke auf Zigarettenpackungen dadurch unterlaufen werden. Für solche Verfahren gibt es
keine Begründung. Sonderklagerechte für Investoren und große Konzerne lehnen wir entschieden
ab. Wir setzen uns stattdessen für einen ständigen Handelsgerichtshof unter dem Dach der
Vereinten Nationen ein, der auch auf soziale, menschenrechtliche, umwelt- und klimarelevante
völkerrechtliche Verpflichtungen achtet.
Fairer Handel bringt Chancen für ärmere Länder
Fairer Handel kann eine nachhaltige Entwicklung in Gang setzen. Wenn wir Entwicklungsländern
Raum lassen, durch Zölle und Quoten ihre Märkte zu schützen, können sie ihre heimische
Wirtschaft aufbauen. Im Moment aber stoßen wir dem globalen Süden die Leiter weg, auf der
wir selbst unser heutiges Entwicklungsniveau erklommen haben. Subventionierte Importe aus
Europa können ganze Branchen in Entwicklungsländern zerstören. So hat zum Beispiel der
europäische Export von Milchpulver, Tomaten oder Hähnchenteilen die heimische Produktion in
Westafrika verdrängt. Die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Ländern Die ausgehandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika drohen eine eigenständige und nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern zu verhindern. Wir wollen sie deshalb stoppen und fordern neue Verhandlungen ohne Druck und Fristen. Wir setzen auf eine asymmetrische Marktöffnung sowie auf handelspolitische Maßnahmen für Entwicklungsländer wie etwa Exportsteuern oder einen umfangreichen Schutz junger Industrien. Wir brauchen eine Handelspolitik, die die Schutzinteressen von Entwicklungsländern anerkennt und gleichzeitig menschenrechtliche, soziale und Umweltstandards erfüllt. Das europäische Zollregime muss auch deshalb die Zölle auf verarbeitet Produkte senken bzw. abschaffen. Nur so erhalten Entwicklungsländer die Chance eine diversifizierte Industrie und Wertschöpfung vor Ort aufzubauen.
Afrikas, der Karibik und des Pazifik sind nicht fair. Die EU sollte für Entwicklungsländer
Zölle auf verarbeitete Produkte senken, damit diese ihre Wirtschaften breiter aufstellen und
mehr Gewinn im Land halten können. Das schafft vor Ort Perspektiven jenseits von
Günstlingswirtschaft, Korruption oder der gefährlichen Flucht nach Europa.
Auch Unternehmen sind verantwortlich für die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns. Die
europäischen Staaten haben beschlossen, die Verantwortung und Sorgfaltspflichten verbindlich
zu regeln. Das ist ein hoffnungsvoller Schritt, doch es kann nicht der letzte sein. Die
gesamte Lieferkette muss gesetzlich verbindlich offengelegt werden. Selbstverpflichtungen
von Unternehmen wie im „Textilbündnis“ der Großen Koalition sind oft wirkungslos und reichen
nicht aus. Um fair produzierten Produkten aus der Nische zu helfen, fordern wir Grünen eine
bessere Kennzeichnung. So soll für Kundinnen und Kunden sofort erkennbar sein, welches
Produkt echte Entwicklungschancen schafft.
Wer Grün wählt, stimmt für diese drei Projekte:
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Neustart für faire Handelsabkommen
Handelsabkommen, die anders als TTIP und CETA, transparent verhandelt wurden und an
sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien ausgerichtet sind, können eine
gerechte Globalisierung fördern. Sie sollten Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz sowie
Arbeitsnormen international sichern. Wir fordern, das Vorsorgeprinzip in allen
Handelsverträgen zu verankern, und dabei kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale
Dienstleistungen sowie Kultur auszunehmen. Statt Klageprivilegien für Konzerne fordern wir
einen ständigen Handelsgerichtshof unter dem Dach der Vereinten Nationen. Er soll auf
völkerrechtliche Verpflichtungen sowie die ILO-Kernarbeitsnormen achten. Wir wollen
multilaterale Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wieder stärken.
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Lieferketten offenlegen für mehr Transparenz
Auch Unternehmen sind verantwortlich für die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns.
Lieferketten müssen gesetzlich verbindlich offengelegt werden. Selbstverpflichtungen von
Unternehmen wie im „Textilbündnis“ der Großen Koalition sind oft wirkungslos und reichen
nicht aus. Wir wollen Opfern von Menschenrechtsverletzungen, die durch Unternehmen
verursacht wurden, zivilrechtliche Klagemöglichkeiten eröffnen. Beim Verstoß gegen diese
Sorgfaltspflichten drohen den Unternehmen Sanktionen.
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Hunger bekämpfen - Exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln eindämmen
Noch immer hungern weltweit etwa 800 Millionen Menschen, die meisten davon in Südasien und
Afrika. Für die Ärmsten der Armen wird der Preis von Nahrungsmitteln schnell zur
Überlebensfrage. Doch Spekulationen mit Nahrungsmitteln führen zu Hunger und Leid. Das
wollen wir eindämmen. Dazu begrenzen wir die Menge, die ein einzelner Akteur von einem
Produkt am Markt kaufen darf. Um dem Hunger in der Welt wirksam zu begegnen, setzen wir uns
weiterhin ein für eine dezentrale Landwirtschaft, die agrarökologische Prinzipien in den
Vordergrund stellt. Sie gewährleistet die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Bäuerinnen und
Bauern, schützt die Biodiversität und unterstützt die regionalen Wirtschaftskreisläufe.
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