Diese Formulierung impliziert, dass die YPG türkische Gebiete beschossen habe. Diese Behauptung ist nicht bewiesen.
Es besteht von Grüner Seite kein Grund, der türkischen Propaganda auf den
Leim zu gehen.
Dringlichkeitsantrag: | Eskalation in Nordsyrien: Völkerrechtswidrigen Militäreinmarsch der Türkei verurteilen – Rüstungsexporte stoppen – Exportgarantien beenden – Täter bestrafen |
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Antragsteller*in: | Werner Hager (KV Rhein-Berg) und 19 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 20%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 12.11.2019, 09:14 |
Mit ihrem völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien am 9. Oktober 2019 hat die türkische
Regierung unter Präsident Erdoğan den Konflikt in Syrien weiter eskaliert und so eine
massive Verschlechterung der politischen sowie humanitären Lage der ohnehin geschundenen
Region in Nordsyrien herbeigeführt. Rund 300.000 Menschen mussten bereits aufgrund der
jüngsten türkischen Invasion fliehen, zahlreiche tote Zivilistinnen und Zivilisten sind zu
beklagen. Der Einmarsch in Nordsyrien ist ein gezielter Angriff auf die kurdische
Bevölkerung. Die türkische Regierung verfolgt das Ziel, die Bevölkerungsstruktur im
mehrheitlich kurdischen Norden Syriens zu verändern, die Kurdinnen und Kurden im eigenen
Land zu schwächen und damit den türkisch-kurdischen Konflikt zu entscheiden. Gleichzeitig
verschärft auch der US-Präsident mit seiner erratischen Politik die Situation in Syrien und
der Region. Mit dem plötzlichen Abzug der US-Truppen entzieht Donald Trump den kurdischen
Kräften, die sich dem IS maßgeblich entgegenstellt haben und unter hohen Verlusten die vom
IS kontrollierten Gebiete zurückgewinnen konnten, abrupt die jahrelange Unterstützung. Er
überlässt sie damit ihrem Schicksal, setzt sie der Feindseligkeit der türkischen Armee aus,
die Seite an Seite mit islamistischen Kämpfern ihren Einsatz vollzieht, und treibt sie
ausgerechnet in die Arme des syrischen Regimes unter Baschar al-Assad.
Bei einem Treffen in Sotschi am 22. Oktober 2019 teilten der russische und der türkische
Präsident Nordsyrien de facto auf: Die Türkei patrouilliert ab sofort gemeinsam mit der
russischen Armee in Teilen des syrisch-türkischen Grenzgebiets unter Beteiligung von
islamistischen Milizen, die allesamt – wie zuvor schon in Afrin - Kriegsverbrechen begangen
haben. Amnesty International berichtet von schweren Menschenrechtsverletzungen und
Kriegsverbrechen, wie z.B. wahllosen Angriffen auf Wohngebiete, Schulen und andere zivile
Ziele. Zudem will Erdoğan bis zu zwei Millionen syrische Geflüchtete, von denen die
wenigsten ihre Heimat im überwiegend kurdischen Landstrich haben, in diesem Gebiet
zwangsansiedeln. Solche ethnischen Vertreibungen und zwangsweise Umsiedlungen würden zu
einer humanitären Tragödie und gefährlichen neuen Konflikten führen und massiv zur
Verschärfung des Konflikts beitragen.
Durch den Rückzug der USA und die Einigung zwischen Moskau und Ankara stabilisiert sich die
Macht des syrischen Diktators Assad weiter. Seine Truppen konnten mit Hilfe ihrer iranischen
und russischen Verbündeten weitere Gebiete im Norden unter ihre Kontrolle bringen.
Durch den türkischen Einmarsch werden die kurdischen Lager mit den inhaftierten IS-Kämpfern
nicht mehr mit der gleichen Intensität bewacht wie vor dem Einmarsch. Medienberichten
zufolge sind daher bisher circa 100 IS-Kämpfer aus der kurdischen Haft entkommen. Bisher hat
sich die Bundesregierung geweigert, die inhaftierten deutschen IS- Kämpfer und ihre
Angehörigen mit deutscher Staatsbürgerschaft zurückzuholen und sie schnellstmöglich in
Deutschland für ihre Taten strafrechtlich zu verfolgen. Darum ist die Gefahr durch
entkommene IS-Kämpfer auch innerhalb Europas in dieser chaotischen Situation nun größer
geworden.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben durch fehlende gemeinsame Initiativen zu den
Auswirkungen im Syrienkonflikt, die wir heute sehen, beigetragen. Von der Bundesregierung
ging auf EU-Ebene keine Initiative für eine kraftvolle Wiederbelebung eines
Friedensprozesses in Syrien aus. Maßnahmen, wie der VN-Mechanismus für die Untersuchung und
Verfolgung von schwersten Kriegsverbrechen in Syrien, unterstützte die Bundesregierung nicht
ausreichend. Und die internationale Gemeinschaft – darunter auch Deutschland – konnte sich
bis heute nicht durchringen, die Menschenrechtsverbrechen durch die türkische Regierung in
Afrin 2018 klar zu benennen und den Einmarsch als eindeutig völkerrechtswidrig zu
verurteilen. Dadurch fühlte sich Präsident Erdoğan ermuntert, die Vertreibungen noch einmal
auszuweiten.
