Antrag: | Wir sorgen für Sicherheit und erhalten die Freiheit |
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Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND (dort beschlossen am: 03.05.2017) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 03.05.2017, 20:23 |
FH-SF-01-079-2: Wir sorgen für Sicherheit und erhalten die Freiheit
Antragstext
Von Zeile 78 bis 80:
rassistische und rechtsextreme Straftaten konsequent ahnden. Wir wollen den Schutz für Opfer rechter Gewalt verbessern. Wer zum Beispiel Opfer von rechter Gewalt geworden ist, solltedarf nicht abgeschoben werden.
Deutschland ist ein sicheres Land, und es soll sicher bleiben. Wir wollen einen starken
Rechtsstaat, der vor Kriminalität und Terror schützt und den Bürgerrechten verpflichtet ist.
.
Religiöse und politische Fanatiker fordern unseren Rechtsstaat heraus. Der
menschenverachtende Terror des Dschihadismus und die offene Bedrohung durch Rechtsextreme
wie Neonazis und Reichsbürger*innen zielen gleichermaßen auf unsere freie Gesellschaft und
ihre Werte. Ihnen stellen wir uns entgegen. Wir tun dies entschlossen, effektiv und
rechtsstaatlich, mit zielgerichteter Gefahrenabwehr statt mit pauschalen Verdächtigungen und
Massenüberwachung. Dabei ist für uns klar, Freiheit ist ohne Sicherheit nicht zu haben ‒ und
das gilt auch umgekehrt. Es ist daher richtig, zu prüfen, ob die neuen Herausforderungen
auch Gesetzesänderungen notwendig machen. Aber wir sind nicht bereit, falsche Antworten zu
akzeptieren, die nur alten ideologischen Reflexen folgen und unwirksam sind ‒ so wie zum
Beispiel die Vorratsdatenspeicherung oder der Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Es ist viel
wirksamer, gezielt einige hundert Gefährder zu überwachen als 80 Millionen Bürgerinnen und
Bürger.
Der schreckliche Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz hat erneut massive
sicherheitspolitische Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden offenbart. Auch
die nahezu täglichen Übergriffe und Anschläge von Rechten auf Asylbewerberinnen und -
bewerber zeigen Defizite auf. Das Vertrauen in den Staat war schon zuvor durch rechtswidrige
Massenüberwachung, das Eigenleben des Verfassungsschutzes und den NSU-Skandal beschädigt.
Zum Vertrauensverlust hat beigetragen, dass das seit zwölf Jahren CDU/CSU-geführte
Bundesinnenministerium auf neue sicherheitspolitische Herausforderungen immer die gleichen
hilflosen Antworten gibt. Eilig und ohne Fehleranalyse forciert es Gesetzesänderungen im
Hauruckverfahren ‒ ohne seriöse Folgenabschätzung, die im besten Fall sicherheitspolitische
Placebos, im schlechtesten Fall tiefe Eingriffe in den Rechtsstaat sind. Innenpolitischer
Aktionismus und fehlende Kontrolle durch den sozialdemokratischen Justizminister vermitteln
das Bild eines hilflosen Staates, der von jedem Anschlag überrumpelt wird und der
Kriminalität beständig hinterherhinkt.
Wir stellen dagegen unser Konzept einer bürgernahen, personell und materiell gut
ausgestatteten, zielgerichtet arbeitenden Polizei und eines auf klaren rechtsstaatlichen
Prinzipien beruhenden Informationsaustauschs zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden.
Sicherheit in einem starken Rechtsstaat
In der Sicherheitspolitik brauchen wir fachkundige und professionelle Polizeiarbeit. Dafür
setzen sich unsere grünen Landesregierungen flächendeckend ein. Die Polizei muss auch als
Arbeitgeber attraktiv und in der Gesellschaft anerkannt sein. Die Einsparungen der
vergangenen Jahre waren ein schwerer Fehler. Wir wollen eine motivierte, vielfältige,
personell und sachlich ihren Aufgaben angemessen ausgestattete Polizei. Sowohl in der
Kriminalitätsbekämpfung als auch im Kampf gegen Rechtsextremismus oder den islamistischen
Terrorismus mangelt es an gut ausgebildetem und geschultem Personal. Wir brauchen
Sicherheitsbehörden, die ein Abbild unserer Gesellschaft sind. Mehr Sicherheitsbeame mit
Migrationshintergrund und Kenntnis mehrerer Sprachen sind ein Gewinn für den Rechtsstaat und
für die Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung. Eine Polizei, die an der Seite der Menschen
für Sicherheit sorgt und eindeutig für den Rechtsstaat und eine offene Demokratie eintritt.
