R - 02: Rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien

Achtung: dies ist eine alte Fassung; die aktuelle Fassung gibt es hier:
R - 02: Rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien

Rahmendaten zum Antrag
Veranstaltung:	1. ordentlicher Bundesfrauenrat 2024
Tagesordnungspunkt:	TOP 6 Reproduktive Selbstbestimmung
Antragsteller*in:	Anke Dörsam (Sprecher*innen der BAG Lesbenpolitik)
Status:	Modifiziert
Verfahrensvorschlag:	Abstimmung (Angenommen)
Eingereicht:	22.04.2024, 23:10
Antragshistorie:	Version 1(22.04.2024) Version 2(06.05.2024) Änderungen anzeigen Version 3(06.05.2024) Änderungen anzeigen Version 1

Antragstext

Der Bundesfrauenrat setzt sich zum Regenbogenfamilientag am 5. Mai 2024 für die
rechtliche
Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Familienformen ein.

Von den drei queerpolitischen Vorhaben der Ampelkoalition neben der Abschaffung
des
Blutspendeverbots für Schwule und der Einführung des Selbstbestimmungsgesetz ist
die Reform
des diskriminierenden Abstammungsgesetzes bislang die einzige, die noch fehlt.

Da sie hauptsächlich Frauen und Kinder betrifft, ist die Verzögerung des
ursprünglich als
erster dieser drei Vorhaben geplanten Reform aus feministischer Perspektive umso
beklagenswerter. Häufig werden die Bedürfnisse von Frauen und Kindern in
politischen
Prozessen nachrangig behandelt.

Der Bundesfrauenrat setzt sich dafür ein, dass die im Koalitionsvertrag
vereinbarte Änderung
des Abstammungsrechtes zügig umgesetzt wird und angesichts der immensen
Bedeutung für die
Betroffenen, sowohl Eltern als auch Kinder, priorisiert wird.

Begründung

Begründung:

Ungleichbehandlung von Regenbogenfamilien

Seit dem 1. Oktober 2017 wurde die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Kinder
leben in diesen Paarkonstellationen von Anfang an, jedoch nicht mit demselben rechtlichen
Schutz wie die Kinder in heterosexuellen Ehen.

Zur Bundestagswahl traten Bündnis 90/Die Grünen mit folgendem von den queerpolitischen
Arbeitsgemeinschaften erarbeiteten und von der Bundesdelegiertenkonferenz beschlossenen
Wahlprogramm an: „Zwei-Mütter-Familien sollen nicht mehr durch das
Stiefkindadoptionsverfahren müssen, darum streben wir an, das Abstammungsrecht zu
reformieren, sodass die Co-Mutter analog zu Vätern in Ehen zwischen einem Mann und einer
Frau automatisch als zweites rechtliches Elternteil gilt. Das Abstammungsrecht muss zudem
die Elternschaft von Menschen mit Geschlechtseintrag „divers“ berücksichtigen. Bei
Kinderwunsch sollen alle Paare und alleinstehende Frauen die Möglichkeit einer
Kostenerstattung für die künstliche Befruchtung erhalten.“

Auch verschiedene Gerichte hielten die Ungleichbehandlung von Kindern in
gleichgeschlechtlichen Paarkonstellationen als verfassungswidrig fest, u.a. verstoßend gegen
folgende Punkte:

Art. 3 GG

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung
der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache,
seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen
benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden.

Art. 6 GG

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Seit dem 27. April 2023 sind sechs Verfahren zur rechtlichen Gleichstellung von Kindern, die
in gleichgeschlechtliche Ehen geboren werden, beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Die Entscheidung wird mit dem Verweis, dass der Gesetzgeber in der Pflicht sei, das
Abstammungsrecht zu reformieren, vertagt.

Koalitionsvertrag der Ampel

Laut Robert Habeck stellt der gesellschaftspolitische Teil des Koalitionsvertrags den
„Glutkern“ der Ampel dar.

Nach 16 Jahren CDU-geführter Bundesregierung einigten sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und
FDP auf einen Koalitionsvertrag, dessen Titel „Mehr Fortschritt wagen“ den Titel des
Koalitionsvertrages der ersten sozialliberalen Koalition und Willy Brandt zitiert: Mehr
Demokratie wagen.

In ihm ist auf Seite 101 festgehalten: „Wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird,
sind automatisch beide rechtliche Mütter des Kindes, sofern nichts anderes vereinbart ist.“

Dringlichkeit der Reform

Es besteht Sorge in den Regenbogenfamilienzentren, dass das historische Zeitfenster, das die
aktuelle Legislaturperiode bedeutet, verstreichen könnte, und diese aus menschlicher und
gleichstellungspolitischer Perspektive dringende Reform weiter verschleppt werden könnte.

Die Reform des Abstammungsrechtes und die Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist längst
überfällig, so sehr, dass viele Bundesbürger*innen, Mitglieder der Grünen Partei und sogar
Hebammen gar nicht wissen, dass diese Ungleichstellung weiterhin besteht.

Sie äußert sich nicht nur in der langwierigen, kostspieligen, in einem vulnerablen Moment
wie der Zeit nach der Geburt eines Kindes in die Intimsphäre eingreifenden und
diskriminierenden Prozedur eines Adoptionsverfahrens, das für diese Familienkonstellation
gänzlich ungeeignet ist, sondern auch in der Ungleichbehandlung von
Kinderwunschbehandlungen.