Russland konnte seinen Einflussbereich im Nahen Osten entscheidend ausbauen, die türkische
Regierung entfernt sich immer mehr von EU und NATO. Doch dieses Blinken nach Moskau kann
nicht die existentiellen wirtschaftlichen Beziehungen der Türkei mit Europa ersetzen. Gerade
deshalb sollten die Europäische Union und die NATO die Provokationen Erdogans ruhig, aber
deutlich beantworten. Gerade im Fall von Syrien wird überdeutlich, wie notwendig eine starke
EU mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist.
Die Inkonsistenz in der europäischen Außenpolitik offenbarte sich jüngst auch im Agieren der
deutschen Bundesregierung. Es liegen genügend realistische Vorschläge auf dem Tisch, wie
sich Deutschland gemeinsam mit seinen Partnern aktiv für die Linderung der humanitären
Katastrophe engagieren kann. Stattdessen düpierte die deutsche Verteidigungsministerin mit
ihrem nicht abgestimmten Vorstoß für eine international gesicherte Schutzzone im Norden
Syriens die übrige Bundesregierung und irritierte Deutschlands europäische und
internationale Verbündete und Partner. Statt auf allen Kanälen Druck auf die türkische
Regierung auszuüben und dafür auch den NATO-Rat zu nutzen, beschäftigten sich die
Bundesregierung und ebenso die NATO mit einem innenpolitisch motivierten Vorschlag der
deutschen Verteidigungsministerin, der in der Sache leider bei Weitem nicht durchdacht,
geschweige denn abgestimmt war. Im Mittelpunkt der Initiative stand dabei nicht der Schutz
der Zivilbevölkerung, denn von Anfang an war nicht klar benannt, wen eine solche Schutzzone
vor wem schützen sollte. Stichhaltige Aussagen über die völkerrechtliche Grundlage ihres
Vorstoßes blieb die Verteidigungsministerin lange Zeit ebenso schuldig wie eine Erläuterung,
was in der konkreten Situation mit zusätzlicher militärischer Präsenz eigentlich erreicht
werden solle – noch dazu in einer derart multifrontalen Situation wie im Nordosten des
Landes. Und es fehlte die Absage an den türkischen Plan, Flüchtlinge in die nordsyrische
Region abzuschieben.
Spätestens nach der russisch-türkischen Einigung von Sotschi war klar, dass ein Einsatz
unter den aktuellen Umständen in Nordsyrien für deutsche und europäische Kräfte kaum möglich
wäre, ohne sich zum Handlanger des Autokraten Putin wie des Diktators Assad zu machen, der
hunderttausende Menschenleben auf dem Gewissen hat und auch vor dem Einsatz von Giftgas
gegen die eigene Bevölkerung nicht zurückschreckte. Ebenso wäre ein Einsatz ohne
Zusammenarbeit mit Erdoğan nicht möglich, dessen Ziel die Vertreibung von Kurdinnen und
Kurden und ethnischer und religiöser Minderheiten vor Ort ist. Die Bundesregierung hat sich
- auch mit den Äußerungen des Außenministers bei seinem Besuch in der Türkei - in einem
Moment kriegerischer Eskalation durch ein Nato-Mitglied als politische Kraft präsentiert,
die mehr mit sich selbst beschäftigt ist, anstatt handlungsfähiger Akteur zu sein. Aufgabe
wäre es gewesen, zusammen mit seinen Partnern nach diplomatischen Lösungen zu suchen und auf
eine Deeskalation zu dringen. Wer Außenpolitik hingegen rein aus innenpolitischem Kalkül
betreibt, der bricht mit einem werte- und menschenrechtsgeleiteten Politikverständnis und
schadet den Sicherheitsinteressen Europas.