Auch deshalb setzen wir uns für unabhängige Polizeibeauftragte als Ansprechpartner für
Beamt*innen wie Bürger*innen ein, so wie ihn mehrere grün-mitregierte Länder bereits
eingeführt haben.
Videoüberwachung oder Videobeobachtung kann an Orten mit hoher Kriminalitätsbelastung und
sensiblen, gefährdeten öffentlichen Orten eine sinnvolle Maßnahme sein. Kameratechnik
ersetzt aber keine Polizeistreifen.
Bedrohungslagen wandeln sich. Während die Kriminalität insgesamt sinkt, bereitet die
wachsende Zahl der Wohnungseinbrüche vielen Menschen Sorge. Wir setzen auf mehr
Unterstützung zur Einbruchsprävention. Und wir brauchen eine zielgerichtete,
länderübergreifende Polizeizusammenarbeit, um die gegenwärtige Gefahr abzubauen und auf
künftige Bedrohungen flexibler als durch Gesetzesänderungen reagieren zu können.
Mehr Personal mit guter Ausstattung und eine optimierte internationale Zusammenarbeit der
Polizei , die nicht zwei Millionen Überstunden vor sich herschieben, sind zwar nicht so
billig wie Gesetzesverschärfungen, verbessern aber direkt die Sicherheitslage. Bei der
Gefahrenabwehr räumen wir der Polizeiarbeit einen Vorrang gegenüber den Geheimdiensten sein.
Gefährder der öffentlichen Sicherheit müssen rund um die Uhr gezielt überwacht werden
können, so dass sie bei konkreter Gefahr jederzeit festgesetzt werden können.
Den regelmäßigen Rufen nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren erteilen wir eine klare
Absage. Das ineffiziente Nebeneinander von Bundespolizei, Zollpolizei und Bundeskriminalamt
wollen wir beenden. Die kriminalpolizeilichen Aufgaben des Bundes sollen beim
Bundeskriminalamt (BKA) konzentriert werden. Weil Terror und internationale Kriminalität
keine Grenzen kennen, brauchen wir Sicherheitsbehörden, die international nach klaren
rechtsstaatlichen Kriterien, gemeinsamen Grundrechtsstandards und von den Parlamenten
kontrolliert zusammenarbeiten. Deshalb wollen wir gemeinsame Ermittlungsteams bei Europol in
der Terrorismusbekämpfung und im Bereich der organisierten Kriminalität stärken. Die Praxis,
die Sicherung der Außengrenzen der EU auf die Länder am Rand der EU abzuschieben, wollen wir
beenden. Europa hat eine gemeinsame Verantwortung für ein europäisches Grenzregime, das den
Schutz der Menschenrechte zur Grundlage hat, Rechtssicherheit garantiert sowie das Vertrauen
in das Schengen-System stärkt.
Kein Fußbreit den Faschisten
Rechtsextreme Fanatiker*innen, Reichsbürger*innen, Nazis und sogenannte Identitäre formieren
sich. Es gibt eine zunehmend laute rechte und rechtspopulistische Szene in Deutschland, die
sich im Internet oder bei den Pegida-Demos mit ihrer Hetzerei Gehör verschaffen. Die Zahl
rechter Straftaten hat ein Rekordniveau erreicht. Wir erwarten, dass Polizei und Justiz
rassistische und rechtsextreme Straftaten konsequent ahnden. Wir wollen den Schutz für Opfer
rechter Gewalt verbessern. Wer zum Beispiel Opfer von rechter Gewalt geworden ist, solltedarf
nicht abgeschoben werden.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus,
antimuslimischer Rassismus, Trans- und Homophobie, Sexismus sowie die Abwertung von
Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung gibt es nicht nur am rechten
Rand, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Es ist Aufgabe der Politik, dafür zu
sorgen, dass sich alle Menschen ‒ unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer
sexuellen Identität oder Religion ‒ frei und sicher bewegen können – egal ob in Berlin,
Sachsen oder Baden-Württemberg.
