Veranstaltung: | 2. Ordentlicher Länderrat 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | BT Auswertung Bundestagswahl und Regierungsbildung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Länderrat |
Eingereicht: | 29.09.2021, 16:26 |
Neue Politik
Beschlusstext
Mit der Bundestagswahl endet eine politische Ära und es beginnt etwas Neues. Es
öffnet sich der Raum für einen Aufbruch. Wir haben erlebt, dass die Zeit der
Volksparteien zu Ende geht, das Parteiensystem sich wandelt. Wir stehen vor der
Aufgabe, eine neue Politik zu gestalten anstatt eine Politik des kleinsten
gemeinsamen Nenners fortzuführen. Neue Bündnisse müssen entstehen, die auf die
großen Aufgaben der Zeit Antworten geben, die der Dringlichkeit der Realität
entsprechen. Es geht jetzt darum, das Land in eine klimaneutrale Zukunft zu
führen, um Freiheit und Wohlstand zu wahren. Genauso gilt es, den sozialen
Zusammenhalt, die Demokratie und Europa zu stärken sowie unseren Staat
effektiver, digitaler und bürger*innennäher zu gestalten.
Wir haben am vergangenen Sonntag mit 14,8 Prozent das bislang stärkste grüne
Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielt. Auch, wenn wir unser ehrgeiziges
Ziel, die künftige Regierung anzuführen, damit nicht erreicht haben,
unterstreicht der hohe Zuwachs an Wähler*innenstimmen die Entwicklung unserer
Partei hin zu einer starken Kraft im neuen Parteiensystem. Wir danken den fast
sieben Millionen Wähler*innen, die uns das Vertrauen ausgesprochen haben. Mit
118 Bundestagsabgeordneten und darunter 16 Direktmandaten – von Flensburg im
Norden bis München im Süden, von Berlin-Pankow im Osten bis Aachen im Westen –
zeigen wir, dass unsere Verankerung in der Fläche immer stärker wird.
In den vergangenen Jahren haben wir damit angefangen, die Partei neu
auszurichten, zu öffnen und neue gesellschaftliche Bündnisse zu schmieden. Das
hat uns die Kraft gegeben, erstmals in unserer Parteiengeschichte eine
Kanzlerkandidatin aufzustellen und damit die Jahrzehnte alte Logik vom
Führungsringen lediglich zweier Parteien aufzubrechen.
Dieser Schritt in unserer Parteientwicklung hat sich ausgezahlt. Wir waren so
viele Wahlkämpfer*innen und Parteimitglieder und spüren prominente und breite
Unterstützung wie nie zuvor. Das Wahlergebnis zeigt aber auch, dass wir unseren
Anspruch im Wahlkampf noch nicht ausreichend eingelöst haben und dass noch ein
gutes Stück Weg vor uns liegt. Dafür werden wir diesen Wahlkampf detailliert und
gemeinsam mit der Partei analysieren und daraus Lehren für künftige Wahlkämpfe
und unsere weitere Entwicklung ziehen. Wir werden alle Mitglieder befragen,
externe Unterstützung bei der Wahlauswertung hinzuziehen und zusammen mit den
Gremien und den Landesverbänden die politische Auswertung angehen.
Die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen wir nur gemeinsam. Das Ende
der jetzigen politischen Ära kann zugleich der Beginn eines neuen politischen
Selbstverständnisses und Miteinanders sein, in der wir das Verhältnis von
Regierung, Parlament und Bürger*innen neu begründen. Wir wollen zuhören und
einbeziehen, damit die neue Politik eine bessere wird.
Wir leiten aus dem Wahlergebnis einen klaren Auftrag ab, Verantwortung für die
Gestaltung des Landes zu übernehmen und eine progressive Regierung zu bilden.
Wir wollen unsere Kraft und unsere Kompetenz nutzen, um den notwendigen Aufbruch
für dieses Land zu organisieren. Ein Weiter so können wir nicht zulassen. Die
nächste Bundesregierung muss eine Klimaregierung sein.
Dieser Auftrag leitet sich aus der Wirklichkeit ab. Wir werden in einer
progressiven Regierung eine neue Politik entwerfen, die alte Gegensätze in ein
neues Verhältnis setzt und dadurch Neues schafft. Die Sondierungen sollen zügig
und vertrauensvoll zu der Aufnahme vonKoalitionsgesprächen geführt werden. 2017
darf sich nicht wiederholen.
Wir erteilen einer Sondierungsgruppe unter der Leitung von Annalena Baerbock und
Robert Habeck das Mandat, die Sondierungsgespräche für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu
führen. Für das engere Sondierungsteam nominieren wir außerdem Katrin Göring-
Eckardt, Sven Giegold, Britta Hasselmann, Toni Hofreiter, Michael Kellner,
Winfried Kretschmann, Ricarda Lang und Claudia Roth. Dieses kleine
Sondierungsteam führt die Gespräche.
Zusätzlich wird ein erweitertes Sondierungsteam eingesetzt, das die Sondierungen
mit vorbereitet und als Resonanzraum für die Verhandler*innen dient. Dem
erweiterten Sondierungsteam gehören zusätzlich an: Franziska Brantner, Agnieszka
Brugger, Katharina Dröge, Katharina Fegebank, Anja Hajduk, Ska Keller, Maria
Klein-Schmeink, Oliver Krischer, Steffi Lemke, Konstantin von Notz, Cem Özdemir,
Jamila Schäfer, Jürgen Trittin und Marc Urbatsch.
Die Sondierungsgruppe wird den Stand eng mit dem Parteirat rückkoppeln sowie
Gremien und Parteimitglieder informieren.
Sollte die Sondierungsgruppen nach den Gesprächen zusammen mit dem
Bundesvorstand und dem Parteirat die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen
empfehlen, wird ein kleiner oder großer Parteitag über deren Aufnahme
entscheiden und eine grüne Verhandlungsgruppe einsetzen.
Über einen Koalitionsvertrag und das von grüner Seite vorgesehene
Personaltableau entscheiden alle Parteimitglieder in einer online-gestützten
Urabstimmung. Wir werden dabei einen Informationsprozess in die Partei
gewährleisten und Räume zur Diskussion anbieten.
Begründung der Dringlichkeit
Das Ergebnis der Bundestagswahl lag erst nach Antragsschluss vor.