S-08 Beschluss: S-08: Änderung des Frauenstatuts
Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | S Satzung und Statute |
Antragsteller*in: | Laura-Jane Buschhoff (Münster KV) und 38 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 67%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung (Angenommen) |
Eingereicht: | 04.10.2019, 17:45 |
Antragshistorie: |
Kommentare
Dennis Barth:
Nabiha Ghanem:
Aber ich verstehe das Problem, sehe nur keine aktuell sinnvolle Lösung.
Laura-Jane Buschhoff:
Dennis Nawrot:
Martin Drees:
Laura-Jane Buschhoff:
Dennis Nawrot:
Und natürlich auch wenn man darauf pfeift, dass Parteimitglieder möglicherweise einfach so sich zu einer Thematik äußern möchten, Substanz hin, Substanz her. So sie das falsche Geschlecht haben, können sie das ja zuhause tun.
Ann-Kathrin Tranziska:
Nabiha Ghanem:
Dennis Barth:
Dennis Nawrot:
Was zu Parallelstrukturen und Defensivstrategien führen kann - und ggf. wird.
Tobias Balke:
das Frauenstatut garantiert Frauen das Recht auf mindestens der Hälfte der Redezeit. Jede Frau hat, sobald sie sich zu Wort meldet, das Recht auf den jeweils nächsten freien ungraden Platz auf der Redeliste. Sie kann sich während der Debatte auch jederzeit spontan nachmelden, wenn sie es will, auch mehrfach. Bei den Grünen können Frauen also bei jeder Diskussion mindestens die Hälfte der Redebeiträge halten, wann immer sie es wollen.
Das ist auch gut so. Es gibt spezifisch weibliche Perspektiven, die am besten von Frauen vorgetragen werden und zwar von mehreren, in grossen Versammlungen: von richtig vielen. Eben dafür schafft die geltende Fassung des Frauenstatuts ausgezeichnete Gelegenheiten.
Wenn Frauen allerdings bei einer Debatte von diesem Rederecht eher zurückhaltend Gebrauch machen, wenn deswegen auf einer Redeliste weniger weibliche Wortmeldungen vermerkt sind als die von Männern und nichtbinären Mitgliedern (was öfter mal vorkommt), dann ist es ein Gebot der Fairness, der Solidarität und der politischen Klugheit, auch diejenigen Männer und nichtbinären Mitglieder in Ruhe anzuhören, die sprechen wollen und auch denjenigen, die sich nicht als allererste gemeldet haben, eine Chance auf einen Redebeitrag zu geben.
Frauen werden parteienvergleichend gewiss leicht feststellen: die vergleichsweise frauenfreundlichsten Männer und nichtbinären Mitglieder sammeln sich bei Bündnis 90/Die Grünen. Das sollte es ihnen leicht machen, sich einmal probeweise in die Lage grüner Männer und nichtbinärer Mitglieder hineinzuversetzen. Auch die sind in unserer gemeinsamen Partei, um an der politischen Willensbildung aktiv teilzunehmen. Zu den elementaren Voraussetzungen demokratischer Teilhabe gehört nun aber die Möglichkeit, in einer Versammlung auch selbst zu Worte zu kommen.
Würde ihnen diese Möglichkeit regelmässig abgeschnitten, dann würden nach und nach selbst die geduldigsten und bescheidensten grünen Männer und nichtbinären Mitglieder das Interesse an aktiver Teilnahme verlieren. Warum noch zu Versammlung gehen, wenn sie mit wahrscheinlich doch nicht mehr zu Wort kommen? Grüne Männer würden dann einwenden, dass auch Männerrechte Menschenrechte sind und das es keinesfalls angeht, einen wesentlichen Teil ihres Menschenrechts auf demokratische Teilhabe nur noch durch einen Gnadenakt zu erhalten.
Wenn Redezeit schon kontingentiert werden muss, dann sollen wenigstens alle Teilnehmenden darüber entscheiden. Als Vorrecht einer Teilgruppe würde eine solche Entscheidung auf Abbruch der Debatte von den übrigen Teilnehmenden als unbillige Härte erlebt. Wäre ihr Protest vergeblich, dann würden viele grüne Männer und nichtbinäre Mitglieder am Ende verbittert sagen: eine Partei, die mich nicht mehr anhören will, ist nicht mehr meine Partei!
