Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | W-PR Wahl Parteirat |
Antragsteller*in: | Madeleine Henfling (Ilm-Kreis KV) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.11.2019, 15:09 |
W-PR-12: Bewerbung: Madeleine Henfling
Bewerbungstext
Liebe Freund*innen,
5 Jahre erfolgreiche rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen liegen hinter uns. Wir wussten, dass die Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern nicht einfach werden. Seit einigen Monaten können wir nun auch in sämtlichen überregionalen Blättern lesen, warum der Osten so ist, wie er ist und vor allem warum dort so viele Menschen die AfD wählen. Kaum einer der Artikel hat in den letzten Wochen dazu geführt, dass meine Fragen beantwortet wurden. Im Gegenteil, ich hab noch mehr Fragen! Und ich lebe in diesem Osten, ich bin hier geboren und aufgewachsen, hab die Flucht ergriffen und bin wieder zurückgekommen. Meine Eltern sind Ossis, in der DDR geboren und sozialisiert. Und trotzdem schienen mir alle Analysen der letzten Monate unterkomplex und an manchen Stellen so klischeehaft, dass ich sie gar nicht ernstnehmen konnte. Nun könnten wir als Bündnisgrüne sagen, so what? Was interessiert uns der Osten? Da wählen uns die Leute nicht, da hockt der Höcke, der Kalbitz und wie diese Dumpfdeutschen alle heißen und tragen ihre Menschenverachtung in sämtliche gesellschaftlichen Bereiche. Nach der Wahl in Thüringen und den momentanen Debatten innerhalb der CDU, wie ergebnisoffen man sich nun mit der AfD über mögliche Regierungsoptionen unterhält, schrieben der ein oder die andere sogar von dem Wiederaufbau von Mauern. 30 Jahre nach der friedlichen Revolution finde ich das sehr schmerzhaft. Ich habe in den letzten Wochen aber auch wirklich tolle Dinge erlebt. Hochmotivierte Grüne aus der ganzen Republik die in den Osten gefahren sind und uns dort unterstützt haben. Die sich hier Geschichten angehört haben und die bereit waren ein wenig mehr zu verstehen warum der Osten so ist wie er ist. Ich hab gesehen wie so viele Menschen wie noch nie zuvor in den ländlichen Gegenden dafür gestritten haben das der Osten sozial, weltoffen und ökologisch wird und bleibt. Und ich habe einen Bundesvorstand erlebt, der sich mit unglaublicher Verve und vielen offenen Ohren an diesen Wahlkämpfen beteiligt habt.
Warum uns der Osten nicht egal sein kann zeigt gerade die Wahl in Thüringen. Die CDU mag Beschlüsse auf ihren Pateitagen fassen, dass sie nicht mit der AfD koaliert Wir erleben in Thüringen gerade, dass ein Beschluss noch gar nichts sagt über die Stimmung vor Ort. Die CDU kooperiert mit der AfD in den Kommunalparlamenten und viele in der CDU-Führung scheinen in Thüringen auch bereit zu sein das auf Landesebene zu tun. Das können wir nicht als Inselproblem abtun, das müssen wir klar als das benennen, was es ist: relevant für das gesamte politische Koordinatensystem der BRD. Wir brauchen Antworten und Lösungen für das, was in Ostdeutschland passiert. Eine klare Ansage gegen Rassismus und Antisemitismus, Menschenverachtung und Hass, einen handlungsfähigen Staat der dagegen vorgeht, der die Menschen die davon betroffen sind schützt. Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken und Antifaschist*innen unterstützen. Wir müssen aber auch Antworten auf tatsächliche Ungerechtigkeiten geben, uns einsetzten für gleiche Löhne und eine gute Rente für alle, gegen Kinderarmut und für eine Infrastruktur die den Namen verdient hat. Und wir müssen den Menschen die Frage beantworten, wie wir die anstehenden Transformationsprozesse ökologisch und sozial bewältigen wollen. Viele hier haben Angst vor einem erneuten Systemzusammenbruch und dem Verlust dessen was sie sich mühevoll aufgebaut haben. Und wir brauchen alle die jetzt sagen, einfach haben wir es hier nicht aber wir sind #derandereosten und #wirbleibenhier.
Ich habe mich vor 10 Jahren entschieden zurückzugehen in den Osten. Ich lebe gerne hier und ich will dass, das für meine Kinder auch so bleibt. Ich möchte mich auch die nächsten 2 Jahre in den Bundesparteirat einbringen, für die Ostdeutsche Perspektive und für gemeinsames Verständnis. Ich möchte aber auch, dass wir auf Bundesebene mehr über die letzten 30 Jahre im Osten sprechen, über Transformationsprozesse, über extrem rechte Hegemonie und einen Staat der nicht da war als er gebraucht wurde. Wenn viele Menschen gerade auf twitter über ihre #baseballschlägerjahre sprechen, dann gehört das zu einer kollektiven Erinnerung der 90er und 00er Jahre im Osten. Jede*r in meinem Umfeld kann dazu etwas sagen. Die Generation Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen ist erwachsen und hat schon mal einem Staat ihren Willen aufgezwungen. Der hat seine Handlungsunfähigkeit dann an denen ausgelassen, die eigentlich jede Unterstützung benötigt hätten. Das darf nie wieder passieren. Die AfD, ihre Positionen und ihre Funktionäre gehören nicht in die Mitte der Gesellschaft. Sie gehören nicht in Verantwortung sondern in die Schmuddelecke aus der sie gekommen sind. Dafür kämpfe ich in Thüringen und dafür will ich im Parteirat streiten.
Ich freue mich über eure Stimme!
Herzlichst
Madeleine Henfling
Geboren 1983 Ilmenau/Thüringen
Studium der Geschichte, Afrikanistik und Niederländischen Sprachwissenschaft
2009-2011 Landessprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen
2012-2013 Mitarbeiterin Carsten Meyer MdL
2013-2014 Geschäftsführerin Landesfrauenrat Thüringen
Seit 2014 Mitglied des Thüringer Landtages/ stellv. parlamentarische Geschäftsführerin
Seit 2010 Mitglied im Kreistag Ilm-Kreis
Seit 2019 Stadträtin in Ilmenau
Mehr über mich und meine Arbeit findet ihr unter: www.madeleine-henfling.de