Wo immer Bürgerinnen und Bürger sich gegen Nazis engagieren durch Bildungs- und
Beratungsarbeit, durch Demos und friedliche Blockaden von Nazi-Aufmärschen oder in der
antifaschistischen Einhornaktion, haben sie volle Unterstützung und Solidarität von uns.
Vereine, Initiativen und Kirchen engagieren sich seit Jahren für mehr Demokratie. Das wollen
wir besser anerkennen und ihre finanzielle Ausstattung sicherstellen.
Zäsur beim Verfassungsschutz
Der Staat muss Rechtsextremismus, alltäglichen und institutionell verankerten Rassismus mit
allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Sicherheitsbehörden müssen den Blick nach rechts
außen schärfen und dazu das breite Wissen zivilgesellschaftlicher Initiativen besser
würdigen und als Expertenwissen in ihre Analysen einbeziehen. Das Versagen gegenüber dem
rechtsterroristischen NSU hat deutlich gemacht: Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist
dauerhaft auf dem rechten Auge blind und nicht in der Lage, für die Demokratie gefährliche
Entwicklungen zu erkennen. Auch die zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri
und beim Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz weist auf Fehleinschätzungen hin. Wir
wollen daher die Verfassungsschutzbehörden grundlegend reformieren.
Es braucht beim Verfassungsschutz einen Neustart. Statt des Bundesamtes für
Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein personell und
strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr gründen, das mit
nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet
Die allgemeine Beobachtung demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen soll ein
unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung übernehmen, das ausschließlich öffentliche
Quellen nutzt. Wissenschaft und engagierte Zivilgesellschaft sind regelmäßig besser
informiert als das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Prävention ausbauen ‒ für eine Kultur des Hinschauens
Wir wollen Prävention und Partizipation ausbauen. Wir müssen alles unternehmen, damit junge
Menschen erst gar nicht in menschenverachtende und Gewalt verherrlichende Ideologien
abgleiten, seien sie rechtsextremistisch oder islamistisch. Das gelingt durch eine Kultur
des Hinschauens. Wir wollen Radikalisierung von Anfang an verhindern: Deshalb fordern wir
eine Bildungsoffensive in Kindertagesstätten und Schulen, die Förderung von Demokratie- und
Medienkompetenz junger Menschen sowie eine Stärkung von Beratungsstellen, Jugendverbänden
und aufsuchender Jugendarbeit. Dazu gehören auch Justizvollzugsanstalten, denn sie waren in
der Vergangenheit ebenfalls Stationen der Radikalisierung.
Wir wollen Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus, als auch gewaltbereiten Islamismus
und Salafismus massiv ausbauen und zivilgesellschaftliche Ansätze stärken. Auch
Moscheegemeinden und im Besonderen Imame sind in der Verantwortung, zu kooperieren und ihren
Beitrag zur Prävention und Verhinderung der Radikalisierung von Jugendlichen zu leisten.
Wir wollen Straftaten vorbeugen. Deshalb sollen Bund, Länder, Kommunen und
zivilgesellschaftliche Institutionen gemeinsam in einem bundesweiten Präventionszentrum
arbeiten. Programme zur Deradikalisierung und für Aussteiger aus der rechtsextremen und
islamistischen Szene wollen wir stärken. Um Terrorakte und Amoktaten zu verhindern, muss der
Zugang zu Waffen erschwert werden. Es ist immer noch viel zu einfach, an illegale
Schusswaffen und umgebaute Dekorationswaffen zu gelangen.
Wer Grün wählt, stimmt für diese drei Projekte:
_________________________________________________________________________________________
Kampf gegen rechts stärken
Wir sagen rechten und rechtspopulistischen Kräften in unserer Gesellschaft den Kampf an.