Es sollten besser keine Mitglieder vergrault werden, bloss weil sie keine Frauen sind. Für den Kampf um die öffentliche Meinung haben wir nicht zu viele Aktive, sondern es sollten noch viel mehr werden statt weniger.
Hinzu kommt, dass bei häufigerem Debattenabbruch die Qualität grüner Meinungs- und Willensbildung erheblichen Schaden nehmen würde. Bündnis 90/Die Grünen würde Schlechteres beschliessen als bei unverkürzten, sich frei entfaltendem Gesprächen. Diskussionen leben von der Kontroverse, von Rede und Gegenrede, durch Zustimmung und Widerspruch, durch das Weiterentwickeln eigener Gedanken und Gedanken anderer, vom Unerwarteten und vom Überraschenden. Das entfaltet sich aber oft erst nach und nach während einer Debatte. Gute Diskussionsprozesse führen zu Ergebnissen, die besser sind als alles, was die einzelnen Beteiligten an ihrem Beginn schon vorschwebte. Um fruchtbar zu sein, muss es bei Debatten aber einen echten Wortwechsel geben, also das Eingehen und Antworten auf die Beiträge anderer. Wenn von Männern und nichtbinären Mitgliedern nur noch die jeweils schnellsten Erst-Wortmeldungen aufgerufen würden, wenn also kein Mann oder und nichtbinäres Mitglied sich mehr mit Aussicht auf Erfolg während laufender Debatte zu einer Antwort melden könnte, dann bliebe von grünen Debatten tendenziell nur noch Serien von Monologen ohne inneren Zusammenhang und ohne Weiterentwicklung übrig.
Ob von einer Debattenfortführung Lohnendes erwartet werden darf, sollten alle Anwesenden das gemeinsam entscheiden, denn jede*r ist von dieser Entscheidung gleichermassen betroffen. Das unerwartet Gute, das unvorhergesehen Wichtige sollte immer für möglich gehalten werden.
Daher fordert der Änderungsantrag S-08-001, dass es bei der gegenwärtigen Regelung im Frauenstatut bleiben soll. Mit allen Frauen einer Versammlung sollen auch die Männer und nichtbinären Mitglieder darüber mit entscheiden dürfen.
Auch wenn in einer Debatte mehr Redebeiträge von Männern und nichtbinären Mitgliedern als Frauen vorkommen, ist sie damit nicht automatisch "männerdominiert". Qualität ist sehr oft wichtiger als Qualität. Wenige kraftvolle, überzeugt und überzeugend vorgetragene Worte können mehr ausrichten als viele unoriginelle oder abschweifende Reden. Frauen können das schaffen. Nicht immer, aber oft schaffen sie das wirklich.
Ausserdem muss eine vorübergehend frauenlose Redeliste ja keineswegs so bleiben Wenn eine Versammlung die Fortsetzung einer Debatte beschliesst, dann können sich ja Frauen immer wieder hinzu melden und werden dann hineinquotiert. Was S-08-001 zur Ergänzung des Frauenstatuts vorsieht, also der Satz: „Solange die Redeliste mehr Männer als Frauen enthält, bleibt sie für Frauen offen, und jede Frau kann sich jederzeit zu Wort melden und wird dann in die Redeliste hineinquotiert." ist in den mir bekannten Gliederungen nichts Neues, sondern längst üblich. Damit aber die BDK mehr tun kann als bloss eine (potentiell ganz gravierende) Verschlechterung der grünen Arbeitsbedingungen abzulehnen, hat sie nun die Chance, bundesweit diese hineinquotierende Verfahrensweise zu verordnen. Die Wirkung ist die: Redelisten in nicht-mindestquotiertem Zustand werden nur für Männer und nichtbinäre Mitglieder geschlossen, Frauen können sich dann bis zum Schluss spontan nachmelden und das Wort erhalten. Wenn sie sich während des letzten Nicht-Frauen-Beitrags melden, haben sie das jeweils letzte Wort in einer Debatte. Das zahlenmässige Übergewicht männlicher Redebeiträge kann sich also im weiteren Verlauf auch quantitativ stark reduzieren. Auch das ist schon öfter geschehen.
Bitte stimmt daher für den Änderungsantrag S-08-001.
Sollte dieser Änderungsantrag nicht angenommen werden, dann stimmt bitte gegen den ganzen Antrag S-08.
bündnisgrüne Grüße,
Tobias