Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | W-Buvo Wahl Bundesvorstand |
Antragsteller*in: | Michael Kellner (KV Berlin-Pankow) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.10.2019, 14:47 |
W-Buvo-03: Bewerbung: Michael Kellner
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich habe zwei große Leidenschaften in der Politik: Programmarbeit und Wahlkämpfe. Beides steht jetzt an. Ich bitte daher um Euer Vertrauen, damit ich meine Arbeit als politischer Geschäftsführer fortführen kann.
Große Aufgaben liegen vor uns: Wir Grüne sind jetzt in einer historischen Situation, die unglaubliche Kraft unserer Partei und die Bewegungen in der Gesellschaft politisch wirksam werden zu lassen. Das, was an neuem Denken, an Innovation, an Lust auf ein besseres, ein solidarischeres Miteinander vorhanden ist, können wir als Bündnispartei in politische Veränderungen umsetzen.
Wir haben im April 2018 mit einem fulminanten Konvent die Diskussion unseres neuen Grundsatzprogramms gestartet. Wir hätten uns keinen besseren Zeitpunkt dafür aussuchen können. Dieser Prozess bietet die perfekte Möglichkeit für alle Mitglieder – neue und alle, die schon lange dabei sind – gemeinsam an den Werten, die uns einen und den Inhalten, die uns verbinden, zu arbeiten. Damit es unser gemeinsames Programm wird, möchte ich möglichst viele einbeziehen und an der Erarbeitung beteiligen. Sei es auf Regionalkonferenzen, Grundsatzkonventen oder den Diskussionen in den Orts- und Kreisverbänden. Denn aus dieser programmatischen Arbeit ziehen wir als Partei unsere Kraft.
Wir sehen gerade den größten Verlust von Arten in der Geschichte der Menschheit. Heute sprechen wir nicht mehr nur von der Klimakrise oder der ökologischen Zerstörung. Nein, wir erleben sie. Wenn wir jetzt nicht umsteuern, widerfahren uns unkontrollierbare Entwicklungen im Ökosystem der Erde. Eine solche ökologische Transformation wird nur gelingen, wenn es dabei sozial gerecht zugeht. Meinen kleinen Teil beizutragen, diese massiven Zerstörungen zu stoppen, das treibt mich an. Und es kann nur demokratisch geschehen. Alle Bestrebungen, Demokratie gegen Ökologie zu stellen, sind ein gefährlicher Irrweg. Es ist unsere grüne Aufgabe, Demokratie und Grundrechte zu verteidigen und dabei keinen Fußbreit Platz zu lassen für alte und neue Nazis.
In einer gelungenen Zusammenarbeit mit den Landesverbänden und der Netzbegrünung haben wir die Parteiarbeit digitalisiert. Mit Antrags- und Beteiligungsgrün, mit dem neuen grünen Netz und unserer Wahlkampf-App sind wir heute on- und offline aktiv. Den unglaublichen Mitgliederboom, der uns viel Kraft und neue Impulse gibt, bewältigen wir organisatorisch so gut, weil wir uns alle rechtzeitig darauf vorbereitet haben.
Als Partei befinden wir uns aber trotzdem in einem Zwischenstand. Unsere Finanzen und Strukturen spiegeln die Möglichkeiten einer 8,9-Prozent-Partei. Mit einem Viertel ihrer Mitglieder und einem Drittel ihres Etats nehmen wir es heute mit vormaligen Volksparteien auf. Wir haben deshalb einen Prozess gestartet, um die Strukturen der Bundesgeschäftsstelle und der Partei auf die neue Situation anzupassen. Jetzt haben wir die Chance, den nächsten Schritt unserer Parteientwicklung zu gehen und uns dauerhaft deutlich oberhalb von 10 Prozent festzusetzen. Wir haben die einzigartige Chance, als Bündnis der Vielen eine Partei für morgen zu schaffen. Keine abgehalfterte Volkspartei, sondern eine Bündnispartei, die offen für neue Ideen und gleichzeitig ernsthaft, professionell und verbindend ist.
Als Team im Bundesvorstand und mit der großartigen Bundesgeschäftsstelle im Rücken haben wir dieses Jahr zur Europawahl den erfolgreichsten bundesweiten Wahlkampf der Parteigeschichte geführt. Wir sind die größte Hoffnung für das progressive Lager mit Ausstrahlung über Deutschland hinaus. Das macht nicht zuletzt unser Ergebnis als zweitstärkste Kraft bei der Europawahl deutlich. Das ist für mich Herausforderung und Ansporn für die Bundestagswahl.
Denn egal, wann die Bundestagswahl stattfindet, der neue Bundesvorstand ist derjenige, der sie begleitet. Mein erster Wahlkampf war 1998, damals als Praktikant im Kreisverband Potsdam. Seitdem liebe ich Wahlkämpfe. Wir verteilten Kohlköpfe, weil wir nach den bleiernen Jahren unter Kohl endlich einen neuen Aufbruch wollten. Der Aufbruch gelang. Wir haben die rot-grüne Regierung geprägt, obwohl wir die deutlich kleinere Partei waren. Heute haben wir eine neue Rolle. Als Partei auf Augenhöhe mit den ehemaligen Volksparteien bekommen wir einen großen Vertrauensvorschuss. Den wollen wir einlösen.
Wir sind als Grüne parlamentarische Kraft und Bewegungspartei. Meine Agenda war und ist, Bündnispartner*innen zu gewinnen. Mir ist ein gut funktionierender Gesprächskanal zu den Gewerkschaften sehr wichtig, denn sie sind Verbündete im Kampf gegen wachsende Ungleichheit. Jetzt gilt es, den Brückenschlag zur neuen Klimabewegung belastbar und dauerhaft zu gestalten, wohlwissend um die unterschiedlichen Rollen, doch getragen von einem gemeinsamen Ziel. Und wir müssen weiterhin mit Bewegungen wie #unteilbar und #MeToo zusammenarbeiten, weil erst dieses Bündnis der Vielen uns zu einer Bündnispartei mit Gestaltungsanspruch macht.
Liebe Freundinnen und Freunde, in den kommenden zwei Jahren möchte ich mit Euch zusammen ein neues Grundsatzprogramm auf der Höhe der Zeit beschließen. Und ich will mit Eurer Unterstützung den nächsten Bundestagswahlkampf organisieren und mit Euch so jubeln wie am Abend der Europawahl.
Euer
Michael