Viele Initiativen, Vereine oder Kirche machen sich gegen Nazis und für eine weltoffene
Demokratie stark. Diese zivilgesellschaftlichen Institutionen verdienen staatliche und
politische Unterstützung und Anerkennung. Wir Grünen wollen sie deshalb dauerhaft mit einem
Demokratiefördergesetz stärken, das ihnen verlässlich die nötigen finanziellen Grundlagen
garantiert. Jeglichen staatlichen Generalverdacht und Druck gegen zivilgesellschaftliche
Akteure, etwa anlasslose Überwachungen durch den Verfassungsschutz, lehnen wir ab.
_________________________________________________________________________________________
Der Radikalisierung von Jugendlichen vorbeugen
Wir müssen alles unternehmen, damit junge Menschen nicht in menschenverachtende, Gewalt
propagierende Ideologien abgleiten. Dazu wollen wir eine umfassende und wirkungsvolle
Präventionsstrategie gegen gewaltbereiten Islamismus anwenden. Ein bundesweites
Präventionszentrum soll die Aufgaben koordinieren und alle relevanten staatlichen und
zivilgesellschaftlichen Akteure vernetzen. Dazu gehören: verschiedene Ressorts der
Bundesregierung, die Sicherheitsbehörden, Länder und Kommunen sowie Jugendhilfe,
Jugendverbände, Demokratieinitiativen, islamische Organisationen, Wissenschaft und Medien.
Auch Präventionsnetzwerke vor Ort, die gegen den gewaltbereiten Islamismus angehen, wollen
wir fördern.
_________________________________________________________________________________________
Polizei stärken, Sicherheitsbehörden reformieren
Für mehr Sicherheit braucht es einen rationalen Ansatz, grundlegende Reformen und mehr
Ressourcen. Die Bundespolizei muss personell und technisch besser ausgestattet werden. Das
ineffiziente Nebeneinander von Bundespolizei, Zollpolizei und Bundeskriminalamt wollen wir
beenden. Die kriminalpolizeilichen Aufgaben des Bundes sollen beim Bundeskriminalamt
konzentriert werden. Wir brauchen einen Neustart beim Verfassungsschutz. Statt des
Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein
personell und strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr gründen,
das klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Wir brauchen außerdem ein
verschärftes Waffenrecht. Alle gefährlichen Waffen müssen lückenlos registriert und die
Eignung und Zuverlässigkeit der Besitzer regelmäßig geprüft werden. Wir wollen eine
europaweit einheitliche Kennzeichnung und gemeinsame Standards für die Deaktivierung von
Feuerwaffen einführen.
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Von Zeile 78 bis 80:
rassistische und rechtsextreme Straftaten konsequent ahnden. Wir wollen den Schutz für Opfer rechter Gewalt verbessern. Wer zum Beispiel Opfer von rechter Gewalt geworden ist, solltedarf nicht abgeschoben werden.
Deutschland ist ein sicheres Land, und es soll sicher bleiben. Wir wollen einen starken
Rechtsstaat, der vor Kriminalität und Terror schützt und den Bürgerrechten verpflichtet ist.
.
Religiöse und politische Fanatiker fordern unseren Rechtsstaat heraus. Der
menschenverachtende Terror des Dschihadismus und die offene Bedrohung durch Rechtsextreme
wie Neonazis und Reichsbürger*innen zielen gleichermaßen auf unsere freie Gesellschaft und
ihre Werte. Ihnen stellen wir uns entgegen. Wir tun dies entschlossen, effektiv und
rechtsstaatlich, mit zielgerichteter Gefahrenabwehr statt mit pauschalen Verdächtigungen und
Massenüberwachung. Dabei ist für uns klar, Freiheit ist ohne Sicherheit nicht zu haben ‒ und
das gilt auch umgekehrt. Es ist daher richtig, zu prüfen, ob die neuen Herausforderungen
auch Gesetzesänderungen notwendig machen. Aber wir sind nicht bereit, falsche Antworten zu
akzeptieren, die nur alten ideologischen Reflexen folgen und unwirksam sind ‒ so wie zum
Beispiel die Vorratsdatenspeicherung oder der Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Es ist viel
wirksamer, gezielt einige hundert Gefährder zu überwachen als 80 Millionen Bürgerinnen und
Bürger.
Der schreckliche Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz hat erneut massive
sicherheitspolitische Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden offenbart. Auch
die nahezu täglichen Übergriffe und Anschläge von Rechten auf Asylbewerberinnen und -
bewerber zeigen Defizite auf. Das Vertrauen in den Staat war schon zuvor durch rechtswidrige
Massenüberwachung, das Eigenleben des Verfassungsschutzes und den NSU-Skandal beschädigt.
