Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | W-Buvo Wahl Bundesvorstand |
Antragsteller*in: | Jamila Schäfer (München KV) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.10.2019, 13:56 |
W-Buvo-01: Bewerbung: Jamila Schäfer
Bewerbungstext
Liebe Freund*innen,
seitdem ich politisch denken kann, klafften gesellschaftlicher Wunsch nach politischer Veränderung und regierende Politik noch nie so meilenweit auseinander wie jetzt. Am 20. September gingen allein in Deutschland 1,4 Millionen Menschen für besseren Klimaschutz auf die Straße. Am gleichen Tag verabschiedete die Koalition ein so genanntes Klimapaket, das weit hinter den erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zurückbleibt.
Das ist sowohl eine klimapolitische Katastrophe, als auch eine große Gefahr für die Demokratie. Die GroKo schürt mit ihrer Handlungsunfähigkeit Frust und Vorbehalte, und das nicht nur gegenüber ihrer eigenen Politik, sondern auch gegenüber demokratischen Prozessen als solchen. Andererseits ist der aktuelle Zustand auch Ansporn für viele Menschen, Politik aktiv mitzugestalten und sich für Veränderung einzusetzen.
An keine andere Partei sind momentan so hohe Erwartungen gerichtet, die Chancen dieser Zeit zu nutzen, wie an uns Grüne. Und keiner anderen Partei wird derzeit mehr zugetraut, sich den Zukunftsaufgaben dieser Zeit zu stellen. Und zwar nicht morgen, nicht übermorgen. Sondern jetzt.
Was mich motiviert, Politik zu machen
2011 trat ich der Grünen Jugend bei, weil ich als Schülerin genervt war von einer Politik, die ständig auf Kosten derer Entscheidungen trifft, deren Interessen sowieso schon zu wenig gehört werden. Ich wollte nicht mehr ohnmächtig sein gegenüber den vielen politischen Entscheidungen, die unsere Zukunft auf Ausbeutung von Menschen, Tieren und Umwelt aufbauen wollen.
In den sechs Jahren grünem Ehrenamt und nun fast zwei Jahren im Bundesvorstand habe ich erleben dürfen, wie entschlossen so viele Menschen in dieser Partei gemeinsam an verschiedenen Orten, auf verschiedenen Ebenen, mit verschiedenen Themen für eine Vision einer Welt kämpfen, in der jedem Menschen ein Leben in Freiheit und Würde zusteht, ganz egal wo oder wann er geboren wird. Und in der Menschen ohne Angst verschieden sein können. Das motiviert mich jeden Tag, selbst weiter Politik zu machen.
Diese Vision erfordert nicht nur über den nationalen Tellerrand hinauszublicken, sondern ohne den nationalen Tellerrand im Kopf zu denken. Diesen universalistischen Anspruch möchte ich auch weiterhin in unsere Politik einbringen und bewerbe mich daher wieder auf das Amt als stellvertretende Bundesvorsitzende und Internationale und Europäische Koordinatorin der Partei.
Gemeinsam stärker
Weltweit sind wir als BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN die größte grüne Partei. Deshalb haben wir eine besonders große Verantwortung, grüne Politik, Parteien und Bewegungen international noch weiter zu stärken.
Als Internationale und Europäische Koordinatorin habe ich viele Kontakte zu Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft in anderen Ländern und zu grünen Parteien weltweit knüpfen dürfen. Dieser Austausch hat mir immer wieder gezeigt, wie viel wir voneinander lernen und profitieren können.
An diese Arbeit möchte ich gerne anknüpfen und in den nächsten zwei Jahren, in Zusammenarbeit mit der European Green Party, einen besonderen Fokus auf den Austausch und die Vernetzung mit grünen und grünnahmen Strukturen in Süd- und Osteuropa legen. Denn unser Ziel für die nächste Europawahl muss sein, die grüne Fraktion nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch durch eine bessere grüne süd- und osteuropäische Repräsentanz noch stärker zu machen.
Die Krise zur Chance machen
Die junge, international vernetzte Klimabewegung hat in diesem Jahr gezeigt, dass eine paneuropäische Mobilisierung für grüne Themen möglich ist. Wer behauptet, dass Klimaschutz ein reines nord- oder westeuropäisches Thema ist, hat die großen Klimademonstrationen in Italien oder auch die wachsende Anti-Kohle-Bewegung in Polen verpasst.
Aber diese internationale Klimabewegung hat auch noch etwas anderes deutlich gemacht: Die gesellschaftliche Konfliktlinie lässt sich vielerorts verschieben - von einem Konflikt zwischen Renationalisierung und „Weiter so“ zu einem Konflikt zwischen Status Quo und progressiver Veränderung.
