Die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (im folgenden EPPO) ist zu begrüßen. Nach jetzigem Stand soll sie im Jahr 2020 ihre Ermittlungstätigkeiten aufnehmen. Im Entwurf des Bundesvorstandes entsteht allerdings der Eindruck, als würde die EPPO bereits arbeiten. Dies galt es zu korrigieren. Auch ist abzuwarten, ob die neue Behörde wirklich einen Mehrwert in der Strafverfolgung bedeutet. Der bisherig geplante interne Behördenaufbau stößt bei Standesvertretern der Richter-bzw. Staatsanwälte und der Rechtsanwaltschaft auf teilweise scharfe Kritik.
Die Anwaltschaft hält es sogar für ein „ … bürokratisches Ungetüm …. , das die Ermittlungen erschweren und verzögern wird.“ (vgl. Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer im April 2015 Nr. 13/2015). Die Vertreter der Richter und Staatsanwälte: „ …. hat erhebliche Zweifel, ob die Vorstellungen des Rates zum internen Aufbau ….. den EPPO zu einer erfolgreichen Behörde machen werden.“ (vgl. Stellungnahme des Deutschen Richterbundes im Februar 2017, Nr. 8/17).
Bei dieser Ausgangslage wäre es unverantwortlich, bereits jetzt die sensibelsten Kernstücke der deutschen Strafverfolgung (Terrorabwehr und Bekämpfung der Organisierten Kriminalität) dieser Behörde zu übergeben.
Einige Beispiele:
- Die Behörde könnte durch ihren sehr komplexen Aufbau schwerfällig werden. Zwischen den drei Ebenen (delegierte europäische Staatsanwälte, „Ständige Kammern“ und „Kollegium“) sind die Aufgaben nicht eindeutig abgegrenzt. Die „Ständigen Kammern“ sollen beispielsweise Aufsichts- und gleichzeitig Ermittlungsebene in einem sein. Während die regionalen sog. „delegierten europäischen Staatsanwälte“ ebenfalls Ermittlungen vornehmen sollen. Selbst die Standesvertretung der Staatsanwälte befürchtet eine „ … organisierte Verantwortungsverschiebung, die es im Zweifel erlaubt, zu verschleiern, wer für welche Entscheidung einzustehen hat. Dies ist für einen Rechtsstaat fatal, weil ein Staatsanwalt sehr schwerwiegende Grundrechtseingriffe im Eilfall auch ohne gerichtliche Beteiligung anordnen darf.
- Weil bei einzelnen Ermittlungsschritten im ungünstigsten Fall bis zu vier Staatsanwälte beteiligt sind, wird es Zeitverluste geben können.
- Es bleibt abzuwarten, ob nationale Gerichte in der Lage sein werden, eine supranationale Behörde und deren grenzüberschreitenden Ermittlungen effektiv zu kontrollieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die EPPO nach mehreren nationalen Verfahrensordnungen gleichzeitig ermitteln kann.
- Auch muss abgewartet werden, ob Art. 26 Abs.4 EU-VO tatsächlich das „forum shopping“ (Anklageverlagerung in einen anderen Mitgliedsstaat als dem, in dem die Ermittlungen stattgefunden haben) abwenden kann. Die Norm lässt eine Anklageerhebung in anderen Mitgliedsstaaten als dem Ermittlungsland in Ausnahmefällen bereits jetzt zu.
- Außerdem bleibt abzuwarten, ob die Zusammenarbeit mit Drittstaaten (bsp.: Großbritannien) bei den bestehenden gesetzlichen Grundlagen effektiv sein kann.
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