Zum Vertrauensverlust hat beigetragen, dass das seit zwölf Jahren CDU/CSU-geführte
Bundesinnenministerium auf neue sicherheitspolitische Herausforderungen immer die gleichen
hilflosen Antworten gibt. Eilig und ohne Fehleranalyse forciert es Gesetzesänderungen im
Hauruckverfahren ‒ ohne seriöse Folgenabschätzung, die im besten Fall sicherheitspolitische
Placebos, im schlechtesten Fall tiefe Eingriffe in den Rechtsstaat sind. Innenpolitischer
Aktionismus und fehlende Kontrolle durch den sozialdemokratischen Justizminister vermitteln
das Bild eines hilflosen Staates, der von jedem Anschlag überrumpelt wird und der
Kriminalität beständig hinterherhinkt.
Wir stellen dagegen unser Konzept einer bürgernahen, personell und materiell gut
ausgestatteten, zielgerichtet arbeitenden Polizei und eines auf klaren rechtsstaatlichen
Prinzipien beruhenden Informationsaustauschs zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden.
Sicherheit in einem starken Rechtsstaat
In der Sicherheitspolitik brauchen wir fachkundige und professionelle Polizeiarbeit. Dafür
setzen sich unsere grünen Landesregierungen flächendeckend ein. Die Polizei muss auch als
Arbeitgeber attraktiv und in der Gesellschaft anerkannt sein. Die Einsparungen der
vergangenen Jahre waren ein schwerer Fehler. Wir wollen eine motivierte, vielfältige,
personell und sachlich ihren Aufgaben angemessen ausgestattete Polizei. Sowohl in der
Kriminalitätsbekämpfung als auch im Kampf gegen Rechtsextremismus oder den islamistischen
Terrorismus mangelt es an gut ausgebildetem und geschultem Personal. Wir brauchen
Sicherheitsbehörden, die ein Abbild unserer Gesellschaft sind. Mehr Sicherheitsbeame mit
Migrationshintergrund und Kenntnis mehrerer Sprachen sind ein Gewinn für den Rechtsstaat und
für die Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung. Eine Polizei, die an der Seite der Menschen
für Sicherheit sorgt und eindeutig für den Rechtsstaat und eine offene Demokratie eintritt.
Auch deshalb setzen wir uns für unabhängige Polizeibeauftragte als Ansprechpartner für
Beamt*innen wie Bürger*innen ein, so wie ihn mehrere grün-mitregierte Länder bereits
eingeführt haben.
Videoüberwachung oder Videobeobachtung kann an Orten mit hoher Kriminalitätsbelastung und
sensiblen, gefährdeten öffentlichen Orten eine sinnvolle Maßnahme sein. Kameratechnik
ersetzt aber keine Polizeistreifen.
Bedrohungslagen wandeln sich. Während die Kriminalität insgesamt sinkt, bereitet die
wachsende Zahl der Wohnungseinbrüche vielen Menschen Sorge. Wir setzen auf mehr
Unterstützung zur Einbruchsprävention. Und wir brauchen eine zielgerichtete,
länderübergreifende Polizeizusammenarbeit, um die gegenwärtige Gefahr abzubauen und auf
künftige Bedrohungen flexibler als durch Gesetzesänderungen reagieren zu können.
Mehr Personal mit guter Ausstattung und eine optimierte internationale Zusammenarbeit der
Polizei , die nicht zwei Millionen Überstunden vor sich herschieben, sind zwar nicht so
billig wie Gesetzesverschärfungen, verbessern aber direkt die Sicherheitslage. Bei der
Gefahrenabwehr räumen wir der Polizeiarbeit einen Vorrang gegenüber den Geheimdiensten sein.
Gefährder der öffentlichen Sicherheit müssen rund um die Uhr gezielt überwacht werden
können, so dass sie bei konkreter Gefahr jederzeit festgesetzt werden können.
