Europaweit lehnt eine Große Mehrheit der Menschen Gentechnik in der Landwirtschaft ab. Der Entwurf des Wahlprogramms stellt die Gründe dafür gut dar: Die Macht der Agrarindustrie, die Nicht-Rückholbarkeit, der hohe Einsatz von Pestiziden, Probleme bei der Koexistenz mit konventioneller und ökologischer Landwirtschaft sowie die Einschränkung der Wahlfreiheit der Verbraucher*innen.
Es fehlt im Entwurf jedoch die Themen Kleidung, Imkerei, Futtermittelimporte und die notorische Nähe der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA zur Agrarindustrie. Zudem ist die Sprache des Entwurfs an vielen Stellen zu weich: Wir Grüne haben in der Vergangenheit in einer harten Auseinandersetzung stets Position gegen Gentechnik bezogen und nicht zum gesellschaftlichen Dialog über Gentechnik aufgerufen. Weil wir eine Mehrheit der Bevölkerung und eine starke Bewegung in der Sache an unserer Seite haben, waren wir damit auch erfolgreich. Wir sollten diese klare Position auch im Europawahlprogramm herausstellen.
Das ist nicht nur im Wahlkampf von Vorteil, sondern entspricht auch dem Verhalten der bisherigen Europafraktion, die im Parlament stets auch gegen Importe gestimmt und eine gute Öffentlichkeits- und Informationsarbeit zu dem Thema gemacht hat.
Neue Methoden der Manipulation des Erbguts wie CRISPR-Cas, Genscheren oder Oligonukleotidmutagenese sowie neue Ansätze wie Gene Drive sind - das hat auch der EuGH bestätigt - nach dem prozessorientierten europäischen Recht als Gentechnik zu behandeln. Diese neuen Technologien sind überaus mächtig und ermöglichen so zum Beispiel auch die gentechnische Anpassung von Tieren an die Verhältnisse in Tierfabriken. Wir dürfen nicht in die Falle gehen, diese Techniken als "weniger schlimm" anzusehen oder gar den Versprechungen der Agrarindustrie auf den Leim gehen, die Menschheit könnte damit den Hunger bekämpfen und den Klimawandel überstehen. Ohne unseren Widerstand könnten die neuen Methoden sonst ein Einfallstor für Gentechnik nach Europa werden und einen katastrophalen Industriealisierungsschub in der Landwirtschaft auslösen.
Wir sollten uns konsequent gegen Gentechnik stellen, damit die Menschen und unsere Verbündeten in der Zivilgesellschaft wissen, dass sie sich auf uns verlassen können.
Kommentare
Jutta Paulus:
Benita v. Brackel-Schmidt:
Philipp Schmagold:
Zur Erinnerung:
Im Grünen-Europawahlprogramm 2014 stand: „Keine Gentechnik in Europa“ (…)
"Chlorhühner, Hormonfleisch und Gentechnik im Essen haben auf dem EU-Markt nichts verloren." https://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Gruenes-Europawahlprogramm-2014.pdf
Im Bundestagswahlprogramm 2017 stand: "Mit uns gibt es gutes Essen ohne Gift und Gentechnik." (...) "Wir werden ein Gentechnikgesetz auflegen, das unsere Äcker und unsere Teller frei von Gentechnik hält, auch wenn sie sich als „neu“ tarnt." https://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017_barrierefrei.pdf
Greenpeace, BUND, NABU, alle Umweltchutzorganisationen halten nichts von Gentechnik auf dem Teller, im Tier, im Wald und in der Landwirtschaft. Die deutliche Mehrheit der Verbraucher*innen wünscht sich Essen ohne Gentechnik. Da wären wir Grüne schlecht beraten, wenn wir diese Kernforderung wieder aus unserem Sortiment nehmen würden.
Philipp Schmagold:
"Wir stehen für gentechnikfreie Landwirtschaft. Den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen lehnen wir ab. Lebensmittel für Menschen und Tiere, die unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen hergestellt wurden, müssen klar und deutlich gekennzeichnet sein. Das gilt auch für neue Gentechnikverfahren wie Genome Editing (z. B. CRISPR/Cas). Diese Verfahren sind als Gentechnik einzustufen und auch als solche zu regulieren. Um die Importe von genveränderten Eiweißfuttermitteln, die in Südamerika unter ethisch und ökologisch höchst problematischen Bedingungen produziert werden, zu reduzieren, werden wir den heimischen Anbau gentechnikfreier Eiweißpflanzen durch entsprechende Förderung deutlich ausweiten. Das ist auch gut für das Klima."
Zu finden auf S. 17, Link: https://gruene-bayern.de/wp-content/uploads/2018/07/B90-DieGruenen-Bayern_Landtagswahlprogramm-2018_BARRIEREFREI.pdf
Und -auch weil wir am Sonntag die Hess*innen wie schon die Bayer*innen feiern werden für das sehr gute Abschneiden bei der Landtagswahl- hier auch die betreffenden Stellen im Grünen-Landtagswahlprogramm Hessen:
"Nur mit starken GRÜNEN steigt der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen auf 25 Prozent, bleibt unsere vielfältige bäuerliche Landwirtschaft erhalten und haben Glyphosat und Gentechnik in unseren Lebensmitteln nichts zu suchen." (...) "Wir lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab und unterstützen Initiativen zur Erzeugung gentechnikfreier heimischer Eiweißfuttermittel." (...) "Wir werden gentechnikfreie Landwirtschaft auf landeseigenen Flächen in Hessen weiterhin sicherstellen und uns auf Bundesebene für ein bundesweites und europaweites Anbauverbot aller gentechnisch veränderten Pflanzen einsetzen."
Link: https://www.gruene-hessen.de/partei/files/2018/09/Regierungsprogramm-2018-Web.pdf