Die Bundesregierung hat viel zu lange kaum folgenreiche Kritik an der zunehmend
autokratischen und unberechenbaren Innen- und Außenpolitik der türkischen Regierung geübt,
geschweige denn konkrete politische Maßnahmen ergriffen. So hat die Bundesregierung auch
nach dem völkerrechtswidrigen türkischen Einmarsch in Afrin 2018 Kriegswaffen im Wert von
mindestens 427 Millionen Euro an die Türkei geliefert. Die Ankündigung der Bundesregierung,
keine Genehmigungen für alle Rüstungsgüter zu erteilen, die in Syrien eingesetzt werden
könnten, kommt viel zu spät, ist völlig ungenügend und kein wirksames politisches Signal an
die türkische Regierung. Denn bereits genehmigte, aber noch nicht gelieferte Waffen, können
so weiter problemlos an die Türkei exportiert werden. Seit Anfang 2018 wurden deutsche
Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesbürgschaften) für die Türkei im Wert von rund 2,6
Milliarden Euro gewährt. Den wirtschaftlichen Hebel, den die Bundesregierung hat, um die
türkische Regierung unter Druck zu setzen, hat sie bislang nicht genutzt. Wir Grüne erwarten
von der Bundesregierung einen grundlegenden Kurswechsel im Umgang mit der türkischen
Regierung. Gleichzeitig dürfen wir die Regimekritiker*innen in der Türkei, von denen
Hunderte nach Kritik an der Invasion in Nordsyrien festgenommen wurden, nicht alleine
lassen. Die Zusammenarbeit mit der demokratischen, pro-europäischen türkischen
Zivilgesellschaft muss gestärkt und ausgebaut und diese weiter unterstützt werden.
Die gleichzeitig stattfindenden Angriffe auf Idlib sind eine Katastrophe. Dort werden
Krankenhäuser und zivile Einrichtungen brutal und menschenverachtend attackiert. Der
syrische Diktator Assad und seine Verbündeten haben den einstigen Zufluchtsort Idlib zu
ihrem Hauptangriffsziel gemacht. Die Bundesregierung muss die Situation in Idlib zum Thema
im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen machen. Russland hat dort bisher jeden Versuch
einer gemeinsamen Erklärung, die die Angriffe auf Zivilisten durch die Truppen Assads
verurteilt, verhindert.
Wir fordern:
Alles politische Handeln der Bundesregierung und der Europäischen Union konsequent auf die
Unterstützung der vielen demokratischen Kräfte in der Türkei auszurichten.
Mit ihrem völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien am 9. Oktober 2019 hat die türkische
Regierung unter Präsident Erdoğan den Konflikt in Syrien weiter eskaliert und so eine
massive Verschlechterung der politischen sowie humanitären Lage der ohnehin geschundenen
Region in Nordsyrien herbeigeführt. Rund 300.000 Menschen mussten bereits aufgrund der
jüngsten türkischen Invasion fliehen, zahlreiche tote Zivilistinnen und Zivilisten sind zu
beklagen. Der Einmarsch in Nordsyrien ist ein gezielter Angriff auf die kurdische
Bevölkerung. Die türkische Regierung verfolgt das Ziel, die Bevölkerungsstruktur im
mehrheitlich kurdischen Norden Syriens zu verändern, die Kurdinnen und Kurden im eigenen
Land zu schwächen und damit den türkisch-kurdischen Konflikt zu entscheiden. Gleichzeitig
verschärft auch der US-Präsident mit seiner erratischen Politik die Situation in Syrien und
der Region. Mit dem plötzlichen Abzug der US-Truppen entzieht Donald Trump den kurdischen
Kräften, die sich dem IS maßgeblich entgegenstellt haben und unter hohen Verlusten die vom
IS kontrollierten Gebiete zurückgewinnen konnten, abrupt die jahrelange Unterstützung. Er
überlässt sie damit ihrem Schicksal, setzt sie der Feindseligkeit der türkischen Armee aus,
die Seite an Seite mit islamistischen Kämpfern ihren Einsatz vollzieht, und treibt sie
ausgerechnet in die Arme des syrischen Regimes unter Baschar al-Assad.
Bei einem Treffen in Sotschi am 22. Oktober 2019 teilten der russische und der türkische
Präsident Nordsyrien de facto auf: Die Türkei patrouilliert ab sofort gemeinsam mit der
russischen Armee in Teilen des syrisch-türkischen Grenzgebiets unter Beteiligung von
islamistischen Milizen, die allesamt – wie zuvor schon in Afrin - Kriegsverbrechen begangen
haben. Amnesty International berichtet von schweren Menschenrechtsverletzungen und
Kriegsverbrechen, wie z.B. wahllosen Angriffen auf Wohngebiete, Schulen und andere zivile
Ziele. Zudem will Erdoğan bis zu zwei Millionen syrische Geflüchtete, von denen die
wenigsten ihre Heimat im überwiegend kurdischen Landstrich haben, in diesem Gebiet
zwangsansiedeln. Solche ethnischen Vertreibungen und zwangsweise Umsiedlungen würden zu
einer humanitären Tragödie und gefährlichen neuen Konflikten führen und massiv zur
Verschärfung des Konflikts beitragen.