Den regelmäßigen Rufen nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren erteilen wir eine klare
Absage. Das ineffiziente Nebeneinander von Bundespolizei, Zollpolizei und Bundeskriminalamt
wollen wir beenden. Die kriminalpolizeilichen Aufgaben des Bundes sollen beim
Bundeskriminalamt (BKA) konzentriert werden. Weil Terror und internationale Kriminalität
keine Grenzen kennen, brauchen wir Sicherheitsbehörden, die international nach klaren
rechtsstaatlichen Kriterien, gemeinsamen Grundrechtsstandards und von den Parlamenten
kontrolliert zusammenarbeiten. Deshalb wollen wir gemeinsame Ermittlungsteams bei Europol in
der Terrorismusbekämpfung und im Bereich der organisierten Kriminalität stärken. Die Praxis,
die Sicherung der Außengrenzen der EU auf die Länder am Rand der EU abzuschieben, wollen wir
beenden. Europa hat eine gemeinsame Verantwortung für ein europäisches Grenzregime, das den
Schutz der Menschenrechte zur Grundlage hat, Rechtssicherheit garantiert sowie das Vertrauen
in das Schengen-System stärkt.
Kein Fußbreit den Faschisten
Rechtsextreme Fanatiker*innen, Reichsbürger*innen, Nazis und sogenannte Identitäre formieren
sich. Es gibt eine zunehmend laute rechte und rechtspopulistische Szene in Deutschland, die
sich im Internet oder bei den Pegida-Demos mit ihrer Hetzerei Gehör verschaffen. Die Zahl
rechter Straftaten hat ein Rekordniveau erreicht. Wir erwarten, dass Polizei und Justiz
rassistische und rechtsextreme Straftaten konsequent ahnden. Wir wollen den Schutz für Opfer
rechter Gewalt verbessern. Wer zum Beispiel Opfer von rechter Gewalt geworden ist, solltedarf
nicht abgeschoben werden.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus,
antimuslimischer Rassismus, Trans- und Homophobie, Sexismus sowie die Abwertung von
Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung gibt es nicht nur am rechten
Rand, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Es ist Aufgabe der Politik, dafür zu
sorgen, dass sich alle Menschen ‒ unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer
sexuellen Identität oder Religion ‒ frei und sicher bewegen können – egal ob in Berlin,
Sachsen oder Baden-Württemberg.
Wo immer Bürgerinnen und Bürger sich gegen Nazis engagieren durch Bildungs- und
Beratungsarbeit, durch Demos und friedliche Blockaden von Nazi-Aufmärschen oder in der
antifaschistischen Einhornaktion, haben sie volle Unterstützung und Solidarität von uns.
Vereine, Initiativen und Kirchen engagieren sich seit Jahren für mehr Demokratie. Das wollen
wir besser anerkennen und ihre finanzielle Ausstattung sicherstellen.
Zäsur beim Verfassungsschutz
Der Staat muss Rechtsextremismus, alltäglichen und institutionell verankerten Rassismus mit
allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Sicherheitsbehörden müssen den Blick nach rechts
außen schärfen und dazu das breite Wissen zivilgesellschaftlicher Initiativen besser
würdigen und als Expertenwissen in ihre Analysen einbeziehen. Das Versagen gegenüber dem
rechtsterroristischen NSU hat deutlich gemacht: Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist
dauerhaft auf dem rechten Auge blind und nicht in der Lage, für die Demokratie gefährliche
Entwicklungen zu erkennen. Auch die zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri
und beim Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz weist auf Fehleinschätzungen hin. Wir
wollen daher die Verfassungsschutzbehörden grundlegend reformieren.
Es braucht beim Verfassungsschutz einen Neustart. Statt des Bundesamtes für
Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein personell und
strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr gründen, das mit
nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet
Die allgemeine Beobachtung demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen soll ein
unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung übernehmen, das ausschließlich öffentliche
Quellen nutzt. Wissenschaft und engagierte Zivilgesellschaft sind regelmäßig besser
informiert als das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Prävention ausbauen ‒ für eine Kultur des Hinschauens
Wir wollen Prävention und Partizipation ausbauen. Wir müssen alles unternehmen, damit junge
Menschen erst gar nicht in menschenverachtende und Gewalt verherrlichende Ideologien
abgleiten, seien sie rechtsextremistisch oder islamistisch. Das gelingt durch eine Kultur
des Hinschauens. Wir wollen Radikalisierung von Anfang an verhindern: Deshalb fordern wir
eine Bildungsoffensive in Kindertagesstätten und Schulen, die Förderung von Demokratie- und
Medienkompetenz junger Menschen sowie eine Stärkung von Beratungsstellen, Jugendverbänden
und aufsuchender Jugendarbeit. Dazu gehören auch Justizvollzugsanstalten, denn sie waren in
der Vergangenheit ebenfalls Stationen der Radikalisierung.
Wir wollen Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus, als auch gewaltbereiten Islamismus
und Salafismus massiv ausbauen und zivilgesellschaftliche Ansätze stärken. Auch
Moscheegemeinden und im Besonderen Imame sind in der Verantwortung, zu kooperieren und ihren
Beitrag zur Prävention und Verhinderung der Radikalisierung von Jugendlichen zu leisten.
Wir wollen Straftaten vorbeugen. Deshalb sollen Bund, Länder, Kommunen und
zivilgesellschaftliche Institutionen gemeinsam in einem bundesweiten Präventionszentrum
arbeiten. Programme zur Deradikalisierung und für Aussteiger aus der rechtsextremen und
islamistischen Szene wollen wir stärken. Um Terrorakte und Amoktaten zu verhindern, muss der
Zugang zu Waffen erschwert werden. Es ist immer noch viel zu einfach, an illegale
Schusswaffen und umgebaute Dekorationswaffen zu gelangen.
Wer Grün wählt, stimmt für diese drei Projekte:
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Kampf gegen rechts stärken
Wir sagen rechten und rechtspopulistischen Kräften in unserer Gesellschaft den Kampf an.
Viele Initiativen, Vereine oder Kirche machen sich gegen Nazis und für eine weltoffene
Demokratie stark. Diese zivilgesellschaftlichen Institutionen verdienen staatliche und
politische Unterstützung und Anerkennung. Wir Grünen wollen sie deshalb dauerhaft mit einem
Demokratiefördergesetz stärken, das ihnen verlässlich die nötigen finanziellen Grundlagen
garantiert. Jeglichen staatlichen Generalverdacht und Druck gegen zivilgesellschaftliche
Akteure, etwa anlasslose Überwachungen durch den Verfassungsschutz, lehnen wir ab.
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Der Radikalisierung von Jugendlichen vorbeugen
Wir müssen alles unternehmen, damit junge Menschen nicht in menschenverachtende, Gewalt
propagierende Ideologien abgleiten. Dazu wollen wir eine umfassende und wirkungsvolle
Präventionsstrategie gegen gewaltbereiten Islamismus anwenden. Ein bundesweites
Präventionszentrum soll die Aufgaben koordinieren und alle relevanten staatlichen und
zivilgesellschaftlichen Akteure vernetzen. Dazu gehören: verschiedene Ressorts der
Bundesregierung, die Sicherheitsbehörden, Länder und Kommunen sowie Jugendhilfe,
Jugendverbände, Demokratieinitiativen, islamische Organisationen, Wissenschaft und Medien.
Auch Präventionsnetzwerke vor Ort, die gegen den gewaltbereiten Islamismus angehen, wollen
wir fördern.
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Polizei stärken, Sicherheitsbehörden reformieren
Für mehr Sicherheit braucht es einen rationalen Ansatz, grundlegende Reformen und mehr
Ressourcen. Die Bundespolizei muss personell und technisch besser ausgestattet werden. Das
ineffiziente Nebeneinander von Bundespolizei, Zollpolizei und Bundeskriminalamt wollen wir
beenden. Die kriminalpolizeilichen Aufgaben des Bundes sollen beim Bundeskriminalamt
konzentriert werden. Wir brauchen einen Neustart beim Verfassungsschutz. Statt des
Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein
personell und strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr gründen,
das klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Wir brauchen außerdem ein
verschärftes Waffenrecht. Alle gefährlichen Waffen müssen lückenlos registriert und die
Eignung und Zuverlässigkeit der Besitzer regelmäßig geprüft werden. Wir wollen eine
europaweit einheitliche Kennzeichnung und gemeinsame Standards für die Deaktivierung von
Feuerwaffen einführen.
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