Das ist auch eine Chance für die Zukunft der Europäischen Union. Noch nie zuvor wurde die europäische Idee innerhalb des Europäischen Parlaments so stark in Frage gestellt wie heute. Gleichzeitig verstehen durch das Brexit-Chaos und die Wahlerfolge rechter Parteien nun immer mehr Menschen, dass wir entweder vor einem historischen Redemokratisierungsprozess stehen, oder gerade den Anfang vom Ende der Demokratie erleben. Das öffnet ein Window of Opportunity, neue Allianzen für eine Weiterentwicklung der EU zu schmieden.
Die Werte, auf denen Europa gebaut ist, sind auf die Probe gestellt. Es gilt zu beweisen, dass sich anknüpfend an diese Werte ein demokratisches europäisches Zusammenleben etablieren lässt, das wirklich Freiheit, Gleichheitund Geschwisterlichkeit garantiert. Dafür muss die europäische Politik die Lebensgrundlagen seiner Bürger*innen besser schützen, für eine Angleichung der Lebensverhältnisse sorgen und gemeinsame soziale Mindeststandards auf den Weg bringen. Anstatt einer durch nationale Standortinteressen geprägten Wirtschaftspolitik, die Lebensrealitäten und Interessen der Menschen und der EU-Mitgliedsstaaten auseinandertreibt, brauchen wir mehr gemeinsame Investitionen in europäische Gemeingüter und Infrastruktur.
Kommissionspräsidentschaft. Außerdem brauchen wir endlich eine wirkliche europäische Öffentlichkeit. Dafür braucht es unter anderem transnationale Listen und ein verbindliches Spitzenkandidat*innen -Prinzip für die Wahl der Kommissionspräsidentschaft.
Eine lebendige Demokratie braucht lebendige Parteien.
Parteistrukturen an aktuelle Herausforderungen anzupassen und sie inklusiv und partizipativ zu gestalten, ist neben der inhaltlichen Arbeit und der internationalen Vernetzung eine Aufgabe, die mich viel beschäftigt und umtreibt. Denn Organisation und inhaltliche Arbeit sind keine Gegensätze. Gute Organisation ermöglicht erst gute Politik.
Viele Neumitglieder wünschen sich Antworten auf die Fragen: „Wo kann ich meine Energie am besten einsetzen? Wie kann ich etwas verändern?“
Gerade jetzt müssen wir gute Einbindungs-, Diskussions- und Weiterbildungsangebote schaffen, damit die Partei nicht nur wächst, sondern über sich hinauswächst. Daran arbeiten derzeit viele Kreisverbände und Landesverbände auch in Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand. Das ist auch eine große Chance, um die tolle Arbeit der Europagruppe sowie der European Green Party in der Partei noch sichtbarer zu machen. Mit digitalen Diskussionsformaten zu europapolitischen und internationalen Themen, haben wir in den letzten Jahren gute Erfahrungen gemacht. Auf einem Europaworkshop im November werden wir gemeinsam mit Parlamentarier*innen und Ehrenamtlichen weitere Ideen diskutieren.
Mir ist es wichtig bei diesen Prozessen nicht nur den Blick der Internationalen Koordinatorin im Bundesvorstand zu haben. Aus diesem Grund bin ich beispielsweise Mitglied der Strukturkommission des Kreisverbands München und versuche, einen guten Austausch mit den Bundesarbeitsgemeinschaften aus dem internationalen Bereich zu pflegen. Denn gerade in unseren Kreisverbänden und Bundesarbeitsgemeinschaften wird entscheidende Arbeit für die Weiterentwicklung unserer Politik und die Einbindung und Weiterbildung der Mitglieder geleistet.
Los gehts!
Der beste Weg, die Angst vor einem Berg zu verlieren ist, ihn hinaufzuklettern. Darum lasst uns all die Herausforderungen jetzt anpacken! Denn zusammen können wir etwas schaffen, das mehr Menschen hilft, als uns selbst. Etwas, das länger bleibt als wir selbst.
Ich würde mich sehr über eurer Vertrauen freuen. Bei Rückfragen, Anregungen und Kritik meldet euch gerne.
Jamila
* 30.04.1993
Twitter: @jamila_anna
jamila.schaefer@gruene.de
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Politisches:
2018 - 2019: stllv. Bundesvorsitzende und Europäische und Internationale Koordinatorin
2015 - 2017: Bundessprecherin der GRÜNEN JUGEND
2014 - 2015: Beisitzerin im Bundesvorstand der GRÜNEN JUGEND
2012 - 2014: Sprecherin der GRÜNEN JUGEND München
seit 2012: Mitglied von Bündnis 90/ Die Grünen
seit 2011: Mitglied der GRÜNEN JUGEND
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Sonstiges:
studiert Soziologie und Philosophie
ist Mitglied bei verdi