Durch den Rückzug der USA und die Einigung zwischen Moskau und Ankara stabilisiert sich die
Macht des syrischen Diktators Assad weiter. Seine Truppen konnten mit Hilfe ihrer iranischen
und russischen Verbündeten weitere Gebiete im Norden unter ihre Kontrolle bringen.
Durch den türkischen Einmarsch werden die kurdischen Lager mit den inhaftierten IS-Kämpfern
nicht mehr mit der gleichen Intensität bewacht wie vor dem Einmarsch. Medienberichten
zufolge sind daher bisher circa 100 IS-Kämpfer aus der kurdischen Haft entkommen. Bisher hat
sich die Bundesregierung geweigert, die inhaftierten deutschen IS- Kämpfer und ihre
Angehörigen mit deutscher Staatsbürgerschaft zurückzuholen und sie schnellstmöglich in
Deutschland für ihre Taten strafrechtlich zu verfolgen. Darum ist die Gefahr durch
entkommene IS-Kämpfer auch innerhalb Europas in dieser chaotischen Situation nun größer
geworden.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben durch fehlende gemeinsame Initiativen zu den
Auswirkungen im Syrienkonflikt, die wir heute sehen, beigetragen. Von der Bundesregierung
ging auf EU-Ebene keine Initiative für eine kraftvolle Wiederbelebung eines
Friedensprozesses in Syrien aus. Maßnahmen, wie der VN-Mechanismus für die Untersuchung und
Verfolgung von schwersten Kriegsverbrechen in Syrien, unterstützte die Bundesregierung nicht
ausreichend. Und die internationale Gemeinschaft – darunter auch Deutschland – konnte sich
bis heute nicht durchringen, die Menschenrechtsverbrechen durch die türkische Regierung in
Afrin 2018 klar zu benennen und den Einmarsch als eindeutig völkerrechtswidrig zu
verurteilen. Dadurch fühlte sich Präsident Erdoğan ermuntert, die Vertreibungen noch einmal
auszuweiten.
Russland konnte seinen Einflussbereich im Nahen Osten entscheidend ausbauen, die türkische
Regierung entfernt sich immer mehr von EU und NATO. Doch dieses Blinken nach Moskau kann
nicht die existentiellen wirtschaftlichen Beziehungen der Türkei mit Europa ersetzen. Gerade
deshalb sollten die Europäische Union und die NATO die Provokationen Erdogans ruhig, aber
deutlich beantworten. Gerade im Fall von Syrien wird überdeutlich, wie notwendig eine starke
EU mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist.
Die Inkonsistenz in der europäischen Außenpolitik offenbarte sich jüngst auch im Agieren der
deutschen Bundesregierung. Es liegen genügend realistische Vorschläge auf dem Tisch, wie
sich Deutschland gemeinsam mit seinen Partnern aktiv für die Linderung der humanitären
Katastrophe engagieren kann. Stattdessen düpierte die deutsche Verteidigungsministerin mit
ihrem nicht abgestimmten Vorstoß für eine international gesicherte Schutzzone im Norden
Syriens die übrige Bundesregierung und irritierte Deutschlands europäische und
internationale Verbündete und Partner. Statt auf allen Kanälen Druck auf die türkische
Regierung auszuüben und dafür auch den NATO-Rat zu nutzen, beschäftigten sich die
Bundesregierung und ebenso die NATO mit einem innenpolitisch motivierten Vorschlag der
deutschen Verteidigungsministerin, der in der Sache leider bei Weitem nicht durchdacht,
geschweige denn abgestimmt war. Im Mittelpunkt der Initiative stand dabei nicht der Schutz
der Zivilbevölkerung, denn von Anfang an war nicht klar benannt, wen eine solche Schutzzone
vor wem schützen sollte. Stichhaltige Aussagen über die völkerrechtliche Grundlage ihres
Vorstoßes blieb die Verteidigungsministerin lange Zeit ebenso schuldig wie eine Erläuterung,
was in der konkreten Situation mit zusätzlicher militärischer Präsenz eigentlich erreicht
werden solle – noch dazu in einer derart multifrontalen Situation wie im Nordosten des
Landes. Und es fehlte die Absage an den türkischen Plan, Flüchtlinge in die nordsyrische
Region abzuschieben.
