Unter den gegenwärtigen Bedingungen steht eine chancengleiche Teilnahme von Menschen aus Risikogruppen an politischen Wahlen extrem in Frage. Dies ist nicht allein eine rechtliche Frage!
Während durch weitgehende Nutzung von Briefwahl die Wahrnehmung des aktiven Wahlrechts auch in Pandemiezeiten umsetzbar scheint, stellt jede Kandidatur und die damit verbundene Teilnahme an Wahlversammlungen, selbst bei gutem Willen und bester Vorbereitung der Verantwortlichen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.
- Wir Grünen wollen aber niemanden vor die Alternative stellen, das eigene Leben zu schützen oder politisch partizipieren zu können.
- Wir wollen faire und verfassungsgemäße Wahlen.
- Wir wollen die Repräsentativität unserer Parlamente erhalten, in denen sich auch Menschen mit Atemwegs- und Autoimmunerkrankungen, Organschäden oder -transplantationen, Schwerbehinderte, Diabetespatient*innen, Menschen im Rentenalter oder in Chemotherapie mit ihrer Stimme und stimmberechtigt einbringen.
Wir reden hier über 20-25% der Bevölkerung.
Konkrete Lösungsvorschläge gäbe und gibt es, ich habe aber verzichtet, dies hier aufzuführen, um den Antrag an dieser Stelle nicht zu überladen.
Es steht uns Grünen aber gut zu Gesicht, diesen Punkt grundsätzlich mit in den Leitantrag aufzunehmen.
Kommentare
Martin Bachmann :
Nadine Milde:
Der Punkt "politische Wahlen" sollte allerdings "politisches Leben" im Ursprungstext *ergänzen* und nicht *ersetzen* , da (Teilhabe an) polit. Leben aus mehr als nur Wahlen besteht!
Marc Kersten:
Evelyn Rose-Thalheim:
Sandra Ernst:
Katrin Langensiepen:
Marc Kersten:
Wie so oft bei Parteitagsanträgen kommt am Ende nicht 1:1 heraus was im Antrag steht, so auch diesmal. Ich habe mich mit dem Bundesvorstand darauf geeinigt, dass der wichtige Zusatz "chancengleiche" aufgenommen wird. Der explizite Bezug auf Wahlen entfällt.
Damit kann ich leben, ich hoffe Ihr auch. Und dass bei Herrn Laschet trotzdem die Message ankommt, dass man bei der Kommunalwahl NRW Chancengleichheit gewährleisten muss, auch für Angehörige von Risikogruppen.
Marc Kersten:
Liebe Freundinnen und Freunde oder wie man heutzutage sagt: Hallo? Hallo? Hallo? Könnt Ihr mich hören?
Ich bin jetzt seit über sechs Wochen in kompletter selbstgewählter nicht staatlich verordneter Isolation, weil ich einer Risikogruppe angehöre. Aufgrund einer chronischen Erkrankung muss ich immer wieder Medikamente einnehmen, die mein Immunsystem unterdrücken. Aus Sicht des Virus bin ich deshalb wohl das was wir als einen sofort verzehrfähigen Snack zwischendurch nennen würden.
Sicher sind auch einige von Euch besonders gefährdet und viele andere denen man es nicht ansieht. Und wenn man alle Gruppen zusammenzählt sind es 20-25% der Bevölkerung. Und denen droht nun eine nicht nur kurzfristige Ausgrenzung, solange es weder Impfstoff, noch zuverlässige Antikörpertests noch effektive FFP3-Masken gibt.
Eine Ausgrenzung vom gesellschaftlichen Leben und auch von politischer Partizipation. Wir Grüne haben dazu ein gut ausgeprägtes Problembewusstsein. Aber viele Menschen mit denen ich darüber gesprochen habe sehen das Problem gar nicht.
Ja, man kann mit weitgehender Nutzung von Briefwahl das aktive Wahlrecht für alle sicherstellen. Aber was ist mit dem passiven Wahlrecht? Wollen wir Menschen vor die Wahl stellen, ihr eigenes Leben zu schützen oder an einer Wahlversammlung teilzunehmen, die selbst bei bester Vorbereitung ein Gesundheitsrisiko darstellt? Wie sollen betroffene Einzelbewerberinnen die nötigen Unterstützungsunterschriften sammeln? Wie stellen wir sicher, dass auch parteiintern keine Stigmatisierung stattfindet, weil manche vor Ort reden und andere sich nur schriftlich bewerben oder ein Video abspielen? Werden wir dann alle den Gedanken unterdrücken, vielleicht doch besser den Gegenkandidaten zu wählen, weil der im Wahlkampf voll einsatzfähig ist?
Liebe Freundinnen und Freunde, für manchen mag das eine Randnotiz sein, aber im Kern geht es hier um die Bewahrung der repräsentativen Demokratie und das ist eben keine Petitesse. Wie stellen wir sicher, dass in unseren Parlamenten auch weiterhin Menschen mit Schwerbehinderung und chronischen Erkrankungen, mit Organschäden oder Immunstörungen und unsere älteren Mitbürgerinnen mit Stimme und Stimmrecht vertreten sind?
Für uns in NRW ist das eine akute Frage, denn unsere schwarz-gelbe Landesregierung zeigt bislang keinerlei Anstalten, den Wahltermin am 13.9. in Frage zu stellen. Bis zum 16. Juli müssen wir noch Listen und Direktkandidaturen aufstellen, Wahlprogramme überarbeiten und das unter weiter geltenden Regeln zum Physical Distancing. Nur der liebe Gott und Armin Laschet wissen, wie das ohne Gesundheitsgefährdung der Beteiligten möglich sein soll.
Deshalb hatte ich einen Änderungsantrag gestellt, der die Forderung nach chancengleicher Teilhabe am politischen Leben einfügt. Ich danke dem Bundesvorstand, dass dies nun enthalten ist. Denn es ist ein enorm wichtiges Signal: Wir Grüne stehen an der Seite der besonders schutzwürdigen Menschen. Und unsere Forderung nach gleicher Teilhabe muss auch und gerade in schwierigen Zeiten gelten!