Spätestens nach der russisch-türkischen Einigung von Sotschi war klar, dass ein Einsatz
unter den aktuellen Umständen in Nordsyrien für deutsche und europäische Kräfte kaum möglich
wäre, ohne sich zum Handlanger des Autokraten Putin wie des Diktators Assad zu machen, der
hunderttausende Menschenleben auf dem Gewissen hat und auch vor dem Einsatz von Giftgas
gegen die eigene Bevölkerung nicht zurückschreckte. Ebenso wäre ein Einsatz ohne
Zusammenarbeit mit Erdoğan nicht möglich, dessen Ziel die Vertreibung von Kurdinnen und
Kurden und ethnischer und religiöser Minderheiten vor Ort ist. Die Bundesregierung hat sich
- auch mit den Äußerungen des Außenministers bei seinem Besuch in der Türkei - in einem
Moment kriegerischer Eskalation durch ein Nato-Mitglied als politische Kraft präsentiert,
die mehr mit sich selbst beschäftigt ist, anstatt handlungsfähiger Akteur zu sein. Aufgabe
wäre es gewesen, zusammen mit seinen Partnern nach diplomatischen Lösungen zu suchen und auf
eine Deeskalation zu dringen. Wer Außenpolitik hingegen rein aus innenpolitischem Kalkül
betreibt, der bricht mit einem werte- und menschenrechtsgeleiteten Politikverständnis und
schadet den Sicherheitsinteressen Europas.
Die Bundesregierung hat viel zu lange kaum folgenreiche Kritik an der zunehmend
autokratischen und unberechenbaren Innen- und Außenpolitik der türkischen Regierung geübt,
geschweige denn konkrete politische Maßnahmen ergriffen. So hat die Bundesregierung auch
nach dem völkerrechtswidrigen türkischen Einmarsch in Afrin 2018 Kriegswaffen im Wert von
mindestens 427 Millionen Euro an die Türkei geliefert. Die Ankündigung der Bundesregierung,
keine Genehmigungen für alle Rüstungsgüter zu erteilen, die in Syrien eingesetzt werden
könnten, kommt viel zu spät, ist völlig ungenügend und kein wirksames politisches Signal an
die türkische Regierung. Denn bereits genehmigte, aber noch nicht gelieferte Waffen, können
so weiter problemlos an die Türkei exportiert werden. Seit Anfang 2018 wurden deutsche
Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesbürgschaften) für die Türkei im Wert von rund 2,6
Milliarden Euro gewährt. Den wirtschaftlichen Hebel, den die Bundesregierung hat, um die
türkische Regierung unter Druck zu setzen, hat sie bislang nicht genutzt. Wir Grüne erwarten
von der Bundesregierung einen grundlegenden Kurswechsel im Umgang mit der türkischen
Regierung. Gleichzeitig dürfen wir die Regimekritiker*innen in der Türkei, von denen
Hunderte nach Kritik an der Invasion in Nordsyrien festgenommen wurden, nicht alleine
lassen. Die Zusammenarbeit mit der demokratischen, pro-europäischen türkischen
Zivilgesellschaft muss gestärkt und ausgebaut und diese weiter unterstützt werden.
Die gleichzeitig stattfindenden Angriffe auf Idlib sind eine Katastrophe. Dort werden
Krankenhäuser und zivile Einrichtungen brutal und menschenverachtend attackiert. Der
syrische Diktator Assad und seine Verbündeten haben den einstigen Zufluchtsort Idlib zu
ihrem Hauptangriffsziel gemacht. Die Bundesregierung muss die Situation in Idlib zum Thema
im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen machen. Russland hat dort bisher jeden Versuch
einer gemeinsamen Erklärung, die die Angriffe auf Zivilisten durch die Truppen Assads
verurteilt, verhindert.
Wir fordern:
Alles politische Handeln der Bundesregierung und der Europäischen Union konsequent auf die
Unterstützung der vielen demokratischen Kräfte in der Türkei auszurichten.
Diese Formulierung impliziert, dass die YPG türkische Gebiete beschossen habe. Diese Behauptung ist nicht bewiesen.
Es besteht von Grüner Seite kein Grund, der türkischen Propaganda auf den
Leim zu gehen.
Kommentare
Walter Otte:
Walter Otte:
Walter Otte:
Sonja Rothweiler:
Jens Bertram:
Dorothea Meuren:
Paul Nellen: